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Heinrich Krone, Portraitfoto Heinrich Krone, Portraitfoto © KAS/Slomifoto

Heinrich Krone

Politiker, Bundesminister Dr. phil. 1. Dezember 1895 Hessisch Oldendorf 15. August 1989 Bonn
von David Maaß
„Adenauers Alleskleber“, „Mann ohne Story“, „freundlich und prinzipienfest“, „selbstloser Gehilfe“, „Mann des Ausgleichs“ und „absolut loyal und ohne Ehrgeiz“, - so beschrieben ihn zeitgenössische Journalisten. Als einen der „zehn anständigsten, honorigsten Spitzenpolitiker in der bundesrepublikanischen Geschichte“ würdigte der Politikwissenschaftler Franz Walter Heinrich Krone. Wer war dieser Mann?

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Herkunft und Ausbildung

Geboren wurde Heinrich Krone am 1. Dezember 1895 als Sohn einer katholischen Arbeiterfamilie in Hessisch Oldendorf in der preußischen Provinz Hessen-Nassau (heute Niedersachsen). Wenige Jahre nach seiner Geburt verstarb der Vater bei einem Unfall. Trotz der schwierigen Familiensituation konnte ihm seine Mutter den Besuch des Gymnasiums wie auch der Universität ermöglichen.

Gegen seinen ursprünglichen Berufswunsch, Gärtner zu werden, studierte Krone nach seinem Abitur 1914 am Gymnasium Josephinum in Hildesheim Theologie in Münster. Dort trat er der katholischen Studentenverbindung Unitas bei, der er bis zu seinem Tod die Treue hielt. 1917 wurde er Soldat im Ersten Weltkrieg. Jedoch blieb ihm ein Frontseinsatz erspart. Nach Kriegsende setzte Krone in Göttingen und Kiel das Studium der Neueren Sprachen, Latein und Volkswirtschaft fort. 1920 bestand er das Staatsexamen, 1921 das Studienreferendariat. 1923 promovierte er zum Dr. phil. beim Kieler Soziologen Ferdinand Tönnies mit einer Arbeit über „Die Theorie der Stadt“.

 

In der Weimarer Republik

Krone zog es, motiviert durch die soziale Bewegung des katholischen Akademikertums, insbesondere durch den Berliner „Großstadtseelsorger“ Carl Sonnenschein, in die Politik. So machte er schon bald durch Zeitschriftenartikel über Jugendfragen (Artikel aus der Zeitung „Das Junge Zentrum“ zur politischen Standortbestimmung vom November 1928) auf sich aufmerksam. 1920 wurde er Mitglied des Zentrums. Nach einer kurzen beruflichen Tätigkeit als Mittelschullehrer holte die Führung der Zentrumspartei Krone nach Berlin und beauftragte ihn mit der Geschäftsführung der Jugendorganisation der Partei, dem Reichsverband der Windthorstbunde. 1929 übernahm er auch deren Vorsitz. Zudem wurde er stellvertretender Generalsekretär der Gesamtpartei.

Von 1925 bis 1933 gehörte Krone als einer der jüngsten Abgeordneten dem Reichstag an, er zählte dabei eher zum linken Flügel der Zentrumspartei. Krone bejahte die demokratisch-republikanischen Verhältnisse der Weimarer Republik. Zudem bekannte er sich zum Sozialstaat, zur Aussöhnung und Völkerverständigung mit den Nachbarstaaten und ehemaligen Kriegsgegnern.

Koalitionspolitisch warb Krone für die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten und lehnte Rechtskoalitionen entschieden ab. Deutlich wurde diese Einstellung bei einer von ihm mitorganisierten gemeinsamen Kundgebung der Zentrumsjugend mit den Jugendorganisationen von SPD und DDP am 4. November 1923 bei der alle drei Jugendverbände ein Bekenntnis zur Republik ablegten. Wenige Tage später fand der der so genannte Hitler-Putsch statt.

Aus dieser Zeit rührte auch eine besondere, bisweilen freundschaftliche Verbindung Krones mit den beteiligten Jugendvertretern der anderen Parteien, namentlich zu Erich Ollenhauer und Ernst Lemmer, die auch nach dem Zweiten Weltkrieg fortbestehen sollte.

