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Auswirkungen der Finanzkrise auf Nigeria

od Dr. habil Klaus Paehler, Anna Hillmann
Die weltweite Finanzkrise hat Nigeria (noch?) nicht erreicht. Das Ausmaß der Krise ist offenkundig eine Folge der Globalisierung, der hochgradigen Integration vieler fortgeschrittener Volkswirtschaften in die Weltwirtschaft, und zwar nicht nur der Realwirtschaften sondern besonders auch der Interdependenz und Komplexität der Finanzmärkte, die in den letzten Dekaden stark zugenommen hat. Die asiatische Krise (“Tom-Yum-Krise”) von 1997-98 war eine frühe Warnung, welcher Schaden in spekulativ überhitzten Märkten entstehen kann. Bereits damals konnte und musste man sich die Frage nach der Gesundheit der Finanzinstitute der führenden Industrienationen stellen. Hätte man sie weitsichtig beantwortet, hätten vielleicht die extremsten Auswirkungen der gegenwärtigen Krise vermieden werden können.

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Im folgenden sollen kurz einige im Augenblick besonders wichtig erscheinende Faktoren benannt - und soweit das verlässlich möglich erscheint auch mit Zahlen unterlegt - werden, die für eventuelle künftige Auswirkungen der Krise auf Nigeria wichtig sein dürften. Dieser Beitrag ist als grobe Skizze zu verstehen, nicht als eingehende volkswirtschaftliche Analyse, die in der Kürze der Zeit nicht möglich war.

Integration in die Weltfinanzmärkte

Nigeria ist von der gegenwärtigen Krise nicht etwa deshalb nicht betroffen, weil es besonders vorausschauend gewesen wäre sondern eher deswegen, weil es – wie in der Asienkrise etwa die Philippinen – weit weniger in die Weltwirtschaft integriert ist als andere Volkswirtschaften. Der Hypothekensektor, Ausgangspunkt für den “Meltdown” in den USA, spielt in Nigeria praktisch keine Rolle. Nigerianische Banken haben offenbar keine bedeutenden ausländischen Anteilseigner und auch die anderen an der nigerianischen Börse NSE notierten Unternehmen (etwas über 300) sind nicht das Ziel spekulativer Anleger gewesen. So weit derzeit bekannt, haben nigerianische Banken auch nicht in großem Maßstab in riskante Instrumente investiert, auch wenn sie mit Niederlassungen etwa in London zunehmend an den Märkten präsent sind. Nichtteilnahme an der Globalisierung erweist sich hier ausnahmsweise als ein – vorübergehender – Vorteil.

Individuelle Verluste

Von Nigeria unterscheiden muss man in diesem Zusammenhang individuelle Nigerianer, die zum Teil hohe Vermögenspositionen aus welchen Quellen und Gründen auch immer im Ausland halten. Besonders Immobilien und Finanzanlagen in Großbritannien und den USA werden genannt. Es ist nur wahrscheinlich, dass auch Nigerianer hier Federn gelassen haben.

Bankensektor

Unter dem von vielen Nigerianern heftig gescholtenen im Ausland dagegen geachteten Präsidenten Obasanjo hat Nigeria 2004-05 sein Bankensystem saniert. Verglichen mit politisch attraktiveren und von jedermann scheinbar leicht zu kommentierenden Themen wie “Demokratie” oder “Menschenrechte” verstanden wohl die meisten Nigerianer nicht, wozu dies nütze sei und betrachteten es als für sie praktisch irrelevante technokratische Maßnahme. Für den Berichterstatter, der die asiatische Krise und ihre enormen Auswirkungen auf Malaysia und Indonesien unmittelbar miterlebt hatte, waren diese Reformen jedoch ein wichtiger Schritt zur Stabilisierung Nigerias und damit dazu, das Land und seine Volkswirtschaft überhaupt erst “zukunftsfähig” zu machen.

Obasanjo und sein auch international hoch geachteter Notenbankchef Soludo erzwangen eine dringend nötige Konzentration des Bankensektors, indem die Eigenkapitalanforderungen auf das Zwölffache erhöht wurden (auf ca. 1,5 Mrd. USD). Dadurch entstanden freiwillige und erzwungene Fusionen und Übernahmen. Von den zunächst über 80 Banken blieben 25 übrig, von denen 4 inzwischen zu den 20 größten Banken Afrikas zählen. Eine gilt gar als die beste des Kontinents (nach internationalen Beurteilungen). Ob diese Sanierung letztlich aber ausreicht, bleibt abzuwarten.

