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Guatemala auf Orientierungssuche

от Ruben Alexander Schuster

Zwischen Maya-Renaissance und Korruptionskampf

Guatemala sorgte in den vergangenen Wochen für Schlagzeilen in der internationalen Presse. Hiobsbotschaften über umfangreiche Korruptionsnetzwerke in Politik und Wirtschaft, der Territorialkonflikt mit Belize bis hin zu spektakulären archäologischen Neufunden vergessener Maya-Stätten erregten das Aufsehen einer weltweiten Öffentlichkeit. Das Spektrum könnte breiter kaum sein und ist Metapher für die Extrempole, zwischen denen sich die Gesellschaft und Politik des Landes bewegen.

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Seit dem Ende des 36 Jahre dauernden Bürgerkrieges, der besonders unter der indigenen Bevölkerung des Landes Tausende Opfer forderte, sind die Wunden von Gewalt, sozialer Zerrissenheit und gegenseitigem Misstrauen noch immer nicht geheilt. Die gesellschaftliche Spaltung zwischen Armut und Reichtum, zwischen Indigenen und den Nachfahren europäischer Einwanderer sowie zwischen Land und Stadt prägen das Sozialgefüge des Landes.

Maya-Erbe als neue Leitkultur?

Als kürzlich ein internationales Forscherteam unter der Leitung von National Geographic mit einer neuen Laser-Messmethode 60 000 vergessene Maya-Stätten in ganz Zentralamerika wiederentdeckte, war dies nicht nur eine Zäsur in der archäologischen Forschung, sondern vor allem der Auslöser einer gesellschaftlichen und kulturellen Debatte über die eigene Identität Guatemalas. Nahezu die Hälfte der Bevölkerung hat indigene, also Maya-Wurzeln. Neben Spanisch werden in den ländlichen Gebieten 22 Mayasprachen aktiv gesprochen. Trotz der hohen kulturhistorischen Bedeutung der Maya, ihrer beispiellosen Pionierleistungen in der Mathematik, Astronomie, Architektur sowie Gesellschaftsorganisation hatte das Maya-Erbe einen nur untergeordneten Stellenwert in der guatemaltekischen Selbstwahrnehmung. Die Nachfahren europäischer Einwanderer, die auch die gesellschaftliche Elite des Landes dominieren, lehnten es ab, die als fremdartig und mystisch wahrgenommene Kultur der Maya als kulturelles und gesellschaftliches Leitnarrativ Guatemalas zu nutzen und anzuerkennen. Durch ein wachsendes internationales Interesse an eben dieser jahrtausendealten Kultur setzt nun ein Umdenken ein. Sicher kann man einen plötzlichen Bewusstseinswechsel und eine Neuverortung der Identität der Eliten ausschließen, aber das wirtschaftliche und politische Potential des Maya-Erbes wird immer mehr erkannt.

Der anwachsende Tourismus in dem zentralamerikanischen Land soll mit neuen Angeboten auch langfristig auf Wachstumskurs gehalten werden. Die Reiseanbieter und Hotelunternehmen wissen, dass die sagenumwobenen Mayapyramiden und die Legenden über Blutopfer und Schlangengötter Touristen aus aller Welt anziehen und das Besucherpotential noch lange nicht ausgeschöpft ist. Aktuell verzeichnet die guatemaltekische UNESCO-Welterbestätte Tikal ca. 350 000 Besucher im Jahr. Im Vergleich dazu kommt das mexikanische Chichen Itza auf jährlich rund 3 Millionen Besucher.

Regionale Integrationsimpulse durch Maya-Geschichte

Die archäologischen Neufunde geben der Region Zentralamerika neue Integrationsimpulse. Bisher gingen Forscher von weit geringeren Dimensionen des besiedelten Mayaterritoriums aus. Die Wiederentdeckungen belegen aber, dass vor 1500 Jahren ca. 10 Millionen Menschen zwischen dem heutigen Honduras und Mexiko in einem einheitlichen Kulturraum gelebt haben müssen. Eine Forschungserkenntnis, die angesichts des begonnenen Lösungsprozesses der Territorialstreitigkeiten zwischen Guatemala und dem Nachbarland Belize willkommene Signale von historischen Gemeinsamkeiten sendet. Diese werden aktuell von der Politik der beiden Länder dankbar aufgegriffen. Denn es gilt, alle einenden Aspekte zu betonen, um so nicht nur die nachbarschaftlichen Beziehungen zu stärken, sondern vor allem für die in beiden Staaten stattfindenden Referenden zu werben. Im Falle eines positiven Ausgangs soll die Klärung des über 150 Jahre andauernden Konflikts dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag übertragen werden.

