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Terroranschlag in Mumbai

от Joerg Wolff

Eine erste Einschätzung

Der „Angriff auf Mumbai“ und „India’s 9/11“ wie die indischen Medien den blutigen Anschlag von vergangener Nacht bezeichnen, stellt nach Auffassung vieler Inder den schwerwiegendsten Terrorakt seit der Unabhängigkeit dar, vergleichbar nur mit der Zerstörung des World Trade Centers in New York am 11. September 2001. Indien steht unter einem tiefgreifenden Schock, verbunden mit dem Gefühl einer zunehmenden allgemeinen Unsicherheit, Verwundbarkeit und Bedrohung.

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Die Auswirkungen des Terrorakts von Mumbai auf Politik, Wirtschaft und Gesellschaft sind noch nicht abschätzbar. Die Behandlung des Terrorakts und seiner Folgen in den nächsten Tagen und Wochen bedeutet für Indien eine große Herausforderung und Bewährungsprobe. Viel wird auf eine schnelle und entschlossene Handlungsfähigkeit des politischen Systems ankommen. Die auf einer fest verankerten Demokratie beruhende staatliche Stabilität ist durch die Anschläge jedoch nicht gefährdet, trotz einer zusätzlichen Reihe von innenpolitischen Krisen und dem wirtschaftlichen Abschwung.

Nach wie vor Feuergefechte und Explosionen in Mumbai

Seit dem 26. November abends haben terroristische Angriffe durch Kommandotruppen, die offenbar auf dem Seeweg in Mumbai einsickerten, auf mehrere internationale Hotels (Taj, Oberoi/Trident) ein von Ausländern frequentiertes Cafe, einen Bahnhof und das jüdische Gemeindezentrum (Nariman House) eine noch nicht genau bekannte Anzahl Opfern gefordert. Es wird von über 120 Toten ausgegangen. Ein klarer Überblick über die Vorgänge der vergangenen Nacht und des heutigen Tags ist gegenwärtig noch nicht möglich. Die Situation in Mumbai wird jedoch nach wie vor als chaotisch und unübersichtlich bezeichnet. Die bestehende Verwirrung zeigte sich auch in der Berichterstattung der indischen Medien, die sich in wesentlichen Punkten widersprach.

Wie am heutigen späten Nachmittag und frühen Abend bekannt wurde, halten die Attentäter in den betroffenen Hotels Taj, Oberoi/ Trident und im Nariman House eine unbestimmte Zahl an Geiseln fest. Bei Abschluss dieses Berichts (23 Uhr) wurden von den Medien noch heftige Feuergefechte aus der Umgebung der Hotels, Explosionen und neue Brände in den Hotels gemeldet. Nach den letzten unbestätigten Medienmeldungen wird die verbleibende Anzahl an Geiseln im Oberoi/Trident Hotel mit etwa 35 und im Nariman Point mit 3 beziffert, während im Taj Hotel offenbar drei Terroristen festgenommen werden konnten.

Festzuhalten bleibt, dass die Lage in Mumbai auch nach knapp 24 Stunden seit Beginn der Anschläge noch nicht unter Kontrolle ist.

Da die Polizeikräfte von Mumbai offensichtlich mit der Bekämpfung der Anschläge überfordert waren, wurde bereits in den frühen Morgenstunden von der Zentralregierung das indische Militär (Heer und Marine) mobilisiert und zusammen mit Anti-Terror-Sondereinheiten mit den operativen Gegenmaßnahmen betraut. Diese außergewöhnliche Entscheidung verdeutlichte den Ernst der Situation, da das Militär zum ersten Mal in der Geschichte des unabhängigen Indiens zur Bekämpfung des Terrorismus eingesetzt wurde.

Die Urheberschaft: Wer steht hinter dem Attentat?

Der Verlauf der Anschläge in Mumbai legt nahe, dass es sich um eine mit fast militärischer Präzision vorbereitete Aktion handelt, die sich durch einen hohen Grad an logistischer Planung und Koordination auszeichnet. Wie vom sicherheitspolitischen Partnernetzwerk der KAS ausgeführt wird, sei keine der indischen Terrorgruppen in der Lage, eine Operation dieser Art durchzuführen. Dies weise auf eine international tätige Organisation als mutmaßlichen Urheber, die im Umfeld der al-Qaida vermutet wird. Das am späten Vormittag bei Nachrichtenagenturen eingegangene Bekennerschreiben einer bislang in Indien unbekannten Terrorgruppe „Deccan Mujahedin“ wird daher als nicht authentisch angesehen.

