Silvio Berlusconi war ein in jeder Hinsicht ungewöhnlicher Politiker. Bei seinem Eintritt in die Politik war er bereits 58 Jahre alt und als Unternehmer sehr erfolgreich. In den vergangenen drei Jahrzehnten hat er die italienische und damit auch die europäische Politik geprägt. Über zehn Jahre lang war er Premierminister – und hält damit den Rekord der längsten Amtszeit eines italienischen Regierungschefs. Sein Anliegen war es, Italien eine starke Stimme auf europäischer und internationaler Bühne zu verleihen.

Nach dem Zusammenbruch der traditionsreichen Democrazia Cristiana Anfang der 1990er Jahre hat er den Wählerinnen und Wählern des bürgerlich-liberalen Lagers in Italien eine neue politische Heimat gegeben. Die von ihm gegründete Partei „Forza Italia“ wurde rasch ein geachteter und gewichtiger Partner in der Europäischen Volkspartei (EVP) und hat in Italien, aber auch auf europäischer Ebene, wichtige Impulse gesetzt. Auch wenn Berlusconi nicht immer politische Positionen der EVP vertreten hat, blieb er der bürgerlich-konservativen Parteienfamilie doch stets loyal verbunden.

Wie wenig andere Politiker hat es Berlusconi dabei über lange Zeit verstanden, den Italienerinnen und Italienern eine proeuropäische und an christlich-demokratischen Werten orientierte politische Vision zu vermitteln. Sein fröhliches und gewinnendes Auftreten, sein geschäftlicher Erfolg und sein Reichtum kamen bei vielen Italienern gut an. Gleichzeitig waren viele Italiener von seinem Populismus, seinem Hang zur Patronage, seinen politischen und persönlichen Eskapaden abgestoßen. Berlusconi prägte damit die politische Kultur Italiens bis in die Gegenwart.

In seine Amtszeit als Premierminister fallen die Einführung des Euro und die EU-Osterweiterungen. Die damit verbundenen Chancen und Potentiale hat Italien im Vergleich zu anderen europäischen Staaten nur unterdurchschnittlich genutzt. Dem erfolgreichen Unternehmer mochte es nicht gelingen, Italien langfristig auf die wirtschaftliche Erfolgsspur zu bringen.

Nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Premierministers versäumte es Berlusconi, den Parteivorsitz an einen Nachfolger zu übergeben. Er blieb – trotz zahlreicher Gerichtsverfahren und einer rechtskräftigen Verurteilung wegen Steuerhinterziehung – in der aktiven Politik und trug im Sommer 2022 zum Sturz der Regierung von Mario Draghi und damit zu vorgezogenen Neuwahlen bei. Auch schmiedete er das Rechts-Bündnis mit den rechtsnationalen Fratelli d’Italia und der rechtspopulistischen Lega – und verhalf damit Giorgia Meloni ins Amt der Premierministerin. Was aus seiner „Forza Italia“ werden wird ist derzeit noch unklar. Möglich ist, dass die Partei fortan der gegenwärtig stärksten Persönlichkeit im rechten Lager folgen wird: Giorgia Meloni.

Silvio Berlusconi war zweifellos ein prägender Politiker unserer Zeit. Nicht nur in Italien, auch in Deutschland wird er vielen Menschen noch lange in Erinnerung bleiben.