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Виступи на заходах

Fiktionen sind nicht alles, was aus Fiktionen erwächst

з Dr. Manuel Gogos

Die Konrad-Adenauer-Stiftung begeht gemeinsam mit dem Rheinischen Merkur den 60sten Jahrestag der Staatsgründung Israels

Am 14. Mai wird der 60ste Jahrestag der Staatsgründung Israels begangen – wahrhaft Anlass genug für eine Veranstaltung, zu der die Konrad-Adenauer-Stiftung und der Rheinische Merkur unter dem Motto „Erinnerung ist eine Chance der Begegnung" in das Bonner Wasserwerk geladen hatten. Mit einem Vortrag des Münchner Literaturwissenschaftlers Prof. Dr. Oliver Jahraus, einer Lesung des Wiener Autors Robert Menasse und Klezmer-Musik durften sich die Besucher auf verschiedene Weise angesprochen fühlen.

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Mit Klezmer belebten junge, höchst sympathische Leute eine Musiktradition, die durch die Impulsivität des Spiels den Eindruck vermeidet, bloß Folklore zu sein. Man mag sich fragen, was die Musik des osteuropäischen Schtetels mit Israel zu tun hat, war doch der Habitus des Ghetto-Juden eben das, was der neue Jude leidenschaftlich hat abstreifen wollen. Aber das ist es eben, was die Veranstaltung zeigte: wie verwoben die Schicksale in Israel und Deutschland miteinander sind – gerade über die Literatur. Diese paradoxen Kontexte aus Kulturbruch und kulturellen Kontinuitäten suchte Oliver Jahraus zu entziffern: von Jonathan Littells umstrittenem Roman „Die Wohlgesinnten“ (2008) über Edgar Hilsenraths geniale Groteske „Der Nazi & der Friseur“ (1975), von Jahraus als – radikalerer – Vorläufer von Littells Täter-Mimikry interpretiert, über Bücher, die zu den Gründungsmythen der israelischen Heimat beitrugen wie der Roman „Exodus“ des jüdisch-amerikanischen Autors Leon Uris, bis hin zu Mosche Zuckermanns „Reflexionen eines Heimatlosen“ in seinem Buch „Israel, Deutschland, Israel“ (2006).

Dass Bücher aus Israel bis hin zu Etgar (nicht Edgar!) Keret und den israelischen Autorinnenwundern um Zeruya Shalev im deutschsprachigen Raum intensiv rezipiert werden, ist nicht weiter verwunderlich, nachdem der jüdische Lebensfaden hierzulande fast abgerissen wäre. Israel steht damit für einen jener mythischen Anfänge, von denen Jahraus in seinem Vortrag sprach.

Es steht aber auch für die (verzweifelte) Fortsetzung von etwas, das ihm vorausging. Als Theodor Herzl, nationalistischer Schwärmer und Verfasser utopischer Literatur, den „Judenstaat“ ersann, konnte er sich kaum träumen lassen, dass diese „altneue“ Heimstatt fürs verstreute Volk tatsächlich einmal Wirklichkeit würde. Dem Staate Israel, Fluchtpunkt ungezählter eskapistischer Träume des Buch-Volkes, schien so von Anfang an eine ganz eigene Beziehung zum Buch und zum Büchermachen eingeschrieben. Selbst da noch, wo der Staatsmann Ben-Gurion (eigentlich David Grün) Herzls Vision in die Herzen der Pioniere einzupflanzen versuchte.

Die Literatur Israels ist viel älter als sein Staat. Ausgehend von den ersten Hymnen Bialiks, welche die Pioniere deklamierten, über die Generation der im Land geborenen, die ebenfalls noch glühend dem Aufbau der Nation verpflichtet waren und versuchten, in ihrer Prosa die Besiedlung Palästinas als Erfüllung eines „Menschheitstraums“ auszudeuten, lässt sich der Bogen hin zu den Wortführern Oz und Jehoschua schlagen, die den Mut aufbrachten, mit Blick auf den „Antihelden“ Franz Kafka nicht nur wieder an die europäische Moderne anzuknüpfen, sondern auch an die verfemte Literatur der Diaspora.

Amos Oz’ autobiographischer Roman „Eine Geschichte von Liebe und Finsternis“ (2004) ist die Geschichte einer „schwindsüchtigen“ Mutter, die zu sehr Europäerin der Jahrhundertwende war, um nach dem „Aufstieg“ in Israel aufzugehen. Es ist diese intime autobiographische Erzählung von Liebe und Finsternis, die unversehens zur Biographie des Staates Israels wird, anhebend mit der Stunde der Geburt, deren Schilderung einem noch heute Schauder über den Rücken jagen kann: „Nach Mitternacht, gegen Ende der Abstimmung, wachte ich auf. Mein Bett stand unter dem Fenster, das zur Straße hinaus ging, ich brauchte mich nur hinzuknien und durch die Ladenritzen zu spähen. Ich erschrak: Wie in einem Angsttraum standen eng gedrängt, schweigend und reglos im gelblichen Schein der Straßenlaterne Massen aufrechter Schatten in unserem Hof, in den Nachbarhöfen, auf den Bürgersteigen, auf der Straße, auf allen Balkonen, Hunderte von Männern und Frauen, die nicht einen einzigen Ton von sich gaben, Nachbarn, Bekannte und Fremde, einige in Schlafanzügen, andere mit Jackett und Krawatte, manche hatten schläfrige Kinder auf die Schultern genommen… Kein Wort, kein Husten, kein Schrittgeräusch. Nur die tiefe, raue Stimme des amerikanischen Sprechers drang aus dem voll aufgedrehten Radio und ließ die Nachtluft erzittern.“

Genau 60 Jahre liegt das zurück und betrifft uns doch unmittelbar. Zum Abschluss las Robert Menasse, ein anderer Wiener Spezialist für facts und ficition, aus seinem großen Roman die „Vertreibung aus der Hölle“ (2001). Auch hier wieder die „Vergleiche und Verwechslungen“ (Jahraus) zwischen den beiden großen Geschichten eines jüdischen Genozids im mittelalterlichen Spanien und in Deutschland in der Mitte des 20. Jahrhunderts. Man kann von der Geschichte nichts lernen, sagte Menasse, sie sei Analphabetin. Und bislang hat Literatur die Geschichte auch nicht zwingen können, lesen zu lernen. Aber sie wird es weiter versuchen, Literatur über und aus Israel, die tiefe Einblicke in das Selbstverständnis eines Landes gewährt, das auch von der literarischen Landkarte nicht mehr wegzudenken ist.

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Wesseling/Eichholz Deutschland

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