Das Aktionsmuster des Anschlags von Mumbai sei, wenn überhaupt, mit dem Angriff auf das indische Parlament im Jahre 2001 vergleichbar. Er wurde der Lashkar-e-Toiba zugeschrieben, die der al-Qaida nahesteht. Auch die von den Kommandounternehmen verwendeten modernen Waffen- und Granatentypen lassen nach ersten Analysen der indischen Sicherheitsdienste, die am frühen Abend bekannt wurden, auf eine internationale Jehadi-Verbindung schliessen. Ein indischer Sicherheitspolitiker führte am Abend in einem Gespräch aus, dass der Zeitpunkt der Anschläge ein bewusstes Zeichen der al-Qaida für Indien und den neugewählten amerikanischen Präsidenten darstellen könnte, dass sie nach wie vor in der Lage ist, Anschläge nach Belieben durchzuführen. Dennoch gibt es bisher keine sicheren Erkenntnisse, wem die Anschläge in Mumbai zuzuschreiben sind. Allerdings verdichten sich die Anzeichen, dass am Anschlag tatsächlich das internationale Netzwerk der al-Qaida maßgeblich beteiligt war. Dies scheint sich durch erste Aussagen der drei festgenommen Terroristen zu bestätigen. Wie am späten Abend berichtet wurde, bestehe ein begründeter Verdacht ihrer Mitgliedschaft der im Grenzgebiet zwischen Afghanistan und Pakistan ansässigen islamischen Terroristengruppe Lashkar-e-Taiba.

Die Anschläge von Mumbai richteten sich erstmals gezielt auch gegen Ausländer. Vor der Möglichkeit weiterer Anschläge, insbesondere auf ausländische Institutionen, wird nicht nur von den zuständigen Diensten der Botschaften, sondern auch von indischen Stellen gewarnt. Dementsprechend sind im Verlaufe des Tages in Indien die Sicherheitsvorkehrungen ganz erheblich verstärkt worden.

Trotz der unklaren Lageberichte wird in Delhi insgesamt die Absicht des Terroranschlags als ein weiterer Versuch der wirtschaftlichen und politischen Destabilisierung Indiens und der Förderung innerindischer religiöser Spannungen bezeichnet. Die Auswahl der Attentatsziele mit den beiden internationalen Hotels und dem jüdischen Gemeindezentrum lege darüber hinaus aber auch eine internationale Dimension nahe, die sich aus der engeren Zusammenarbeit Indiens mit den westlichen Demokratien ergebe. Hier wird vor allem auf die Auswahl von amerikanischen, britischen und israelischen Geiseln verwiesen – Staatsangehöriger jener Länder also, die sich im Irak und in Afghanistan engagieren.

Zunehmender Terrorismus in Indien

Der Anschlag in Mumbai folgt einer Reihe von Bombenanschlägen, die in diesem Jahr an unterschiedlichen Orten Indiens durchgeführt wurden und auf die Zivilbevölkerung zielten:

  • 14. Mai 2008, Explosion von Serienbomben (hohe Sprengkraft) in Jaipur mit 60 Toten.
  • 27. Juli 2008: Explosion von Serienbomben in Ahmedabad (geringe Sprengkraft) mit 17 Toten.
  • 14. September 2008: Explosion von fünf Bomben (geringe Sprengkraft) in Delhi mit 20 Toten.
  • 22. Oktober 2008: Explosion einer Bombe (geringe Sprengkraft) in Imphal mit 17 Toten.
  • 30. Oktober 2008: Explosion von 12 Bomben (hohe Sprengkraft) in Assam mit 62 Toten.
Die Übersicht zeigt eine Eskalation des Terrors und damit eine Verschärfung der Sicherheitslage Indiens. Die Analysen von Experten gehen davon aus, dass die Attentate mit Bomben hoher Sprengkraft von professionellen Terrorgruppen, diejenigen mit geringer Sprengkraft dagegen von Amateuren ausgeführt wurden. Dies weist darauf hin, dass in Indien sich neben der seit längerem bestehenden internationalen Terrordimension nunmehr auch ein hausgemachter Terrorismus ausbreitet.