Territorialkonflikt zwischen Guatemala und Belize

Hintergrund der territorialen Auseinandersetzung zwischen den beiden Ländern ist die von Seiten Guatemalas nicht vorhandene Anerkennung der Staatsgrenzen Belizes. Bereits während der Kolonialzeit war eine eindeutige Zugehörigkeit des Territoriums nicht gegeben. So kam es immer wieder zu Spannungen zwischen der Spanischen und Britischen Krone, da englische Siedler in Belize Mahagoniholz abbauten und Großbritannien die spanische Hoheit über das Gebiet nicht anerkannte. Als spanische Soldaten 1798 den gescheiterten Versuch unternahmen, die Siedler zu unterwerfen, folgte eine jahrzehntelange Phase der Selbstverwaltung, bis Belize unter dem Namen „British Honduras“ schließlich 1862 britische Kronkolonie wurde. Erst im Jahr 1981 wurde Belize vom Vereinigten Königreich unabhängig, blieb aber Mitglied des Commonwealth. Die Militärregierung Guatemalas unternahm in den 80er Jahren einen erneuten Anlauf, eigene Territorialansprüche durchzusetzen, scheiterte aber an den von der UNO unterstützten britischen Truppen, die an der Grenze in Alarmbereitschaft versetzt wurden. Eine Eskalation blieb aus und Guatemala erkannte 1992 die Unabhängigkeit des Staates Belize vertraglich an. Offen blieb jedoch die Klärung der Streitigkeiten um das von Guatemala beanspruchte Festland sowie maritimes Territorium vor der Küste beider Staaten.

Der Internationale Gerichtshof als Vermittler

Ein in den letzten Jahren stattfindender Einigungsprozess zwischen den beiden Regierungen erzielte die Verständigung, die Klärung nicht bilateral zu verhandeln, sondern den Internationalen Gerichtshof als dritten und neutralen Akteur ein endgültiges Urteil fällen zu lassen. Ein Weg, der neue Formen der Konfliktprävention unter aktiver Anrufung internationaler Rechtsinstitutionen ermöglicht und somit eine Strahlkraft der Beispielhaftigkeit auch für andere Konflikte dieser Art in ganz Lateinamerika aufzeigt. Da aber im hiesigen Fall verfassungsrechtliche Gründe Referenden erforderlich machen, ist besonders in Belize ein positives Ergebnis der dort im April 2019 stattfindenden Abstimmung fraglich. Belize kann im besten Fall die Rechtmäßigkeit des bestehenden Staatsgebiets gerichtlich bestätigt bekommen. Somit hat das Land besonders viel zu verlieren, da jeder andere Gerichtsentscheid Gebietsabtretungen bedeuten würde.

Nichtsdestotrotz war besonders die Vorbereitung auf das Referendum für Guatemala ein wichtiger gesellschaftlicher Schritt nach vorne. Regierung, Kirchen, Verbände, Gewerkschaften und zivilgesellschaftliche Organisationen jeder politischen Couleur schlossen sich zusammen, um für das Referendum zu werben, die demokratische Bedeutung einer Volksbefragung zu erklären und auf die Wichtigkeit einer friedlichen und rechtlichen Lösung des Territorialkonflikts durch ein unabhängiges Gericht hinzuweisen. Das mit großer Spannung erwartete Ergebnis, das nun mit 95 Prozent Ja-Stimmen ein klares Signal aussendet, ist ein Momentum von Einigung und Frieden, das es nun zu nutzen gilt. Die mäßige Wahlbeteiligung von 25 Prozent sollte ein Ansporn sein, zukünftig noch mehr in politische Aufklärung und Information zu investieren.