Zahlungsverkehr

Nigeria ist in weiten Teilen eine Bargeldwirtschaft. Wegen der verbreiteten Kriminalität (Fälschungen) finden moderne Zahlungsmittel häufig eine geringe Akzeptanz. Schecks und Kreditkarten spielen keine große Rolle und werden wegen der damit verbundenen Risiken weitgehend gemieden. Lieferungen erfolgen oft nur gegen Vorkasse. Das absatzpolitisch wichtige Instrument des Lieferantenkredits ist hier weitgehend zu einem “Vorschuss durch den Kunden” umfunktioniert worden. An sich ein “vor-marktwirtschaftlicher” Zustand, schützt dieses Verfahren nun vor faulen Krediten (“non performing loans”), weil Kredite kaum vergeben werden. Eine Bargeldwirtschaft ist gegen eine Kreditverknappung („credit crunch“) eo ipso geschützt. Nigerianische Banken erwirtschaften dementsprechend ihre Gewinne nicht aus Zinserlösen für Kredite sondern aus dem Devisengeschäft und aus Geschäften mit dem Staat. Natürlich überwiegen langfristig die Kostenvorteile eines modernen Geldverkehrs die relative Krisenresistenz einer Bargeldwirtschaft bei weitem.

Börse

An der nigerianischen Börse (Nigerian Stock Exchange, NSE) sind etwa 310 Papiere notiert. Die wichtigsten davon sind sechs Banken. Der Börsenwert sämtlicher notierter Aktien ist seit März 2008 um ca. 30% gefallen.

Verschiedene Stabilisierungsmaßnahmen wurden ergriffen, u. a. wurde festgelegt, dass die Aktien pro Tag nicht um mehr als 1% fallen oder 5% steigen dürfen. Die Gebühren für Wertpapiergeschäfte und die Mindestreservesätze wurden gesenkt. Ein Konsortium von sechs Banken soll beabsichtigen, mit je 100 Milliarden N (ca. 600 Mio. €) als Marktmacher die Börse zu stabilisieren und Liquidität ins System zu geben.

Ein überraschender Weg, die Wirtschaft mit Liquidität zu versorgen, besteht darin, dass die Regierung ihren überfälligen Zahlungsverpflichtungen nunmehr beschleunigt nachkommen will.

Nigeria wäre nicht Nigeria, versuchten nicht einzelne kriminelle Elemente aus der Krise Kapital zu schlagen. So wurden SMS versandt, die die Empfänger aufforderten, ihre Gelder von diesen Banken abzuziehen, da sie stark bedroht seien.

Staatsverschuldung

Nigeria war das erste afrikanische Land, das seine Verpflichtungen gegenüber dem Pariser Club aus eigener Kraft und mit Schuldenerlassen erfüllt hat. Auch hier hatte sich Obasanjo gegen eine breite Öffentlichkeit durchgesetzt, die die zurückgezahlten Beträge lieber im Lande “investiert” gesehen hätte, wo sie vermutlich jedenfalls teilweise versickert wären.

So ist das Land nun weitgehend schuldenfrei, verfügt über Devisenreserven von 50-60 Mrd. USD (genauere Zahlen standen nicht zur Verfügung), die ausreichen, die nigerianischen Importe für knapp zwei Jahre zu finanzieren. Verglichen mit seinen Rangplätzen auf vielen anderen Indizes ist Nigerias internationale Bonität mit Platz 87 (von ca. 160) relativ gut.

Staatshaushalt

Die nigerianische Volkswirtschaft ist “ölsüchtig”. Der Anteil der Ölerlöse an den Staatshaushalten liegt bei über 90%. Ein kurzer Höhenflug der Ölpreise bescherte dem Land “windfall profits”, dem Absturz des Ölpreises folgte die Ernüchterung auf dem Fuße.

