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Báo cáo quốc gia

Lokale Wahlen, nationale Konsequenzen

của Dr. Ute Gierczynski-Bocandé

Premierministerin nach Wahlniederlage des Amtes enthoben, sechs Minister folgen

Die Lokalwahlen in Senegal sollten ein Popularitätsbarometer für den Staatspräsidenten Macky Sall sein – die Ergebnisse glichen jedoch einem Erdbeben, das die politische Grundfeste der Regierungskoalition wanken ließ. 15 von 19 Hauptstadtbezirken in Dakar gingen an die Opposition. Die Premierministerin Aminata Touré wurde in ihrem eigenen Wahlkreis geschlagen und postwendend ihres Amtes enthoben, mit ihr ging auch gleich ein Teil der Regierung. Auch im Landesinneren konnte die Partei des Staatschefs sich nur mühsam behaupten.

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Die Titelzeilen der Tagespresse nach den Lokalwahlen illustrierten den Triumpf der einen und die Desillusion der anderen: „Gelbe Karte für Macky Sall“, „der Tsunami der Lokalwahlen“, „Benno ist tot“ (Benno steht für bokk Yaakar BBY; die aktuelle Regierungskoalition „Gemeinsam für die Hoffnung“), „Ohrfeige für die Regierung“, und „Benno zerstört die Hoffnung“. Die trotz der geringen Wahlbeteiligung von 38 % mit Leidenschaft gelebten Lokalwahlen legte mehrere Grundprobleme der senegalesischen Demokratie bloß: die Fragilität der zweckgebundenen Regierungskoalition, die gleichzeitige Ausübung nominierter und gewählter Ämter, den permanenten Machtkampf zwischen Präsidenten und Premierminister und die zögerliche Dezentralisierungspolitik des Staates verbunden mit der nur halbherzig begonnenen dritten Dezentralisierungsreform.

Eine direkte Konsequenz des Versagens von BBY in der Hauptstadt war die Entlassung der Premierministerin und die Regierungsumbildung. Sechs Minister, die wie Aminata Touré in ihren Wahlkreisen nicht gewählt wurden, mussten gehen. Macky Sall nutzte die Gelegenheit, um die Regierung auf 33 Mitglieder zu erhöhen und um einige Umstrukturierungen vorzunehmen. Er ernannte ebenfalls sechs „Staatssekretäre“ mit Ministerrang, die als Bindeglied zwischen Regierung und Präsidentenpalast in einigen prioritären Bereichen fungieren sollen. Manche Beobachter kritisieren den hohen per-sonellen Aufwand und das Splitting mehrerer Ministerien. Sie befürchten einen zunehmenden Mangel an Kohärenz und Stringenz in der Regierungspolitik.

Alle bei der Regierungsumbildung Anfang Juli abgesetzten Minister haben das gleiche Schicksal erlebt: eine Niederlage auf lokaler Ebene. Der aufmerksame Leser wird sich spätestens an dieser Stelle die Frage stellen, warum Minister bei Lokalwahlen antreten? Die Tradition eines „Député Maire“ (Abgeordneter und Bürgermeister in Amtsunion) ist ein koloniales Erbe aus Frankreich. Beobachter stellen hier eine Parallele zu der nur ansatzweise realisierten Dezentralisierungspolitik her. Politische Legitimation und Anerkennung steigern sich, je näher ein Bürgermeister der Zentralmacht steht und erreichen den Höhepunkt, wenn er gar Teil der nationalen Regierung ist. Wie kam es nun zum kollektiven Versagen der Regierungskoalition?

Benno Bokk Yaakar“: Gemeinsam für die Hoffnung“ oder enttäuschte Hoffnungen

BBY ist eine Vernunftsehe: Als vor drei Jahren der immer autokratischer werdende Staatschef Abdoulaye Wade sich mit allen Mitteln an seine Macht klammerte, bildete sich eine große Koalition um Macky Sall und sorgte geeint für die Abwahl des greisen Staatschef. Liberale, Sozialisten, Kommunisten und Mitglieder der Zivilgesellschaft bildeten eine heterogene Regierung, die noch in den ersten zwei Amtsjahren relativ harmonisch zusammen arbeitete. Allerdings ließ die erste Regierungsumbildung nicht lange auf sich warten – im September 2013, und die nächste folgte im Anschluss an die Lokalwahlen und als deren Konsequenz, nur 10 Monate später.

