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Josef Arndgen, Plakat zur Bundestagswahl 1957. Josef Arndgen, Plakat zur Bundestagswahl 1957. © KAS/ACDP 10-001 : 726

Josef Arndgen

Gewerkschafter, Minister February 24, 1894 Rheydt (heute Mönchengladbach) September 20, 1966 Wiesbaden
by Stefan Gronimus
Zeit seiner parlamentarischen Tätigkeit hatte sich Josef Arndgen ein dezidiertes Renommee als Sozialpolitiker erarbeitet und war an insgesamt 60 Gesetzesinitiativen der Unionsfraktion zu dieser Sachthematik beteiligt. Besonders in Sachen des Kinder- und Krankengeldes setzte er entscheidende Akzente.

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Herkunft und beruflicher Werdegang

Josef Arndgen wurde am 24. Februar 1894 in Rheydt (heute zu Mönchengladbach gehörig) geboren. Sein Vater stammte aus dem Taunus, seine Mutter aus den Niederlanden. Nach dem Besuch der Volksschule machte er eine Lehre zum Stuckateur und ergriff damit denselben Beruf wie sein Vater. Während seiner Ausbildungszeit engagierte er sich als gläubiger Christ im örtlichen Jugendverein der katholischen Arbeiterbewegung als Vorstandsmitglied und Präfekt. 1911 wurde er als Lederarbeiter in einer Schuhfabrik im nahen Mülfort angestellt und trat bald als Mitglied in den katholisch geprägten Zentralverband christlicher Lederarbeiter ein. Er übte diese Arbeit bis zum Kriegsausbruch 1914 aus. Ähnlich wie Wilhelm Bitter oder Johannes Gronowski belegte er zur beruflichen Qualifizierung Weiterbildungskurse beim Volksverein für das katholische Deutschland.

Nach dem Beginn des Ersten Weltkriegs wurde Arndgen zum Kriegsdienst eingezogen. Eine schwere Verwundung beendete diesen 1917. Nach dem Krieg fand er wieder Beschäftigung in einer Schuhfabrik.

 

Tätigkeit in der Weimarer Republik

Seit dem 1. Oktober 1919 übernahm er die hauptamtliche Leitung der Verwaltungsstelle Niederrhein im Zentralverband christlicher Lederarbeiter, wo er in verschiedenen Verwendungen als Vertrauensmann, Schriftführer und Ortsgruppenleiter in Erscheinung trat. Zum 1. Mai 1920 wurde ihm die hauptamtliche Leitung der Verwaltungsstelle Westfalen mit Sitz in Münster übertragen. 1921 stieg er im Zentralverband zum Bezirksleiter für Rheinland und Westfalen auf, sein Dienstort verlagerte sich nach Düsseldorf.

1925 wurde er Leiter des weltlich geprägten Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes (ADGB) für die Bezirke Hessen und Hessen-Nassau. Außerdem wurde er in Frankfurt am Main als Redakteur der Deutschen Lederarbeiterzeitung, der Verbandszeitschrift des Zentralverbands christlicher Lederarbeiter, tätig. Im Jahr 1929 heiratete Arndgen seine Frau Anna (geb. Rieger). Die Ehe blieb kinderlos.

1931 folgte der Eintritt in die Zentrumspartei, was in Zeiten steigender politischer Unruhen in der Weimarer Republik als deutliches Zeichen eines verstärkten Engagements im Sinne des politischen Katholizismus zu sehen war. 1932 gab er den Redakteursposten bei der Deutschen Lederarbeiterzeitung auf und wechselte er als Funktionär zurück in die katholische Arbeiterbewegung und wurde zum Verbandsvorsitzenden des Zentralverbandes christlicher Lederarbeiter gewählt.

 

Zeit des Nationalsozialismus

Nach der Machtübergabe an die Nationalsozialisten verlor Arndgen im Rahmen der zwangsweisen Gleichschaltung der Gewerkschaften seine Arbeit und wurde kurzzeitig inhaftiert. Er war hiernach von 1933 bis 1945 selbstständig als Inhaber eines Lebensmittelgeschäfts tätig.

