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Eine konservative Revolution

Автор: Dr. Nino Galetti, Tatjana Saranca, Nele Katharina Wissmann

Neuaufstellung der bürgerlich-konservativen Partei "Les Républicains"

Am 10. und 17. Dezember 2017 werden die rund 230.000 Mitglieder der bürgerlich-konservativen Partei „Les Républicains“ ihren neuen Vorsitzenden in zwei Wahlgängen wählen. Die Wahl wird von der Partei als zentrale Etappe eines Erneuerungsprozesses gewertet, die sich die „Républicains“ nach dem Debakel bei den Präsidentschaftswahlen sowie den Wahlen zur Assemblée nationale im Frühjahr 2017 verschrieben haben. Die Niederlage stürzte die Partei in eine schwere Identitätskrise, von der sie sich nur langsam erholt.

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Uneinigkeit ist das Substantiv, das derzeit am besten die Stimmungslage in der Partei beschreibt. Drei Ministerposten wurden durch Staatspräsident Macron an das bürgerlich-konservative Lager vergeben.

Emmanuel Macron trieb damit einen tiefen Keil in die Partei, denn während sich eine Fraktion aus „Konstruktiven“ für eine Zusammenarbeit mit der En-Marche-Bewegung entschied, definiert sich die traditionelle Fraktion der „Républicains“ als klassische Oppositionspartei. Die Wahl des neuen Parteivorsitzenden im Dezember wird richtungsweisend für die Zukunft der Partei sein. Sollte es einen Rechtsruck geben, den viele Parteibeobachter voraussagen, kann es zu einer Spaltung kommen.

Wahldebakel 2017

Angesichts der mageren Bilanz von Präsident François Hollande und seiner sozialistischen Regierung waren sich nicht nur die „Républicains“ lange sicher, die Präsidentschaftswahlen 2017 zu gewinnen. Der Scheinbeschäftigungsskandal rund um den Präsidentschaftskandidaten François Fillon führte im Mai 2017 zu einer historischen Niederlage der Partei. Der Schock saß umso tiefer, da die Wahl als „nicht verlierbar“ galt. Die Suche nach Schuldigen und der Ruf nach einem Neuanfang übertönten die Wahlkampfdebatten im Rahmen der Parlamentswahlen und führten deswegen auch hier zu Ernüchterung. Die „Républicains“ und die mit ihnen verbündete Zentrumspartei UDI kamen auf 131 Sitze (in der vorherigen Legislaturperiode 225) und blieben damit weit hinter ihren eigenen Erwartungen, die absolute Mehrheit zu erlangen und den Präsidenten auf diese Weise in eine Kohabitation zu zwingen, zurück.

Die guten Ergebnisse bei den Senatswahlen, die am 24. September stattfanden, können nur teilweise als Kehrtwende des Abwärtskurses gewertet werden. Veränderungen der politischen Landschaft schlagen sich im Senat viel langsamer nieder, als in der Nationalversammlung, da das Wahlsystem diejenigen Parteien bevorzugt, die in den kleinen Kommunen stark verankert sind. Seit seiner Gründung 1958 hatte daher das bürgerlich-konservative Lager stets die Mehrheiten im Senat – mit Ausnahme der Jahre 2011-14, wo das linke Lager kurzzeitig die Mehrheit der Senatoren stellten. Mit 159 Sitzen, 15 mehr als im scheidenden Senat, sind die Républicains erwartungsgemäß als stärkste Kraft aus den Wahlen hervorgegangen.

Die Konstruktiven auf Macron-Kurs

Seit Mitte Mai werden zentrale Regierungsämter durch bürgerlich-konservative Politiker besetzt, was von den Républicains nicht mit Wohlwollen betrachtet wurde. Die Partei nahm die Nominierungen vielmehr als Bedrohung für ihre Oppositionsrolle wahr.