Die Zusammenarbeit mit den Sozialdemokraten und der DDP für den Erhalt der demokratischen Ordnung setzte sich 1924 mit der Gründung des „Reichsbanners Schwarz-Rot-Gold“ fort. Krone wurde zunächst Mitglied des Reichsausschusses, später einer der drei stellvertretenden Vorsitzenden.

 

Helfer für Verfolgte im Dritten Reich

Nach der nationalsozialistischen Machtübernahme 1933 machte sich Krone, zu dem Zeitpunkt immer noch Mitglied des Reichstages, wie viele andere auch Illusionen über die Dauer der Regierung Hitler. Auch er glaubte, dass sie bald scheitern würde. In der Zwischenzeit sollte die Zentrumspartei die Chance zur Erneuerung nutzen. Im Widerspruch dazu stimmte er unter dem Druck der neuen Machthaber am 23. März 1933  dem "Ermächtigungsgesetz" zu und trug damit, ohne es zu wollen, zur Festigung der Tyrannei bei.

Die Hoffnung auf ein schnelles Ende der Regierung Hitler trog jedoch, und so sah sich Krone alsbald mit der Abwicklung der Zentrumspartei beauftragt. Kurioserweise musste er sich selbst als Mitarbeiter der Zentrumspartei entlassen (Brief zur Abwicklung des Zentrums: Kündigungsschreiben Heinrich Krones an sich selbst vom 30.06.1933). Anschließend lehnte er jede weitere Kooperation mit den Nationalsozialisten ab und verzichte auch im Gegensatz zu anderen Zentrumspolitikern auf eine weitere Zugehörigkeit zum Reichstag.

Im Dritten Reich arbeitete Krone als Handelsvertreter. Zudem gab er die Zeitschrift „Zeit im Querschnitt“ heraus, die jedoch verboten wurde. Daneben arbeitete er in verschiedenen Organisationen mit, um verfolgten Menschen beizustehen, insbesondere Juden, aber auch ehemaligen Zentrumsangehörigen. So war er Mitgründer und Geschäftsführer des 1934 ins Leben gerufenen Caritas-Notwerkes sowie Mitarbeiter des 1935 gegründeten „Hilfsausschusses für katholische Nichtarier“. In dem 1938 gegründeten „Hilfswerk beim Bischöflichen Ordinariat Berlin“ engagierte sich Krone ebenfalls.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 wurde Krone wieder Soldat und nahm als Sanitäter am Polenfeldzug teil. Aufgrund seiner Verbindungen, unter anderem zu Jakob Kaiser und Bernhard Letterhaus, wurde Heinrich Krone im Rahmen der auf das Hitler-Attentat vom 20. Juli 1944 folgenden „Aktion Gewitter“ verhaftet und mehrere Monate inhaftiert. Nur durch einen Zufall entging er der drohenden Einweisung in das KZ Oranienburg. Noch vor Kriegsende wurde er aus der Haft entlassen. Ihm war keine Beteiligung an einem Umsturzversuch nachzuweisen.

 

Gründung der CDU

Aufgrund der Erfahrung in der Weimarer Republik plädierte Krone nach Kriegsende für die Gründung einer überkonfessionellen Partei (Auszug aus dem Tagebuch Heinrich Krones zur Gründung der CDU vom 17.06.1945). Folgerichtig gehörte er 1945 zum Berliner Gründerkreis der CDU um Andreas Hermes, Jakob Kaiser, Ernst Lemmer und Robert Tillmanns. Im März 1947 stieg Krone zum zweiten stellvertretenden Vorsitzenden des Berliner Landesverbandes der CDU auf. Später wurde er erster stellvertretender Vorsitzender. Dem Berliner Landesvorstand gehörte er bis 1951 an. 1949 kam Krone als Berliner Abgeordneter in den ersten Deutschen Bundestag. Bis 1965 blieb er Bundestagabgeordneter für Berlin. 1965 zog er letztmalig über die niedersächsische Landesliste in den Deutschen Bundestag ein.

