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“La comunidad internacional puede jugar un papel crucial para enfrentar la crisis de Nicaragua”

Entrevista con el periodista Carlos Fernando Chamorro.

La situación política en Nicaragua ha llegado a un punto crítico en los últimos meses. La democracia está siendo sistemáticamente socavada, la oposición política perseguida y los derechos humanos suspendidos. Para saber más sobre los últimos acontecimientos entrevistamos al reconocido periodista nicaragüense Carlos Fernando Chamorro, recientemente exiliado en Costa Rica, sobre la situación política de Nicaragua.

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1. Herr Chamorro, die Nachrichten, die uns aus Nicaragua erreichen, sind sehr besorgniserregend. Nach den jüngsten Festnahmen befinden sich weniger als drei Monate vor den Wahlen nun 32 politische Gegner der Regierung Daniel Ortegas in Haft, sieben von ihnen sind Präsidentschaftskandidaten. Wie rechtfertigt das Regime diese Festnahmen?

   
    Zwischen September und Dezember letzten Jahres verabschiedete das Regime vier Gesetze, um die Förderung demokratischer Rechte zu kriminalisieren und mögliche politische Konkurrenten bei den Wahlen am 7. November ihrer politischen Rechte zu berauben bzw. diese zu schmälern. Bei diesen Gesetzen handelt es sich um das Gesetz zu „ausländischen Akteuren“, das Sondergesetz zu „Cyberkriminalität“, das Gesetz 1055 zur „Verteidigung der Souveränität“ und das Gesetz zu „Hassverbrechen“. Die Mehrzahl der Inhaftierten wurde durch die Polizei festgenommen, angeblich, weil gegen sie wegen der Verletzung dieser Gesetze ermittelt werde – insbesondere des Gesetzes 1055, auf dessen Grundlage sie wegen ihrer Forderungen nach freien Wahlen ohne Beweise des Vergehens des „Vaterlandverrats“ bezichtigt werden. Gemäß diesen repressiven Gesetzen kommt es dem Versuch eines „Staatsstreichs“ gleich, wenn man eine andere Meinung als die des Regimes vertritt oder einen Bürgerprotest unterstützt. Dies ist die offizielle Begründung für die Festnahmen und die Anklage gegen führende Politiker, Bürger, Unternehmer, Bauern, Studierende, Journalisten und Menschenrechtsverteidiger gewesen.
 

2. Was ist über die Haftbedingungen der politischen Gefangenen bekannt?

 

     Vier der 32 politischen Gefangenen stehen unter Hausarrest. Eine von ihnen ist meine Schwester Cristiana Chamorro, die in ihrem Haus isoliert wird, aber von ihren Kindern besucht werden darf. Die anderen 28 festgenommenen Personen, unter ihnen fünf Präsidentschaftskandidaten, sind: Arturo Cruz, Félix Maradiaga, Juan Sebastián Chamorro, Medardo Mairena und Miguel Mora, sowie der Politologe José Antonio Peraza, mein Bruder

Pedro Joaquín Chamorro, die Vorsitzenden der Partei „Unamos“, unter ihnen die ehemaligen Guerillakämpfer Dora María Téllez und Hugo Torres, die Spitzenpolitikerin Violeta Granera, die Unternehmer José Adán Aguerri und Luis Rivas, der Journalist Miguel Mendoza, die Menschenrechtsverteidigerin María Oviedo, die Studentenführer Lesther Alemán und Max Jerez, sowie Dutzende weitere, von denen man vermutet, dass sie sich im Gefängnis El Chipote des Direktoriums für Rechtshilfe (Dirección de Auxilio Judicial) befinden. Sie konnten seither weder von Familienangehörigen noch von einem Anwalt besucht werden und einige von ihnen befinden sich bereits seit mehr als 60 Tagen in Haft. Sie wurden praktisch unter eklatanter Verletzung ihrer Menschenrechte entführt.


3. Was ist die Grundlage für die Macht und den Rückhalt des Ortega-Murillo-Regimes? Wie groß ist die Unterstützung für den Präsidenten und die Vizepräsidentin in der Bevölkerung wirklich?

 

    Die Unterstützung des Regimes fußt auf der totalen Kontrolle des Staates und des Repressionsapparats bestehend aus Polizei, Militär und den illegalen paramilitärischen Gruppen. In der Wählerschaft liegt der politische Rückhalt für Ortega und die FSLN zwischen 20 und 30 Prozent. Es handelt sich um die wichtigste politische Minderheit des Landes – äußerst organisiert und von Zusammenhalt geprägt, aber letzten Endes eine politische Minderheit. In wirtschaftlicher Hinsicht finanziert sich das Regime durch eine erpresserische Steuerpolitik, und seit die Gelder der venezolanischen Zusammenarbeit in 2017 ausliefen, ist die Hauptquelle für externe Finanzierung die Zentralamerikanische Bank für Wirtschaftsintegration (Banco Centroamericano de Integración Económica (BCIE)).


