Müller erinnerte eindringlich daran, in welchem rasanten Tempo der ökologische Fußabdruck in der Welt wachse. Insbesondere in Afrika sei der Klimawandel angekommen. In den vergangenen sieben Jahren als Minister hat er alleine 42 Länder in Afrika besucht, ein Kontinent, der ihm am Herzen liegt. „Über das Morgen wird in den Schwellen- und Entwicklungsländern entschieden“, sagte der Minister.
Soziale Verantwortung der Industriestaaten
Kemfert nahm die reichen Nationen und wohlhabenden Bevölkerungsschichten weltweit in die Pflicht. Aufgrund des erarbeiteten Wohlstandes in den vergangenen Jahrzehnten und der Industrieentwicklung habe auch Deutschland zum Klimawandel beigetragen. „Klimaschutz ist gelebte, soziale Gerechtigkeit“, sagte Kemfert, die seit diesem Jahr Mitglied im Präsidium der deutschen Gesellschaft des Club of Rome sitzt. Es sei allen voran die Aufgabe der Industriestaaten den Klimawandel einzudämmen, denn sie stünden in der sozialen Verantwortung für eine globale Gerechtigkeit zu sorgen.
Müller und Kemfert forderten ein Umdenken, denn nachhaltiger Konsum sowie Klimaschutz beginne bei jedem einzelnen. Der Schluck Kaffee-to-go bekommt einen faden Geschmack, wenn deutlich wird, dass täglich 8 Millionen Becher in Deutschland weggeworfen werden. Sowohl Herstellung als auch der Recyclingprozess seien umweltschädlich. Das gleiche gelte für die Plastik-Espresso-Kapseln, verdeutlichte Müller. Der Entwicklungsminister verurteilte diesen „falschverstandenen Lifestyle und Konsum“. Insbesondere faire Lieferketten in der Textilbranche könnten zudem dazu beitragen, dass die Hersteller in den Schwellenländern unter besseren gesundheitlichen Bedingungen in den Produktionsstätten arbeiten und einen fairen Mindestlohn erhielten. Der Entwicklungsminister appellierte an alle, bei sich selbst anzufangen und sein Alltags- und Konsumverhalten zu ändern.
Technologietransfer für Projekte in Schwellen- und Entwicklungsländern
Doch nicht nur ein Wandel beim Konsum oder in der Wirtschaft sei von Nöten, auch insbesondere die Zusammenarbeit mit den Entwicklungsländern sei entscheidend. Müller verdeutlichte, dass mit deutscher Technologie, Ausbildungschancen und innovativen Techniken Alternativen zur Energiegewinnung mit fossilen Brennstoffen oder durch Atomkraft aufgezeigt werden können. „Mit dem Wissenstransfer schaffen wir Arbeit und Zukunft in den Entwicklungsländern.“
In Marokko wird ein Energiepark mit deutscher Technologie betrieben, der mittels Sonnenenergie synthetischen, klimaneutralen Brennstoff herstellt. Solarenergie boome gerade in Afrika, weil der Preis pro Kilowattstunde (kWh) von Solarstrom unterhalb des Ölpreises liege, erklärte der Entwicklungsminister. Neben vielen kleinen Projekten arbeite das Entwicklungsministerium derzeit auch an einem Konzept für dezentrale Energielösungen, wodurch Bioenergie zur Stromgewinnung in entlegenen Dörfern Indiens und Afrikas bereitgestellt werde.
Demokratische Prozesse helfen beim Klimaschutz
Bei den verschiedenen Lösungsansätzen spiele insbesondere die Demokratie eine wichtige Rolle. „Wir brauchen eine breite Bevölkerung, die bereit ist für den Wandel“, sagte Kemfert. Eine breite Klimadebatte von CO2-Steuer bis Emissionshandel sei nötig. Die Abteilungsleiterin für Energie, Verkehr und Umwelt am Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) betonte, dass Lösungen von unten erarbeitet werden müssten. Dass weltweit Populisten eher auf Spaltung als auf eine starke Gesellschaft setzen, sei der falsche Ansatz, so Kemfert. „Gerade die Pandemie verdeutlicht, wie starke Demokratien eine Krise bewältigen können.“ Die Energie- und Klimaökonomin ermunterte alle dazu, sich mit Ideen in Bürgerdialoge, Allianzen und demokratische Debatten einzubringen.
Zuvor hatte Hermann Gröhe, stellvertretender Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung und stellvertretender Vorsitzender der CDU/CSU-Fraktion im Deutschen Bundestag, die lösungsorientierten Ansätze der beiden Diskutanten und Buchautoren gelobt. „In wichtigen Fragen der Klima- und Energiepolitik legen sie nicht nur den Finger in die Wunde, sondern stoßen wichtige Debatten an“, so Gröhe. Dies werde in den beiden Büchern, aber auch in der Diskussion deutlich.
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