Die Parlamentswahlen im Juli 2012 bestätigten die Stärke der Regierungskoalition Die meisten Kandidaten traten nicht unter dem Banner ihrer Partei, sondern als Mitglieder von BBY an. Jedoch gehörten viele lokale „Fürsten“ weiterhin der abgewählten liberalen PDS (Parti dé-mocratique sénégalais) des ehemaligen Staatschefs Abdoulaye Wade an. Auch die anderen Parteien wie die PS(Parti socialiste) oder die AFP (Alliance des Forces du Progrès), deren Parteivorsitzender zum Parlamentspräsidenten gewählt wurde, waren auf regionaler und lokaler Ebene gut vertreten.

Im Vorfeld der Lokalwahlen im Juni 2014 strukturierte die Parteienlandschaft sich in vielen Kommunen und Regionen um. Viele BBY-Vertreter auf lokaler Ebene wollten nicht mehr als Mitglied der Regierungskoalition antreten. Sie bildeten nicht selten Koalitionen mit anderen Parteien oder zivilgesellschaftlichen Organisationen. Dabei stellte sich heraus, dass die Partei des Staatschefs, die APR (Allianz pour la République) in vielen Landesteilen nur rudimentär vertreten oder in zahlreiche „Tendenzen“ aufgespalten war. Dies wurde ihren Vertretern vielfach zum Verhängnis.

Die Vernunftsehe der Parteien auf Regierungsebene hielt dem Druck der Basis in den Regionen und Kreisen nicht stand. Die Lokalwahlen legten die Fragilität der Zweckunion offen, aber auch die allgemeine Unzufriedenheit mit der Politik des Staatschefs Macky Sall und seiner Koalitionsregierung.

Die Koalition hat viele Erwartungen und Hoffnungen nicht erfüllt, die Hauptprobleme des Landes: Massenarbeitslosigkeit, Bildungskrise und enorme Entwicklungsdiskrepanzen sind weit von einer Lösung entfernt. Die Enttäuschung vor allem der urbanen Bevölkerung fand ihren Ausdruck in einer „Abwahl“ der Regierungskoalition in den großen städtischen Zentren.

Oppositionssiege in Dakar, Thies und Touba

In Dakar wurde die Koalition „Taxawal Dakar“ („Dakar verteidigen“) bestehend aus PS (Parti Socialiste) und anderen Parteien mit dem als sehr effizient beurteilten Bürgermeister Khalifa Sall (PS) fast flächendeckend wieder gewählt. Mit mehr als 3 Millionen Einwohnern ist die Hauptstadtregion „Puls“ und „Barometer“ des Landes, und der Sieg der Oppositionskoalition wird als Vorzeichen für die kommenden Präsidentschaftswahlen gewertet. Dabei stellt sich vielen Beobachtern die Frage, ob Macky Sall seine Legislaturperiode wie bei Regierungsantritt versprochen auf fünf Jahre reduzieren oder lieber die von Abdoulaye Wade eingeführte längere Amtszeit von sieben Jahren beibehalten wird.

In Thies verhalfen die Spaltung der APR und die Bildung mehrerer Koalitionen mit APR-Ministern dem Amtsinhaber Idrissa Seck (REWWMI: Partei „Das Land“, ehemaliger Premierminister und Bürgermeister von Thies) zu seiner Wiederwahl. Die Popularität Secks war seit Jahren am Sinken, da er sich nur selten in seiner Stadt aufhält – jedoch genügte sie, um die Konkurrenten der gespaltenen APR auszuhebeln. Auch Ziguinchor verblieb in den Händen des Amtsinhabers Baldé, dem die gespaltene APR und der farblose Minister Benoit Sambou nichts entgegen halten konnte. In Kedougou wurde ein PDS Bürgermeister gewählt, obwohl sich die neun „Tendenzen“ der APR nach einem Besuch des Staatschefs mühsam wieder zusammen gerauft und eine einzige Liste präsentiert hatten – sie konnten die Bevölkerung der kleinen Regionalhauptstadt nicht überzeugen. Der Kreis wird jedoch von der APR dominiert. Die PDS behielt auch in Bambey die Oberhand – dies Dank der charismatischen Aida Mbodj, eine der wenigen Frauen im Bürgermeisteramt. Auch die Stadt Podor am Senegalfluss wird von einer Frau geleitet: Aissata Tall Sall von der Parti Socialiste wurde wieder gewählt - erstaunlicherweise mit der Unterstützung der PDS, deren Vorsitzender Abdoulaye Wade zu Tall Salls Wahl aufgerufen hatte.

