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Martin Reuber

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Reichen die Maßnahmen gegen die steigende Inflation?

Ein deutsch-französisches Streitgespräch über die aktuellen Maßnahmen zur Bekämpfung des Kaufkraftverlustes

Haben die Verantwortlichen in der EZB und den Regierungen zu lange mit ihren Antworten auf die Inflation gewartet?

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Die Antwort war eindeutig: ja. Die Ökonomieprofessorin Natacha Valla, Dekanin der Politikschmiede Sciences Po in Paris, und ehemalige stellvertretende EZB-Direktorin für Geldpolitik (2018 – 2020) teilte diese Einschätzung, obwohl Frankreich durch den Präsidentschaftswahlkampf bereits im Frühjahr 2022 viel früher reagiert habe. Daher begrüßte sie die aktuelle Leitzinsanhebung. „Brandgefährlich“ nannte hingegen Nikolas Záboji, Wirtschaftskorrespondent der FAZ in Paris, die aktuelle Lage, wenn nicht stärker gegengesteuert würde. Im Ton drastischer als die Wissenschaftlerin, die von einem raschen Paradigmenwechsel innerhalb eines Jahres sprach, nannte der Journalist den sprunghaften Anstieg der Inflation ein „Erweckungserlebnis“ der deutschen Öffentlichkeit, vor allem der jungen Generation, die eine Lohn-Preis-Spirale nur aus den Geschichtsbüchern kenne und in einer Phase niedriger Inflationsraten aufgewachsen sei. Der Kaufkraftverlust treffe vor allem die niedrigeren Einkommensgruppen, junge Familien und den Mittelstand hart.

 

Die Inflation habe in Deutschland und Frankreich den Klimawandel von Platz eins der Aufmerksamkeitshierarchie verdrängt. Während aber die französische Öffentlichkeit, so Natacha Valla, sich mehr Sorgen um das Baguette von morgen mache und die in der Gegenwart abnehmende Kaufkraft in den Blick nehme, träten die deutschen Bedenken um den langfristigen Wertverlust der Ersparnisse und der Altersvorsorge in der öffentlichen Debatte in Frankreich zurück. Die kurzfristige Stabilisierung der Kaufkraft durch die staatliche Preisgestaltung und die staatliche Kontrolle über die Energieproduktion habe Priorität vor einer langfristig ansteigenden Staatsverschuldung. Die in der Politik und der Öffentlichkeit in Deutschland geführte Diskussion über die Schuldenbremse finde in Frankreich kein Äquivalent. Daher gebe es in Frankreich weniger Angst vor den künftigen Folgen der Inflation. Sie stellte aber auch fest, dass Präsident Macron den Kurs bereits angepasst habe. Weitere Entlastungen fielen mit Blick auf die nachhaltige Tragfähigkeit der staatlichen Verschuldung und die damit verbundene Kreditwürdigkeit Frankreichs bereits geringer aus. Frankreich bewege sich damit auf Deutschland zu, dessen jüngstes Entlastungspaket finanziell deutlich aufwändiger ausfallen werde als die letzten französischen Maßnahmen. Natacha Valla unterstützte daher in ihrem Résumée die Umkehr zu einer nachhaltigeren Politik in Frankreich.

 

Nikolas Záboji erklärte das Zögern der EZB in der Inflationsbekämpfung und ihre verhaltenen Maßnahmen mit einer zunehmenden Abhängigkeit der EZB von der Politik der Mitgliedstaaten, in die sie durch die Staatsschuldenkrise geraten sei. Ihr Kurs habe an Glaubwürdigkeit gelitten, da sie noch im Dezember am Inflationsziel von 2% festgehalten habe. Auch der Politik warf er vor, Vertrauen verspielt zu haben, da die Inflation im Kern durch den Energieschock ausgelöst wurde, der sich wenn auch nicht in diesem kriegsbedingten Ausmaß durch das Koalitionsprogramm der neuen Regierung längst abgezeichnet habe. Die Politik könne sich in Deutschland der Inflation entgegenstemmen und damit verloren gegangenes Vertrauen wiedererlangen, wenn Sie entschlossen die Energieerzeugungskapazitäten durch Kohle, Gas (LNG) und Kernkraft ausweite. Durch den Streit über die Energieversorgung zwischen den in Deutschland regierenden Koalitionsparteien führe aber nur zu einem weiteren Glaubwürdigkeitsverlust. Dieser werde noch angeheizt durch die hohen Mehrwertsteuereinnahmen infolge hoher Preise. Wohlstandsverluste, so seine Überzeugung, seien trotz der beschlossenen Entlastungspakete, denen es an Zielgenauigkeit und damit an einer gerechten Lastenverteilung fehle, ohnehin unvermeidlich. Dass viele Arbeitnehmer daher einen Kostenausgleich forderten, hielt Nikolas Záboji für nachvollziehbar. Anlass zu Hoffnung auf gewerkschaftliche Zurückhaltung bei Lohnforderungen, sah er ebenfalls nicht.

 

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