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Türkei sammelt Trümpfe im Energiepoker

от Jan Senkyr
Die geostrategisch günstige Lage der Türkei wird von ihrer Regierung geschickt als Trumpf im eurasischen Energiepoker ausgespielt. Im Einklang mit der neuen Doktrin einer multidimensionalen und multipolaren Außenpolitik verfolgt die Regierung in Ankara das Ziel, die Türkei als ein Energie-Drehkreuz zwischen Europa, dem Nahen und Mittleren Osten sowie Zentralasien zu etablieren.

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Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan und sein Außenminister Prof. Ahmet Davutoğlu haben in den letzten Monaten eine Reihe von diplomatischen Initiativen ergriffen, die es der Türkei ermöglichen, die guten Beziehungen zu den Nachbarstaaten und Ländern in der Region zur Sicherung der eigenen energiepolitischen Ambitionen zu nutzen. Der EU-Beitrittskandidat baut somit seine Bedeutung als Energietransitland für Europa weiter aus.

Für die Europäische Union ist von strategisch vorrangigem Interesse, die kritische Abhängigkeit ihrer Energieversorgung durch Öl- und Erdgaslieferungen aus der Russischen Föderation zu verringern und alternative Energiequellen zu erschließen. Gegenwärtig bezieht die EU 42 Prozent ihrer Gas- und 33 Prozent ihrer Erdölimporte aus Russland. Zwar war Russland bisher für die europäischen Länder ein zuverlässiger Energiepartner. Das russische Verhalten gegenüber der Ukraine, Georgien und Litauen hat jedoch die Risiken dieser Abhängigkeit deutlich gemacht. Deswegen wird seit einiger Zeit nach alternativen Versorgungswegen gesucht.

Ein erster wichtiger Schritt in dieser Richtung war der Bau der Baku-Tiflis-Ceyhan-Pipeline (BTC), mit der Rohöl von Ölfeldern aus Aserbaidschan und Kasachstan am Kaspischen Meer zum türkischen Hafen Ceyhan am Mittelmeer geführt wird. Die BTC-Pipeline setzt am Terminal Sangachal bei Baku ein, durchquert Aserbaidschan (442 km), führt durch Georgien (248 km) und die Türkei (1040 km) um am Mittelmeerhafen Ceyhan in einer Verladestation zu enden. Sie wurde 2006 in Betrieb genommen und soll nach Erreichen der vollen Kapazität täglich 1 Million Barrel Öl transportieren.

Parallel zur BTC-Pipeline wurde eine Erdgasleitung gelegt, die vom Sangachal-Terminal in Baku über Tiflis/Georgien in die osttürkische Stadt Erzurum führt (Baku-Tiflis-Erzurum-Pipeline, BTE). Sie soll vor allem den Bedarf Georgiens und der Türkei decken, kann aber über innertürkische Leitungen Erdgas weiter bis nach Europa liefern. Der Weg dafür ist die sog. „Turkey-Greece interconnector line“, die Griechenland mit der Türkei verbindet. Die BTE-Pipeline wurde 2006 in Betrieb genommen und soll nach Erreichen der vollen Kapazität 2010 bis zu 20 Mrd. Kubikmeter Gas jährlich transportieren.

Ein weiteres, für die EU besonders wichtiges Vorhaben ist das Nabucco-Pipeline-Projekt. Mit diesem Projekt soll Erdgas aus dem kaspischen und zentralasiatischen Raum außerhalb russischen Territoriums über Georgien und die Türkei nach Europa geleitet werden. Die Vorbereitungen und Verhandlungen für das strategisch wichtige Energieprojekt haben bereits 2002 begonnen. Ein ursprünglich aus fünf Mitgliedern bestehendes Konsortium (die ÖMV AG aus Österreich, der Energiekonzern BOTAŞ aus der Türkei, die MOL aus Ungarn, Transgaz S. A. aus Rumänien und die Bulgargaz-Holding EAD aus Bulgarien) ergriff die Initiative zum Bau der Pipeline. Der Name „Nabucco“ wurde angeblich nach einem gemeinsamen Besuch der gleichnamigen Oper von Giuseppe Verdi in Wien am Tag der Unterzeichnung des Kooperationsabkommens durch die Vertragspartner gewählt.

2004 wurde die Nabucco International Company (NIC) gegründet, zu der im Februar 2008 die deutsche RWE als sechster Partner hinzukam. Ein wichtiger Schritt war der Beschluss der Europäischen Kommission im November 2008 zur Gründung der Caspian Development Corporation (CDC), die als europäisches Einkaufskonsortium mit den Lieferländern im kaspischen und zentralasiatischen Raum langfristige Verträge aushandeln soll. Damit kann die EU im Wettbewerb mit anderen Interessenten, insbesondere Russland und China, konkurrenzfähiger auftreten.