In der Hauptstadt der muslimischen Bruderschaft der Mouriden, Touba, ist eine Frauenkandidatur dagegen eine Utopie. Auch Touba wird weiterhin von der liberalen PDS regiert. Deren Wahlerfolg geht nicht so sehr auf die Kampagne des Altpräsidenten und PDS Vorsitzenden Abdoulaye Wade zurück, der seine Zugehörigkeit zu den Mouriden seit jeher offen und offensiv kund tut. Die APR hat sich vielmehr in Touba unbeliebt gemacht, nachdem der Vize-Parlamentspräsident Moustapha Cissé Lô dem Khalifen gegenüber kritische Worte geäußert hatte – daraufhin wurden seine Häuser und sein Hab und Gut von Khalifen treuen Anhängern verbrannt. Die Aktion wurde nie strafrechtlich geahndet und die Täter waren nach kurzer Zeit wieder auf freiem Fuß.

Noch ein weiterer Zwischenfall offenbart die Brisanz des inoffiziellen, aber realen, Sonderstatus der religiösen Stadt Touba, die nicht alle Regeln des demokratischen Staates einhält. Die Kandidatenlisten zu den Lokalwahlen in der „heiligen Stadt“ folgten nicht dem gesetzlich vorgeschriebenen Prinzip der Geschlechtergleichheit, weil der Khalif diese nicht akzeptierte. Proteste von Frauenorganisationen und anderen Demokraten wurden von der Staatsspitze herunter gespielt, die es sich nicht mit den stimmträchtigen Machthabern in Touba verderben wollte. Die nicht paritätische Liste wurde trotz aller Proteste akzeptiert und der Kandidat des Khalifen gewählt: der örtliche Vertreter der PDS. Das Signal deutlich: immer mehr Senegalesen kritisieren offen den Sonderstatus der Stadt, der zu einer Art „rechtfreiem Raum“ führen kann. Der Staatschef möchte dieser Polemik ausweichen, ohne offen Partei für den Khalifen zu ergreifen. Manche Beobachter sehen eine Eiszeit zwischen Macky Sall und der Mouriden-Bruderschaft voraus.

Erfolge von BBY oder der Sall-Galaxy?

Saint Louis, die ehemalige Hauptstadt Se-negals, wurde zum Schauplatz eines Bürgermeister-Krimis: Fast stimmgleich schlossen zwei Kandidaten der APR ab, drei Tage lang kam es in der Stadt zu gewalttätigen Unmutsäußerungen ihrer Anhänger. Ein hohes Polizeiaufgebot war präsent, als Mansour Faye zum neuen Bürgermeister erklärt wurde. Gewiss hatte er die Stimmmehrheit, jedoch ist er als Schwager des Präsidenten harter Kritik ausgesetzt, zumal er gleichzeitig zum Minister für Wasserwirtschaft ernannt wurde. Der bisherige Bürgermeister Cheikh Bamba Dieye, Mitglied der Regierungskoalition, reichte unverzüglich seinen Rücktritt aus der Regierung ein.

Einige weitere Minister der APR konnten ihre lokale Bastion – und damit ihren Regierungsplatz - erhalten, so der Verteidigungsminister Augustin Tine und der Industrieminister Aly Ngouille Ndiaye. Andere, wie der Dezentralisierungsminister Oumar Youm, wurden zudem protokollarisch aufgewertet. Youm übernahm auch das Amt des Regierungssprechers.

Die neu in die Regierung aufgenommenen Minister – inklusive Premierminister – sind Mitstreiter von Macky Sall. Mahammed Boun Abdallah Dionne, der neue PM, war zuvor der mit der Einsetzung des PSE (Plan des aufsteigenden Senegal) betraute Minister und ist ein langjähriger Vertrauter Salls. Der bisherige Kabinettsdirektor Macky Salls im Präsidialamt, Abdoul Aziz Tall, übernimmt nun die bisherige Funktionen Dionnes als Sonderminister für die Umsetzung des ambitiösen Entwicklungsplans PSE. Mouhamadou Makhtar Cissé, bislang beigeordneter Budgetminister, wurde zum Kabinettsdirektor Macky Salls ernannt.