Der Bundeshaushalt wird derzeit neu berechnet. Er basierte auf der Prognose eines Ölpreises von 62,5 USD pro Barrel. Diese Annahme scheint nun auf unter 59 USD, den Ansatz für 2008, korrigiert werden zu müssen. Dabei wird vermutet, dass eine weltweite Rezession als Folge der Finanzkrise zu einem erheblichen Rückgang des Ölverbrauchs und einer entsprechenden Verbilligung führen wird. Zudem wird in Nigeria befürchtet, dass langfristig alternative Energien Öl und Gas zunehmend substituieren und somit Nigerias Ölreserven relativ entwerten werden. Beide Vermutungen scheinen jedenfalls als Grundlage einer verantwortungsvollen Politik rationaler und vorsichtiger zu sein als zu optimistische Einnahmeerwartungen.

Die gegenwärtige Finanzkrise dürfte sich insofern negativ auf die Entwicklung des Landes auswirken, als weniger Mittel für die äußerst dringenden Investitionen in den Sektoren Bildung, Energie, Infrastruktur zur Verfügung stehen als erwartet.

Ausländische Investitionen, Kapitalflucht, Wechselkurse

Spekulative ausländische Finanzinvestitionen in Nigeria spielten bislang keine besondere Rolle und die Krise dürfte daran nichts ändern. Ausländische Direktinvestitionen in vor allem die Öl- und Gasgewinnung sind langfristig und bereits vollzogene Investitionen könnten nicht ohne große Verluste rückgängig gemacht werden. Eine Kapitalflucht aus Nigeria ist daher nicht zu erwarten (anders als etwa im Falle Malaysias während der Asienkrise).

Dies belegt auch der Wechselkurs des Naira, der sich in den letzten Monaten nach längerer Talfahrt sowohl gegenüber dem EURO als auch gegenüber dem Dollar deutlich erholt hat.

Diese Erholung widerspricht einer Kapitalflucht, bei der der Kurs sinken würde. Wer mit seinem Kapital aus Nigeria fliehen wollte, müsste sich natürlich auch erst einmal sehr gut überlegen, wohin er eigentlich fliehen sollte. In die Krisenzonen € und $ vermutlich nicht.

Ausländische Neuinvestitionen könnten wegen der Krise aus mehreren Gründen geringer ausfallen als geplant. Zum einen könnte eine anhaltende Liquiditätsverknappung in den Industrieländern sie unfinanzierbar machen oder zumindest die Finanzierungskosten beträchtlich erhöhen. Die Renditeerwartungen aus Öl und Gas dagegen werden anlässlich sinkender Weltmarktpreise wohl nach unten korrigiert werden müssen. Steigende Finanzierungskosten bei sinkenden Gewinnerwartungen bedeuten einen Rückgang des Investitionsvolumens.

Ob und in welchem Masse Investoren überhaupt bereit und fähig sein werden, in Nigeria zu investieren, wird also davon abhängen, in welchem Ausmaß die Finanzkrise den realen Sektor der Industrieländer in Mitleidenschaft zieht und in welchen Zeithorizonten man operiert, sprich ob womöglich eine mehrjährige Stagnation oder gar Rezession zu erwarten ist. Dies dürfte entscheidend vom Erfolg der gegenwärtig in den Industrieländern unternommen Maßnahmen abhängen, die ja gerade einer weiteren dramatischen Liquiditätsverknappung entgegenwirken sollen. Obwohl die deutsche Politik sehr viel versprechend ist, kann man angesichts der vielen unbekannten auch internationalen Risiken im Augenblick über den durch die Krise verursachten Gesamtschaden wohl nur spekulieren.

Internationale Machtbalance

Vom langfristigen Ausgang der Krise könnten auch internationale Kräfteverhältnisse beeinflusst werden. Interessant bleibt hier besonders, wie sich das chinesische Engagement in Nigeria und Afrika generell entwickeln wird. Je nachdem wie stark China selbst oder im Konzert mit den Industrienationen von der Krise beansprucht wird, könnte sein in den letzten Jahren zunehmendes, von Ressourcenbedarf induziertes Engagement in Afrika auf eine günstige Situation stoßen. Mit seinen bisher riesigen Währungsreserven – die allerdings weitgehend in Dollar gehalten werden und damit auch nicht ohne Risiken sind - könnte es sein Engagement als Kreditgeber, als Investor und als Geber von Entwicklungshilfe verstärken. Auch wird man sehen müssen, welche Auswirkungen die Krise auf die arabischen Ölstaaten haben wird und ob diese hier eine günstige Gelegenheit sehen werden, auf der Basis finanzieller Hilfeleistungen oder Investitionen eventuell auch religiösen und ideologischen Einfluss zu suchen. Nigeria ist zur Hälfte islamisch.

