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Die Transpazifische Partnerschaft und die internationale Handelsordnung

од Dr. Detlef Rehn

Japans schwieriger Balanceakt

Japan verfolgt den handelspolitischen Kurs der USA unter Präsident Trump irritiert und besorgt. Die Hinwendung zu protektionistischen Maßnahmen unter der Losung „America First", der Rückzug aus der Transpazifischen Partnerschaft, die Strafzölle auf Stahl- und Aluminiumerzeugnisse und die Möglichkeit eines Handelskriegs mit China, der die gesamte Weltwirtschaft bedrohen würde, all dies sind Schritte, die Tokio viel Kopfzerbrechen bereiten.

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Japans Premierminister Shinzo Abe bei einem Treffen mit General Joseph F. Dunford Jr., Vorsitzender des US-amerikanischen Joint Chiefs of Staff. | © CJCS / Dominique A. Pineiro / Flickr / CC BY 2.0 © CJCS / Dominique A. Pineiro / Flickr / CC BY 2.0
Japans Premierminister Shinzo Abe bei einem Treffen mit General Joseph F. Dunford Jr., Vorsitzender des US-amerikanischen Joint Chiefs of Staff. | © CJCS / Dominique A. Pineiro / Flickr / CC BY 2.0

Dabei geht es vor allem darum, wie die eigenen politischen und wirtschaftlichen Interessen mit der Tatsache in Übereinstimmung gebracht werden können, dass die USA gerade auch militärisch der wichtigste Verbündete und die Schutzmacht gegenüber dem aufstrebenden China und dem unberechenbaren Nordkorea sind.

Handelspolitisch präferierten die japanischen Regierungen lange Zeit die Welthandelsorganisation (WTO) und große multilaterale Vereinbarungen unter deren Ägide wie die Doha-Runde. Doch da angesichts geringer Verhandlungsfortschritte seit Mitte, Ende der 90er Jahre immer mehr Länder in Freihandelsabkommen eine sehr effektive Alternative sahen, engagierte sich auch Tokio zunehmend auf diesem Feld. Bis Ende 2017 hatte Japan 14 bilaterale Abkommen (z.B. mit Indien, Australien, Chile und Mexiko) sowie einen multilateralen Vertrag mit der südostasiatischen Staatengruppe ASEAN geschlossen. Die Verhandlungen mit der EU über ein Freihandelsabkommen (Economic Partnership Agreement, EPA) wurden im Dezember 2017 erfolgreich beendet. Es soll voraussichtlich im Juli 2018 unterzeichnet werden.

Innerhalb der Freihandelsabkommen nimmt die Transpazifische Partnerschaft (TPP) für Tokio aufgrund ihres wirtschaftlichen Umfangs, aber auch wegen ihrer geostrategischen Bedeutung eine besondere Rolle ein. Als letzter der zwölf Teilnehmerstaaten (u.a. die USA, Kanada, Australien, Neuseeland, Vietnam, Mexiko und Chile) stieg Japan erst im Juli 2013 in die 2008 gestarteten TPP-Verhandlungen ein. Grund für die Verzögerung waren vor allem starke innenpolitische Widerstände, so besonders seitens der Landwirtschaftslobby. Demgegenüber sah Premierminister Shinzo Abe - seit Ende 2012 im Amt - im TPP einen wichtigen Baustein seiner „Abenomics“ genannten Wirtschaftspolitik: Es erschließe Japan nicht nur neue Märkte, sondern trage auch dazu bei, durch mehr internationalen Wettbewerb in bislang stark geschützten Sektoren die Wirtschaft insgesamt zu beleben. Zudem war das TPP für Abe ein wichtiges außenpolitisches Instrument, die Allianz mit den USA im asiatisch-pazifischen Raum zu stärken und dem wachsenden chinesischen Einfluss in der Region entgegenzuwirken.

