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от Felix Dane, Jörg Knocha

Die Veröffentlichungen von al-Jazeera und ihre Implikationen für den nahöstlichen Friedensprozess

Was al-Jazeera über die israelisch-palästinensischen Gespräche veröffentlichte, erscheint auf den ersten Blick wie eine medienwirksame Katastrophe für die Palästinenserführung.

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Was der arabische Satellitenfernsehsender al-Jazeera Ende Januar 2011 über die israelisch-palästinensischen Gespräche von 1999 bis 2010 veröffentlichte, erscheint auf den ersten Blick wie eine medienwirksame Katastrophe für die gesamte Palästinenserführung. Die Feinde des Friedens, allen voran die islamistische Hamas, wittern Morgenluft. Doch sind diese Veröffentlichungen tatsächlich ein Dammbruch oder ist es ähnlich wie bei den WikiLeaks-Publikationen über den Schriftverkehr des amerikanischen Außenministeriums: Keine erschütternden Erkenntnisse, sondern nur die (teils polemisch-zugespitzte und durch Beispiele verdeutlichte) schriftliche Fixierung von Altbekanntem?

Als al-Jazeera am 23. Januar ankündigte, man werde noch am gleichen Abend weltexklusive Enthüllungen senden, ahnten die meisten Palästinenser noch nicht, dass es diesmal in erster Linie nicht um Amerikaner, Israelis oder arabische Despoten geht, sondern um vertrauliche Dokumente zum Friedensprozess der letzten Dekade. Über 1600 Schriftstücke, die vom September 1999 bis zum September 2010 reichen und die hunderte Treffen zwischen Palästinensern, Israelis und Amerikanern abdecken, hatten ihren Weg in das Golfemirat Qatar gefunden, dem Sitz von al-Jazeera. Die britische Tageszeitung Guardian, die vorab einen exklusiven Zugriff auf das Material bekam, sprach von der „größten Zuspielung von Dokumenten in der Geschichte des Nahostkonflikts.“

Was in den Dokumenten steht

Betrachtet man die Gesamtheit der sog. „Palästina-Dokumente“, so lässt sich erkennen, dass es sich nicht um qualitativ neue Konzessionen der Palästinenser handelt. Wer den Friedensprozess seit den gescheiterten Camp-David-Verhandlungen im Sommer 2000 verfolgt hat, der kennt die palästinensischen Angebote bezüglich Jerusalem, Siedlungen oder Flüchtlingen bereits.

1. Siedlungen: Bezüglich der Jerusalemfrage boten die palästinensischen Verhandlungsführer – zu nennen sind vor allem Ahmed Qurei (Abu Ala) und Saeb Erekat – den Israelis an, sie könnten nahezu alle jüdischen Siedlungen in Ost-Jerusalem behalten. Als Ausnahme nannten sie Har Homa (arab. Jabal Abu Ghneim), eine Siedlung, die an der Stadtgrenze Jerusalems liegt und erst nach den Oslo-Verträgen errichtet wurde. Dass Israel unter keinen Umständen Siedlungen wie Pisgat Ze´ev, Neve Ya´akov, Ramat Shlomo oder Gilo, die allesamt innerhalb der Stadtgrenzen Jerusalems liegen, aufgeben würde, war den Palästinensern wie internationalen Beobachtern schon lange bewusst. Dieser Ansatz unterstreicht den Realismus der palästinensischen Seite. Es handelt sich dabei keineswegs um einen Ausverkauf der palästinensischen Sache, wie es auf al-Jazeera zu hören war. Dies zeigt die palästinensische Forderung, dass jüdische Siedlungsblöcke wie Ma´ale Adumin oder Ariel, die wie Finger weit in das Westjordanland reichen, definitiv geräumt werden müssten. Außerdem zeigen die Dokumente, dass die Palästinenser auf einen 1:1-Landaustausch bestehen, in dem sie im Gegenzug für den Verzicht auf einige der Siedlungsblöcke östlich der sog. „Grünen Linie“ gleichgroße (und gleichwertige) Teile Kern-Israels erhalten würden. Diese Idee eines Landaustauschs war schon während des Annapolis-Prozesses (2007/08) besprochen worden. Palästinenserpräsident Mahmoud Abbas schlug dem damaligen israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert einen Gebietsaustausch vor, der in etwa zwei Prozent des Westjordanlandes ausgemacht hätte. Auch ist nichts verwerfliches daran, dass Saeb Erekat den Israelis „das größte Yerushalayim in der Geschichte“ anbot und dabei den hebräischen Namen Jerusalems benutzte.