 

Politische „Blütezeit“ als Fraktionsvorsitzender

Die Erfahrung von Politikern wie Krone war die Vorraussetzung dafür, dass die parlamentarische Arbeit nach dem Krieg relativ reibungslos wieder aufgenommen wurde. Diese Erfahrung kam Krone auch bei seinem politischen Aufstieg zugute.

So wurde er 1951 zum Fraktionsgeschäftsführer, am 15. Juni 1955 als Nachfolger von Heinrich von Brentano zum Vorsitzenden der CDU/CSU-Bundestagsfraktion gewählt. Dieses Amt übte er bis 1961 aus. Dabei erscheint besonders bemerkenswert, dass er selbst als Berliner Bundestagsabgeordneter nicht über ein volles Stimmrecht verfügte.

Bereits in seiner Funktion als Fraktionsgeschäftsführer galt Krone als der eigentliche starke Mann der Union im Bundestag. Dabei kam ihm zugute, dass sich der damalige Fraktionsvorsitzende Heinrich von Brentano mehr an der Außenpolitik interessiert zeigte als an der eigentlichen parlamentarischen Arbeit, wie etwa den Gesetzgebungsverfahren und der Kontaktpflege zu den Parlamentariern. Dieses erledigte Heinrich Krone.

Die Zeit als Fraktionsvorsitzender war seine politische „Blütezeit“. Sie prägte seinen Ruf als Mann des Ausgleichs, der wie ein Familienvater auch in den schwierigsten Situationen und Auseinandersetzungen die unterschiedlichsten Interessen zusammenführen, ja geradezu „leimen“ konnte. Aus dieser Zeit stammte auch sein Spitzname „Papa Krone“, der wiederum dem „Zirkus Krone“ vorstand, wie die CDU/CSU-Fraktion aufgrund ihrer Heterogenität auch bezeichnet wurde. In der Fraktion war er der Mann ohne Feinde.

Zugleich pflegte er den Kontakt mit der Opposition, insbesondere zu deren führenden Politikern wie Erich Ollenhauer und Herbert Wehner. Ihm war bewusst, dass es Gesamtinteressen des Landes gab, die nur gemeinsam mit allen demokratischen Parteien erfolgreich vertreten werden konnten. 1966 war er auch folgerichtig einer der Befürworter der ersten großen Koalition, in der er selbst aber keine große Rolle mehr spielen sollte.

 

Berater Adenauers

Nach seiner Wahl zum Fraktionsvorsitzenden gelang ihm der Aufstieg in den engeren Zirkel um Konrad Adenauer. Er wurde neben Staatsekretär Hans Globke zu seinem wichtigsten Berater. So trafen sich Adenauer, Globke und Krone zum regelmäßigen Montagsgespräch, zu dem unregelmäßig weitere Personen hinzugezogen wurden.

Krone erfüllte für Adenauer in der Fraktion die Rolle eines „Aufpassers“ und „Frühwarnsystems“ für möglichen Unmut unter den Unionsabgeordneten. Ihm war die Funktion zugedacht, den Bundeskanzler über die Stimmungen in der Fraktion zu informieren und gerade auch bei bevorstehenden unpopulären Entscheidungen für entsprechende Mehrheiten zu sorgen. Diese Rolle ist jedoch nicht gleichzusetzen mit der eines kritiklosen Erfüllungsgehilfen. Im Gegenteil, er galt er als ein in christlicher Verantwortung wurzelnder prinzipientreuer Mensch, der Adenauer auch deutlich widersprach. Dieses konnte Krone auch deshalb wagen, weil er nie an seiner grundsätzlichen Loyalität zu Adenauer irgendwelche Zweifel ließ.

