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Javier Milei triumphiert bei Zwischenwahlen in Argentinien

Der Löwe ist zurück

Entgegen allen Wahlprognosen konnte Präsident Javier Milei mit seiner Partei La Libertad Avanza (LLA) einen beeindruckenden Sieg bei den parlamentarischen Zwischenwahlen einfahren. Am 26. Oktober 2025 wurden die Hälfte der Sitze in der nationalen Abgeordnetenkammer und ein Drittel des Senats zur Wahl gestellt. LLA erreichte 40,74% der abgegebenen Stimmen, die Peronisten als Hauptherausforderer kamen lediglich auf 31,66%. Der Wahlsieg kommt überraschend, da sich die libertäre Regierung in den letzten Wochen und Monaten in der tiefsten Krise seit ihrem Amtsantritt am 10. Dezember 2023 befand.

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Die Karte färbt sich violett

Die Regierungspartei hat mit ihren violetten Listen in 16 der 24 Provinzen des Landes gesiegt. Besonders hervorzuheben ist das Wahlergebnis in der Provinz Buenos Aires, die 37% der nationalen Wählerschaft konzentriert und als Hochburg des Peronismus gilt. Hier konnte sich LLA in einer Wahlallianz mit der liberal-konservativen Propuesta Republicana (PRO) mit 41,45% gegen die peronistische Fuerza Patria mit 40,91% durchsetzen. Dies obwohl sie den Peronisten vor weniger als 50 Tagen bei den parlamentarischen Zwischenwahlen auf Provinzebene am 07. September mit mehr als 13% Abstand unterlegen war. Im bisherigen Nationalkongress verfügte die Regierungspartei über eine schwache Position mit unter 10% der Sitze im Senat und knapp 15% der Sitze im Abgeordnetenhaus. Das Wahlergebnis übertraf alle Erwartungen. Im neuen Nationalkongress, der am 10. Dezember die Arbeit aufnehmen wird, hält LLA nun über 80 eigene Sitze in der Abgeordnetenkammer mit insgesamt 257 Sitzen, hinzu kommen 13 Sitze von alliierten Kräften aus der PRO und der Unión Cívica Radical (UCR), die über die Regierungslisten ins Parlament einziehen. Zusammen mit der PRO (24 Sitze, darunter 12 neue Mandate über die LLA-Listen) wird LLA die Peronisten mit 99 Sitzen überholen. Im neuen Senat konnte LLA seine Präsenz von 6 auf 18 Sitze erhöhen. Der Peronismus bleibt mit 28 Sitzen zwar stärkste Kraft, nach einem Verlust von 6 Sitzen jedoch deutlich angeschlagen. Die PRO verfügt über 6 Sitze, die UCR über 10 Sitze, andere Parteien kommen insgesamt auf 10 Sitze.

Der Wahlsieger heißt somit klar Javier Milei. Die Regierungspartei schickte in vielen Fällen unbekannte Gesichter in den Wahlkampf, die gegen etablierte Politiker antraten. Diese Strategie – maßgeblich angetrieben von Präsidialamtschefin und Schwester des Präsidenten Karina Milei – scheint aufgegangen zu sein. Kritiker von Karina Milei aus der eigenen Partei hatten im Vorfeld der Wahl Allianzen mit etablierten Kräften und Personen eingefordert. LLA war in zehn von 24 Provinzen zwar eine Wahlallianz mit dem bisher wichtigsten Verbündeten im Nationalkongress, der PRO eingegangen, jedoch tauchte auf den Listen weder der Name Propuesta Republicana noch die gelbe Farbe der Partei des ehemaligen Staatspräsidenten Mauricio Macri auf. Eine weitere Gewinnerin des Abends ist die damalige PRO-Präsidentschaftskandidatin von 2023 und noch amtierende Sicherheitsministerin Patricia Bullrich, inzwischen zu LLA übergetreten, die die Regierungsliste für den Senat in der Stadt Buenos Aires anführte und für Milei über 50% der Stimmen holte. Patricia Bullrich soll die herausfordernde Aufgabe übernehmen, für die Reformvorhaben des Präsidenten die notwendigen Mehrheiten im Senat zu beschaffen.

Die Verlierer des Wahlabends sind die Peronisten und insbesondere der Gouverneur der Provinz Buenos Aires, Axel Kicillof, der sich nach den siegreichen Regionalwahlen im September bereits als aussichtsreicher Präsidentschaftskandidat gewähnt hatte. Obwohl Fuerza Patria noch immer die stärkste Kraft in beiden Kammern des Kongresses bleibt, hatte man sich ein deutlich besseres Ergebnis erhofft. Weitere Verlierer sind die Gouverneure von Córdoba, Corrientes, Chubut, Jujuy und Santa Fé, die parteiübergreifend das Bündnis Provincias Unidas ins Leben gerufen und sich als dritter Weg zwischen den polarisierten Kräften Rechts und Links inszeniert hatten. Lediglich in Corrientes gelang es, stärkste Kraft zu werden, in Santa Fé und Chubut belegte das Bündnis sogar nur den dritten Platz.