So offenbart die Regierungsumbildung eine deutliche Dynamik: Erfolge an der Basis werden belohnt, da sie die Popularität der Partei des Staatschefs in den Regionen fördern. Die Nähe zum Präsidenten und seiner Frau spielen ebenfalls eine Rolle – dies wird in den Medien stark kritisiert. Sicher ist, dass Vertrauenspersonen des Ehepaars Sall hohe Regierungsverantwortung tragen. Mahammed Boun Abdallah Dionne, der neue Premierminister, illustriert den Willen des Staatschefs, Kompetenz und Erfahrung mit dem Vertrauensfaktor zu verbinden. Dionne war Kabinettsdirektor von Macky Sall während seiner prüfungsreichen Zeit als Premierminister unter Abdoulaye Wade, er wirkte dann effizient bei der Ein- und Umsetzung des Entwicklungsplans PSE. Diskret, engagiert und effizient hielt er Macky Sall in jeder Lage als Mitarbeiter, Freund und Ver-trauter den Rücken frei.

Aus dieser Perspektive ist die Ernennung Dionnes zum Premierminister verständlich – sie setzte jedoch der steilen Karriere Aminata Tourés vorläufig ein Ende. Die charismatische und effiziente Premierministerin musste für ihre enttäuschten lokalen Ambitionen büßen. Oder stand gar mehr hinter ihrer Amtsenthebung?

Präsident versus Premierminister?

In der Präsidialdemokratie Senegal gelten schon seit dem vermeintlichen Putschversuch des Premierministers Mamadou Dia gegen den Präsidenten Leopold Sedar Senghor im Jahre 1962 die Beziehungen zwischen Präsident und Premierminister als problembeladen. Auch Altpräsident Abdoulaye Wade zögerte nicht, allzu ambitiöse Premierminister zu entlassen (Macky Sall) und inhaftieren zu lassen (Idrissa Seck). Der Verfassung zufolge leitet der Premierminister die Regierungspolitik, die ihrerseits vom Präsidenten definiert wird – so sind Konflikte vorprogrammiert.

Ein Jahr nach seiner Machtübernahme ernannte Macky Sall die damalige Justizministerin und Menschenrechtlerin, Aminata Touré, zur Premierministerin. Als Mitglied seiner Partei, der APR (Allianz für die Republik) und durchsetzungskräftige Pragmatikerin gewann sie bald alle Sympathiewerte des Landes – fast alle. Ihre Regierungszeit stand unter dem Motto „Handeln statt Reden“, der PSE (Plan des aufsteigenden Senegal) beispielsweise wurde in ihrer Amtsperiode unterzeichnet. Seit Monaten mutmaßten jedoch Medien und andere Beobachter, Macky Sall wolle sich der beliebten „Mimi“ Touré entledigen. Ihre Popularität warf einen Schatten auf die des diskreten Präsidenten, weiterhin wurden persönliche Rivalitäten zwischen ihr und der Präsidentengattin vermutet. So kam ihre Niederlage bei den Lokalwahlen „gelegen“, um sie aus dem Regierungsapparat und der Sall-Galaxy zu entfernen. Diese These wird noch plausibler durch die Feststellung, dass Aminata Touré von den Führungskadern ihrer Partei, der APR, stark zur Kandidatur in der Kommune Grand Yoff (bevölkerungsreiches Viertel von Dakar) ermutigt worden war. Dies kann angesichts der hohen Popularitätswerte des bisherigen und neu gewählten Oberbürgermeisters Dakar, Khalifa Sall - dessen Wahlbasis sich eben in Grand Yoff befindet - als „Falle“ ausgelegt werden. Denn wenn auch nicht sicher war, ob Khalifa Sall wieder Oberbürgermeister werden würde, war eine Niederlage in seinem eigenen Viertel nur schwer vorstellbar.

Sowohl der oft latente Konflikt zwischen Präsidenten und Premierminister als auch die häufige Ämterunion von Ministern und lokalen Vertretern werfen die Frage auf, ob die Präsidialdemokratie mit einer Doppelspitze geeignet ist, eine stringente Regierungspolitik zu gewährleisten, und ob die Konzentration auf die Hauptstadt nicht der angestrebten nachhaltigen lokalen Entwicklung entgegensteht?