1958 ließ sich Heinrich Krone zum stellvertretenden Bundesvorsitzenden der CDU wählen. Im Rahmen der Diskussion um die Amtsnachfolge von Bundespräsident Theodor Heuss 1959 und der möglichen Bundespräsidentschaftskandidatur Konrad Adenauers war er sowohl als potentieller Kanzlernachfolger als auch als möglicher Nachfolger von Theodor Heuss im Gespräch, lehnte beides jedoch ab. Bewusst entschied er sich für die Fortsetzung der politischen Laufbahn in der zweiten Reihe. Für die erste Reihe hielt er sich selbst nicht geeignet, sowohl mangels persönlichen Machthungers wie auch mangels Talent, in der Öffentlichkeit repräsentieren zu können. So war er weder ein Freund des großen Auftritts, noch wollte er im Mittelpunkt der Berichterstattung stehen. Zudem war er auch alles andere als ein versierter oder gar charismatischer Rhetoriker. Er galt stattdessen als eher spröde und steif, zudem als Schweiger. Selbstkritisch bekennt er in einem Tagebucheintrag vom 25. Dezember 1962: „Ich will aber hier nicht Erster werden. Das liegt mir nicht, das wird nichts, das mache ich schlecht.“

Von 1961 bis 1966 amtierte Krone auf persönlichen Wunsch Adenauers in seinem und Erhards Kabinett als Bundesminister für besondere Aufgaben, womit die Berliner Belange gemeint waren, bzw. als Bundesminister für die Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates. Sein Eintritt in das Kabinett erfolgte aus taktischen Gründen. So wollte Adenauer über Krone nach seinem Ausscheiden aus dem Amt des Bundeskanzlers weiter Einfluss auf die Regierungsgeschäfte ausüben. Das Verhältnis Krones zu Adenauers Nachfolger Ludwig Erhard blieb denn auch distanziert (Auszug aus dem Tagebuch Heinrich Krones zum Ende der Ära Adenauer vom 31.12.1962).

 

Rückzug aus der Politik

Nach seinem Ausscheiden aus dem Deutschen Bundestag 1969 und dem damit verbundenen Rückzug aus der aktiven Politik, blieb Krone politisch beratend tätig. Besonders wichtig war dabei für ihn, die Erfahrung der Älteren der nachfolgenden Generation weiterzuvermitteln. Zu diesem Zweck initiierte er die Gründung eines „Ältestenrats der CDU“, in dem aktive und ehemalige Politiker der Union zusammenkamen. Aus diesem Ältestenrat gingen zu einem späteren Zeitpunkt die jährlichen Tagungen des Krone/Ellwanger-Kreises der Konrad-Adenauer-Stiftung hervor. Auch die Gründung des Archivs für Christlich-Demokratischen-Politik ging auf seinen Vorschlag, zusammen mit Helmut Kohl und Bruno Heck, zurück. Darüber hinaus war Krone an der Gründung der Kommission für Zeitgeschichte beteiligt.

Heinrich Krone verstarb am 15. August 1989 im Alter von 93 Jahren in Bonn.

Lebenslauf

  • 01.12.1895 geboren in Hessisch Oldendorf
  • 1914 Abitur in Hildesheim, anschließend Studium der Theologie, Latein, Neuere Sprachen und Volkswirtschaft in Münster, Göttingen und Kiel
  • 1923 Promotion zum Dr. phil.
  • 1920-1933 Mitglied der Deutschen Zentrumspartei
  • 1922-1933 Tätigkeit für das Zentrum, darunter als Geschäftsführer des Reichsverbandes der deutschen Windthorstbunde, stellvertretender Generalsekretär der Deutschen Zentrumspartei
  • 1929-1933 Vorsitzender des Reichsverbandes der deutschen Windthorstbunde
  • 1925-1933 Mitglied des Reichstags (Zentrum)
  • 1933-1945 Handelsvertreter
  • 1944 Verhaftung im Zusammenhang mit dem Attentat vom 20. Juli
  • 1945 Mitgründer der CDU in Berlin
  • 1949-1969 Mitglied des Deutschen Bundestags
  • 1955-1961 Vorsitzender der CDU/CSU-Bundestagsfraktion
  • 1958-1962 Stellvertretender Vorsitzender der CDU
  • 1961-1966 Bundesminister für besondere Aufgaben bzw. für Angelegenheiten des Bundesverteidigungsrates
  • 1962-1966 Mitglied des Präsidiums der CDU
  • 15.08.1989 gestorben in Bonn

Literatur

 

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