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Genf zwischen Hoffnung und Ernüchterung beim Kampf gegen COVID-19

от Dr. Olaf Wientzek, Diana Peters, Sarah Ultes

Wochenspiegel zu Vorgängen im multilateralen Genf zu COVID-19 (17.4.-29.4.)

In den vergangenen zwei Wochen gab es ermutigende multilaterale Initiativen zur Bekämpfung der Pandemie: besondere Aufmerksamkeit verdient eine von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) angeführte globale Initiative zur Beschleunigung der Entwicklung, Herstellung und gerechten Verteilung von Impfstoffen, Diagnostika und Therapeutika. Allerdings gibt es gleichzeitig viele ernüchternde Beispiele für die begrenzte Bereitschaft zur Kooperation und zur Beachtung globaler Regeln.

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WHO – Start einer wegweisenden multilateralen Zusammenarbeit   

Am 24. April – pünktlich zum weltweiten Internationalen Tags des Multilateralismus – wurde eine beispiellose globale, multilaterale Initiative unter der Führung der WHO gestartet – der so genannte COVID-19 ACT Accelerator. Dieser bringt Staatsoberhäupter, den Privatsektor, wissenschaftliche und humanitäre Akteure, Wirtschaftsführer und andere Partner zusammen, um die Kooperation zur Entwicklung, Herstellung und gerechten Verteilung von Impfstoffen, Diagnostika und Therapeutika für COVID-19 zu beschleunigen. Ziel der Initiative ist es auch, sicherzustellen, dass ein Impfstoff, der in einem bestimmten Land entwickelt wurde, allgemein verfügbar ist. Beteiligt sind führende Gesundheits- und Entwicklungsorganisationen und Philanthropen, die WHO gemeinsam mit der Impfallianz (Gavi), der internationalen Impfstoff-Initiative (CEPI), dem Globalen Fond, der Internationalen Fazilität zum Kauf von Medikamenten (Unitaid), der Internationalen Rotkreuz- und Rothalbmond-Bewegung (IFRC), dem Wellcome Trust und dem internationalen Pharma-Verband (IFPMA). Die Herausforderung, vor der diese Koalition steht, ist enorm: Dr. Seth Berkeley, CEO der Impfallianz Gavi, machte deutlich, dass zur Bekämpfung der Pandemie ein Impfprogramm mit mehreren Milliarden von Dosen umgesetzt werden müsste – dies in nie dagewesener Geschwindigkeit und in bisher unbekanntem Ausmaß. Dies sei "der schnellste Impfstoffeinsatz in der Geschichte". Peter Sands, der Exekutivdirektor des Globalen Fonds zur Bekämpfung von AIDS, Tuberkulose und Malaria, machte gleichzeitig darauf aufmerksam, dass ein Impfstoff zwar die beste Antwort auf die Pandemie sei, dass es jedoch trotz großer Anstrengungen immer noch keinen Impfstoff gegen HIV, Tuberkulose oder Malaria gebe, aber  mit Diagnostika, Therapeutika und Prophylaktika eine massive Verringerung der Sterblichkeit erreicht wurde.

Umfang und Ehrgeiz des "COVID-19 ACT Accelerator" sind in der Tat erheblich: sie umfassen die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Therapeutika bis hin zur Sicherstellung, dass die Menschen, die sie benötigen, sie auch innerhalb ihres nationalen Pflegesystems erhalten. Dies erfordert Geld, Infrastruktur und Kapazitäten, erhebliches und nachhaltiges Engagement aller Beteiligten.

Beim Start der Initiative gaben insgesamt 15 Staats- und Regierungschefs oder Leiter politischer Organisationen, die den "ACT Accelerator" gemeinsam ausrichten, ein deutliches Zeichen des politischen Rückhalts: Zudem erklärten u.a. Angela Merkel, Emmanuel Macron, Ursula von der Leyen, Melinda Gates sowie UN-Generalsekretär António Guterres ihre Unterstützung für die WHO und lobten diese für ihre „hervorragende Führung“ im Kampf gegen COVID-19. Dies ist als starkes politisches Signal nach der heftigen Kritik zu werten, die die WHO zuletzt insbesondere, aber nicht ausschließlich, von den Vereinigten Staaten einstecken musste.