Halbherzige Dezentralisierungspolitik

Senegal übernahm 1960 von der Kolonialmacht Frankreich nicht nur das Modell der Präsidialdemokratie, sondern auch den Zentralstaat nach jakobinischem Vorbild. Erst 1972 wagte der damalige Präsident Senghor einen ersten Dezentralisierungsversuch mit der Schaffung von 317 Landgemeinden. Diese verfügten theoretisch über eine gewisse Entscheidungsfreiheit, in der Praxis wurden sie jedoch weiterhin von den vom Staat ernannten Präfekten und Unterpräfekten regiert. Kommunale Selbstverwaltung gab es allemal in den Städten, die von Bürgermeistern geführt, deren Arbeit jedoch auch von Präfekten kontrolliert wurden.

Erst ein viertel Jahrhundert später, 1996, wurde von der Nationalversammlung der Transfer von neun Kompetenzen auf die Gebietskörperschaften beschlossen, die nunmehr die Befugnisse übertragen bekamen, jedoch nicht die Mittel, sie auszuüben. Bis dato fließen quasi alle Steuereinnahmen in die s taatliche Zentralkasse und werden von Dakar aus wieder umverteilt. Eine Fiskalreform hätte es den Gebietskörperschaften erlaubt, selber Steuern zu erheben und zu verwalten, dies im Rahmen eines Finanzausgleichs. Schließlich wurden viele Bürgermeister zu Bittstellern, die, da sie sich vom Staat vernachlässigt fühlten, an die Pforten externer Geber klopften. Dank der „dezentralisierten Kooperation“ konnten gewisse Projekte realisiert werden, die jedoch nicht immer einer kohärenten nationalen Entwicklungszielsetzung folgten.

So wurde die Diskrepanz zwischen der hoch entwickelten Hauptstadtregion und besonders den peripheren Regionen immer größer. Die Hauptstadtregion benötigt mit ihren Millionen Einwohnern eine konsequente Infrastruktur, Straßen, Schulen, Krankenhäuser. Mehr als 70 % des Staatsbudgets werden bislang in Dakar investiert, auf Kosten der Regionen. Wenn Dakar teilweise mit europäischen Standards standhalten kann, leben viele Bewohner in den Regionen ohne Strom, Wasser, Straßen, Arbeit – was zum nicht endenden Teufelskreis von Landflucht, weiterer Verarmung auf dem Lande und Slumbildung in der Hauptstadt führt.

„Dritter Dezentralisierungsakt“

Eine dritte Dezentralisierungsreform sollte nun Abhilfe schaffen. Knapp ein Jahr vor den Kommunalwahlen wartete die Regierung Sall mit einer Reform auf, die landesweit eine starke Polemik hervorrief: „L’acte 3 de la décentralisation“, der dritte „Akt“ der Dezentralisierung.

Dieser „Akt“ begründete sich darin, dass die mit dem Kompetenztransfer einhergehenden Gebietsreformen nicht zu einer nachhaltigen Entwicklung geführt hatte. Zu Beginn der Regierungszeit Senghors (1960) gab es in Senegal sieben Regionen, die wiederum in Departements und diese in Kreise aufgeteilt waren. 1996/97 wurde die Zahl der Regionen stufenweise bis auf 14 erhöht und diese mit dem Status der Gebietskörperschaft versehen. Allerdings sind einige kleine Regionen quasi nicht lebensfähig, ihre „Hauptstädte“ sind im Grund Dörfer und die Infrastruktur ist nur ansatzweise vorhanden.

Schon Altpräsident Wade hatte die hohe Anzahl der Regionen kritisiert und dazu geraten, zur Gebietsaufteilung der vorkolonialen Königreiche zurück zu kommen und deren Hauptstädte als „Wirtschaftspole“ zu beleben. Damit einhergehen sollte eine stärkere Identifizierung der Bevölkerung mit ihrem Lebensraum, der auf einer gemeinsamen Geschichte und Entwicklung basierte, und natürlich die Reduzierung der Landflucht in dem Maße, als die Regionen wirtschaftliche Entwicklungsmöglichkeiten bieten sollten.