Das Parteiausschlussverfahren der Partei „Les Républicains“ gegen Premierminister Edouard Philippe, den Haushaltsministers Gérald Darmanin sowie den Staatssekretär für den ökologischen und solidarischen Wandel Sébastien Lecornu scheiterte Ende Oktober jedoch vorerst, da bei der Vorstandssitzung nicht genug Mitglieder anwesend waren, um das nötige Quorum zu erreichen. Auch die beiden Abgeordneten Franck Riester und Thierry Solère, die der Fraktion der „Konstruktiven“ angehören, waren vom Parteiausschlussverfahren betroffen. Finanzminister Bruno Le Maire hatte die Partei bereits vorher freiwillig verlassen und sich der Bewegung von Emmanuel Macron angeschlossen.

Den Politikern wurde vorgeworfen, sich durch ihre Zusammenarbeit mit Staatspräsident Emmanuel Macron bzw. mit der Gründung der Fraktion „Les Constructifs“ in der Assemblée nationale von ihrer Partei abgewendet zu haben. Das Parteischlussverfahren, das schließlich ohne Quorum Erfolg hatte, war jedoch auch innerhalb der Partei nicht unumstritten. Der Abgeordnete des Europäischen Parlaments Alain Lamassoure kündigte als Reaktion auf das Verfahren seinen Parteiaustritt an. Mit Edouard Philippe sei ein Premierminister im Amt, dessen politisches Handeln stark vom Programm der „Républicains“ inspiriert sei. Es sei für ihn nicht verständlich, warum Edouard Philippe nun aus der Partei ausgeschlossen wurde.

Für die aus den Républicains ausgeschlossenen Politiker gibt es drei Optionen: Gründung einer eigenen Partei, Parteilosigkeit und Beitritt zur En Marche-Bewegung. Während Premierminister Edouard Philippe parteilos blieb, sind Gérard Darmanin, Sebastien Lecornu und Thierry Solère nun „in Bewegung“ (En marche) sind. Einige Mitglieder der Fraktion der „Konstruktiven“, wie zum Beispiel der Abgeordnete Franck Riester, gründeten eine eigene Partei mit dem Namen „Agir, la droite constructive“ (Handeln, die konstruktive Rechte). Zu den 20 Gründungsmitgliedern gehören nationale Abgeordnete, Europaabgeordnete und Senatoren, darunter einige ehemalige Minister von Nicolas Sarkozy und Jacques Chirac. "Agir" möchte erklärtermaßen „die angekündigten Reformen des aus dem bürgerlichen Lager hervorgegangenen Premierministers Edouard Philippe und seiner Regierung unterstützen“. Diese entsprächen den „liberalen, sozialen, europäischen, humanistischen Reformideen, welche die politische Rechte und Mitte“ seit je verteidigt habe, steht im Gründungsmanifest der Partei. Ihr Platz zwischen Regierung und Opposition, so wird bereits heute deutlich, ist schmal. Die Konstruktiven betrachten sich eher als kritischer Teil der Regierungsmehrheit denn als Opposition.

Beobachter gehen davon aus, dass die Parteigründung auch im Hinblick auf die wahrscheinliche Wahl des nationalkonservativ orientierten Präsidenten der Region Lyon, Laurent Wauquiez, an die Spitze der „Républicains“ stattgefunden hat und der Zeitpunkt dementsprechend sehr bewusst gewählt wurde. Moderaten Republikanern, die sich nicht mit dem erwarteten Rechtsruck ihrer Partei identifizieren können, solle so künftig eine neue politische Heimat gegeben werden. Ob diese Strategie aufgehen wird, bleibt fraglich.

Rechtsruck nach der Wahl des Parteivorsitzenden?

Die Wahl des neuen Parteichefs wird aller Voraussicht nach mit einem einzigen Wahlgang entschieden werden. Rund drei Viertel der Parteimitglieder wünschen sich Laurent Wauquiez als neuen Vorsitzenden. Weniger Erfolg hat der Konservative bei der französischen Gesamtbevölkerung. Nur 33% der Franzosen sprechen sich für Wauquiez an der Spitze der „Républicains“ aus.

Nur zwei weitere Politiker der Républicains haben ihre Bewerbungen eingereicht. Ihre sehr unterschiedlichen Profile reflektieren den aktuellen Lagerkampf innerhalb der Partei.