Das TPP-12 wurde im Februar 2016 unterzeichnet, doch wurde es nicht ratifiziert und trat entsprechend nicht in Kraft. Im Januar 2017 widerrief Präsident Trump als erste Amtshandlung nach seiner Wahl die Unterschrift der USA - das Abkommen sei „desaströs“ und für die USA von Nachteil. Zwar kam dieser Schritt für Japans Regierung angesichts entsprechender Äußerungen im US-Wahlkampf sowohl seitens der Republikaner als auch der Demokraten nicht ganz überraschend, doch gab es offenbar zunächst keine klaren Vorstellungen, wie mit dieser neuen Lage umzugehen sei. Dabei war Tokio zunächst der Auffassung, ohne die USA habe das TPP keine echte Bedeutung als „Grundlage für die Stabilität der asiatisch-pazifischen Region“, doch auf Wunsch anderer Teilnehmer beschloss Japan, zum ersten Mal überhaupt in internationalen Handelsgesprächen die Führungsrolle bei der Ausarbeitung eines „neuen" TPP zu übernehmen.

Ein Motiv für den Sinneswandel dürfte gewesen sein, dass die Regierung Abe die Möglichkeit sah, sich nicht nur im Gegensatz zu den USA unter Trump als ein Motor des Freihandels und des Multilateralismus zu profilieren, sondern auch das im TPP-12 verankerte System von Regeln und Normen zu bewahren und in leitender Position für die Region weiter auszubauen. Gleichzeitig, so die Bewertung Tokios, würde das TPP Japan auch helfen, seinen wirtschaftlichen und strategischen Einfluss in der Region im Wettstreit mit China verstärken zu können.

Vor allem im Werben um die Gunst der ASEAN-Staatengruppe gibt es viel Rivalität Neben „gewöhnlichen“ Freihandelsabkommen, die beide Länder mit ASEAN unterhalten (Japan seit 2008, China seit 2010), rücken die regionalen „Mega-Abkommen“ mehr und mehr in den Vordergrund. Während Japan auf das TPP setzt, kontert China mit der von Beijing initiierten Regional Comprehensive Economic Partnership (RCEP). Diese ist als Freihandels konzipiert, das neben China und den ASEAN-Staaten auch Japan, Südkorea, Indien, Australien und Neuseeland umfassen soll.

Das neue TPP mit dem sperrigen Namen Comprehensive and Progressive Agreement for Trans-Pacific Partnership (CPTPP, nachfolgend TPP-11) wurde nach dem Rückzug der USA in etwas weniger als einem Jahr verhandelt und am 8. März 2018 in Chile unterzeichnet. Für das Inkrafttreten ist eine Ratifizierung in wenigstens sechs Teilnehmerstaaten notwendig. Sollte es hierbei keine Probleme geben, könnte es ab etwa Mitte 2019 wirksam werden.

Das TPP-11 hat auch ohne die USA eine große Bedeutung. In der neuen Freihandelsregion wohnen fast 500 Mio. Menschen; die elf Teilnehmer stellen etwa 13 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts und fast 15 Prozent des globalen Handels. Durch das Freihandelsabkommen werden nicht nur die Warenzölle schrittweise verringert oder ganz aufgehoben, sondern auch Investitionen und Dienstleistungen liberalisiert. Darüber hinaus enthält das TPP-11 Regelungen, die, wie es in den offiziellen Verlautbarungen heißt, in einer Reihe von Sektoren „an die Entwicklungen im 21. Jahrhundert“ angepasst sind. Ein Beispiel sind Regeln zum elektronischen Handel. Diese Regeln sind möglicherweise schon wieder überholt.

Wie der japanische Chefunterhändler Kazuyoshi Umemoto vor Journalisten in Tokio erläuterte, stimmt das TPP-11 mit dem „alten“ Abkommen textlich in großen Teilen überein. Der wesentliche Unterschied ist, dass eine Reihe von umstrittenen Regeln, die eine Konzession an die USA darstellten, nach dem Rückzug Washingtons wieder ausgesetzt wurde. Elf von ihnen beziehen sich auf den Schutz des geistigen Eigentums; so wurde zum Beispiel die Länge des Patentschutzes für Originalmedikamente wieder verkürzt.

Im Prinzip hofft Japan wie auch etwa Australien oder Vietnam darauf, dass die USA in das TPP zurückfinden; hierfür sprechen das wesentlich größere Marktvolumen des TPP-12 als auch das politische und militärische Gewicht, das China in der Region entgegengesetzt werden könnte. Diese Hoffnungen wurden im Januar/Februar 2018 durch Andeutungen Trumps und anderer Mitglieder seiner Regierung genährt, Washington könne sich eine Rückkehr vorstellen, allerdings nur wenn das Abkommen "deutlich besser" ausfiele als bisher.