Die Idee der Wirtschaftspole übernahm Macky Sall in seiner Dezentralisierungsreform, aber in einer neuen Konstellation. Angesichts der Schwäche vieler „künstlich geschaffener“ Regionen bietet die Regierung Sall eine neue Variante der Dezentralisierung: Die Anzahl der Regionen wird wieder auf 7 reduziert, sie werden wieder zu Ver-waltungseinheiten ohne gewählte Vertreter. Die 43 Departements hingegen erhalten den Status von Gebietskörperschaften und wählen einen Departements-Rat: so soll eine bürgernähere Regierung entstehen. Die Landgemeinden erhalten den gleichen Status und die gleichen Befugnisse wie die Kommunen, sie werden ebenfalls in Zukunft von Bürgermeistern geleitet.

Der 3. Dezentralisierung „Akt“ wurde vehement kritisiert, besonders von den wenigen Oppositionsparteien, aber auch von Teilen der Regierungskoalition. Das ständige „Hin- und Her“ der Gebietsaufteilung sei kontraproduktiv und offenbare eine konzeptionelle und institutionelle Instabilität. Die Schaffung von 43 neuen Gebietskörperschaften an Stelle der 14 Regionen gehorche mehr einer wahltechnischen Strategie als einer rationellen Entwicklungsdynamik Weiterhin sei die Phase zwischen der Verabschiedung der Dezentralisierungsreform und dem Datum der Kommunalwahlen am 29. Juni 2014 viel zu kurz, um die Reform effizient umzusetzen.

Besonders gravierend erscheint die Abschaffung der Region Kedougou, die wieder mit der Region Tambacounda verschmolzen werden soll. Tambacounda ist die flächenmäßig größte Region des Landes, in der die Bewohner der am Rande gelegenen Dörfer länger als einen Tag benötigen, um in die Regionalhauptstadt zu gelangen. Die Abtrennung von Kedougou als Region war von allen begrüßt worden, zumal die gigantischen Gold-, Eisen- und Marmorvorkommen und die dadurch akzentuierten sozialen Ungleichheiten schon zu Revolten und zahlreichen Problemen geführt hatten. Schrittweise war eine rudimentäre Infrastruktur ge-schaffen worden, die Bewohner erhielten einen besseren Zugang zu Verwaltungs- und anderen Basisdiensten. Diese „Errun-genschaften“ stehen jetzt – in den Augen der Bevölkerung – auf dem Spiel und die Regierung hat viel an Glaubwürdigkeit verloren. Die Rechnung erfolgte in einer Absage an die Präsidentenpartei bei den Lokalwahlen.

Positiver wird der Zusammenschluss der drei südlichen Regionen Ziguinchor, Sedhiou und Kolda zu großen Casamance-Region gewertet. Seit mehr als 30 Jahren leidet diese geographisch homogene und historisch zusammengewachsene Region unter einem Separatistenkonflikt. Die Hoffnung ist berechtigt, dass durch die Union der drei Regionen und eine konsequente kommunale Selbstverwaltung die Entwicklung vorangetrieben und dadurch dem Rebellenkonflikt sowie der aus ihm entstandenen Kriegsökonomie langfristig ein Ende gesetzt werden könnte.

Jedoch: die Finanzierung der dritten Dezentralisierungsreform ist noch nicht gesichert. Eine grundlegende Fiskalreform ist nicht in Sicht. Der PSE – Entwicklungsplan sieht Investitionssubventionen in Milliardenhöhe (Francs cfa) für die Regionen vor. Die Umsetzung liegt in den Händen der Zentralregierung und des PSE-Ministers. Es wird sich zeigen, ob die neue Reform Früchte trägt.

Das Messbarometer wird die tatsächliche Macht der Kommunal- und Kreisräte sein. Die Regionalratspräsidenten boten immerhin ein starkes Gegengewicht zur Zentralregierung. Können die 34 Kreispräsidenten die gleiche Rolle spielen, Druck ausüben, um die Interessen ihrer Bevölkerung durchzusetzen? Oder war die Verlagerung der Entscheidungskompetenz von den Regionen auf die Kreise nur ein geschickter Schachzug, um die lokale Macht zugunsten der Zentralregierung zu schwächen? Erst eine konsequente Dotierung der Kommunen und Kreise mit Ressourcen und eine Fiskalreform zugunsten der ländlichen Entwicklung könnten die Absichtserklärung Macky Salls für eine nachhaltige und ausgeglichene Entwicklung aller Regionen nach und nach Realität werden lassen.

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