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Regionale Integration ist nicht selbstverständlich

Dr. Beatrice Gorawantschy im kas.de-Interview über die Reaktion Südostasiens auf das Brexit-Votum und die instabile Sicherheitslage der Region

Das Ergebnis des britischen EU-Referendums erschütterte nicht nur Europa, es war auch auf den asiatischen Finanzmärkten zu spüren. Südostasien zieht seine Lehren aus den europäischen Entwicklungen, sagt Dr. Beatrice Gorawantschy im Interview mit kas.de. Die Region ist von Konflikten geprägt – sie könnte mehr Kooperation und ein neues Sicherheitsnetzwerk gebrauchen.

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Frau Gorawantschy, wie gehen die Länder Südostasiens mit dem Ausgang des britischen EU-Referendums um?

Das Ergebnis des Referendums schlug sich unmittelbar auf den asiatischen Finanzmärkten nieder. Mittlerweile haben sie sich aber wieder beruhigt. Viele südostasiatische Länder haben Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union und diskutieren jetzt darüber, ob und wie diese fortgesetzt werden. Eine Frage ist, ob mit Großbritannien separate Freihandelsabkommen abgeschlossen werden müssen.

Ein weiteres Thema ist der Stellenwert der regionalen Integration und Kooperation. Europa und insbesondere die Europäische Union hatten dabei in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle, gerade in Bezug auf die regionale Integration. Aber spätestens seit der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise wurde das relativiert. Hinzu kam die europäische Flüchtlingskrise. Insofern gibt es jetzt unterschiedliche Stimmen: die einen sagen „Europa ist der Kontinent im Niedergang“. Die anderen hingegen meinen, der mögliche Brexit ist eine Chance für Europa, sich neu zu entfalten und auf die Ursprungsthemen zu konzentrieren. Die Lehren, die Asien aus dem britischen Referendum zieht, sind: Regionale Integration und Kooperation werden nicht als selbstverständlich wahrgenommen, die Entwicklungen hin zur Regionalkooperation verlaufen nicht immer linear und wirtschaftliche sowie politische Implikationen hängen immer voneinander ab.

Die Länder Südostasiens machen auch die Flüchtlingskrise in Europa für das Brexit-Votum mitverantwortlich. Dabei erlebt die Region selbst größere Flüchtlingsbewegungen…

Genau, aber Migration ist dort kein neues Thema, das hat Tradition. Das sieht man insbesondere an der multiethnischen Zusammensetzung der Länder. Allerdings hat sich das Ausmaß der Flüchtlingsströme in Asien in den letzten Jahren signifikant erhöht. Die Gründe dafür liegen in langanhaltenden Konflikten und Krisen, an der Eskalation von Gewalt wie beispielsweise in Afghanistan und Pakistan. Aber auch Naturkatastrophen wie in den Philippinen oder ethnische Auseinandersetzungen wie in Myanmar verursachen solche Bewegungen.

Im Umgang mit den Flüchtlingsströmen gibt es große Probleme, weil die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen fehlen. Hinzu kommen mangelnde Absprachen und Transparenz in der Region. Es gäbe zwar Instrumente wie die ASEAN Intergovernmental Commission on Human Rights: Diese übt aber nicht wirklich ihr Mandat aus.

Die Konflikte, die Sie gerade ansprachen, sorgen auch für eine instabile Sicherheitslage…

… ja, die Sicherheitssituation in Asien ist volatil. Bei dem Konflikt im Süd- und Ostchinesischen Meer geht es zwar in erster Linie um Bodenschätze, doch dahinter steckt viel mehr, nämlich um die Machtrivalität der „alten“ Großmacht USA und der „neuen“: China. Allgemein lässt sich sagen, die Sicherheitsarchitektur in Südostasien ist aus den Fugen geraten – und das birgt ein sehrt hohes Konfliktpotential.

Auch die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist hoch und wird besonders gefördert durch das Erstarken konservativer islamistischer Tendenzen – vor allem in islamisch geprägten asiatischen Ländern. Eine weitere Bedrohung sehe ich auch in den vielen innerstaatlichen Konflikten, gerade in den Ländern, in denen es Separationsbewegungen gibt. Man darf aber auch die nichttraditionellen Sicherheitsprobleme nicht vergessen: Energie, Klima, Cyber-Sicherheit, Piraterie, Waffenschmuggel.