Neue Weichenstellungen in der Korruptionsbekämpfung

Diese bisher kaum gekannte Form von gesellschaftlichem Zusammenhalt und das Signal eines gemeinsamen Aufbruchs lässt die Negativschlagzeilen über die Niederungen der Korruptionsskandale, die Beschneidungen von Transparenz und rechtsstaatlicher Grundprinzipien fast vergessen. Die politische Landschaft des Landes ist stark polarisiert und schwankt zum einen zwischen der Entschlossenheit, den nepotistischen Traditionen den Kampf anzusagen und sich gegen die intransparenten und kriminellen Netzwerke zu wehren, zum anderen besetzen unter Korruptionsverdacht stehende Schlüsselfiguren wichtige politische Positionen im Kongress und anderen staatlichen Institutionen, die Verbrechensaufklärung und Transparenzinitiativen öffentlich als „Hexenjagd“ brandmarken.

Gallionsfigur der „Gerechtigkeitsbewegung“ ist der Kolumbianer Iván Velásquez, der seit 2013 die Leitung der Internationalen Kommission gegen die Straflosigkeit in Guatemala (CICIG) übernommen hat. Diese weltweit einzigartige UN-Behörde hat durch ein 2006 geschlossenes Übereinkommen des Staates Guatemala mit den Vereinten Nationen weitreichende Ermittlungs- und Strafverfolgungsbefugnisse und ist gemeinsam mit der Generalstaatsanwältin wichtigstes Instrument gegen die organisierte Kriminalität. Gerade diese sehr erfolgreiche Doppelstruktur aus CICIG und Generalstaatsanwaltschaft steht nun vor einer harten Probe, denn Ende April 2018 endete die Amtszeit der bisherigen Leiterin Thelma Aldana. Die Sorge ist groß, dass die vom Staatspräsidenten neuberufene Chefanklägerin das enge Abstimmungs- und Vertrauensverhältnis zwischen CICIG und Generalstaatsanwaltschaft ins Wanken bringt und damit eine entschiedene Front im Kampf gegen die Korruption zu bröckeln droht.

Wahlverwandtschaften zwischen Präsident und Kongressvorstand

Der Mitte Januar 2018 neu gewählte Kongressvorstand machte bereits unmissverständlich deutlich, die Befugnisse der CICIG zu beschneiden, das Mandat der CICIG grundlegend zu überprüfen und Iván Velásquez auszuwechseln. Die darauf in der Zivilgesellschaft einsetzende Empörungswelle taufte den neuen Kongressvorstand als „Pacto de Corruptos“ (Pakt der Korrupten) und löste auch innerhalb des Kongresses eine fraktionsübergreifende Solidarisierung zwischen einigen Abgeordneten aus, die ein Zeichen für Transparenz und Rechtsstaatlichkeit innerhalb des Parlaments setzen. Die sich als „Frente Parlamentario por la Transparencia“ (Parlamentarische Front gegen Korruption) zusammengeschlossene Gruppe kandidierte auch mit einem eigenen Gegenkandidaten bei den parlamentsinternen Wahlen für den Kongressvorstand, unterlag jedoch mit 57 zu 90 Stimmen.

Der Kongressvorstand, der sich auf eine komfortable Mehrheit stützen kann, ist treibende Kraft für bereits mehrere Gesetzesvorhaben, die für viel Misstrauen in der Zivilgesellschaft gesorgt haben. So z.B. Vorhaben zur Beschränkung der freien Meinungsäußerung von Organisationen, Einführung neuer Hürden zur Gründung von zivilgesellschaftlichen Initiativen und die Blockade der Reform des Strafgesetzes in Bezug auf illegale Parteienfinanzierung. Alle Vorhaben hatten die klare Absicht, Korruptionstatbestände zu bagatellisieren, kritische Berichterstattung einzudämmen und ausländische Mahnungen und Engagement zu unterbinden.

Verfassungsgericht als Korrektiv

Bisheriges Korrektiv dieser besonders bei zivilgesellschaftlichen Organisationen, der Presse und der G13-Gruppe der westlichen Diplomaten auf Kritik stoßenden Absichten wurden bisher durch die Veto-Funktion des Verfassungsgerichtshofes unterbunden. Ein Vorgehen, das immer wieder demokratietheoretische Bedenken hervorruft, aber eine Aushöhlung freiheitlicher und rechtlicher Grundprinzipien bisher verhindern konnte. Der Präsident des Verfassungsgerichts wechselte kürzlich nach einem komplizierten und vom Alter abhängigen Rotationsverfahren. Neue Gerichtsvorsitzende ist nun eine Vertraute des Präsidenten Morales, sodass auch hier die Befürchtung um sich greift, dass sich die Kontrollfunktion des Gerichtes ändern und der Kongress seine Legislativvorhaben ungehindert ausführen könnte.