Auch die Europäische Kommission zeigt im Rahmen dieser Initiative Führung: Am 4. Mai sollen bei einem von ihr veranstalteten Impfstoff-Gipfel weitere Schritte diskutiert werden. Im Rahmen des Treffens sollen acht Milliarden US-Dollar für einen Fonds zusammenkommen, um die Arbeit in den Bereichen Prävention, Diagnostik und Behandlung voranzutreiben. Kommissionspräsidentin von der Leyen betonte, dass dies nur der erste Schritt sein werde. In Zukunft werde mehr benötigt, da die Bekämpfung des Coronavirus an vielen Fronten nachhaltige Maßnahmen erfordere. Auch mit Unterstützung der G20 wurden rund zwei Milliarden US-Dollar zugesagt, was eine Lücke von rund sechs Milliarden US-Dollar hinterlässt. Bundeskanzlerin Angela Merkel kündigte die Zusage Deutschlands an, einen wesentlichen Beitrag zu den acht Milliarden US-Dollar zu leisten und diese Initiative mit all ihren verfügbaren Ressourcen zu unterstützen und zu fördern.

UN-Generalsekretär Guterres bezeichnete beim Startschuss der Initiative die menschliche Gesundheit als Inbegriff des globalen öffentlichen Gutes. Der UN-Generalsekretär betonte zudem, dass eine Welt ohne COVID-19 massivste Anstrengungen im Bereich der öffentlichen Gesundheit in der Geschichte erfordere: Daten müssen geteilt, Produktionskapazitäten vorbereitet, Ressourcen mobilisiert, Gemeinschaften engagiert und politische Animositäten beiseitegelegt werden. Zu lange hätten Länder nicht ausreichend in globale öffentliche Güter investiert; eine saubere Umwelt, Cybersicherheit, Frieden. Um künftigen Pandemien wirksam entgegen wirken zu können, seien nun weitere Investitionen in die Stärkung der Bereitschafts- und Reaktionssysteme erforderlich. In Zukunft müsse die multilaterale Architektur gestärkt und in die Lage versetzt werden, schneller und effektiver zu reagieren.
Mehrere Regierungschefs beschworen bei diesem Anlass die Bedeutung eines wirksamen Multilateralismus und unterstrichen die zentrale Rolle der Vereinten Nationen und der Weltgesundheitsorganisation zur Eindämmung der Pandemie. Es bedürfe eines kooperativen Ansatzes, nicht zuletzt angesichts des Ausmaßes der erforderlichen Investitionen und der damit verbundenen Risiken. Mithin könne nur ein partnerschaftliches Vorgehen Erfolge zeigen.

Die WHO hat nicht nur enorme Anstrengungen unternommen, um den COVID-19 ACT Accelerator aufs Gleis zu setzen, sondern hat in den letzten zwei Wochen auch weitere Leitlinien zum Umgang mit der Pandemie veröffentlicht. Gerade die Überlegungen zur Anpassung der Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit und der sozialen Maßnahmen verdienen Aufmerksamkeit, da u.a. in Westeuropa die Zahl der Neuansteckungen stabil oder rückläufig zu sein scheint. Tedros betont, dass Lockerungsmaßnahmen ein schrittweiser Prozess sein müssen und in keinem Land das Ende der Epidemie bedeuteten. Die Länder müssten nun sicherstellen, dass sie jeden Fall erkennen, testen, isolieren, behandeln und jeden Kontakt verfolgen können. Kein Land hat all dies bisher etabliert.


Eine der Prioritäten der WHO ist die Zusammenarbeit mit Partnern, um die Produktion und gerechte Verteilung von Diagnostika an die Länder zu verbessern, die sie am dringendsten benötigen. In Zusammenarbeit mit dem Globalen Fonds, UNICEF und Unitaid wurden 30 Millionen Tests bestellt, die validiert wurden und nun in großen Mengen hergestellt werden können. Die ersten Lieferungen dieser Tests sind schon über die Lieferkette der Vereinten Nationen gestartet. Lieferungen von fast 180 Millionen OP-Masken, 54 Millionen N-95-Masken und mehr als drei Millionen Schutzbrillen sollen mehr als 40 bedürftige Länder im April und Mai erreichen.