Einziger Wehrmutstropfen für die Regierung war die geringe Wahlbeteiligung, die trotz Wahlpflicht nur bei 68% lag und somit die niedrigste bei nationalen Wahlen seit der Rückkehr zur Demokratie im Jahr 1983 war.

 

Gestärkt aus der Krise

In den vergangenen Monaten hatte Staatspräsident Javier Milei, dessen Symbolbild der Löwe ist, eher wie ein angeschlagenes Kätzchen gewirkt. Nachdem es seiner Regierung gelungen war, die Inflation im ersten Regierungsjahr spürbar zu senken und den Haushalt durch rigorose Sparmaßnahmen auszugleichen, häuften sich vor den Wahlen negative Schlagzeilen.

Die Wirtschaft, die nach einer Rezession in den ersten zehn Regierungsmonaten beeindruckende Wachstumsraten zu verzeichnen hatte, kühlte deutlich ab; die Wachstumsprognosen mussten nach unten korrigiert werden. Der Konsum der Haushalte brach ein und der Wechselkurs des argentinischen Pesos konnte nur durch den Verkauf von Dollarreserven und wiederholte Finanzspritzen aus den USA stabilisiert werden. Das Länderrisiko stieg zuletzt deutlich.

Auch die Fassade des Präsidenten als Vorkämpfer gegen Korruption bekam erste Risse. Im Februar bewarb Milei auf seinem persönlichen X-Account die Kryptowährung LIBRA, die daraufhin in wenigen Stunden wie ein Komet aufstieg und dann abstürzte; zahlreiche Klagen von Geschädigten sind vor der US-Justiz anhängig. Seit August stehen weitere schwere Korruptionsvorwürfe wegen Unregelmäßigkeiten bei Medikamentenbeschaffungen im Raum, in beiden Fällen gerät das direkte Umfeld des Staatspräsidenten um seine Schwester Karina Milei in den Blick. Im Oktober musste sich der Präsident zudem vom Spitzenkandidaten in Buenos Aires, José Luis Espert, wegen mutmaßlicher Kontakte zur organisierten Kriminalität trennen.

Interne Grabenkämpfe in der Regierungspartei drangen immer mehr nach außen. Nur wenige Tage vor der Wahl traten Außenminister Gerardo Werthein und Justizminister Mariano Cúneo Librona zurück und offenbarten damit die Spannungen im Regierungslager.

Zudem sorgte der konfrontative, aggressive Politikstil des Präsidenten sowohl bei anderen politischen Kräften als auch in den Medien und der Gesellschaft zunehmend für Unmut. Das schlechte Wahlergebnis bei den Provinzwahlen in Buenos Aires im September kann somit als Denkzettel der Wähler gewertet werden.

Das jetzt unerwartet gute Abschneiden bei den nationalen Parlamentswahlen gibt der Regierung Milei neuen Rückenwind, den diese nun nutzen muss, um die ins Stocken geratenen Strukturreformen mit neuer Kraft wiederzubeleben.

 

Die argentinischen Zwischenwahlen als Politikum in den USA

Sechs Tage vor den Wahlen unterzeichneten die USA und Argentinien ein Abkommen über einen Währungsswap bis zu 20 Milliarden US-Dollar, der es Argentinien ermöglicht, alle im Jahr 2026 fällig werdenden Schulden zu bedienen. Präsident Trump hatte die finanzielle Unterstützung an einen Wahlsieg Mileis gekoppelt. In den Tagen vor der Wahl griff US-Finanzminister Scott Bessent mehrfach durch den Kauf argentinischer Pesos in den Markt ein, um die Währung zu stabilisieren. Die politische Unterstützung Mileis, die beiden US-Politikern in den vergangenen Tagen viel Kritik eingebracht hatte, scheint sich vorläufig ausgezahlt zu haben. Noch in der Wahlnacht schossen argentinische Aktien vorbörslich bis zu 35% in die Höhe. Trump gratulierte Milei überschwänglich über Truth Social. Bei Marktöffnung wird eine Stärkung der Landeswährung und ein Rückgang des Länderrisikos erwartet. Nichtsdestotrotz haben sowohl die USA als auch der Internationale Währungsfonds die Erwartung einer kontrollierten Abwertung des Pesos zum Ausdruck gebracht. Die Bedingungen dafür stehen für die Regierung durch den politischen Rückenwind nun deutlich besser.