Entwicklungshilfe

Es muss befürchtet werden, dass westliche Entwicklungshilfe wegen der Schwierigkeiten der Geberländer jedenfalls nicht erhöht, eventuell sogar reduziert werden wird. In jedem Falle dürften strengere Wirksamkeitsnachweise an die künftige Vergabe öffentlicher Entwicklungshilfe geknüpft werden. Die deutsche Entwicklungshilfe für Nigeria ist im Vergleich allerdings eher gering.

Öffentliche Meinung und politische Implikationen

Finanz- und Wirtschaftskrisen können fatale politische Folgen haben. Das weiß man z. B. in Deutschland, Malaysia oder Indonesien. Auch in Nigeria berichten die Medien natürlich ausführlich und qualitativ zum Teil auch recht gut über die Ereignisse in den USA und der EU. Aber hier verbreitet man die Ansicht, dass Nigeria gut gerüstet sei und nichts zu befürchten habe. Dies ist sicherlich klüger, als Panik zu verbreiten.

Die angesehene ehemalige nigerianische Finanzministerin Ngozi Okonjo-Iweala, jetzt bei der Weltbank Direktorin für Afrika und den Mittleren Osten, warnt den Kontinent jedoch vor voreiliger Selbstsicherheit. Die Ruhe sei trügerisch. Afrika habe schon mit einer Nahrungsmittel-, Treibstoff- und Düngerkrise zu kämpfen. Sie kommt wie wir zu der Ansicht, dass Kapitalzuflüsse, Hilfsprogramme und der Handel negativ beeinflusst werden könnten. Afrika habe nicht die Fähigkeit, die gegenwärtige Kreditverknappung zu überstehen.

Sollte Nigeria trotzdem weiterhin von der Krise verschont bleiben, dürfte dies jedoch weniger an seinen funktionsfähigen Institutionen und seiner handlungsfähigen Regierung (seit einigen Wochen wird mit einer umfassenden Kabinettsumbildung gerechnet) liegen als eher daran, dass es wirtschaftlich rückständig und – außer über das Öl - nicht sehr eng in die Weltwirtschaft integriert ist.

Mangels akuter Krise und konkreten Bedrohungsgefühls gibt es derzeit keine erkennbare politische Diskussion etwa über die Grundsätze der Wirtschaftsordnung und über die Kompatibilität politischer Maßnahmen mit derselben. Wirtschafts- oder ordnungspolitische Diskussionen sind in Nigeria die Ausnahme. Zu viel hat man mit den realen täglichen Problemen zu tun. Eine Marktwirtschaft in unserem Sinne mit einer funktionierenden Rechtsordnung muss hier erst noch durchgesetzt werden, bevor man sie kritisieren kann. Die nigerianischen Defizite – wirtschaftliche, soziale oder politische – sind jedenfalls nicht das Ergebnis von “zu viel Markt” sondern von “zu wenig Rechtsordnung”.

Darüber, wie sich die öffentliche und veröffentlichte Meinung im Falle einer ernsten Krise in Nigeria drehen könnte, kann man nur spekulieren. Untergründig gibt es hier viel Sympathie für einen “starken, aber anständigen” Mann. Dies wurde in der Vorwahlzeit deutlich, als viele Nigerianer dem ehemaligen Militärherrscher Buhari zutrauten, das Land mit fester aber gerechter Hand zu führen.

Auch der Islam mit seinem Zinsverbot und seiner riskante Spekulationen ablehnenden wirtschaftsethischen Grundhaltung könnte im Falle einer massiven Krise in Nigeria als Alternative zu “westlichen” Modellen Auftrieb erhalten.

In der Zivilgesellschaft dagegen findet man überraschend viele bekennende Marxisten, die empirischen Argumenten über die bisherige Erfolgsgeschichte des Sozialismus gegenüber ziemlich resistent sind. Manche von ihnen beziehen ihre Identität und moralische Glaubwürdigkeit aus ihrem – realen oder eher möchte gern - Widerstand gegen die Militärherrschaft. Sie sind aber insgesamt vermutlich viel zu schwach, als dass von ihnen eine politische Systemveränderung initiiert werden könnte.

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