Menschenrechte - Krise auch über Pandemie hinaus  

Bereits zu Beginn des 43. Menschenrechtsrats im Februar in Genf hatte UN-Generalsekretär Guterres darauf hingewiesen, dass die Wahrung der Menschenrechte und des Humanitären Völkerrechtes sowie der Standards des Flüchtlingsschutzes nachweislich die Resilienz von Gesellschaften, insbesondere in Krisenzeiten, erhöhten. Sein neuester Bericht spiegelt nun die Verlautbarungen zahlreicher Genfer UN-Organisationen und Sonderberichterstatter aus den letzten Wochen wider, darunter des Hochkommissariats für Menschenrechte (OHCHR): An vorderster Stelle müssten Maßnahmen zur Sicherung von Existenzgrundlagen, nicht zuletzt angesichts einer halben Milliarde Menschen, die durch den Verlust von ca. 305 Millionen Vollzeit-Stellen (Schätzungen der Internationalen Arbeiterorganisation ILO), in Armut stürzen könnten. Ohne die Wahrung substantieller sozialer und ökonomischer Rechte drohten Spannungen und soziale Unruhen.


Der Bericht spiegelt auch die regelmäßigen Forderungen des OHCHR nach inklusiven Ansätzen, welche ethnische und religiöse Minderheiten, Ältere, Migranten, Flüchtlinge, Binnenvertriebene, Asylbewerber, Indigene, Menschen mit Behinderungen, Häftlinge oder auch LGBTI vor Diskriminierung, physischer Gewalt oder versperrten Zugängen zum Gesundheitssystem schützen. Staaten und religiöse Führer stünden in der Pflicht, die neu aufflammende religiöse Intoleranz, den rapiden Anstieg von Antisemitismus und Anstiftungen zu Hassverbrechen durch entsprechende Gesetzgebung, korrekte Information und durch Stärkung von sozialer Inklusion entgegenzuwirken.

Zudem sei der Einbezug von Betroffenen in offenen, transparenten und verantwortlichen Entscheidungsprozessen zentral. Sonderberichterstatter und Experten bemängeln hier wiederholt die fehlende Stimme von Frauen, gegenüber denen die oft tief verwurzelten, strukturellen Diskriminierungen derzeit noch zunähmen. Auch hier erinnern neue Leitlinien Regierungen an die Wichtigkeit bereits bestehender Konventionen. Da Teilhabe vor allem durch akkurate Berichterstattung ermöglicht werde, zeigte sich die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, Michelle Bachelet, angesichts von mehr als 152 Fällen, in welchen Zensur, Schließungen von Nachrichtenagenturen, Verhaftungen und Verschwindenlassen von Medienvertretern bekannt wurden, hochalarmiert. Guterres, Bachelet und zahlreiche Sonderberichterstatter betonen gerade in der aktuellen Lage die Bedeutung der Rechtsstaatlichkeit. Neue Leitlinien sollen einem Missbrauch von Ausnahmeregelungen vorbeugen und die Unabhängigkeit der Justizsysteme sicherstellen. Sollte beispielsweise das Brechen von Ausgangssperren auf der Suche nach Nahrung weiterhin mit Schießbefehlen und Verhaftungen beantwortet werden, droht der Notfall im Gesundheitsbereich zu einer Menschenrechtskatastrophe anzuwachsen, deren Konsequenzen die Pandemie selbst lange überdauern. In punkto Gewaltmissbrauch fielen in den letzten Wochen etwa Südafrika, die Philippinen, Sri Lanka, El Salvador, Jordanien und China besonders negativ auf, wie Georgette Gagnon, OHCHR Direktorin für Feldeinsätze, auf einer Pressekonferenz am Montag mitteilte.

