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Zwangsexmatrikulation gegen Antisemitismus

Jakob Reinhold

Zwischen akademischer Freiheit und Sicherheitsbedenken: Antisemitismus und die Antwort deutscher Hochschulen

Antisemitische Zwischenfälle an deutschen Hochschulen haben seit dem Terrorangriff der Hamas auf Israel im Oktober 2023 deutlich zugenommen. Bundesweit wächst die Sorge um die Sicherheit jüdischer Studierender. Seit einer Gewalttat in Berlin im Februar 2024 wird über bessere rechtliche Maßnahmen gegen Antisemitismus im Hochschulkontext diskutiert. Zum Schutz jüdischer Studierender und zur Sicherung des Hochschulumfelds sind bessere Regelungen erforderlich, die gleichzeitig die Autonomie der Universitäten stärken.

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Eine vom Bundesministerium für Bildung und For­schung beauftragte Studie vom März 2024 zeigt, dass zwölf Prozent der Studierenden in Deutsch­land Gewaltakte der Hamas als legitimen Befrei­ungskampf ansehen. Gleichzeitig stellt die Studie fest, dass sich viele jüdische Studierende an ihrer Hochschule unsicher fühlen. Hochschulgruppen aus dem linksautonomen Spektrum diffamieren den Staat Israel, verharmlosen die Hamas und diskreditieren jüdische Studierende. Der Bundes­verband der Recherche- und Informationsstellen Antisemitismus verzeichnete vor allem an Berli­ner Hochschulen einen Anstieg antisemitischer Vorfälle. Aber auch bundesweit steigt die Zahl der antisemitischen Übergriffe. Die Vorfälle reichen von Schmierereien an der Kölner Universität bis zu Störungen akademischer Feiern in Hamburg. Ein besonders gravierender Fall ereignete sich am 2. Februar 2024, als einem jüdischen Studenten außerhalb des Campus der Freien Universität Ber­lin von einem Kommilitonen schwere Gesichtsver­letzungen zugefügt wurden.

 

„Zahnloser Tiger“ Zwangsexmatrikulation

Ungeachtet strafrechtlicher Konsequenzen führte der Vorfall aufgrund fehlender rechtlicher Ein­griffsmöglichkeiten in Berlin nicht zu studienbezo­genen Sanktionen. Andere Bundesländer ermög­lichen die hochschulinterne Sanktionierung von Studierenden, wenn deren Aktivitäten einschlä­gige Ordnungstatbestände erfüllen. Darunter fällt unter anderem der Tatbestand der Straftat, auch außerhalb der Hochschule, sofern diese gegen Mitglieder der Hochschule gerichtet ist und eine Gefahr für die gesamte Hochschulgemeinschaft darstellt. Die Zwangsexmatrikulation als bishe­riges Hauptinstrument der hochschulinternen Sanktionierung ist aber ein „zahnloser Tiger“, da sie aufgrund ihres grundrechtseingreifenden Charakters kaum verhängt wird. Der Berliner Senat plant daher, sein Hochschulordnungsrecht zu erweitern, um den Universitäten eine flexiblere Handhabe gegen Verstöße zu ermöglichen. Ein differenzierter Maßnahmenkatalog, ähnlich dem in Nordrhein-Westfalen, soll die Verhältnismäßig­keit von Sanktionen gewährleisten und unter­schiedliche Verstöße angemessen adressieren. Angesichts der bundesweit zunehmenden anti­semitischen Übergriffe an Hochschulen wäre es zu begrüßen, wenn die Berliner Debatte eine bun­desweite Reform des Hochschulordnungsrechts anstößt. Die unzureichende Reaktion auf Vorfälle in Nordrhein-Westfalen unterstreicht allerdings, dass dies allein auch nicht ausreicht, um ange­messen auf Fälle zu reagieren und potenzielle Täter abzuschrecken.

 

Selbstverständnis der Hochschulen

Die bislang geringe Zahl an Fällen, in denen Hoch­schulen Ordnungsmaßnahmen im Zusammen­hang mit antisemitischen Vorkommnissen ver­hängt haben, ist auch in ihrem Selbstverständnis als autonome und selbstverwaltende Bildungsein­richtungen begründet. Hochschulen betrachten sich nicht als Ordnungsinstanzen, zögern daher, disziplinarische Maßnahmen gegen Studierende zu verhängen und meiden die Konfrontation mit aktivistischen Personen und Gruppierun­gen. Hanna Veiler, die Präsidentin der Jüdischen Studierendenunion Deutschland, beklagt: „Wir sehen Universitäten, die absolut ratlos sind und keine Mechanismen haben, um den derzeitigen Antisemitismus zu bekämpfen“. Der Berliner Vor­schlag sieht deshalb die Bildung hochschulinter­ner Gremien vor, die antisemitische und andere Übergriffe bewerten und bei Feststellung solcher Übergriffe disziplinarische Ordnungsmaßnahmen verhängen. Diese direkt im akademischen Leben verankerten Gremien könnten dank ihrer Nähe und Dialogerfahrung mit der Hochschulgemein­schaft rasche und angemessene Reaktionen gewährleisten.

 

Recht auf verbindliche Untersuchung durch das Gremium

Erfahrungen mit bereits existierenden Hochschul­gremien (Ordnungs- oder Exmatrikulationsaus­schüssen) in anderen Bundesländern sind aber ernüchternd. In den meisten Fällen bleiben sie inaktiv. Um hier Abhilfe zu schaffen, sollte die Zuständigkeit der Hochschulen für Ordnungs­maßnahmen erweitert und als zentraler Aspekt ihrer Selbstverwaltung gesetzlich festgeschrieben werden. Diese Erweiterung würde Ordnungsmaß­nahmen fest im Selbstverständnis der Hoch­schulen verankern. Zudem müssten Hochschulen gesetzlich verpflichtet werden, bei Verstößen mit Hilfe von internen Gremien konsequent zu han­deln. Vorstellbar wäre, dass Betroffenen gesetz­lich das Recht auf verbindliche Untersuchung durch das Gremium zugesichert wird und diese Gremien dazu verpflichtet werden – dies macht der Berliner Fall deutlich –, auch außeruniversi­täre Ordnungsverstöße auf ihre Relevanz für die Hochschule zu prüfen.

 

Rahmenbedingungen des Hochschulordnungsrechts

Es ist untragbar, dass jüdische Studierende antisemitischen Angreifern auf dem Campus deutscher Hochschulen begegnen müssen. Instrumente des Hochschulordnungsrechts, ins­besondere die Zwangsexmatrikulation, können hier Bausteine zur Verbesserung der individuellen Sicherheitslage von Betroffenen sein. Dies setzt – neben abgestuften Ordnungsinstrumenten – aktive interne Bewertungs- und Sanktionsgremien, bessere gesetzliche Rahmenbedingungen und ein problem- und verantwortungsbewusstes Selbst­verständnis der Hochschulen voraus.
 

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Munkatársaink

Jakob Reinhold

Referent

jakob.reinhold@kas.de

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