2. Die Altstadt von Jerusalem: Die heiligen Stätten der in Ost-Jerusalem gelegenen Altstadt waren eines der Themen, auf die sich der damalige israelische Ministerpräsident Ehud Barak und Palästinenserführer Yassir Arafat im Jahr 2000 nicht einigen konnten. Wie eine Lösung aussehen könnte, beschrieb nur wenige Monate später der damalige US-Präsident Bill Clinton in den sog. Clinton-Parametern: Was arabisch ist, sollte palästinensisch sein und was jüdisch israelisch. Das Angebot, was wiederum von Saeb Erekat kam, sah nichts weiter vor, als dieses Konzept umzusetzen. Das muslimische, christliche und teils auch das armenische Viertel der Altstadt würden unter palästinensische Souveränität fallen, das jüdische und der übrige Teil des armenischen Viertels unter israelische. Bezüglich des für die Muslime sakrosankten Tempelbergs, der an die jüdische Klagemauer grenzt, könnten „kreative Wege“ begangen werden.

3. Die palästinensischen Flüchtlinge: Die Flüchtlingsfrage gehört zu den emotional aufgeladensten Streitpunkten des Nahostkonflikts. Während des ersten arabisch-israelischen Krieges 1947-49 verließen hunderttausende Araber ihre Heimat – entweder durch Flucht oder auf Grund von Vertreibungen. Heute umfasst die Zahl dieser Flüchtlinge und ihrer Nachkommen mehrere Millionen. Hunderttausende leben in Flüchtlingslagern in der Region, andere wiederum in nahezu jedem Land der Erde. Schon lange ist der Palästinenserführung bewusst, dass es unmöglich ist, Millionen Palästinenser in Israel anzusiedeln, da das Land den Charakter eines jüdischen Staates verlieren würde. Eine Entwicklung, die keine israelische Regierung zulassen kann. In den nun veröffentlichten Dokumenten geben sich die palästinensischen Verhandlungsführer mit einer symbolischen Rückkehr einiger Flüchtlinge nach Kern-Israel zufrieden. So wird Erekat damit zitiert, dass er Olmerts Plan, der die Rückkehr von zehntausend Flüchtlingen über einen Zeitraum von zehn Jahren ermöglicht hätte, akzeptieren könne. Erekat dementierte dies später vehement. Noch 2007 konnte man in einem Dokument der Palästinensischen Befreiungsorganisation nachlesen, dass das Minimum einhunderttausend Flüchtlinge innerhalb von zehn Jahren sei. Die Zahl von zehntausend wäre zwar tatsächlich gering, aber mehr als die oft zitierte Rückkehr einer symbolischen Anzahl war niemals realistisch. Es zeigt sich hier also erneut die Kompromissbereitschaft der palästinensischen Seite, die aus einer Position der Schwäche mit dem politischen und militärischen Schwergewicht Israel verhandelte.

