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Rumänische Reaktionen auf den Konflikt im Südkaukasus

Außenpolitische Themen treffen vergleichsweise selten auf das Interesse der rumänischen Öffentlichkeit. Schon deshalb ist das jetzt entstandene, große öffentliche Interesse am Konflikt im Südkaukasus bemerkenswert. Rumänien hatte sich in der jüngeren Vergangenheit immer wieder deutlich für einen raschen Beitritt Georgiens zur NATO ausgesprochen.

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Der Georgien-Konflikt wurde auch deshalb in Rumänien ausführlich beobachtet und kommentiert, allerdings wie so häufig weniger von den politischen Akteuren, als vielmehr von den Medien und politischen Kommentatoren. Das Interesse ergab sich aus der geografischen Nähe Georgiens zu Rumänien und wegen möglicher Auswirkungen auf den Transnistrien-Konflikt im Nachbarland Republik Moldau. Nicht zuletzt bedient der Konflikt die in Rumänen latent vorhandenen antirussischen Ressentiments und ist daher ein in der rumänischen Öffentlichkeit willkommenes Thema. Der hohen Bedeutung des Konflikts für Rumänien wurde durch die Reise des rumänischen Staatspräsidenten Basescu vom 21.-22. August nach Georgien, Ukraine, Aserbaidschan, Republik Moldau und in die Türkei Ausdruck verliehen.

Der Tenor der Bewertung des Konflikts war Unverständnis für die Aktion des georgischen Staatspräsidenten („Größenwahn“) und noch größeres Unverständnis für die überzogene Reaktion der Russen und deren Okkupation von Teilen des georgischen Kernlandes.

In der öffentlichen Diskussion wurden Parallelen zwischen Russlands Verhalten in Georgien und dem Einmarsch der UDSSR in der Tschechoslowakei im Jahr 1968 gezogen. Beide Male habe Russland seine Bereitschaft gezeigt, mit gewaltsamen Mitteln den Unabhängigkeitsbestrebungen kleiner Länder Einhalt zu gebieten.

Einer der bekanntesten politischen Analysten des Landes, Cristian Parvulescu führte diesen Vergleich mit dem Hinweis weiter, die UdSSR hätten mit dem Versuch, 1968 den Fortgang der Geschichte zu stoppen, eine militärischen Erfolg und eine politische Niederlage errungen. Putin und Medwedew könnten jetzt erneut bei ihrem Versuch ins Stolpern geraten, den Fortgang der Geschichte erneut anhalten zu wollen.

In zahlreichen Stimmen wird Russland als Bedrohung für ganz Südosteuropa bezeichnet. Vermutungen werden kundgetan, wonach Russland sein ehemaliges sowjetisches Imperium wieder aufbauen wolle, indem es die Unabhängigkeit der postsowjetischen Staaten aufzuheben trachte und eine supranationale Entität unter Koordinierung Russland schaffen wolle. Zu diesen Staaten würden neben Georgien auch die Ukraine, Kasachstan und Usbekistan zählen. Dieser Plan sei eine Reaktion auf die Osterweiterung der NATO. Westeuropa müsse Russland nun klar machen, dass ein neuer Krieg nicht im wirtschaftlichen Interesse Russlands liege.

Aufbauend auf der – in Rumänien gängigen - Einschätzung Russlands als ein Aggressor beklagen einige Kommentatoren, die NATO hätte eine starke Antwort auf den russischen Einmarsch in Georgien geben müssen. In dieser Argumentationsführung wird der Ursprung der Georgien-Krise im NATO-Gipfel von Bukarest gesehen, weil sich Frankreich und Deutschland dort gegen den Membership Action Plan für Georgien ausgesprochen hätten. . Die neue russische Strategie wird auch als Beweis für das Scheitern der NATO und insbesondere der USA betrachtet, Russland ausreichend in die westlichen Institutionen einzubinden.

Die Georgien-Krise war auch Anlass zur Formulierung konspirativer Theorien. In der englischsprachigen Tageszeitung Nine o’Clock wurde am 26.8.2008 unter der Überschrift „a hypothesis“ ein Kommentar des rumänischen EU-Parlamentariers und ehemaligen Außenministers Adrian Severin (PSD-Sozialdemokraten) veröffentlicht. Darin fragt Severin, ob der georgische Präsident seine Militäraktion ohne Zustimmung der USA begonnen habe.

Severin verweist auf die Überraschung der Amerikaner angesichts der georgischen Intervention und führt aus, die Amerikaner wüssten um die Stärke Russland in der Region und hätten daher das mit amerikanischer Hilfe aufgerüstete Georgien nicht in das Messer Russlands laufen lassen.

Anderseits wäre es unwahrscheinlich, dass der georgische Präsident ein solch riskantes Unterfangen ohne Anfrage bei den Amerikanern durchgeführt hätte, da überdies den zahlreichen Amerikanischen Militärberatern in Georgien und den amerikanischen Satelliten die Vorbereitung eines Angriffes nicht verborgen geblieben sein könnte.

Severin nimmt deshalb an, dass es ein Einverständnis zwischen den Amerika und Georgien gegeben hätte. Demnach wären die Amerikaner grundsätzlich mit dem Angriff auf Südossetien einverstanden gewesen, ohne jedoch in die Einzelheiten eingebunden worden zu sein. Er fügt die Hypothese hinzu, dass es auch ein Abkommen zwischen den Amerikanern und den Russen gegeben habe. Dieses Abkommen würde auf den Interessen der Bush-Administration und des republikanischen Kandidaten zur Präsidentschaftswahl McCain, dem „Veteranen der Bipolarität“ aufbauen, der im Wahlkampf für eine entschlossen Politik gegenüber Russland werbe. Russland seinerseits hätte ein Interesse, als wieder aufsteigende Globalmacht mit einem berechenbaren Gesprächspartner statt mit einem unbekannten demokratischen Präsidenten zu verhandeln. Die russische Intervention in Georgien wäre Wasser auf den Mühlen McCains gewesen, was sich jetzt auch in den Umfrageergebnissen ausdrücke. Die Infragestellung der NATO-Fähigkeit Georgiens und die Kompromittierung des georgischen Staatspräsidenten seien hingegen Russlands Prämie.

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