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Estlands Blick nach Westen

Ausgang der Wahlen zur 13. Estnischen Staatsversammlung am 1. März 2015

Mit den am 1. März abgehaltenen Parlamentswahlen in Estland setzt das baltische Land seine konsequente Westorientierung im Sinne von EU- und NATO-Integration fort. In einer geopolitisch und wirtschaftlich angespannten Zeit setzen die Esten auf Kontinuität. Andererseits steht das Parteiensystem mit dem Ergebnis der Wahl vor einem Umbruch und die nationalkonservative IRL vor einer politischen Herausforderung.

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Am Sonntag, den 1. März 2015, haben die Esten ihre 13. Estnische Staatsversammlung, estn. Riigikogu, gewählt. Wie bei der vorangegangenen Abstimmung 2011 hat die seit nunmehr zehn Jahren regierende liberal-konservative Reformpartei unter dem 35-jährigen Premierminister Taavi Rõivas die Wahlen, allerdings mit leichten Verlusten, gewonnen. Von den 101 Mitgliedern des neuen Riigikogu werden 30 der Reformpartei angehören. Mit 27 Mitgliedern im Parlament hat die russlandfreundliche Zentrumspartei mit leichtem Zugewinn im Vergleich zur Vorwahl den zweiten Platz errungen. Zu den Verlierern dieser Wahl gehören die Sozialdemokraten und besonders die nationalkonservative Pro-Patria- und Res-Publica-Union, estn. „Isamaa ja Res Publica Liit“ (IRL).

 

Die Wahlbeteiligung betrug 64 % und stieg im Vergleich zur letzten Wahl 2011 geringfügig an und bestätigt damit einen positiven Trend seit 2003. Bei den diesjährigen Wahlen nutzte zudem bereits ein Fünftel der Wahlberechtigten die Möglichkeit des Online-Votings. Gewinner unter den Internetstimmen war mit Abstand die Reformpartei mit 37,5 %.

 

Neue Parteien und neue Regierungskoalition

 

 

Die größte Neuigkeit dieser Wahlen besteht darin, dass zugleich zwei neue Parteien des Spektrums Mitte/Mitte-Rechts in die estnische Staatsversammlung eingezogen sind – die Freie Partei, „Eesti Vabaerakond“ (8,7 %), und die Estnische Konservative Volkspartei, „Eesti Konservatiivne Rahvaerakond“ (EKRE) (8,1 %). Der Erfolg der ziemlich jungen Freien Partei erklärt zumindest teilweise auch das relative Wahlfiasko der IRL. Führende Mitglieder der Freien Partei sind ehemalige enttäuschte Mitglieder der IRL.

 

Die EKRE wiederum positioniert sich in der rechtskonservativen Ecke des Parteienspektrums. Warb sie zu den Europawahlen 2014 noch mit einem Euro-kritischen Kurs, so fokussierte sich ihr Wahlkampf 2015 auf das neu verabschiedete Partnerschaftsgesetz, welches homosexuelle Partnerschaften staatlich anerkennt und dessen Verabschiedung von einer für das Land ungewohnt kontroversen Debatte begleitet wurde. Von den jetzt im neuen Parlament vertretenen 6 Parteien war EKRE die einzige, die lautstark und uniform gegen die Verabschiedung dieses Gesetzes aufgetreten ist. Die EVP-Mitgliedspartei IRL tat sich in dieser Frage hingegen schwer, eine eindeutige und einheitliche Position zu vertreten. Wenn man die Wahltrends in Europa generell betrachtet, war es eher eine Frage der Zeit, bis eine Partei wie EKRE auch ins estnische Parlament einzieht. Allerdings ist der Erfolg von EKRE abgesehen von der Diskussion um das Partnerschaftsgesetz nicht mit steigender Skepsis gegenüber Immigranten zu erklären, da deren Anzahl in Estland zu vernachlässigen ist.

 

Es wird bereits vermutet, dass die wahrscheinlichste Koalition sowohl die jetzigen Koalitionspartner Reformpartei und Sozialdemokraten als auch – als drittes und neues Mitglied der Koalition - die Freie Partei umfassen wird. Solch eine Koalition könnte vor allem im Interesse der Reformpartei sein, denn diese braucht, neben der zahlenmäßigen Notwendigkeit, um eine Mehrheitsregierung zu bilden, außerdem etwas „Neues“ um sich herum, um weiterhin politisch „frisch und auf dem Laufenden“ zu wirken. Die Freie Partei mit teilweise kritischen Ansätzen zu mehr direkter Mitbestimmung und einem Weniger an Parteien wäre insofern ein idealer Kandidat für die Koalition. Allerdings werden die Koalitionsverhandlungen nicht unbedingt einfach werden, denn die Freie Partei hat schon bekanntgegeben, dass sie sich nicht für billig verkaufen werde. Als mögliche Alternative könnte Premier Rõivas, der erst vor einem Jahr die Regierungsgeschäfte übernommen hat und anstelle des bisherigen Koalitionspartners, der IRL, eine Regierung mit den Sozialdemokraten bildete, eine Mitte-Rechts-Regierung aus Reformpartei, IRL und Freier Partei formieren. Durch das Aufbrechen des bisherigen, traditionellen Vier-Parteiensystems ergeben sich auch in Sachen Regierungsbildung neue Optionen.

