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Ukraine: Der Fall Tymoschenko

của Nico Lange
Mit Anhörungen am 23. Juni 2011 begann ein Gerichtsverfahren gegen die ehemalige ukrainische Premierministerin Julija Tymoschenko in Kiew. Damit spitzt sich die Lage in der Ukraine nach monatelangen Ermittlungen in mehreren Strafsachen gegen Tymoschenko und einige andere Vertreter der Opposition weiter zu. Die Unabhängigkeit des Verfahrens muss bezweifelt werden. Es geht um milliardenschwere Gasgeschäfte und die dauerhafte Ausschaltung der wichtigsten politischen Konkurrentin des amtierenden Präsidenten Janukowytsch.

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Das Vorgehen gegen Tymoschenko birgt hohe innenpolitische Risiken und belastet die Beziehungen der Ukraine zur EU.

Das Verfahren begann mit Tumulten

Am 23. Juni 2011 begann im Kreisgericht des Kiewer Stadtteils Petschersk Anhörungen zu Vorwürfen wegen angeblichen Amtsmissbrauchs bei der Unterzeichnung des Gaslieferabkommens mit Russland im Jahr 2009 gegen die ehemalige Regierungschefin Julija Tymoschenko. Proteste von Unterstützern und Gegnern im Zentrum der ukrainischen Hauptstadt und tumultartige Szenen im Gerichtssaal begleiteten den Auftakt der Verhandlungen. Berichte von bezahlten Anhängern der Partei der Regionen im Gerichtssaal, Eingreifen der Polizei und wild drängelnden Reportern und Kamerateams machten ebenso die Runde wie provokative Beschimpfungen von Politikern der Regierungskoalition gegen die ehemalige Ministerpräsidentin. Auf den Hinweis des anwesenden EU-Botschafters Teixera auf die unmenschlichen Umstände im heißen und für das öffentliche Interesse viel zu kleinen Gerichtssaal reagierte ein Vertreter der Regierungspartei mit den Worten: „Du kannst ja zurück nach Portugal gehen, wenn du die Hitze hier nicht aushältst.“

Der mit dem Verfahren betraute Richter verfügt lediglich über eine Erfahrung von zwei Jahren. In ihren ersten Aussagen bezeichnete Julija Tymoschenko den Richter als „Marionette“ und das Verfahren als politisch motiviert. Sie warf der Präsidialadministration Janukowytschs vor, das Urteil bereits im Voraus festgelegt zu haben.

Die Situation um Tymoschenko und Mitglieder ihrer Regierung spitzt sich zu

Der Richter legte nach der Anhörung den Beginn des Strafprozesses gegen Julija Tymoschenko für den 29. Juni 2011 fest. Mit der Eröffnung der Verhandlungen im Fall des Gasvertrags erreichen die Ermittlungen gegen Tymoschenko einen vorläufigen Höhepunkt. Die Staatsanwaltschaft wirft der ehemaligen Ministerpräsidentin vor, bei der Unterzeichnung der Gaslieferverträge 2009 ihre Kompetenzen überschritten zu haben, da sie ohne Mandat des Ministerkabinetts gehandelt habe. Dadurch sei der Ukraine ein Schaden in Höhe von umgerechnet etwa 150 Mio. EUR entstanden. Tymoschenko gibt an, während es Gaskonflikts, der im Winter 2008/2009 große Teile Europas betroffen hatte, von Präsident Juschtschenko und dem damaligen Koalitionspartner bei den Verhandlungen mit dem russischen Ministerpräsidenten Putin nicht unterstützt worden zu sein. Daraufhin habe sie als Regierungschefin aufgrund der akuten Notsituation allein die Verantwortung übernommen, um schnell die Wiederaufnahme der Gaslieferungen für die Ukraine und die Transitpartner zu erreichen. Die EU hatte damals die Lösung des Gaskonflikts durch Tymoschenko und die damit verbundene Ausschaltung des dubiosen Zwischenhändlers RosUkrEnergo als positiv bewertet. Im Rahmen des zwischen Putin und Tymoschenko vereinbarten Liefervertrages waren neue Formeln für die Ermittlungen des Gaspreises und die Überführung des noch im Besitz des Zwischenhändlers RosUkrEnergo befindlichen Gases im Wert von etwa 4,5 Mrd. USD in Eigentum des ukrainischen Staatsunternehmens Naftohas beschlossen worden.