 

Lehren aus der Wahl

Das Wahlergebnis hat gezeigt, dass die Polarisierung zwischen dem linkspopulistischen Kirchner-Peronismus und dem libertären Projekt Mileis weiter Bestand hat. In der Provinz Buenos Aires lag die Wahlbeteiligung knapp sieben Prozent höher als bei den Provinzwahlen im September. Es ist offensichtlich, dass viele Wähler trotz der Skandale der letzten Monate teils mit gerümpfter Nase für die Regierungspartei gestimmt haben, um eine Rückkehr zum Linkspopulismus zu verhindern und einen drohenden Wirtschaftscrash abzuwenden. Obwohl die Einmischung Trumps in den Wahlkampf bei vielen Argentiniern für Unmut sorgte, wiegen die Erinnerungen an vergangene Währungskrisen schwer. Somit scheint die Angst vorm Chaos in vielen Fällen der ausschlaggebende Faktor für die Wahlentscheidung gewesen zu sein. Diese Lesart erklärt ebenfalls das schlechte Abschneiden der von fünf populären Gouverneuren ins Leben gerufenen Alternative Provincias Unidas, die ein politisches Angebot in der Mitte etablieren wollten, das auf Provinzebene durchaus Zuspruch findet.

 

Was bringt die Zukunft?

Am Wahlabend trat Javier Milei ungewohnt förmlich mit Anzug, Krawatte und Brille vor die Kameras. Der sonst oft so laute und angriffslustige Präsident wählte jedes Wort mit Bedacht. Er begreife das Wahlergebnis als Auftrag, die Strukturreformen der argentinischen Wirtschaft entschieden voranzubringen. Dabei wolle er nicht nur die eigenen Wähler, sondern alle Argentinier mitnehmen und einbinden. Ob die Krise der letzten Monate als Weckruf gedient hat und Milei in der zweiten Halbzeit im Dialog mit anderen politischen Kräften regieren wird, bleibt abzuwarten. Noch sind viele Fragen nicht zuletzt bezüglich der Kräfteverteilung im Kongress offen. Werden die neuen Mandatsträger der PRO und der UCR, die über LLA-Listen ins Parlament einziehen, automatisch mit der Regierungsfraktion stimmen? Wie stellen sich die anderen Parteien im Parlament auf, die ihre Mandate ebenfalls gemeinsamen Listen mit anderen Parteien verdanken? Handelt es sich um einmalige Wahlallianzen oder um belastbare Bündnisse?

Oppositionelle Kräfte im Parlament, angeführt von den Peronisten, haben in den vergangenen Monaten zahlreiche Vorhaben der Regierung blockiert, angefeuert durch die politische Schwäche der Regierung. Durch das klare Wahlergebnis dürfte sich die Stimmung im Nationalkongress drehen und es ist wahrscheinlich, dass die Reformagenda an Schwung aufnehmen wird. Der Peronismus wird sich nach dem schlechten Abschneiden vor allem in der Provinz Buenos Aires mit Hinblick auf die Präsidentschaftswahlen 2027 neu sortieren müssen.

Präsident Milei hat eine Kabinettsumbildung angekündigt, die nicht zuletzt deshalb notwendig wird, weil die populäre Sicherheitsministerin Patricia Bullrich in den Senat und Verteidigungsminister Luis Petri ins Abgeordnetenhaus einziehen. Bereits vor der Wahl hatte Milei nach dem Rücktritt von Gerardo Werthein den Staatssekretär für Finanzen aus dem Wirtschaftsministerium, Pablo Quirno, zum neuen Außenminister ernannt. Quirno war maßgeblich an den Verhandlungen zum Währungsswap mit den USA beteiligt. Die wirtschaftspolitische Schwerpunktsetzung der Regierung wird dadurch erneut deutlich.

Durch eine Einbindung von Politikern der liberal-konservativen PRO ins Kabinett könnte die Regierung versuchen, sich deren fortwährende Unterstützung im Kongress zu sichern. Allerdings gibt es auch Stimmen, die nicht an eine Abkehr von der bisher kompromisslosen Linie glauben. Das gute Wahlergebnis - trotz zahlreicher Probleme - könnte die Regierung vielmehr in ihrem bisherigen Kurs bestärken. Eine erste Zerreißprobe wird die anstehende Debatte über das Haushaltsgesetz darstellen. Die Herausforderungen bleiben immens. Der Unmut der Bevölkerung über hohe Preise, niedrige Renten sowie Missstände im Bildungs- und Gesundheitssektor wird weiterhin spürbar sein. Das gute Wahlergebnis verschafft der Regierung bestenfalls eine Atempause. Um langfristig erfolgreich zu sein, wird sie ihre einseitige Fokussierung auf makroökonomische Themen durch kohärente gesellschafts- und sozialpolitische Ansätze ergänzen müssen. Dialogbereitschaft wäre dabei ein erster, begrüßenswerter Schritt.

 

 

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Kontakt Susanne Käss
Susanne_Käss_2025
Leiterin des Auslandsbüros Argentinien
susanne.kaess@kas.de +54 11 4326-2552

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