Hungerkatastrophen von biblischem Ausmaß innerhalb weniger Monate möglich


Von OHCHR, dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR, über WHO und dem Amt der UN für die Koordinierung humanitärer Angelegenheiten (OCHA) bis hin zum IFRC, riefen am 19. April dreizehn Chefs von UN-Organisationen und Agenturen in einem gemeinsamen Brief zu einer Soforthilfe in Höhe von 350 Millionen US-Dollar für den Aufbau eines Netzwerks von Logistikzentren auf. Dieses soll vom Welternährungsprogramm (WFP) betrieben werden, das derzeit das Rückgrat aller humanitären Anstrengungen weltweit bildet. Ohne diese Zentren würden die globalen humanitären Bemühungen zum Stillstand kommen. Ein Blick auf die Zahlen gibt einen Einblick in die fatalen Konsequenzen: So wurde bereits vor COVID-19 2020 als Jahr der schlimmsten humanitären Krise seit dem zweiten Weltkrieg angesehen: zu den 821 Millionen bereits chronisch unterernährten Menschen sollten 135 Millionen hinzukommen. Durch COVID-19 könnte sich diese Zahl nun verdoppeln und auf 265 Millionen potentiell vom Hungertod betroffenen Menschen bis Ende des Jahres anwachsen. Die humanitären Organisationen sind nach eigenen Angaben in einem Ausmaß mobilisiert, wie es ihn seit der Gründung der UN nicht gab. Essentiell – so wiederholen verschiedene UN-Vertreter regelmäßig -  sei jedoch eine globale Waffenruhe, ungehinderter humanitärer Zugang, die Aufrechterhaltung von Lieferketten sowie schnelle finanzielle Unterstützung, welche die Zahlung bereits zugesagter und neue COVID-19 bezogene Hilfen umfasst. Für den vor einem Monat vorgestellten COVID-19 "Global Humanitarian Response Plan" in Höhe von 2 Milliarden US-Dollar sind bisher lediglich 625 Millionen US-Dollar eingegangen, von welchen allein 95 Millionen US-Dollar aus einem UN-eigenen Fond kamen.    

Flucht und Migration - Empfehlungen zum Flüchtlingsschutz während COVID-19


Filippo Grandi, Hoher Flüchtlingskommissar der UN, sieht die grundlegenden Normen der Menschen- und v.a. Flüchtlingsrechte in Gefahr. Angesichts von Grenzschließungen in 167 Ländern, von welchen 57 Staaten keine Ausnahmeregelungen für Asylsuchende bereithalten, unterstrich er, dass die Sicherung der öffentlichen Gesundheit und des Flüchtlingsschutzes sich nicht ausschließen. Denkbar seien etwa medizinische Screenings an der Grenze, Gesundheitszertifikate oder eine temporäre Quarantäne, so Pascale Moreau, Regionaldirektorin des UNHCR für Europa in einem jüngsten Bericht, der auch Empfehlungen für konkrete Praktiken enthält. Jetzt gewählte Maßnahmen könnten zu einer höheren Resilienz der Asylsysteme beitragen oder aber das Asylrecht auf eine Weise untergraben, dass ein Wiederaufbau sich über Jahre hinziehen würde, so Grandi.   

Handel – Gefahr durch kurz- und langfristigen wirtschaftlichen Nationalismus


Die Welthandelsorganisation (WTO) kämpft mit dem zunehmenden wirtschaftlichen Nationalismus und Protektionismus. Entgegen feierlicher Bekundungen vieler Länder werden nach wie vor zahlreiche Handelsbeschränkungen auch für kritische Güter erlassen. Gleichzeitig beobachtet die WTO die bereits vor der Krise existierenden und nun wachsenden protektionistischen Tendenzen mit Sorge – auch mit Blick auf die wirtschaftliche Erholung nach der Krise.