Bei seinem Treffen mit Abe in Washington Mitte April 2018 wiederholte Trump öffentlich jedoch Altbekanntes: Für den gewünschten Abbau des Defizits im Handel mit Japan sei ein bilaterales Freihandelsabkommen mit Tokio besser geeignet; als Gegenleistung offerierte der Präsident angeblich, auch Japan (wie schon andere Länder) von den Strafzöllen auf Stahl- und Aluminiumprodukte auszunehmen, die Trump am 1. März 2018 verkündet hatte.

Tokio hat jedoch wenig Interesse, sich auf ein solches „Geschäft“ einzulassen. Befürchtet wird, die USA könnten versuchen, in bilateralen Verhandlungen ihre große wirtschaftliche, politische und militärische Macht dazu zu benutzen, Japan gerade in sehr sensitiven Feldern wie der Landwirtschaft Konzessionen abzuringen, die über das hinausgehen, was im TPP-11 zugestanden wurde. Hierauf will Japan aber in keinem Fall eingehen. Immerhin vereinbarten Trump und Abe Gespräche über „fairen“ und „reziproken“ Handel zwischen beiden Ländern ab etwa Ende Juni 2018. Verhandlungspartner sollen der amerikanische Handelsbeauftragte Robert Lighthizer und der japanische Minister für Wirtschafts- und Finanzpolitik Toshimitsu Motegi sein. Diese Diskussionen sollen, so die Vorstellung Washingtons, in ein bilaterales Freihandelsabkommen einmünden und nach Möglichkeit noch vor den Zwischenwahlen zu Senat und Repräsentantenhaus im November 2018 beendet sein. Japan hingegen möchte die Gespräche erst nach Inkrafttreten des TPP-11 zu Ende bringen und drängt entsprechend auf seine möglichst rasche Ratifizierung.

Die Bereitschaft zu Verhandlungen über ein drittes TPP, das den „deutlich besseren“ Bedingungen der USA genügen könnte, ist in Japan wie auch bei den anderen Teilnehmern des TPP-11 äußerst gering. Kaum ein Teilnehmerland will das in jahrelangen Gesprächen mühsam geschnürte Paket wieder öffnen. Neben der Frage, ob ein neues TPP in den jeweiligen Staaten innenpolitisch überhaupt durchsetzbar wäre, spielt auch die Tatsache eine Rolle, dass eine Reihe von Ländern dabei ist, den „Ausfall“ der USA durch andere Freihandelsabkommen schrittweise zu kompensieren. So wie Japan hat auch z.B. Kanada ein Abkommen mit der EU vereinbart; Australien, Neuseeland und Mexiko sind nicht weit davon entfernt. Darüber hinaus denken andere Staaten, so etwa Südkorea, Indonesien oder Thailand, darüber nach, dem TPP-11 beizutreten. Dies würde der Freihandelszone eine beträchtliche Anhebung ihres wirtschaftlichen Potenzials bescheren.

„America First“ wirkt sich jedoch nicht nur auf die Transpazifische Partnerschaft aus. Darüber hinaus ist die US-Regierung dabei, die wirtschaftlichen Beziehungen zu China neu auszurichten, und dies hat Auswirkungen für Japan und die gesamte Region. Als einen Grund hierfür stellt Washington das große Defizit im bilateralen Handel heraus. Es betrug 2017 rund 375 Mrd. US-Dollar. Ein noch wichtigeres Motiv ist in den Befürchtungen der USA zu sehen, als Folge des Plans „Made in China 2025“ technologisch ins Hintertreffen zu geraten. Dieses Programm hat das Ziel, das Reich der Mitte in zehn Zukunftssektoren, so z.B. Halbleiter, Industrieroboter und Künstliche Intelligenz, weltweit an die Spitze zu katapultieren. In diesem Zusammenhang wirft Washington Beijing unter anderem vor, die US-Wirtschaft auszuspionieren, geistige Eigentumsrechte zu verletzen und sich Vorteile etwa dadurch zu verschaffen, dass amerikanische Unternehmen (wie auch die anderer Länder) bei Joint-Venture-Investitionen in China gezwungen werden, wichtiges Know-How mit den lokalen Partnern zu teilen.

