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Plädoyer für „mehr Europa“ in der Flüchtlingskrise und klare Absage an Geert Wilders

Автор: Dr. Olaf Wientzek

Parteikongress der niederländischen Christdemokraten

Beim Parteikongress der niederländischen Christdemokraten (CDA) am 7. November in Utrecht stand der Umgang mit den Flüchtlingsströmen im Vordergrund. Die Partei bekräftigt die moralische Pflicht zur Unterstützung Hilfsbedürftiger, fordert aber auch mehrere Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen - unter anderem auch durch engere europäische Zusammenarbeit.

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Einer künftigen Kooperation mit den in den Umfragen führenden Rechtspopulisten (PVV) von Geert Wilders erteilt der CDA eine klare Absage.

Andere aktuelle Themen, wie etwa das transatlantische Freihandelsabkommen oder auch das im April 2016 anstehende Referendum über das Assoziierungsabkommen der EU mit der Ukraine spielten eine sekundäre oder noch gar keine Rolle.

Hintergrund: Politische Stimmungslage in den Niederlanden

Das Flüchtlingsthema beherrscht auch in den Niederlanden den politischen Diskurs. Die wirtschaftliche Konsolidierung und selbst die Griechenlandfrage geraten demgegenüber ins Hintertreffen. Die Niederländer erwarten in diesem Jahr rund 60.000 Asylbewerber, und damit deutlich mehr als in den letzten beiden Jahren zusammen. Die niederländische Gesellschaft ist über die Frage des Umgangs mit den Flüchtlingen gespalten. Im Oktober befürworteten in einer Umfrage 36% uneingeschränkte Hilfe für die ankommenden Flüchtlinge. Hier zeigen sich allerdings klare Unterschiede je nach Parteipräferenz (3% der PVV-Anhänger, 38% der CDA-Anhänger, 82% der Sozialdemokraten (PvdA)). 51% der Befragten forderten hingegen eine Obergrenze für Flüchtlinge (85% der PVV-, 51% der CDA-, 18% der PvdA-Anhänger). 47% fordern eine Schließung der Grenzen für Flüchtlinge (95% der PVV,- 37% der CDA- und 7% der PvdA-Sympathisanten).

Bemerkenswert: über die Hälfte (53%) waren der Ansicht, dass nur Wilders ausspräche, was die Niederländer über die Flüchtlingskrise wirklich denken würden (43% der CDA-Anhänger). Gleichzeitig waren aber 61% der Ansicht, dass Wilders mit seinen Aussagen die Gesellschaft spalte (66% der CDA-Wähler).

Die Regierung erfährt wenig Unterstützung: 70% der Befragten stellen Premier Mark Rutte von der rechtsliberalen VVD in der Flüchtlingskrise ein schlechtes Zeugnis aus.

Vor diesem Hintergrund ist die wachsende Beliebtheit von Wilders und der PVV wenig überraschend: in den letzten 3 Monaten stieg seine Partei in den Umfragen von 13-14% auf rund 21-24%. Das erfolgt vor allem auf Kosten der VVD (13-18%). Der CDA verliert leicht und liegt derzeit bei 12-13%. Die Linksliberalen (D66, 10-13%) verlieren ebenfalls etwas an Unterstützung. Die mitregierenden Sozialdemokraten weisen katastrophale 6-8% auf. Die linkspopulistischen Sozialisten liegen bei ca. 9-10%, die Grünen (GroenLinks) bei 5-8%. Die PVV schneidet auch bei mittleren und höheren Einkommen sowie bei mittleren und höheren Bildungsgraden immer besser ab.

Gleichzeitig sehen sich nationale wie lokale Volksvertreter wegen Ihrer Positionen in der Flüchtlingskrise immer wieder Einschüchterungen und Angriffen (Drohbriefe, Anzünden von Autos etc.) ausgesetzt. Die Fraktionsvorsitzenden aller Parteien der niederländischen Abgeordnetenkammer (auch der Rechtspopulist Geert Wilders) hatten daraufhin einen gemeinsamen Offenen Brief gegen solche Einschüchterungsversuche verfasst.

Flüchtlingsthema dominiert den Parteikongress – das „C“ verpflichtet

Auch der Parteitag der Christdemokraten setzte sich in erster Linie mit dem Umgang mit der Flüchtlingskrise auseinander. Sowohl Parteiführer Sybrand van Haersma Buma als auch eine beim Parteitag verabschiedete Resolution bekannten sich klar zu einer „barmherzigen“ Asylpolitik und betonten die moralische Pflicht der Niederlande, Unterkunft und Verpflegung für Hilfsbedürftige bereitzustellen. Zudem würdigte van Haersma Buma auch die zahlreichen Freiwilligen für Ihr Engagement. Auch viele CDA-Mitglieder engagieren sich im Rahmen kirchlicher Netzwerke oder auf lokaler Ebene für Flüchtlinge.