 

Wahlkampfbestimmende Themen – Sicherheitspolitik und das Verhältnis zu Russland

 

 

Sicherheitspolitik war angesichts des Konflikts in der Ostukraine und des russischen Agierens das beherrschende Thema im Wahlkampf. Cyber-Attacken, Luftraumverletzungen sowie der Fall eines im letzten Jahr mutmaßlich nach Russland verschleppten Sicherheitspolizisten sorgten vor der Parlamentswahl für Verstimmungen im estnisch-russischen Verhältnis. Estland hat die russische Aggression gegen die Ukraine scharf verurteilt; zumeist schärfer als manch andere EU-Länder (so nannte Premier Rõivas Moskau am Wahlabend einen „Aggressor“).

 

Aus der Sicht der Reformpartei, die unter anderem einen ehemaligen hohen Militärgeneral erfolgreich antreten ließ, macht die ambivalente und teilweise direkt pro-russische Haltung der zweitplatzierten Zentrumspartei unter der Führung des langjährigen Tallinner Bürgermeisters Edgar Savisaar diese gerade in geopolitisch komplizierten Zeiten zum untauglichen Koalitionspartner. Nicht zuletzt deshalb hat Rõivas eine Koalition mit jener aufgrund ihrer Haltung zur Politik Russlands im Voraus ausgeschlossen. Andererseits handelt es sich auch um ein Paradoxon, denn im europäischen Parlament gehören sowohl die Reform- als auch die Zentrumspartei, die sich in den Umfragen vor der Wahl meist ein Kopf-an-Kopf-Rennen lieferten, zur liberalen ALDE-Fraktion. Die prorussische Informationswelt ihrer Wähler widerspiegelnd scheint die Zentrumspartei mehr Verständnis für die Motive Russlands in der Ukrainefrage zu haben oder zu entwickeln als das bei anderen estnischen Parteien der Fall ist, zumindest vermied Savisaar im Vorfeld der Wahlen eine eindeutige Positionierung gegen die Politik Moskaus.

 

Es mehren sich bereits Stimmen, die die fortdauernde Ausgrenzung der Zentrumspartei von der Regierungskoalition langfristig für problematisch halten. Die Zentrumspartei dominiert seit mehreren Jahren die städtische Politik in der Hauptstadt Tallinn und hat über die letzten Jahre gewisse parallele politische Strukturen aufgebaut. Diese Entwicklung von „räumlichen Einflusssphären“ kann unter dem Motto „Die Reformpartei regiert Estland, wir die Hauptstadt“ beschrieben werden und wird von vielen Esten als ungesund und potentiell schädlich für die estnische Demokratie gesehen.

 

Ein zweites wichtiges Wahlkampfthema war die Frage nach einem lebenswerten Estland, durch welches nicht zuletzt die steigende Zahl an (jungen und gut ausgebildeten) Esten, die aufgrund schlechter Berufsaussichten und Perspektiven das Land verlässt, in den Griff bekommen werden soll. Möglichkeiten zur Steigerung des individuellen Einkommens sowie dessen Besteuerung dienten als Ansatzpunkte, um den Wählern eine langfristige und positive Zukunft in der estnischen Heimat aufzeigen zu können. Für Schlagzeilen sorgte beispielsweise die Zentrumspartei, indem sie populistisch gar eine Anhebung des Mindesteinkommens auf 1.000 Euro im Monat forderte.

 

Perspektiven für die IRL

 

 

Das Schicksal der nationalkonservativen IRL bei den diesjährigen Wahlen steht in besonderem Licht, nachdem sie bereits 2014 nicht Teil der Regierung Rõivas wurde. Die IRL als staatsbegründende Kraft mit starken Wurzeln in der estnischen Unabhängigkeitsbewegung leidet mit dem Wahlausgang unter einer Identitäts- und wohl auch Führungskrise und sieht sich innerhalb ihres Wählerspektrums einer neuen Konkurrenzsituation ausgesetzt. Galt es bislang, sich vornehmlich von der in der Mitte anzusiedelnden Reformpartei abzugrenzen, so kamen durch die Wahlen 2015 mit Freier Partei und EKRE zwei neue Herausforderer im Mitte/Mitte-Rechts-Spektrum hinzu. Nicht nur hat die IRL damit Konkurrenten um die Stimmen patriotisch gesinnter Esten bekommen, des Weiteren gelang es ihr 2015 nicht, die Stimmverluste durch die Gewinnung neuer Wählerpotentiale auszugleichen. Sie befindet sich also in einer eingezwängten Stellung: Die konservative Volkspartei EKRE „bedrängt“ die IRL von der weiter rechts stehenden, überdurchschnittlich nationalistisch gesinnten konservativen Ecke aus, die Freie Partei sowie die fortdauernd erfolgreiche Reformpartei von der liberal-konservativen Mitte der estnischen Wählerschaft aus. Letztere ist eigentlich keine „reine“ liberale Partei, sondern hat auch deutlich konservative Züge in ihrer politischen Rhetorik und Programmatik.

 

Fazit

 

 

Als Fazit lässt sich sagen, dass die Entwicklung der estnischen Parteienlandschaft im europäischen und insbesondere osteuropäischen Vergleich nach wie vor als stabil zu bezeichnen ist, auch angesichts der jüngsten Veränderungen mit den Wahlen vom März 2015. Estland hat nach wie vor einen breit verankerten gesellschaftlichen Konsens mit klarem Bekenntnis zur EU und zur transatlantischen Partnerschaft, der sich auch im Parteienspektrum wiederfindet. Als führende Partei Estlands gilt nach wie vor, trotz eines Rückgangs an Wählerstimmen, die liberal-konservative Reformpartei unter Taavi Rõivas und diese wird auch weiterhin die Geschicke und Zukunft des baltischen Staates primär bestimmen.

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