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Regionalwahlen in Venezuela

Автор: Dr. Georg Eickhoff

Mitleidseffekt an der Wahlmaschine

Nach den Präsidentschaftswahlen vom 07. Oktober 2012 fanden am 16. Dezember 2012 die Regionalwahlen statt, bei denen neben den Gouverneuren auch die Landtage in 23 Bundesstaaten gewählt wurden. Bei einer Wahlbeteiligung von rd. 54 % konnte sich die Vereinigte Sozialistische Partei Venezuelas (PSUV) des Präsidenten Hugo Chávez die Mehrheit in 20 Bundesstaaten sichern.

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In Venezuela sind die Wahlen hoch technisiert; sie werden mit 36.220 elektronischen Wahlautomaten durchgeführt. Diesmal waren die Regionalwahlen auch hoch emotionalisiert; die Krebserkrankung von Staatspräsident Hugo Chávez stand im Mittelpunkt. Der Mitleidseffekt wurde ausgiebig propagandistisch ausgeschlachtet.

Das brachte ganz überwiegend den von ihm persönlich bestimmten Kandidaten der sozialistischen Partei den Wahlerfolg. Der Chavismus gewann in 20 von 23 Staaten. Zuletzt hatte das Parteienbündnis „Mesa de Unidad“ noch in acht Staaten regiert. Henrique Capriles Radonski, der vormalige Präsidentschaftskandidat der Opposition, wurde mit rd. 52 % der Stimmen als Gouverneur von Miranda wiedergewählt.

Der Revolutionsführer sowie Staats- und Parteichef hatte selbst nicht direkt in den Wahlkampf eingegriffen. Er musste sich am 11. Dezember einer über sechsstündigen komplizierten Operation unterziehen (der vierten in 17 Monaten), die in Havanna, Kuba, durchgeführt wurde. In mehreren kurzen Fernsehansprachen betonte Propagandaminister Ernesto Villegas, dass der Gesundheitszustand des revolutionären Weggefährten von Raúl und Fidel Castro persönlich überwacht werde.

Am Wahltag setzte Comandante Hugo Chávez nach Angaben des Propagandaministers seine postoperative Stabilisierung „zufriedenstellend“ fort. Er sei ansprechbar und habe nach dem Erwachen als erstes gefragt: „Wie geht es meinem Volk?“ Das berichteten sämtliche Medien.

In diesem Zusammenhang war es ein politischer Paukenschlag, als Chávez am 8. Dezember in einer Fernsehansprache seinen Vizepräsidenten Nicolás Maduro zum Nachfolger ernannte und dessen Wahl für den Fall anordnete, dass die Krankheit ihn besiegen sollte.

Im Regionalwahlkampf wurden – wie zuvor im Präsidentschaftswahlkampf - sämtliche staatlichen Medien ungebremst eingesetzt, um den Mitleidseffekt auszubeuten. Ein flächendeckender Wahlsieg der 23 Kandidaten der Revolution sei „das beste Weihnachtsgeschenk“ für den sterbenskranken Führer, so lautete ein Leitmotiv der Staatspropaganda, die in ihrem pathetischen Ton an das Sowjetreich unter dem späten Stalin und an Rumänien unter dem späten Ceauşescu erinnerte.

Am Wahltag selbst ging das Ausschlachten der Krankheit des Staatspräsidenten mit einer offensichtlich rechtswidrigen Fernsehansprache des designierten Nachfolgers Nicolás Maduro schamlos weiter. Selbstverständlich ist auch in Venezuela die Fortsetzung des Wahlkampfes am Wahltag verboten. Vize-Präsident Ricardo Maduro begann die Epoche nach Hugo Chávez mit einem Fußtritt gegen die Rechtsordnung. Sein in Jahren aufgebautes Image des gemäßigten Mannes des Dialogs und des fair play zerstörte er in wenigen Minuten.

Schwache Wahlbeteiligung

In der Woche vor Weihnachten war es für beide Seiten schwer, ihre Anhänger zu motivieren. Der Missbrauch staatlicher Mittel brachte der Regierungspartei jedoch die erwartungsgemäßen Vorteile bei der Motivierung der Wähler und der Einschüchterung potenzieller Nichtwähler. Die Wahlmaschinerie, die für die Präsidentschaftswahlen im Oktober entwickelt worden war, stellte ihre Tauglichkeit jetzt erstmals „ohne Chávez“ unter Beweis.

Nur 53,5 Prozent der 17.381.601 Wahlberechtigten stimmten ab. Die Enthaltung schwächte beide politischen Bewegungen, traf die demokratische Opposition aber härter als die Regierungspartei. Bei den letzten Regionalwahlen hatte die Beteiligung noch 65,5 Prozent betragen. Bei den Präsidentschaftswahlen vor gut zwei Monaten war die Rekordbeteiligung von 81 Prozent erreicht worden.