Arndgen gehörte dem Widerstandszirkel „Kölner Kreis“ um Jakob Kaiser an. Zweimal wurde er durch die Machthaber verhaftet, die letzte Inhaftierung erfolgte nach dem missglückten Attentatsversuch am 20. Juli 1944 in Form einer Wohnungsdurchsuchung mit anschließender Festnahme. Es war für ihn von Vorteil, dass dem NS-Regime seine Mitarbeit in einer oppositionellen Widerstandsgruppe aus dem Umfeld der christlichen Gewerkschaften verborgen blieb. Ebenso hatte er Verbindungen zum Frankfurter Widerstand um den ihm aus dem ADGB bekannten SPD-Gewerkschaftler Willi Richter.

Der Abschlussbericht der Arbeitsgruppe zur Vorstudie „NS-Vergangenheit ehemaliger hessischer Landtagsabgeordneter“ der Kommission des Hessischen Landtags für das Forschungsvorhaben „Politische und parlamentarische Geschichte des Landes Hessen“ konstatierte im Jahr 2013 keinen Nachweis einer solchen Vergangenheit für Arndgen.

 

Politische Anfänge in der Nachkriegszeit

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gehörte er 1945 wie auch Werner Hilpert, Walter Dirks oder Eugen Kogon zum Gründerkreis der CDU in Frankfurt am Main. Arndgen wurde in den Bürgerrat der Stadt berufen und war für die Wohlfahrtspflege und Versorgung der Flüchtlinge zuständig. Ebenso beteiligte er sich aktiv am Wiederaufbau der örtlichen Sektion des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) und trat als Befürworter der Einheitsgewerkschaft in Erscheinung. An den berühmten Frankfurter Leitsätzen aus dem September 1945 soll er nur wenig mitgewirkt haben. Nach der Gründung des Landesverbandes Hessen am 25. November 1945 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden gewählt.

Seit dem 1. Dezember 1946 war er Mitglied des Hessischen Landtags. Er legte sein Landtagsmandat am 1. November 1949 nieder, seinen Platz im Wiesbadener Stadtschloss übernahm Josef Schlitt.

Nachdem er seit dem 27. Oktober 1945 zunächst als Ministerialdirektor im hessischen Landesministerium für Arbeit und Wohlfahrt arbeitete, wurde er am 3. Januar 1947 zum hessischen Staatsminister für Arbeit und Wohlfahrt in der von Christian Stock (SPD) geführten Landesregierung ernannt. Nach dem Beschluss zur Streichung dreier hessischer Ministerien reichte er zusammen mit seinen Ministerkollegen Harald Koch (Wirtschaft, SPD) und Georg-August Zinn (Inneres, SPD) den Rücktritt ein. Dieser wurde zum 1. November 1949 effektiv.

Bemerkenswert an seiner Ministerzeit war das hessische Betriebsrätegesetz, in dem erstmalig ein Mitbestimmungsrecht für Arbeitnehmer verankert wurde, sowie eine gesetzliche Urlaubsregelung für Jugendliche. Ein weiteres Anliegen war die Verbesserung der Versorgungsbedingungen von Kriegsopfern, Arndgen hielt dahingehend eine in der Öffentlichkeit breit rezipierte Rede in Bad Vilbel und vermochte ein Gesetz zur Kriegsopferversorgung umzusetzen. Ebenso spielte er wichtige Rolle in der Entwicklung der hessischen Sozialausschüsse.

 

Wahl in den Deutschen Bundestag

Bei der ersten Bundestagswahl am 14. August 1949 gewann Arndgen mit 38,6 Prozent der Erststimmen den Wahlkreis XII (137) – heute Rheingau-Taunus-Limburg – und zog als Direktkandidat in das Parlament ein. Damit begründete er eine bis zum heutigen Tage währende Tradition, die CDU hat den Wahlkreis noch nie verloren. Im Parlament engagierte sich Arndgen als stellvertretender Vorsitzender des Ausschusses für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen sowie als Mitglied des Haushaltsausschusses, des Wahlrechtsausschusses und des Ausschusses für Sozialpolitik.

Arndgen war Mitglied der ersten vier Bundesversammlungen in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland und nahm an den Wahlgängen 1949 (Theodor Heuss), 1954 (Theodor Heuss), 1959 (Heinrich Lübke) und 1964 (Heinrich Lübke) teil.

1952 wurde er zum Bundesbeauftragten für die Durchführung der Wahlen in der Sozialversicherung ernannt. Er verblieb auch nach Ende seines parlamentarischen Mandats bis 1966 in diesem Amt. Im Zuge dieser Tätigkeit beaufsichtigte er die Sozialwahlen in den Jahren 1952 und 1957.