Bereits im Dezember 2010 hatte die Staatsanwaltschaft mit der Einleitung von zwei weiteren Strafverfahren gegen die frühere Premierministerin begonnen. In diesen wird Tymoschenko vorgeworfen, Mittel aus dem Verkauf von Emissionsrechten im Rahmen des Kyoto-Protokolls zweckentfremdet und bei der Anschaffung von Fahrzeugen für mobile Ärzte aufgrund eines fehlerhaften Ausschreibungsverfahrens Mittel verschwendet zu haben. Seit Dezember 2010 war Tymoschenko von der ermittelnden Generalstaatsanwaltschaft mit einem strengen Reiseverbot belegt und musste sich in einem von Beobachtern als repressiv und in Teilen entwürdigend gewerteten Verfahren über Monate hinweg fast täglich zu Befragungen und Aktenstudium in der Generalstaatsanwaltschaft einfinden.

Die Unabhängigkeit des Verfahrens muss bezweifelt werden

Unmittelbar nach der Machtübernahme Janukowytschs begann die neue Administration mit der juristischen Verfolgung Tymoschenkos, die bei den Präsidentschaftswahlen 2010 mit nur drei Prozent Rückstand knapp verloren hatte. Mit großem Aufwand beauftragte die Regierung Asarow beispielsweise eine zwielichtige amerikanische Anwaltskanzlei mit einem „Audit“, um Unregelmäßigkeiten in Tymoschenkos Amtsführung aufzudecken. Die schließlich ab Dezember 2010 von der Staatsanwaltschaft erhobenen Vorwürfe wirken für viele Beobachter konstruiert und lassen außerdem keinerlei persönliche Vorteilsnahme Tymoschenkos erkennen. In Bezug auf die Unterzeichnung des Gasabkommens und die kurzzeitige Verwendung der Gelder des Kyoto-Protokolls zur Auszahlung von Renten kommentierte die BBC vor einiger Zeit mit Unverständnis für die erhobenen Vorwürfe: „Das ist, was Premierminister eben machen.“

Die selektive Anwendung der Justiz und die Instrumentalisierung der Staatsanwaltschaft in der Auseinandersetzung mit politischen Gegnern hat in der Ukraine eine lange Tradition. Präsident Kutschma war während seiner beiden Amtszeiten dafür bekannt, die einflussreichen Gruppen von Oligarchen mit Hilfe des Zugriffs auf die Generalstaatsanwaltschaft und von Androhungen von Verfahren und unter Kontrolle zu halten. Die Ermittlungen gegen Tymoschenko werden von Anbeginn durch aggressive Auftritte einiger Politiker der Partei der Regionen begleitet, die die ehemalige Regierungschefin öffentlich vorverurteilen und immer wieder fordern, „dass Tymoschenko nun endlich bekomme, was sie verdiene“. Eben diese Politiker heizen aktuell auch die Stimmung vor und im Gerichtssaal an.

Einhellig bescheinigen alle Beobachter von Politik und Wirtschaft der Ukraine schon seit Jahren große Probleme mit der mangelnden Unabhängigkeit der Justiz. Während der Amtszeit Janukowytschs als Präsident war zudem deutlich festzustellen, dass Gerichte sich mit ihren Entscheidungen an der neuen „Partei der Macht“ orientierten. Auch die umstrittenen Entscheidungen des Verfassungsgerichts zur Koalitionsbildung und zur Rückkehr zur Verfassung von 1996 legen den Schluss nahe, dass Gewaltenteilung und Unabhängigkeit der Justiz in der Ukraine unter Janukowytsch faktisch aufgehoben sind.