Die ASEAN-Länder müssten stärker kooperieren. Deswegen fordern jetzt viele ein regelbasiertes Sicherheitsnetzwerk. Das könnte über bestehende Regionalkooperationen wie ASEAN oder SAARC erfolgen, oder auch durch neue Dialogformate.

Frau Gorawantschy, wie gehen die Länder Südostasiens mit dem Ausgang des britischen EU-Referendums um?

Das Ergebnis des Referendums schlug sich unmittelbar auf den asiatischen Finanzmärkten nieder. Mittlerweile haben sie sich aber wieder beruhigt. Viele südostasiatische Länder haben Freihandelsabkommen mit der Europäischen Union und diskutieren jetzt darüber, ob und wie diese fortgesetzt werden. Eine Frage ist, ob mit Großbritannien separate Freihandelsabkommen abgeschlossen werden müssen.

Ein weiteres Thema ist der Stellenwert der regionalen Integration und Kooperation. Europa und insbesondere die Europäische Union hatten dabei in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle, gerade in Bezug auf die regionale Integration. Aber spätestens seit der europäischen Finanz- und Wirtschaftskrise wurde das relativiert. Hinzu kam die europäische Flüchtlingskrise. Insofern gibt es jetzt unterschiedliche Stimmen: die einen sagen „Europa ist der Kontinent im Niedergang“. Die anderen hingegen meinen, der mögliche Brexit ist eine Chance für Europa, sich neu zu entfalten und auf die Ursprungsthemen zu konzentrieren. Die Lehren, die Asien aus dem britischen Referendum zieht, sind: Regionale Integration und Kooperation werden nicht als selbstverständlich wahrgenommen, die Entwicklungen hin zur Regionalkooperation verlaufen nicht immer linear und wirtschaftliche sowie politische Implikationen hängen immer voneinander ab.

Die Länder Südostasiens machen auch die Flüchtlingskrise in Europa für das Brexit-Votum mitverantwortlich. Dabei erlebt die Region selbst größere Flüchtlingsbewegungen…

Genau, aber Migration ist dort kein neues Thema, das hat Tradition. Das sieht man insbesondere an der multiethnischen Zusammensetzung der Länder. Allerdings hat sich das Ausmaß der Flüchtlingsströme in Asien in den letzten Jahren signifikant erhöht. Die Gründe dafür liegen in langanhaltenden Konflikten und Krisen, an der Eskalation von Gewalt wie beispielsweise in Afghanistan und Pakistan. Aber auch Naturkatastrophen wie in den Philippinen oder ethnische Auseinandersetzungen wie in Myanmar verursachen solche Bewegungen.

Im Umgang mit den Flüchtlingsströmen gibt es große Probleme, weil die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen fehlen. Hinzu kommen mangelnde Absprachen und Transparenz in der Region. Es gäbe zwar Instrumente wie die ASEAN Intergovernmental Commission on Human Rights: Diese übt aber nicht wirklich ihr Mandat aus.

Die Konflikte, die Sie gerade ansprachen, sorgen auch für eine instabile Sicherheitslage…

… ja, die Sicherheitssituation in Asien ist volatil. Bei dem Konflikt im Süd- und Ostchinesischen Meer geht es zwar in erster Linie um Bodenschätze, doch dahinter steckt viel mehr, nämlich um die Machtrivalität der „alten“ Großmacht USA und der „neuen“: China. Allgemein lässt sich sagen, die Sicherheitsarchitektur in Südostasien ist aus den Fugen geraten – und das birgt ein sehrt hohes Konfliktpotential.

Auch die Bedrohung durch den internationalen Terrorismus ist hoch und wird besonders gefördert durch das Erstarken konservativer islamistischer Tendenzen – vor allem in islamisch geprägten asiatischen Ländern. Eine weitere Bedrohung sehe ich auch in den vielen innerstaatlichen Konflikten, gerade in den Ländern, in denen es Separationsbewegungen gibt. Man darf aber auch die nichttraditionellen Sicherheitsprobleme nicht vergessen: Energie, Klima, Cyber-Sicherheit, Piraterie, Waffenschmuggel.

Die ASEAN-Länder müssten stärker kooperieren. Deswegen fordern jetzt viele ein regelbasiertes Sicherheitsnetzwerk. Das könnte über bestehende Regionalkooperationen wie ASEAN oder SAARC erfolgen, oder auch durch neue Dialogformate.

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