Nach schwierigen Verhandlungen wurde am 13. Juli 2009 in Ankara der zwischenstaatliche Vertrag für den Bau der Nabucco-Gaspipeline von den Regierungschefs der fünf beteiligten Transitstaaten Österreich, Ungarn, Rumänien, Bulgarien und der Türkei unterzeichnet. Damit ist der Rechtsrahmen für das ambitiöse Projekt gegeben. Ein Hindernis bei den Verhandlungen war bis zuletzt die Forderung der Türkei gewesen, 15 % der Transportkapazität von Nabucco zu Vorzugspreisen garantiert zu bekommen. Entscheidend für das Einlenken Ankaras war die Zusage, die Türkei an dem geplanten Einkaufskonsortium CDC zu beteiligen und dass die Pipeline so konstruiert wird, dass Gas in beide Richtungen gepumpt werden kann. Damit verbessert sich die Position der Türkei bei Verhandlungen und der Auswahl von Gaslieferanten deutlich. Denn auch die Türkei ist zu 60 Prozent von Gaslieferungen aus Russland abhängig und sucht nach alternativen Quellen.

An den Kosten des Projektes, die auf knapp 8 Mrd. Euro geschätzt werden, sollen sich neben den Vertragsparteien die EU-Kommission mit den beiden europäischen Banken EIB und EBRD beteiligen. Die Gasleitung soll auf einer Strecke von ca. 3300 km von Baku über die Türkei, Bulgarien, Rumänien, Ungarn bis nach Baumgarten an der March in Österreich führen, wo das zentrale Verteilungszentrum der ÖMV für Erdgas liegt. Der Bau soll 2011 beginnen und bis 2014 beendet sein. Nach Beendigung der ersten Bauphase wird nach den Plänen der Pipeline-Betreiber ab 2014 mit einer Anfangskapazität von jährlich mindestens 8 Milliarden Kubikmeter Gas gerechnet. Nach Erreichen der maximalen Kapazität sollen rund 31 Milliarden Kubikmeter pro Jahr nach Europa fließen. Dies entspräche ca. 6 Prozent des Gesamtbedarfs der EU an Erdgas im Jahr 2020.

Das Problem liegt allerdings in der Verfügbarkeit von genügend Gas für den wirtschaftlichen Betrieb der Pipeline. Es gibt bisher keine verbindlichen Lieferzusagen. Die einzige kurzfristig erschließbare Gasquelle liegt derzeit im Schah Deniz Feld in Aserbaidschan, wo ca. 13 Mrd. Kubikmeter (bcm) Gas im Jahr gefördert werden. Davon sind 9 bcm noch nicht vertraglich vergeben, allerdings wird bereits jetzt ein heftiger Bieterwettbewerb für dieses Gas ausgetragen. Neben Nabucco sind auch ein italienisch-griechisch-türkisches Konsortium IGI Poseidon (Bauer der Türkei-Griechenland-Italien-Pipeline), die Türkei selbst und Russland sowie Iran interessiert. Kenner der Gasbranche schätzen, dass Nabucco am Ende 5-8 bcm zufallen könnten. In Aserbaidschan gibt es zwar noch weitere Reserven, die allerdings erst ab 2020 Gas liefern könnten.

Als ein potenzieller Gaslieferant wird der Irak gesehen. Aus Gasfeldern im Nordirak könnten jährlich bis zu 40 bcm geliefert werden. Vorher müsste allerdings in die notwendige Infrastruktur investiert werden, so dass frühestens ab 2014 mit Gaslieferungen gerechnet werden kann (vorausgesetzt, die Sicherheitslage im Irak bleibt stabil).

Die zweitgrößten Gasvorräte weltweit befinden sich im Iran. Die Infrastruktur zur Gasförderung sowie die vorhandenen Gasleitungen sind jedoch in einem sehr schlechten Zustand. Vom South Pars Field könnten angeblich ab 2018 ca. 40 bcm exportiert werden, 20 bcm davon hat sich die Türkei über eine Absichtserklärung vorläufig gesichert (weitere 20 bcm sind der Schweizer EGL zugesagt). Der Iran ist bereits durch eine Pipeline mit der Türkei verbunden, über die gegenwärtig ca. 10 bcm jährlich an den nördlichen Nachbarn fließen. Die Türkei beklagt sich allerdings über häufige Lieferausfälle, die vom Iran mit technischen Schwierigkeiten begründet werden. Aufgrund der politischen Lage kommen iranische Gaslieferungen für Nabucco derzeit jedoch nicht in Frage.