Um Beijing dazu zu veranlassen, etwas gegen diese Probleme zu tun, kündigte Trump im April 2018 an, chinesische Importerzeugnisse, vorrangig mit Bezug zum „Made in China 2025“-Programm, mit zusätzlichen Importzöllen belegen zu wollen. Beijing reagierte seinerseits darauf mit der Veröffentlichung einer Liste von über 100 amerikanischen Einfuhrgütern, so z.B. Sojabohnen, auf die Extraabgaben fällig werden könnten. Die Gefahr, dass sich diese Entwicklung zu einem Handelskrieg hochschaukelt, der auf mittlere und längere Sicht große Teile der Weltwirtschaft negativ beeinflussen könnte, ist sehr real, auch wenn sich beide Seiten in Gesprächen um eine Lösung des Streits bemühen.

Obwohl Tokio (wie auch die EU und andere Länder) die Klagen Washingtons über die Behandlung ausländischer Unternehmen in China oder die Urheberrechtsverletzungen teilt, wird die Vorgehensweise der US-Regierung nicht gutgeheißen. Viel erfolgversprechender sei es, wenn sich die betroffenen Staaten gemeinsam gegen die chinesischen Praktiken zu Wehr setzen würden. Doch ein solches Bündnis ist unter Trump nicht zu erwarten. Daher würde eine Zuspitzung des Konflikts Tokio in ein Dilemma stürzen, sind doch China und die USA Japans größter und zweitgrößter Handelspartner. Auch bei den Investitionen ist Japan in beiden Ländern sehr aktiv, obgleich gerade das Engagement in China in den vergangenen Jahren unter politischen Konflikten und aus wirtschaftlichen Gründen (z.B. steigende Lohnkosten, Bürokratie, Rechtsunsicherheit u.ä.) gelitten hat.

Dass sich China angesichts der Drohungen Trumps wieder mehr Japan zuwendet, wird in Tokio mit sehr viel Wohlwollen aufgenommen, zumal die Regierung Abe in der jüngsten Entwicklung um Nordkorea aus der bloßen Zuschauerrolle nicht hinauskam. Unmittelbar vor Abes Washington-Reise Mitte April 2018 besuchte der chinesische Außenminister Wang Yi Tokio. Vier Wochen später reiste sogar Chinas Ministerpräsident Li Keqiang nach Japan. Zuletzt war ein chinesischer Regierungschef vor acht Jahren nach Tokio gekommen. Im Hinblick auf die Handelspolitik wurde vereinbart, beispielsweise die Verhandlungen über das RCEP zu beschleunigen. Ferner wiederholte Außenminister Taro Kono die vorher schon von Premier Abe angedeutete Bereitschaft Japans, sich an Infrastrukturprojekten des chinesischen „One Belt, One Road“-Programms zu beteiligen, wenn „Offenheit" und „Transparenz“ gewährleistet sei.

Beide Seiten waren um möglichst positives Gesprächsklima bemüht und vermieden weiterreichende Diskussionen um die nach wie vor existierenden bilateralen Streitpunkte, so vor allem die Territorialstreitigkeiten um die Senkaku-Inseln (chinesisch Diaoyu-Inseln); jedoch wies Japan auch z.B. auf die ungerechtfertigte Subventionierung der chinesischen Stahlindustrie oder die Urheberrechtsverletzungen hin.

Die Beziehungen zwischen Japan und China, die in den vergangenen Jahren meist sehr schlecht waren, scheinen sich aufgrund der rigiden Politik der Regierung Trump zu verbessern. Die wirtschaftliche und politische Regionalordnung Ost- und Südostasiens ist in Bewegung.

Dr. Detlef Rehn, Diplom-Volkswirt, war von 1990 bis 2014 Korrespondent der Bundesagentur für Außenwirtschaft (heute Germany Trade and Invest) in Taiwan, Südkorea und Japan. Seit Mai 2014 ist er freier Autor und lebt in Tokyo.

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