Besonders schmerzhaft für die Opposition sind die Niederlagen in Zulia, dem bevölkerungsreichsten Staat, in Táchira und in Carabobo, wo bisher Vertreter der „Mesa de Unidad“ regierten. Auch auf der Urlaubsinsel Margarita wurde ein Vertreter der „Unidad“ abgewählt. In allen Fällen spielte die Unzufriedenheit mit schwachen Regierungsleistungen verbunden mit Korruptionsvorwürfen eine Rolle.

In Mérida gelang es dem zunächst aussichtsreichen Kandidaten der „Unidad“ Léster Rodríguez (COPEI) trotz einer Spaltung des Chavismus nicht, den Wechsel herbeizuführen. Der ehemalige Rektor der traditionsreichen Universität der Anden konnte in den vergangenen vier Jahren als Bürgermeister von Mérida die Erwartungen der Bürgerschaft an einen hoch qualifizierten Politiker nicht erfüllen.

Im Staat Bolívar kam es zu einem sehr knappen Ergebnis und der unterlegene Kandidat der „Unidad“, der Gewerkschafter, ehemalige Präsidentschaftskandidat und ehemalige Gouverneur Andrés Velázquez wird die Wahl anfechten.

Henri Falcón, dem ehemaligen chavistischen Bürgermeister von Barquisimeto, der vor vier Jahren, als er noch dem Chavismus angehörte, mit dem Traumergebnis von 73,5 Prozent der Stimmen zum Gouverneur von Lara gewählt worden war, gelang nun die Wiederwahl mit 54,3 Prozent. Er könnte innerhalb der Opposition zu einem Konkurrenten für Henrique Capriles Radonski werden.

Im kleinen Staat Amazonas gewann ebenfalls ein ehemaliger Chavist. Liborio Guarulla erzielte dort 54 Prozent der Stimmen. Als Vertreter der indigenen Bevölkerung hat es Guarulla verstanden, den Zusammenhalt seiner Wählerschaft unter neuen ideologischen Vorzeichen zu erhalten.

Das wichtigste Einzelergebnis lieferte aber der Staat Miranda. Der vormalige Präsidentschaftskandidat Henrique Capriles Radonski konnte dort die Stellung gegen den übermächtigen Staatsapparat halten, der mit dem ehemaligen Vizepräsidenten Elías Jaua, angetreten war. 52 Prozent für Henrique Capriles Radonski markieren einen hart erkämpften Arbeitssieg. Vor vier Jahren hatte er 53,1 Prozent der Stimmen bekommen.

In Zulia (mit seiner Hauptstadt Maracaibo unter Bürgermeisterin Eveling Trejo de Rosales) und in Mérida waren schlechte Leistungen der Bürgermeister der „Unidad“ für das Ergebnis der Gouverneurswahlen sehr entscheidend. Umgekehrt war es in Miranda, wo Henrique Capriles im Sprengel des erfolgreichen Bürgermeisters Carlos Ocariz, der wie er der Partei „Primero Justicia“ (Gerechtigkeit zuerst) angehört, besonders viele Stimmen bekam. Im dissonanten Konzert der Oppositionsparteien konnte „Primero Justicia“ in den meisten Staaten das relativ beste Ergebnis erzielen, jedoch keine weiteren Gouverneure stellen.

Das sozialistische Projekt des „kommunalen Staates“

Nach der Wiederwahl von Präsident Hugo Chávez am 7. Oktober hatte die sozialistische Partei ihr Programm des „kommunalen Staates“ besonders in den Vordergrund gestellt. Nicht mehr die traditionellen Kommunen (municipios) und Bundesstaaten sollen die territoriale Organisation der Republik bilden, sondern an ihrer Stelle ein flächendeckendes System sozialistischer Nachbarschaftsräte unter der zentralen Kontrolle des „Ministeriums für die Kommunen“ aufgebaut werden. Die Föderation von 30 bis 40 Nachbarschaftsräten (Consejos Comunales) auf Stadtteilebene wird Kommune (Comuna) genannt.

Bei der parlamentarischen Einbringung des Staatshaushaltes 2013 im November wurde deutlich, dass der bereits 14 Jahre anhaltende Prozess des Aushungerns der verfassungsmäßigen Gebietskörperschaften fortgesetzt werden soll. Die traditionellen Kommunen (municipios) und insbesondere die 23 Bundesstaaten verfügen kaum über eigene Steuerquellen und sind von den Zuweisungen der Zentralregierung abhängig. Diese senkt ihren Beitrag künstlich, indem sie die im Voraus geschätzten umlagefähigen Einnahmen der staatlichen Erdölgesellschaft im Haushalt nur knapp oberhalb der Hälfte des Weltmarktspreises des Öls ansetzt.

Die angekündigte Machtübertragung von den Bundesstaaten auf die Zentralregierung und den von ihr vertikal organisierten und großzügig finanzierten „kommunalen Staat“ hatte die Mobilisierung der oppositionellen Kräfte bei diesen Regionalwahlen zusätzlich erschwert. Denn in einem immer schwierigeren Wahlkampf gegen einen übermächtigen Staat ging es um immer weniger.