4. Die Sicherheitskooperation mit Israel: Bereits in den WikiLeaks-Veröffentlichungen vom Schriftverkehr des amerikanischen Außenministeriums konnte man über die enge Zusammenarbeit zwischen israelischen und palästinensischen Diensten nachlesen. Wenige Tage vor der Machtübernahme der Hamas in Gaza im Juni 2007 bat Präsident Abbas Israel die Hamas anzugreifen. Der israelische Inlandsgeheimdienstchef Yuval Diskin wird mit der Aussage zitiert, dass die Palästinenser nahezu alle geheimdienstlich erworbenen Informationen mit Israel teilen würden. Außerdem wird in den Publikationen behauptet, Israel hätte vor dem Gazakrieg zur Jahreswende 2008/09 versucht, die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) zur Kooperation zu überreden. Damit wird impliziert, dass die Palästinenserführung im Voraus über die bevorstehende Militäroperation, bei der 13 Israelis und bis zu 1400 Palästinenser getötet wurden, unterrichtet wurde. In den Palästina-Dokumenten erfährt man bezüglich der israelisch-palästinensischen Sicherheitskooperation nichts entscheidend Neues. Viel mehr ist es ein einziges Beispiel, das medial Verbreitung fand: Der Fall des von Israel getöteten Hassan al-Madhoun. Dieser stand in Verdacht, mit der Hamas zu kooperieren und Anschläge gegen Israel zu planen. Obwohl er Mitglied der al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, einer Splittergruppe der Fatah, war, bat Israel die Fatah um die Liquidierung al-Madhouns. Da sich die Palästinenser aber nicht im Stande sahen ihn zu töten, weil die „Situation nicht einfach“ sei, übernahm Israel den Angriff. Die Dokumente belegen keine weitgehende Kollaboration mit Israel, sondern viel mehr das ureigene Interesse der Fatah daran, einen Gegner zu schwächen, der nicht zögert, Gewalt gegen seine politischen Rivalen anzuwenden.

Die Reaktion der Palästinenser

Die Reaktion der politischen Führung auf die Veröffentlichungen war eindeutig. In einer Art Wagenburgmentalität versammelte sich die Führungsspitze der PA hinter Präsident Abbas. In der wöchentlichen Sitzung des Kabinetts vom 25. Januar verurteilte dieses die „Hetze und Täuschung, welche der Sender al-Jazeera gegen die Palästinensische Autonomiebehörde gestartet hat.“ Das Kabinett bekräftigte die Entschlossenheit der politischen Führung die israelische Besatzung von 1967 zu beenden, einen palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt zu begründen und die Flüchtlingsfrage gemäß Resolution 194 der Generalversammlung der Vereinten Nationen zu lösen. In dieser im Dezember 1948 beschlossenen Resolution, dessen Interpretation umstritten ist, wird dazu aufgerufen, die Rückkehr der Flüchtlinge zum frühestmöglichen praktikablen Zeitpunkt zu ermöglichen. Auch die Reaktion der Bevölkerung ging in diese Richtung. Als Präsident Abbas von einer Auslandsreise heimkehrte, wurde er von über 3000 Anhängern frenetisch bejubelt. Er beschuldigte al-Jazeera die Dokumente gefälscht zu haben und bekräftigte wie das Kabinett die offizielle Linie bezüglich der Verhandlungen. Viele Fatah-Anhänger sind der Meinung, dass dies ein nur allzu offensichtliches Manöver des von Qatar aus operierenden Sattelitensenders sei, die Autonomiebehörde zu diskreditieren. Auch ist bekannt, dass das Emirat Qatar über ausgezeichnete Beziehungen zur Hamas verfügt. Schon seit Jahren wird Qatar beschuldigt, große Geldsummen an die Islamisten zu überweisen. Allerdings stellt sich die Frage, ob es die Hamas schaffen könnte, die Situation für sich auszunutzen, um an Einfluss im Westjordanland zu gewinnen. Führende Hamas-Politiker verurteilten bereits die Konzessionen und organisierten Demonstrationen in Gaza.

Implikationen für den zukünftigen palästinensischen Verhandlungskurs

Auch wenn es in den Palästinensischen Gebieten ruhig blieb, ist doch zu befürchten, dass die Publikation von vertraulichem Verhandlungsmaterial zu einer Verhärtung der Fronten führen könnte, da Abbas und andere Offizielle bereits beteuerten, sie seien nicht bereit von den öffentlich geäußerten Forderungen abzuweichen. So wird es zukünftig schwerer werden, genau diese Forderungen abzuschwächen. Eine Alternative wäre eine breite politische, gesellschaftliche und mediale Debatte über den Kurs der Verhandlungen der letzten Jahre. Welche Forderungen sind unumstößlich und wo sind Zugeständnisse nötig? So lange diese Frage nicht beantwortet ist, wird die Diskrepanz zwischen einer Rhetorik des Maximalismus und in Verhandlungen geäußertem Pragmatismus erfolgreichen Verhandlungen im Wege stehen.

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