Am 20. April veröffentlichten WHO und WTO mithin einen gemeinsamen Aufruf zur Aufrechterhaltung des grenzüberschreitenden Warenverkehrs von wichtigen medizinischen Gütern. Um Leben zu schützen, müssten unnötige Störungen von Lieferketten verhindert werden. Dies könnte gerade für Länder, die stark vom Import solcher Produkte abhängig sind, fatale Folgen haben.  Jede den Handel einschränkende Maßnahme müsse gezielt, verhältnismäßig, transparent und zeitlich begrenzt sein. Zudem sollten Maßnahmen "transparent" kommuniziert werden. Gerade Letzteres gilt als erhebliches Problem: In einem Bericht vom 23. April 2020 weist die WTO darauf hin, dass nach ihren Informationen 80 Länder und Territorien – meist zeitlich beschränkte – Exportbeschränkungen eingeführt haben, darunter 72 WTO-Mitglieder. Allerdings hätten bislang nur 39 Mitglieder diese Maßnahmen auch ordnungsgemäß angekündigt. Die meisten dieser einschränkenden Maßnahmen betreffen medizinische Ausrüstung und Materialien, einige aber auch Nahrungsmittel.


Bemerkenswert: Auf Initiative von Kanada unterzeichneten rund 50 WTO-Mitgliedstaaten – darunter auch die EU, die USA, Brasilien, Australien und Ukraine – am 22. April eine Erklärung, auf lebensmittelbezogene Exportbeschränkungen zu verzichten, um in Zeiten der Pandemie globale Lebensmittellieferketten nicht zu gefährden.  Gemeinsam mit der IWF-Direktorin Kristalina Georgieva rief auch WTO-Generaldirektor Roberto Azevêdo zwei Tage später nochmals eindringlich zum Verzicht auf Handelsbeschränkungen bei medizinischer Ausrüstung und Nahrungsmitteln auf. Solche Maßnahmen erschwerten den Kampf gegen die Pandemie.

Mittel- und langfristig ist aus der WTO die Befürchtung zu vernehmen, die protektionistischen Tendenzen der Mitgliedstaaten könnten mit zeitlicher Verzögerung zu einem zweiten wirtschaftlichen Schock führen. Regelmäßig mahnt die WTO seit Wochen vor den Kosten einer in vielen Ländern verstärkt diskutierten Regionalisierung und Nationalisierung von Lieferketten. Kein Land, so unterstreicht Azevêdo könne autark sein.

Wirtschaft & Soziales

Nicht zuletzt mit Blick auf die Lockerung einschränkender Maßnahmen in zahlreichen Ländern mahnte die ILO umfassende Maßnahmen zum Schutz von Beschäftigten an: Dazu gehören sanitäre und Hygiene-Maßnahmen, Bereitstellung von Schutzmaterial, Isolierung von Fällen und Kontaktverfolgung, sowie Bereitstellung von Informationen und Fortbildungen.


Gleichzeitig werden die Prognosen der ILO für die Zukunft des Beschäftigungssektors immer düsterer. Im zweiten Quartal wird ein Rückgang der Arbeitsstunden von 10,5% prognostiziert. Besonders stark betroffen werde der informelle Sektor sein, dort habe der erste Krisenmonat habe zu einem Rückgang von 60% bei den Einkünften im informellen Sektor geführt.

Die Konferenz der Vereinten Nationen für Handel und Entwicklung (UNCTAD) warnte erneut vor den erheblichen wirtschaftlichen Folgen gerade für die Entwicklungsländer und fordert einen "globalen Schuldendeal": Dieser sähe u.a. eine zeitlich begrenzte Aussetzung der Schuldenrückzahlung vor, teilweisen Schuldenerlass oder Restrukturierung von Schulden und langfristig die Schaffung einer Internationalen Schuldenaufsicht für Entwicklungsländer. Auch der UN-Ausschuss für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte (CESCR) mahnt eine Reduzierung der finanziellen Lasten von Entwicklungsländern an.
            