Gleichzeitig fordert die Partei Maßnahmen zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen, um eine mittelfristige Überlastung der niederländischen Gesellschaft zu vermeiden. Die wichtigsten Forderungen: schnellere Rückführung der abgelehnten Asylbewerber aus sicheren Herkunftsstaaten und die Begrenzung der Aufenthaltserlaubnis für Kriegsflüchtlinge auf die Dauer des Konfliktes. Auf internationaler Ebene fordert die Partei die Stärkung der Aufnahmekapazitäten in sicheren Nachbarländern und deren finanzielle Unterstützung, ebenso wie eine enge Zusammenarbeit mit der Türkei.

Gleichzeitig warnte van Haersma Buma die türkische Regierung davor, die Flüchtlinge als Verhandlungspfand gegenüber der EU zu benutzen: Fortschritte im Rahmen der Verhandlung zur Visaliberalisierung oder dem EU-Erweiterungsprozess wären ohne Verbesserungen beim Schutz der Menschenrechte nicht möglich. Wie schon tags zuvor in einem Interview mit der Zeitung Trouw forderte er zudem eine stärkere Rolle für die EU beim Schutz der Außengrenzen sowie in der Sicherheits- und Verteidigungspolitik (wenngleich der CDA die Einrichtung einer gemeinsamen europäischen Armee ablehnt). Dazu müssten die Niederlande auch bereit sein, Befugnisse nach Brüssel abzugeben. Gleichzeitig müsste Europa seiner eigenen Identität und Kultur bewusster werden.

Kritik übte die Partei am Krisenmanagement der niederländischen Regierung, unter anderem an der mangelnden Rücksichtnahme auf die Aufnahmekapazitäten der lokalen Ebene. Gleichzeitig erteilte van Haersma Buma Geert Wilders eine klare Absage. Unter großem Applaus schloss er – auch mit Verweis auf die schlechten Erfahrungen aus der von der PVV geduldeten Minderheitsregierung von 2010-2012 - beim Parteitag eine Koalition mit der PVV kategorisch aus.

Bemerkenswert: Die Diskussionen zur Flüchtlingsfrage verlaufen innerhalb des CDA trotz unterschiedlicher Auffassungen in recht ruhigen Bahnen – anders als beispielsweise 2011, als Fragen der Zuwanderungs- und Asylpolitik die Partei vor eine ernste Zerreißprobe stellten. Nun spiegelt die Haltung der Parteiführung die Position der Mehrzahl ihrer Mitglieder wider. Ein weiterer Grund: Der CDA ist – anders als etwa 2011 – in der Opposition und muss keine unpopulären Regierungsentscheidungen rechtfertigen.

Innerhalb der Europäischen Volkspartei (EVP) hat sich die Partei rege an der Formulierung des beim EVP-Kongress in Madrid verabschiedeten Papiers zur Zuwanderungspolitik beteiligt und unter anderem ihre Forderung nach einer Anpassung des internationalen Flüchtlingsstatus ins Papier eingebracht.

Weitere Themen

In einer Arbeitssitzung diskutierte die Partei auch kontrovers über das Transatlantische Freihandelsabkommen. Insgesamt ist die Haltung des CDA vorsichtig zustimmend. Der gewerkschaftsnahe Flügel äußert jedoch immer wieder Bedenken.

Noch keine Rolle spielte das für den 6. April 2016 in den Niederlanden vorgesehene konsultative Referendum über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine.

Hintergrund: einem Bürgerkomitee, hinter dem u.a. auch ein euroskeptischer Aktivist steht, gelang es innerhalb weniger Wochen, über 420.000 Unterschriften für die Abhaltung einer Volksbefragung über das Assoziierungsabkommen mit der Ukraine zu sammeln (die Schwelle liegt bei 300.000). Die Initiatoren des Referendums machten rasch deutlich, dass es ihnen primär darum geht, auf das vorgebliche Demokratiedefizit im Rahmen europapolitischer Entscheidungen hinzuweisen. Das Assoziierungsabkommen ist lediglich ein willkommener Anlass.

Die Christdemokraten befürworten das Assoziierungsabkommen. Noch unklar ist allerdings, wie aktiv und in welcher Form der CDA – aber auch die anderen politischen Parteien – sich im Vorfeld des Referendums überhaupt engagieren werden: Das niederländische Parlament hat das Abkommen bereits vor Monaten ratifiziert. Für die PVV hingegen wird die Befragung wohl eine Plattform zur Projektion ihrer anti-europäischen Parolen. Zum einen könnte die PVV behaupten, das Assoziierungsabkommen sei der erste Schritt eines EU-Erweiterungsprozesses mit der Ukraine. Die Rechtspopulisten werden zudem wohl versuchen, die Abstimmung zu einem Referendum über die EU als Ganzes umzudeuten.

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