Um bei den Wahlen antreten zu dürfen, müssen die Kandidaten die Unterstützung von 13 Abgeordneten aus der Assemblée nationale, dem Senat oder dem Europäi-schen Parlament sowie von 2500 Parteimitgliedern bekommen.

Laurent Wauquiez, der Rechtskonservative

Gegner von Laurent Wauquiez werfen dem 42-jährigen vor, bei den Wählern des rechts-extremen Front National auf Stimmenfang zu gehen. Bei seinen letzten Medienauftritten schärfte der frühere Europaminister Sarkozys sein nationalkonservatives Profil. Er forderte im Kampf gegen den Terror die Einrichtung von Internierungslagern für „Gefährder“ und setzte sich für die so-genannte Molière-Klausel ein. Die Klausel würde französische Arbeitgeber dazu verpflichten, einen gerichtlichen Übersetzer beizuziehen, wenn sie sprachunkundige Arbeiter einstellen. Mit dieser Bestimmung soll erwirkt werden, dass auf französischen Baustellen Franzö-sisch gesprochen wird. 2013 unterstützte er öffentlich die „Manif pour tous“-Bewegung, die sich als Reaktion auf die Einführung von Ehe und Adoptionsrecht für gleichgeschlechtliche Paare formiert hatte.

Wauquiez kann auf eine mehrjährige Regierungserfahrung zurückblicken. Unter Staatspräsident Nicolas Sarkozy übernahm er drei Ministerposten (Forschung, Europäische Angelegenheiten und Arbeit) und war als Regierungssprecher aktiv. Lange war Wauquiez bei deutschen Gesprächspartnern nicht zuletzt aufgrund seiner perfekten Deutschkenntnisse hoch geschätzt. Seine zunehmend EU-kritische, mitunter nationalkonservative Rhetorik sorgte in den vergangenen Monaten jedoch zunehmend für Irritationen. Als Präsident der Region von Lyon („Auvergne-Rhône-Alpes“) positioniert sich Wauquiez seit 2015 als Verteidiger der französischen Provinz: „Ce ne sont pas les bobos parisiens qui doivent décider pour les montagnards » (Lasst nicht die Pariser Möchtegern-Bohémien für die Hochlandbewohner entscheiden).

Den Parteivorsitz übernahm er bereits übergangsweise während der Vorwahlen für die Präsidentschaftswahlen von August bis November 2016. Er unterstützte bei diesen Wahlen Nicolas Sarkozy. Beobachter gehen deswegen davon aus, dass Sarkozy und viele seiner Anhänger dem Anwärter auf den Parteivorsitz den Rücken stärken werden.

Maël de Calan, die Stimme von Alain Juppé

Der 36-jährige Maël de Calan sitzt im Rat des Départements Finistère am äußersten westlichen Rand der Bretagne und machte sich als Sprecher von Alain Juppé bei den Vorwahlen der „Républicains“ einen Namen.

Der Jüngste der insgesamt drei Bewerber scheint seine Inspiration bei Macrons „En Marche“-Bewegung gefunden zu haben. Er möchte die jungen Wähler repräsentieren und dabei neue Gesichter für die Politik begeistern. Seine Linie sei eindeutig liberal, europäisch und sozial, so de Calan. Die Partei leide seiner Meinung nach an einem Mangel an neuen Ideen und neuen Gesichtern. Er wünscht sich eine offene bürgerlich-konservative Partei und lehnt sich gegen den seiner Meinung nach „spaltenden“ Kurs von Laurent Wauquiez auf.

Florence Portelli, die Stimme von François Fillon

Florence Portelli wurde als Sprecherin von François Fillon während der Präsident-schaftswahlen der Spitzname „Die Scharfschützin“ gegeben. In den Medien verteidigte sie bis zuletzt ihren Mentor.

Die 39-Jährige ist seit 2014 Bürgermeisterin von Taverny, einer Gemeinde im Nordosten von Paris und seit 2015 Mitglied des Regionalrates des Großraums Paris. Sie selbst beschreibt sich als Nostalgikerin der Politik von Philippe Séguin. Der inzwischen ver-storbene Minister, Präsident der National-versammlung und Vorsitzende der gaullistischen Partei RPR galt als Wortführer der französischen Gegner des Maastricht-Vertrags. Er vertrat einen nach links offenen Gaullismus.