Umwelt & Klima – nur kurzfristiger "Corona-Effekt" erwartet


Die Weltorganisation für Meteorologie (WMO) rechnet mit einem Rückgang der CO2-Emissionen von 6% durch die Pandemie in diesem Jahr. Dies wäre gleichbedeutend mit dem größten jährlichen Rückgang seit dem 2. Weltkrieg. Allerdings geht die WMO hier nur von einem zeitlich begrenzten Effekt aus: Sobald die Wirtschaft sich wieder erhole, werden die Emissionen wieder zunehmen, in einigen Industrien könne aufgrund eines Aufholeffekts sogar ein überproportionaler Anstieg von Emissionen bevorstehen. Der CO2-Ausstoss hat in den vergangenen fünf Jahren einen neuen Rekord erreicht.

Kommentar – Multilateralismus zwischen Hoffnung und Ernüchterung


In den vergangenen beiden Wochen gab es einige hoffnungsvolle Signale für den Multilateralismus:
Insbesondere die WHO kann nach der heftigen Kritik an ihrer Arbeit in den Wochen zuvor etwas aufatmen. Zum einen war die mehrfach erfolgte demonstrative politische Rückendeckung, nicht zuletzt durch die Bundesregierung und eine von der Allianz für den Multilateralismus lancierte Erklärung, ein bedeutendes Unterstützungssignal für ihre Arbeit. Besonders wichtig für ihre Glaubwürdigkeit: diese Unterstützung kam nicht nur von autokratischen Ländern wie China und Russland, sondern auch von zahlreichen Schwergewichten des Globalen Westens.
Besondere Beachtung verdient zudem die globale Initiative "ACT-Accelerator". Es ist die bislang wohl größte Anstrengung, das oft vernachlässigte Ziel 17 der Nachhaltigkeitsagenda, "globale Partnerschaft stärken", mit Leben zu füllen. Es bleibt zu hoffen, dass die Initiative, die führende Staatschefs, Organisationen und Experten zum Kampf für die Gewährleistung von „Gesundheit für alle“ zusammenbringt, die Erwartungen erfüllt und damit das hehre Mantra der letzten Jahre, „Niemand soll zurückgelassen werden“, tatsächlich einmal umgesetzt werden kann.
Positivbeispiele für multilaterale Zusammenarbeit gibt es auch in anderen Organisationen, wie etwa die kanadische Initiative  bei der WTO zum Verzicht auf Exportbeschränkungen für Lebensmittel.

Dennoch besteht für überbordenden Enthusiasmus wenig Anlass. Allen feierlichen Bekundungen am Tag des Multilateralismus zum Trotz werden viele Appelle zu stärkerem Engagement für öffentliche globale Güter Wunschdenken bleiben:  
Weder die USA noch China nahmen an der globalen ACT-Initiative teil. Die geopolitische Großwetterlage zwischen beiden Ländern ist zunehmend vergiftet.


Ein politischer oder finanzieller Rückzug der USA aus multilateralen Organisationen ist kaum aufzufangen – trotz der sehr redlichen Bemühungen u.a. Deutschlands, Frankreichs, Großbritanniens, Kanadas, Singapurs im Kontext der aktuellen Krise.

Die Appelle im humanitären und im Menschenrechtsbereich verhallen bislang meist oder finden – wie der Aufruf zu weltweiten Waffenstillständen – kaum Widerhall. Die Resonanz auf die verschiedenen (ehrgeizigen) Spenden- oder Finanzierungsaufrufe aus verschiedenen UN-Organisationen, wie etwa den "Global Humanitarian Response Plan" ist bislang bescheiden. Dies ist angesichts der starken wirtschaftlichen Einschnitte für nahezu alle Länder nicht verwunderlich.


Aufrufen und Erklärungen folgen nicht immer Taten, wie die WTO bei der Einführung zahlreicher nicht gemeldeter Handelsbeschränkungen durch die Mitgliedstaaten sieht.

Viele multilaterale Organisationen – wie die WHO oder die WTO – in Genf finden sich letztlich in einer paradoxen Situation: Die globale Krise ist in vielfacher Hinsicht ein starkes Argument sowohl für eine bessere finanzielle Ausstattung als auch für die Stärkung ihres Mandats (inkl. stärkerer Durchgriffsrechte). Die politische Großwetterlage und die einsetzende Rezession könnten aber dazu führen, dass sie weder das eine noch das andere erhalten werden.
 

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