Es geht ums Gas

Wie schon so oft in den häufigen innenpolitischen Konflikten der Ukraine bilden auch jetzt milliardenschwere Gasgeschäfte den Hintergrund der Auseinandersetzungen. Der intransparente Gassektor des Landes gilt als höchst lukratives Umfeld zur schnellen persönlichen Bereicherung, an dem große Teile der ukrainischen politischen Eliten teilhaben. Auch gegen andere Mitglieder der ehemaligen Regierung laufen seit der Machtübernahme Janukowytschs Verfahren, die mit den Gasverträgen und der Ausschaltung des Zwischenhändlers RosUkrEnergo und der folgenden Beschlagnahmung des RosUkrEnergo-Gases in Zusammenhang stehen. Bereits seit längerem sitzen der Ex-Chef der Zollbehörde Anatolij Makarenko, der ehemalige stellvertretende Geschäftsführer des Staatsunternehmens Naftohas Ihor Didenko und der ehemalige stellvertretende Leiter der Kiewer Zollbehörde Taras Schepitko in Untersuchungshaft. Der Rechtsanwalt Julija Tymoschenkos forderte zu Beginn der Anhörungen die Staatsanwaltschaft auf, diese Verfahren mit dem gegen Tymoschenko zu einem einzigen Prozess zu vereinen.

Eine Gruppe von Personen um den RosUkrEnergo-Teilhaber Dmitro Firtasch, zu der Präsidialamtschef Serhij Ljowotschkin, Energieminister Jurij Boiko und Geheimdienstchef Valerij Choroschkowskyj gehören, gewann unter Janukowytsch massiv an politischem und wirtschaftlichen Einfluss und scheint nun Rache für den Gasvertrag von 2009 zu nehmen. Bereits wenige Wochen nach dem Amtsantritt Janukowytschs hatte das das ukrainische Staatsunternehmen Naftohas ein Verfahren gegen RosUkrEnergo vor dem Schiedsgericht in Stockholm verloren und muss nunmehr das nach der Vereinbarung mit Putin beschlagnahmte Gas im Wert von 4,5 Mrd. USD an RusUkrEnergo zurückgeben sowie eine Strafe von knapp 200 Mio. USD zahlen. Der laut der Verträge zwischen Tymoschenko und Putin für die Ukraine ungünstige Gaspreis, der diese 4,5 Mrd. USD nun wieder enthält, könnte Janukowytsch und Asarow zu der Überlegung veranlasst haben, mit einer Verurteilung Tymoschenkos wegen Kompetenzüberschreitungen die Vereinbarungen für ungültig zu erklären und in neue Verhandlungen mit der russischen Seite einzusteigen. Seit einigen Wochen verhandelt Kiew mit Moskau um mögliche neue Gasrabatte. Direkt nach Beginn der Anhörungen im Fall Tymoschenko im Kiewer Gericht trafen sich Janukowytsch und Putin zu informellen Gesprächen auf der Krim.

Tymoschenko soll politisch ausgeschaltet werden

Neben diesen Interessen im Energiegeschäft wird Janukowytsch wie schon seinem Amtsvorgänger Juschtschenko ein persönlicher Hass gegen Tymoschenko nachgesagt. Die meisten ukrainischen Beobachter wie auch die ukrainische Öffentlichkeit sind sich darin einig, dass das Strafverfahren einzig dazu dient, Tymoschenko durch eine Verurteilung dauerhaft aus der ukrainischen Politik zu entfernen. Selbst wenn sie zu keiner Gefängnisstrafe verurteilt werden sollte, dürfte sie mit einer Vorstrafe wegen Amtsmissbrauchs für die kommenden zehn Jahre kein öffentliches Amt bekleiden. Tymoschenko wäre damit für die Parlamentswahlen 2012 und die Präsidentschaftswahlen 2015 aus dem Rennen.

Möglicherweise hoffen auch einige Teile der zerstrittenen Opposition darauf, von einer möglichen Verurteilung Tymoschenkos profitieren zu können. Die oppositionellen Parteien verhalten sich in Bezug auf die Verfahren gegen Tymoschenko auffallend ruhig. Diese Überlegungen könnten sich jedoch als fataler Denkfehler erweisen. Eine Verurteilung Tymoschenkos muss klar auch als Signal an die Opposition in der Ukraine insgesamt gewertet werden. Es geht offenbar darum, die stärkste Gegnerin Janukowytschs und knappe Verliererin der Präsidentschaftswahlen auszuschalten, um die Opposition insgesamt einzuschüchtern und künftig nur noch in vom Präsidenten und seinem Umfeld festgelegten Rahmen zuzulassen.