4. Im Jahr 2018 gab es Massenproteste gegen die Regierung, die gewaltsam durch den Staat niedergeschlagen wurden. Gehen Sie davon aus, dass die antidemokratischen Entwicklungen weitere Massenproteste von Seiten der nicaraguanischen Bevölkerung auslösen könnten?

 

    Seit dem Blutbad 2018, bei dem 300 Personen getötet, Tausende verletzt, 100.000 ins Exil vertrieben und Hunderte als politische Gefangene inhaftiert wurden, sind Bürgerproteste verboten und kriminalisiert. In Nicaragua leben wir in einem Polizeistaat: Es gibt keine Versammlungsfreiheit und keine Mobilisierung, und aus diesem Grund ist es undenkbar, dass es zu Massenprotesten kommen könnte, während die Repressionen immer weiter zunehmen. Nur wenn der Polizeistaat aufgehoben und die Unterdrückung ein Ende finden würde, könnten Bedingungen für eine neue Protestwelle und Massendemonstrationen geschaffen werden. Um Repressionen zu vermeiden, gibt es seitens der Zivilbevölkerung derzeit nur kleine Protestaktionen von kurzer Dauer.


5. Welche Rolle könnte und sollte die internationale Gemeinschaft in dieser Krise spielen? Könnte sie tatsächlich etwas bewegen?

 

     Die internationale Gemeinschaft kann eine entscheidende Rolle bei der Bewältigung der Krise in Nicaragua spielen, aber sie kann kein Ersatz für den nationalen zivilgesellschaftlichen Druck sein; zusammen könnten diplomatischer und interner Druck zu spürbaren Veränderungen führen.

Die internationalen Menschenrechtsorganisationen wie die Interamerikanische Kommission für Menschenrechte (CIDH) der Organisation Amerikanischer Staaten (OEA) und das Büro des Hohen Kommissars für Menschenrechte der Vereinten Nationen haben eine Schlüsselrolle für die Dokumentation der Menschenrechtskrise in Nicaragua gespielt. Doch auf politischer Ebene ist noch viel mehr Solidarität und Unterstützung aus Zentral- und Lateinamerika notwendig, um die Diktatur zu isolieren. Bei der letzten Abstimmung der OEA haben beispielsweise 26 Länder die Menschenrechtsverletzungen verurteilt und freie Wahlen gefordert, aber einige wichtige Länder wie Mexiko und Argentinien haben sich ihrer Stimme enthalten, ebenso wie die zentralamerikanischen Staaten Honduras und Belize.

Auf der anderen Seite gibt es eine neue Tendenz hin zur Koordination multilateraler Maßnahmen zwischen den Vereinigten Staaten und der Europäischen Union, um mehr Druck auf das Regime auszuüben. Doch es fehlt eine Strategie für wirksamere Aktionen, die Auswirkungen auf einige der Finanzierungquellen des Regimes, beispielsweise die Zentralamerikanische Bank für wirtschaftliche Integration und die Interamerikanische Entwicklungsbank (Banco Interamericano de Desarrollo - BID), haben könnte. Doch ich möchte betonen: Der Einfluss der internationalen Gemeinschaft kann nur dann volle Wirksamkeit entfalten, wenn diese Maßnahmen gleichzeitig mit dem Druck durch die demokratische nicaraguanische Opposition, unter Einbezug der Zivilgesellschaft, dem Unternehmenssektor und der moralischen Führung der katholischen Kirche, koordiniert werden.


6. Sie mussten selbst ins Exil gehen. Halten Sie es für realistisch, dass Sie nach den Wahlen in Ihr Land zurückkehren werden?


    Wie viele andere Nicaraguaner auch, musste ich ins Exil gehen, um meine Freiheit zu bewahren und weiterhin als Journalist tätig sein zu können. Meine Redaktion wurde am 20. Mai von der Polizei durchsucht und mein Haus am 21. Juni, und zwar ohne irgendeine gerichtliche Anordnung.
Am 7. November wird es keine gerechte, transparente und wettbewerbsorientierte Wahl geben, sondern eine Abstimmung unter einem Einparteiensystem, in dem Ortega und Murillo keine Gegenkandidaten haben werden. Ortega wird in einem Umfeld der Enthaltung ohne politische Legitimation wiedergewählt werden und eine Verschärfung der eigenen Krise herbeiführen.

Es ist daher nicht möglich, eine Rückkehr nach Nicaragua nach dem 7. November zu planen. Für eine Rückkehr ins Land fordern wir im Exil Lebenden, dass diese Wahlen für nichtig erklärt werden, der Polizeistaat aufgehoben wird, und der CIDH und das Büro des Hochkommissariats für Menschenrechte als Mindestgaranten für die Wiederherstellung der Menschenrechte zurückkehren.
In der Zwischenzeit werde ich weiterhin Journalismus aus Costa Rica betreiben, und ich hoffe, nach Nicaragua zurückzukehren, wenn es Garantien dafür gibt, dass die Unterdrückung ein Ende findet und alle demokratischen Rechte wiederhergestellt werden.


Die Fragen stellte Evelyn Gaiser, Leiterin des Auslandsbüros der KAS Costa Rica.

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