Der Opposition ist es kaum gelungen, namhafte Wahlkampfspenden einzuwerben. Es gibt in Venezuela keine staatliche Parteienfinanzierung, jedoch setzt die sozialistische Partei sämtliche staatlichen Mittel ungehindert im Wahlkampf ein. Die von der Regierung kontrollierte Wahlbehörde schaut weg.

Der gesamte Wahlkampf der Opposition wirkte nach der großen Frustration in Folge der verlorenen Präsidentschaftswahlen im Oktober farblos, fade, fast traurig, lustlos, müde und unorganisiert. Auftrumpfende Werbespots - business as usual - lösten gelegentlich sogar Wut und Tränen der eigenen Leute aus. Ungezählte setzten dagegen die mühselige Basisarbeit unverdrossen und mit angestrengtem Zweckoptimismus fort.

Was bringt das Jahr 2013?

Viele Beobachter erwarten erneute Präsidentschaftswahlen für das kommende Jahr. Staatspräsident Hugo Chávez selbst hat die Spekulationen am historischen 8. Dezember mit der Wahlempfehlung zugunsten seines Vizepräsidenten und Außenministers Nicolás Maduro angeheizt. Das Staatsfernsehen sendet seither rund um die Uhr nachrufartige Persönlichkeitsbilder des Revolutionsführers, immer wieder auch mit weißen Zwischentiteln auf schwarzem Grund und melodramatischer Hintergrundmusik.

Zur karibischen Emotionalität Venezuelas angesichts der Erkrankung des geliebten Führers gehört auch, dass nicht nur das einfache Volk, sondern auch Minister, Generäle, ehemalige Putschisten und Parteigrößen vor den TV-Kameras immer wieder Tränen vergießen und inmitten des Redefluss tief aus der Brust schluchzen dürfen.

Während wenig Zweifel daran bestehen, dass Nicolás Maduro tatsächlich der Kandidat der Revolution sein würde, falls es zu Präsidentschaftswahlen kommt, muss die bunte Oppositionsbewegung ihren gemeinsamen Kandidaten gegebenenfalls unter schwierigen Rahmenbedingungen und unter Zeitdruck bestimmen. Die Regionalwahlen haben die Kandidaten ausgesiebt. Der letzte allgemeine Wahlgang vor einer möglichen Präsidentschaftswahl hat den vormaligen Präsidentschaftskandidaten des Oppositionsbündnisses Henrique Capriles Radonski erneut in eine aussichtsreiche Position befördert. Es gibt aber keinen Automatismus in der Kandidatenkür.

Capriles müsste, um ein erfolgreicher Herausforderer Maduros zu werden, noch manche Widerstände in den Reihen des Oppositionsbündnis überwinden. Stärker als im Präsidentschaftswahlkampf müsste er auf die in einem aufwändigen Konsultationsprozess entwickelte gemeinsame Programmatik der „Mesa de Unidad“ eingehen. Die Wahlorganisation an der Basis müsste die richtigen Schlüsse aus den Wahlen des Jahres 2012 ziehen und „mehr Einheit“ in die praktische Alltagsarbeit tragen, d.h. kleinliche Konkurrenz unter den Parteien überwinden.

Die sozialistische Partei hat am 16. Dezember gezeigt, dass sie bei Wahlen „ohne Chávez“ erfolgreich sein kann. Wie würde sich der Tod des Führers auf die Wahlchancen des von ihm designierten Nachfolgers auswirken? Das Rennen ist offen. Venezuela steht vor einem ungewissen Jahr 2013.

Wahlen sind nicht alles

Mögliche erneute Präsidentschaftswahlen werden aber nicht der einzige Einflussfaktor sein. Die wirtschaftliche Krise droht. Während etwa Griechenland im Jahr 2012 ein staatliches Haushaltsdefizit von rund 10 Prozent des Bruttoinlandsproduktes (BIP) verzeichnen dürfte und Spanien eines von rund 8 Prozent, wird sich das Defizit in Venezuela in diesem Jahr auf rund 18 Prozent des BIP summieren. Die rasant ansteigende Verschuldung der staatlichen Erdölgesellschaft PDVSA tritt hinzu, während deren Produktivität weiter sinkt.

Eine Abwertung des Bolívar ist überfällig. Beschleunigte Inflation, Warenknappheit, Versorgungsengpässe und Lohnproteste der unterbezahlten - oft auch gar nicht bezahlten - Angestellten des aufgeblähten öffentlichen Sektors werden sich unweigerlich als Begleitumstände der politischen Instabilität einstellen. Wird die sozialistische Bürokratie im Bündnis mit den korrupten und in den Drogenhandel verwickelten Streitkräften nach dem möglichen Verschwinden des charismatischen Führers diesen Herausforderungen gewachsen sein?

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