Bei der Bundestagswahl am 6. September 1953 erlangte er mit 48,6 Prozent der Erststimmen erneut das Direktmandat im nun unter „Limburg“ firmierenden Wahlkreis 137. Arndgen verblieb Mitglied des Haushaltsausschusses und wurde nach der Konstituierung der Ausschüsse im Oktober 1953 zum stellvertretenden Vorsitzenden des Ausschusses für Sozialpolitik gewählt. Außerdem war er kurzfristig bis 1954 Mitglied des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen. Im Rahmen der fraktionsinternen Diskussion um den Gesetzentwurf zum Kindergeld machte sich Arndgen im September 1954 für die Inklusion der Kinder von selbstständig Tätigen stark. Dies hatte vor der Zweiten Lesung im Bundestag kurzfristig zur Disposition gestanden. In der intensiv geführten Debatte um die Rentenreform gehörte er Ende September 1956 zusammen mit Johannes Albers und Robert Pferdmenges der neunköpfigen Kompromisskommission an, welche zwischen dem Arbeitnehmer- und dem Wirtschaftsflügel der CDU vermitteln sollte.

Auch bei der folgenden Bundestagswahl am 15. September 1957 gewann Arndgen mit 58,2 Prozent der Erststimmen erneut seinen Wahlkreis. Er übernahm bis November 1958 den Vorsitz des Ausschusses für Arbeit. In der 1958 geführten Debatte über die atomare Aufrüstung verwahrte er sich gegen eine politische Einflussnahme des DGB zu Gunsten der Sozialdemokratie, sah darin eine Gefährdung der „Einheit des Gewerkschaftslebens“. Die Gewerkschaft dürfe nicht das politische „Instrument nur einer Partei werden“. Am 18. Oktober 1958 wurde er zum Ersten Stellvertretenden Vorsitzenden der CDU/CSU-Fraktion gewählt. Seit November 1959 war er wieder Mitglied des Ausschusses für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen. Auf Wahlversammlungen machte sich Arndgen gegen den am 18. März 1959 vorgelegten ersten Deutschlandplan der SPD stark, denn der Vorschlag begünstige lediglich die sowjetische Intention, den Zusammenhalt des westlichen Staatenblocks aus dem Inneren heraus zu fragmentieren.

Bei der Bundestagswahl am 17. September 1961 zog Arndgen mit 51,1 Prozent der Erststimmen ein letztes Mal als Direktkandidat in den Deutschen Bundestag ein. Seine Ausschusstätigkeit konzentrierte sich in dieser Legislaturperiode auf den Ausschuss für Kriegsopfer- und Heimkehrerfragen.

 

Politisches Vermächtnis

1965 schied Arndgen nach 16 Jahren als Abgeordneter aus dem Deutschen Bundestag aus. Er hatte sich gegen eine erneute Kandidatur für das Parlament entschieden. Insbesondere in den frühen Legislaturperioden galt er als einer der führenden Köpfe der Sozialausschüsse. Schon früh setzte er sich für eine Novellierung der Sozialversicherungsgesetzgebung ein, die er 1950 in ihrer bestehenden Fassung als „buntes Flickwerk“ bezeichnete.

Arndgen starb am 20. September 1966 in Wiesbaden.

Sein Nachlass befindet sich im Archiv für Christlich-Demokratische Politik der Konrad-Adenauer-Stiftung e.V.

 

Curriculum vitae

  • Stukkateurlehre
  • 1920–1932 Bezirksleiter des Zentralverbandes Christlicher Lederarbeiter
  • 1925–1932 Redakteur der Deutschen Lederarbeiterzeitung, zugleich Leiter des Deutschen Gewerkschaftsbundes Hessen und Hessen-Nassau
  • 1932–1933 Vorsitzender des Zentralverbandes Christlicher Lederarbeiter
  • 1933–1945 Lebensmittelhändler
  • 1945 Mitgründer der CDU in Frankfurt
  • 1945–1949 stellvertretender Vorsitzender der CDU Hessen
  • 1946–1949 MdL Hessen
  • 1947–1949 hessischer Staatsminister für Arbeit und Wohlfahrt
  • 1949–1965 MdB
  • 1952–1966 Bundesbeauftragter für die Durchführung der Wahlen in der Sozialversicherung

 

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Document on the history of the CDU
September 30, 1945
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