Auch Gas aus den zentralasiatischen Ländern Turkmenistan und Usbekistan steht auf absehbare Zeit für die europäische Pipeline nicht zur Verfügung. Beide Länder verfügen zwar über beträchtliche Gasvorkommen, allerdings sind deren Kapazitäten langfristig vertraglich vergeben, vor allem an Russland und an China. Turkmenistan könnte zwar mittelfristig 5-10 bcm von einem Offshore-Gasfeld im Kaspischen Meer liefern, jedoch müssten vorher eine Pipeline zum Festland nach Aserbaidschan gebaut werden. Zudem gibt es Streitigkeiten um die Wirtschaftszonen im Kaspischen Meer zwischen den Anrainerstaaten.

Als weitere potenzielle Gaslieferanten werden vom Nabucco-Konsortium Ägypten und Syrien genannt. Auch hier sind nach Einschätzung von Experten mittelfristig keine Lieferungen zu erwarten. Durch die sich im Bau befindende Euro-Arab Mashrek Pipeline soll zwar ägyptisches Gas in den Nahen Osten geliefert werden. Eine Verlängerung der Leitung bis zur türkischen Grenze ist vorgesehen. Einige Experten vermuten jedoch, dass nach einer geplanten Anbindung der Pipeline an das irakische Gasfeld Akkash an der syrischen Grenze letztlich Gas in Richtung Ägypten gepumpt werden könnte. Nach Verflüssigung in einer Anlage nahe Alexandria könnte dann das Gas in Form von LNG (Liquid Natural Gas) nach Europa (z. B. Frankreich) verschifft werden.

Katar, ein Land mit riesigen Gasvorkommen, wird neulich ebenfalls als möglicher Lieferant ins Gespräch gebracht. Bei einem Besuch des Emirs von Katar, Scheich Hamad Bin Khalifa Al Thani, in Ankara im August 2009 habe der türkische Ministerpräsident Erdoğan den Bau einer etwa 3000 km langen Gaspipeline vom Persischen Golf in die Türkei angeregt. Der Emir von Katar habe positiv auf den Vorschlag reagiert.

Und nicht zuletzt sitzt auch Russland beim Nabucco-Gaspoker mit am Tisch. Sollte es nicht gelingen, Nabucco mit genügend Gas für eine wirtschaftliche Inbetriebnahme zu versorgen, könne Russland mit Lieferungen einspringen. Dies widerspräche zwar der ursprünglichen Zielsetzung, eine von Russland unabhängige Lieferquelle für Europa zu erschließen, wäre aber ökonomisch sinnvoll. Diese Überlegung wurde von russischen und sowie auch türkischen Spitzenpolitikern in Erwägung gebracht.

Der Bau der Nabucco-Pipeline steht im Gegensatz zu den strategischen Interessen Russlands. Moskau kontert deshalb mit einem eigenen Konkurrenzprojekt, der South-Stream-Pipeline, mit der russisches Gas durch das Schwarze Meer nach Bulgarien und dann weiter nach Italien und Österreich transportiert werden soll. Die Durchleitungskapazität soll in der Endphase 41 bcm jährlich betragen. Partner des Projektes sind die russische Gazprom und der italienische Energieversorger Eni. Während des jüngsten Besuchs des russischen Ministerpräsidenten Putin bei seinem türkischen Kollegen Erdoğan, zu dem auch Italiens Premier Berlusconi hinzukam, wurde am 6. August 2009 ein Abkommen über die Streckenführung von South Stream unterzeichnet. Die Türkei erlaubt somit Moskau, die Rohrleitung im Schwarzen Meer durch ihre Wirtschaftszone zu verlegen. Der Bau soll bereits 2010 beginnen. Ferner wurde beschlossen, eine Ölpipeline von der türkischen Schwarzmeerstadt Samsun zum Mittelmeerhafen Ceyhan zu legen. Mit der sog. Blue Stream 2 (parallel zur Blue Stream, mit der russisches Erdgas an die Türkei geliefert wird) sollen Tankertransporte durch den stark frequentierten Bosporus ersetzt werden.

Viele wichtige Energietransportprojekte laufen derzeit in der Türkei zusammen. Das Land an der Schnittstelle zwischen den Kontinenten wird somit zu einem wichtigen Energie-Drehkreuz und als Partner für die europäische Energiesicherheit unverzichtbar. Die türkische Regierung ist sich dessen bewusst und hat es bisher verstanden, diesen Trumpf zur Stärkung der eigenen Position gegenüber der EU und zur Sicherung eigener Interessen in der Region effizient einzusetzen.

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