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Das Ende von Kafkas Prozess

od Arne Dettmann

Die Strafjustizreform - Chile nimmt bei der Modernisierung der Gerichtsbarkeit eine Vorreiterrolle ein.

In anderen Regionen Chiles ist sie schon in Kraft getreten, seit dem 16. Juni gilt sie nun auch für die Hauptstadt: Die Strafjustizreform. Auf Werbeflächen in der Metro wurde der große Wurf in der chilenischen Gesetzgebung bereits angepriesen.

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«Die Mühlen der Justiz arbeiten langsam. Und wahrscheinlich nicht einmal gründlich». Mit diesen Worten beschrieb Chiles Staatschef Ricardo Lagos die augenblickliche Situation des Gerichtswesens während seiner Rede zur Lage der Nation. Das war im Mai. Und schon ab dem 16. Juni soll alles anders laufen in den Hallen von Justitia. Unter Beteiligung von Experten und Institutionen aus Deutschland, die wie beispielsweise die Gesellschaft für Technische Zusammenarbeit (GTZ), das Max-Planck-Institut und die Konrad-Adenauer-Stiftung auf dem Feld der Justizreform in Lateinamerika und der politischen Bildung tätig sind, wurde eine Strafprozessreform (Reforma Procesal Penal) nach angelsäschischem Vorbild aufgestellt, die für Chile völlig neu ist:

  • Wenn es nunmehr in einem Strafverfahren zu einem öffentlichen Prozess kommt, wird er vor einem so genannten Oraltribunal (Tribunal Oral en lo Penal) geführt. Drei Richter hören sich die Aussagen des Opfers, der Zeugen sowie der Verteidigung und des Angeklagten an. Das Gerichtsverfahren ist nun mündlich, öffentlich und richtet sich nach dem Prinzip von Aussage und Widerspruch.

  • Die neue Prozessordnung sieht Mechanismen vor, die Prozedur in berechtigten Fällen zu vereinfachen und zu verkürzen. Allerdings müssen dabei die so genannten Garantierichter (Jueces de Garantía) zustimmen. Diese neue Institution soll den korrekten Verlauf des Prozesses überwachen.

  • Das Staatliche Verteidigungsamt (Defensoría) nimmt sich denjenigen an, die aufgrund geringer finanzieller Mittel die Prozesskosten nicht decken können.

  • Am Anfang jedes Prozesses stehen nicht mehr die Richter, sondern nunmehr das Ministerio Público mit seinen Staatsanwälten. Dieses Sonderministerium ist berechtigt, Anweisungen an die Polizei zu erteilen. Aufgaben sind die Verfolgung und Aufdeckung von Straftaten sowie der Schutz und die Betreuung von Opfern und Zeugen.

  • Bevor es zur Anklage kommt, sind Schlichtungsalternativen in der Prozedur vorgesehen. Es soll versucht werden, den Gang vor’s Gericht durch eine Einigung zwischen den Parteien zu vermeiden.

Ziel der Strafjustizreform ist die Schaffung von Transparenz und Effizienz. Anklage und Verteidigung müssen ihre Argumente öffentlich und mündlich vortragen. Die Richter wiederum sollen direkt nach mündlichen und nicht nach schriftlichen Vorgaben entscheiden. Experten sprechen daher von einer «Demokratisierung der Institutionen der Justiz». Die Gerichtswege und –prozesse sollen sich den realen Bedürfnissen der Gesellschaft annähern.

Der Staat hat sich dieses Reformpaket einiges kosten lassen. Um die neuen Aufgaben zu bewältigen, wurde eine Richterakademie gegründet, die kompetentes Personal für die neue Prozessart ausbilden soll. Mehrere hundert Richter, Staatsanwälte und Pflichtverteidiger sollen für einen reibungslosen Ablauf des neuen Strafjustizsystems sorgen. Mehr als 300 Gebäude im gesamten Land wurden gebaut, um die Infrastruktur des Justizwesens funktionsfähig anzupassen.

Bei der Strafjustizreform in Chile handelt es sich um ein Prozess, der nahezu ganz Lateinamerika betrifft. Seit zwei Jahrzehnten bemühen sich die meisten Länder, ihre erreichte Demokratie zu festigen. Im Fall von Chile wurden während der Pinochet-Regierung sowie danach zahlreiche Staatsreformen eingeführt, um die Wirtschaft zu liberalisieren, zu privatisieren und an die internationalen Märkte anzupassen. Die notwendige Modernisierung der staatlichen Institutionen hinkte allerdings hinterher.

Somit blieb im Justizwesen das alte «Inquisitionssystem» bestehen, das seine Wurzeln in der Kolonialzeit hat und sich hauptsächlich auf die Richter stützt. An ihnen ist kein Vorbeikommen möglich: Sie setzen das Verfahren in Gang, kontrollieren alle Phasen, fällen die Urteile. Ein Aussagerecht gibt es weder für Opfer noch Täter. Und offenbar sind die richterlichen Instanzen mit der Fülle ihrer Aufgaben hoffnungslos überfordert. Es kommt zu Verzögerungen und vor allem: «Die Gerechtigkeit bleibt dabei auf der Strecke», erklärte Ricardo Lagos in seiner Rede.

Der Erfolg dieser für Lateinamerika einzigartigen Reform hängt sicherlich von den Resultaten bei der Verfolgung von Kriminaltaten sowie von der Arbeitsweise und dem Funktionieren des gesamten Strafjustizsystems ab. Entscheidend wird allerdings auch sein, ob die Bürger genügend Vertrauen in die neuen Institutionen aufbringen. Die Umfragen lassen hoffen: Immerhin 75,4 Prozent der Einwohner Santiagos gaben an, das Reformwerk zu unterstützen. Und 89 Prozent glauben, dass sich Strafprozesse beschleunigen werden.

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Andreas Michael Klein

Andreas Michael Klein

Leiter des Regionalprogramms Politikdialog Asien

andreas.klein@kas.de +65 6603 6162

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