Umbau des Sicherheitsapparats

Ende Februar nahm Präsident Morales einen umfangreichen Umbau der Sicherheitsbehörden vor. So ernannte er einen neuen Innenminister, der sich durch besondere Nähe zum Regierungschef auszeichnet, um dann im nächsten Schritt die Führung der Nationalen Polizei und der Kriminalpolizei auszutauschen. Alle hier neu berufenen Funktionsträger sind bekennende Kritiker der CICIG. Wie sich erst kürzlich in einem konkreten Fall zeigte, verzögert die Polizei als Ausführungsorgan der Staatsanwaltschaft nun wichtige Zugriffe und Festnahmen, die die CICIG anordnete, was ein Entkommen von Tatverdächtigen ermöglichte.

Privatwirtschaftliche Initiative gegen Korruption

Die Privatwirtschaft nimmt diese Signale feinfühlig auf, ist man sich doch bewusst, dass die Grundprinzipien von Rechtsstaatlichkeit und Demokratie eine der wichtigsten Eckpfeiler für eine positive Wirtschaftsentwicklung und ausländische Investitionen im Land sind. Mitte April schlossen sich daher die Wirtschaftsverbände im Land für die Initiative „GuateIntegra“ zusammen. Ein Fünf-Punkte-Plan soll neue Mechanismen für Transparenz, Ethik und Rechtssicherheit schaffen sowie eine Compliance-Kultur innerhalb der Unternehmen initiieren, Demokratieausbildung landesweit fördern, die Parteienfinanzierung strenger überwachen und einen institutionellen Antikorruptionsplan aufstellen. Dabei kann sich der Privatsektor der politischen und ökonomischen Unterstützung der USA sicher sein. So unterstrich der erst im März stattgefundene Besuch der UN-Botschafterin der USA Nikky Haley die klare Mahnung der US-Regierung, die CICIG im Land weiter zu stärken.

Gesellschaftliche und politische

Polarisierung

Wie Antipoden stehen sich somit die beiden politischen und gesellschaftlichen Lager gegenüber: Aufklärung gegen Nepotismus und demokratischer Aufbruch auf der einen Seite gegen unrechtmäßige Privilegien bewahrenden Klientelismus auf der anderen. Die Justiz, allen voran die CICIG, greift tief an die Wurzeln gesellschaftlicher Traditionen und Denkmuster, die sich durch fast jede Familie des Landes ziehen. Eine kürzlich veröffentlichte Umfrage besagt, dass 70 Prozent der Bevölkerung der Arbeit der CICIG positiv gegenüberstehen. Dies nährt die Hoffnung, dass die im kommenden Jahr stattfindenden Präsidentschafts- und Kongresswahlen nicht gegen die demokratischen und rechtsstaatlichen Aufklärer entschieden werden können.

Die Wahl als Wendepunkt?

Wie weit der Weg noch bis zu den kommenden Wahlen ist, zeigt die Tatsache, dass es bisher kaum Kandidaturen gibt. Gerüchte über mögliche Bewerber überschlagen sich und der Tod des Ex-Präsidenten und amtierenden Bürgermeisters von Guatemala-Stadt Alvaro Arzu hinterlässt ein erhebliches Machtvakuum. So war er in den vergangenen Jahren der wichtigste politische Strippenzieher, der das Bindeglied zwischen Politik und Wirtschaft war und der auch Jimmy Morales zum amtierenden Präsidenten machte. Wer dieses Vakuum nun füllt, ist noch ungewiss. Einen Vorgeschmack gibt jedoch die Botschaftseröffnung Guatemalas in Jerusalem, die vor allem auf Betreiben der einflussreichen evangelikalen Freikirchen erfolgte. Akteure, die ihr politisches Potential in Guatemala bereits entdeckt haben.

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