Zweifelhafte Zukunft der Républicains

Während viele Parteimitglieder die Kandidatur von Laurent Wauquiez unterstützen, brodelt es auf der Führungsebene. Thierry Solère, der nach den Parlamentswahlen die Gründung der Fraktion der Konstruktiven vorantrieb, ließ vor seinem Parteiausschluss verlauten, dass er nach einer zweistündigen Debatte mit Macron nicht mehr sagen könne, was ihn vom Präsidenten trenne, nach 5 Minuten einer Parteiveranstaltung mit Wauquiez würde er jedoch „nur noch den Raum verlassen wollen.“

Auch die Regionalratsvorsitzende des Großraumes Paris, Valérie Pécresse, positioniert sich derzeit in den französischen Medien gegen Wauquiez und warnt dabei vor allen Dingen vor einem Rechtsruck der Partei und einer Übernahme der Rhetorik des rechts-extremen Front National. Sollte die Partei diese Richtung wählen, sei sie nicht mehr Teil der „Républicains“. Nach der politischen Sommerpause hatte sie die Bewegung „Libres!“ (Die Freien!) als Gegengewicht gegründet. Die Bewegung soll alle politischen Strömungen innerhalb der Républicains – Liberale, Zentristen, Gaullisten und Konservative – sammeln. An der Gründungsveranstaltung nahmen Parteigrößen wie der Senatspräsident Gérard Larcher und der Generalsekretär der „Républicains“, Bernard Accoyer, teil.

Vor einem Rechtsruck warnt auch der ehemalige Minister Frédéric Lefebvre und ruft zur Einheit gegen eine „fanatische Rechte“ auf. Er kritisierte, dass die politische Bewegung „Sens commun“ („Gesunder Menschverstand“), die sich aus der „Manif pour tous“ gegründet hat, zunehmend die parteipolitische Linie bestimmen würde. „Sens commun“ hatte bei den Vorwahlen offensiv für den Präsidentschaftswahlen François Fillon geworben. Moderate Vertreter der Partei, so Lefebvre, seien auf diese Weise ins Macron-Lager gedrängt worden. Er selbst schloss sich nun der neuen bürgerlich-konservativen Partei „Agir“ an.

Gleichzeitig wenden sich alte Verbündete von der Partei ab. Der Vorsitzende der zentristischen Partei UDI (Union des démocrates et indépendents) Jean-Christophe Lagarde sagte sich von jedem Automatismus bei der Bildung von Bündnissen los. Die Allianz mit den „Républicains“ sei nicht mehr verpflichtend, das Blatt habe sich gewendet. Lagarde wünscht sich hingegen eine starke neue politische Kraft die das Zentrum und das moderate bürgerlich-konservative Lager sammelt.

Fünfzehn Jahre nach der Gründung der UMP (seit 2015: Les Républicains) ist eine Spaltung der Partei nicht mehr ausgeschlossen. Dabei war das Parteienbündnis 2002 genau aus dem Grund gegründet worden, um das bürgerlich-konservative Lager in einer Partei zu sammeln. Dem überraschenden Wahlerfolg des rechtsextremen Jean-Marie Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen 2002 und seinem Einzug in den zweiten Wahlgang wurde damals durch ein geschlossenes bür-gerliches Parteienbündnis begegnet, das sich die Wahl Jacques Chiracs zum Staatspräsidenten als Ziel setzte. Dem Bündnis gehörten unter anderem Chiracs gaullistisches „Rassemblement pour la République“ (RPR), die liberale „Démocratie Libérale“ und Teile des zentristischen Parteienbündnisses UDF an.

Ein Zerfall in ähnliche politische Lager ist heute denkbar, auch wenn die Partei „Agir“ heute eher auf wackeligen Beinen zu stehen scheint. Abzuwarten bleibt, mit welchem Ergebnis Laurent Wauquiez am kommenden Sonntag zum Vorsitzenden der Républicains gewählt werden wird und wie Basis und Stimmführer der „Républicains“ darauf reagieren werden.

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