Das Vorgehen gegen Tymoschenko birgt hohe innenpolitische Risiken

Auch wenn Tymoschenko seit den Präsidentschaftswahlen spürbar an Unterstützung verloren hatte und nicht mehr in der Lage ist, die Opposition hinter sich zu vereinen, birgt das selektive und unverhältnismäßige Vorgehen gegen sie für die ukrainische Führung große innenpolitische Risiken. Die finanzielle und wirtschaftliche Lage der Ukraine bleibt weiterhin schlecht und eine Besserung ist selbst mittelfristig nicht abzusehen. Die unverhüllte Bereicherung der herrschenden politischen Eliten und die ausufernde Korruption sorgen seit langem für allgemeine Unzufriedenheit und Missstimmung. Julija Tymoschenko versteht es bekanntlich sehr gut, sich auf der Bühne des Gerichtsprozesses und einer möglichen Gefängnishaft zu inszenieren. Eine Mobilisierung der unzufriedenen Bürger scheint durchaus möglich.

Davon abgesehen verbreitet der Prozess gegen Tymoschenko bei einigen Wirtschaftsbossen, die nicht zum engsten Kreis um Janukowytsch gehören, durchaus Nervosität. Vor dem Hintergrund jederzeit möglicher Gerichtsverfahren und Verurteilungen könnten sie unter Druck gesetzt werden, um wertvolle Aktiva an das enge Umfeld Janukowytschs abgeben zu müssen. Die enorme Machtkonzentration in den Händen Janukowytschs und einiger weniger einflussreicher Wirtschaftsbosse in seinem Umfeld könnten bei einigen Oligarchen letztlich ein Interesse an einer Verbreiterung des Machtzugangs stärken. Lautere Stimmen für mehr Parlamentarismus und eine Stützung von Gruppierungen gegen Janukowytsch sind vor diesem Hintergrund als Ergebnis einer Verurteilung Tymoschenkos durchaus nicht ausgeschlossen.

Selektive Justiz und offenbar politisch motivierte Verfolgungen belasten das Verhältnis zur EU

Der eingangs zitierte Wortwechsel des Kiewer EU-Botschafters mit einem Vertreter Partei der Regionen steht symbolisch für Belastung des Verhältnisses zur EU durch das Verfahren gegen Tymoschenko. Erst kürzlich hatten das Europäische Parlament und das Präsidium der Europäischen Volkspartei scharfe Resolutionen gegen selektive und unverhältnismäßige Rechtsprechung und das Vorgehen gegen die ehemalige Regierung verabschiedet. In den vergangenen Monaten erhielt die Ukraine bereits ähnliche Erklärungen von der Deutsche Bundesregierung, der US-Administration, der Parlamentarischen Versammlung des Europarats und vielen anderen westlichen Partnern. Die Reaktionen der ukrainischen Seite fielen dabei fast immer gleich aus. Das Außenministerium bezeichnete alle westlichen Kritiker und vor allem die EVP zuletzt öffentlich banal als „Tymoschenko-Fanclub“. Präsident Janukowytsch selbst deutete an, dass die Kritiker im Westen höchstwahrscheinlich gar von Tymoschenko gekauft worden seien. Janukowytsch und das ukrainische Außenministerium verweisen die westlichen Partner bei Kritik zudem geradezu zynisch auf die „Unabhängigkeit des Gerichts, in die man in keinem Fall eingreifen könne.“

Vor dem Hintergrund der aktuellen Beziehungen zwischen der Ukraine und der EU, in denen die Unterzeichnung eines Assoziierungsabkommen mit einer vertieften und erweiterten Freihandelszone im Kern in greifbare Nähe gerückt scheinen, ist es bedauerlich, dass die innenpolitischen Ereignisse in der Ukraine zeigen, dass die häufigen Erklärungen Präsident Janukowytschs zu den europäischen Werten der Demokratie und Rechtsstaatlichkeit offenbar reine Lippenbekenntnisse sind.

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