Keiner dieser Anschläge konnte bisher aufgeklärt werden. Sie wurden islamischen Terrorgruppen aus Pakistan oder Bangladesh und ihren vermuteten indischen Zellen zugeschrieben. Der jüngste Ermittlungsstand deutet allerdings darauf hin, dass einige dieser Attentate von militanten fundamentalistischen Gruppen des hindunationalistischen Lagers verübt wurden.

Diese Anschläge müssen daher als ein beunruhigendes Zeichen für das Entstehen einer aggressiven Schicht religiös motivierter Extremisten und der Bildung eines innerindischen Terror-Milieus bewertet werden. Dies ist für Indien, das seit langem der internationalen Terrorismusdimension ausgesetzt ist, eine neue und gefährliche Dimension.

Voraussichtliche Folgen von Mumbai

Der Terroranschlag von Mumbai hätte zu keinem ungünstigeren Zeitpunkt stattfinden können. Die Regierung sieht sich gegenwärtig mit einer Reihe von Herauforderungen konfrontiert und steht unter erheblichem innenpolitischen Druck. Sorge bereiten die sich ausbreitenden sozialen Aufstandsbewegungen der Naxaliten und Maoisten, die Unruhen in Kashmir und im Nordosten Indiens, sowie die Übergriffe auf Christen in verschiedenen Landesteilen. Gegenwärtig werden fünf Regionalwahlen durchgeführt, bei denen die BJP bereits sei längerem den Terrorismus zum Hauptwahlkampfthema machte. Die Anschläge von Mumbai dürften daher die Hoffnungen der Kongresspartei auf ein gutes Abschneiden dramatisch verschlechtern. Dies gilt voraussichtlich auch für die bevorstehenden Nationalwahlen in den ersten Monaten des kommenden Jahres.

Nachhaltige Auswirkungen auf Indiens Wirtschaft werden durch die Anschläge nach gegenwärtigem Stand nicht erwartet. Indien weist nach wie vor eine der weltweit höchsten Wachstumsraten auf, obwohl sie in den letzten Wochen nach unten revidiert wurden. Dennoch kann sich durch Mumbai das Vertrauen ausländischer Investoren in die politische Stabilität ändern, auf das Indien angewiesen ist und das sich in den seit zwei Jahren durch stark gestiegene ausländische Direktinvestitionen zeigte.

Nach gegenwärtigem Stand von heute besteht unter den wichtigsten außen- und sicherheitspolitischen Experten Indiens, die dem Partnernetzwerk der KAS angehören, Übereinstimmung, dass sich wegen des Terroranschlags keine Änderung der Aussenpolitik ergebe. Die in den letzten Jahren erheblich verbesserten Beziehungen zu Pakistan und den Indien umgebenden Anrainerstaaten mit ihren vielfältigen vertrauensbildenden Maßnahmen seien viel zu wichtig, als dass man wegen Mumbai frühere Konflikte wieder aufleben lasse. Trotzdem sei vor allem von Pakistan und Bangladesh zu fordern, terroristische Gruppen in ihren Ländern entschiedener zu bekämpfen. Darüber hinaus wird erwünscht, dass die westlichen Länder die Bedrohungssituation Indiens durch den internationalen Terrorismus in ihrer ganzen Gefährlichkeit zur Kenntnis nehme.

In Mumbai sind offenbar erhebliche Mängel der indischen Antiterrorpolitik und -bekämpfung aufgetreten. Dies betrifft die Koordination zwischen den verschiedenen Nachrichtendiensten, die Zusammenarbeit zwischen den Sicherheitskräften und die Verantwortungs- und Abstimmungsmechanismen zwischen der Zentralregierung und den Unionsstaaten. Dies berührt auch die Frage nach einer für Indien geeigneten Rechtsgrundlage in Form eines verschärften Anti-Terror-Gesetzes, die wegen rechtsstaatlicher Bedenken jedoch seit längerem sehr kontrovers diskutiert wird.

(abgeschlossen am 27.11.2008, 23.30 Uhr Ortszeit)

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