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Elemente der „Bolivarianischen Revolution“ von Präsident Chávez

od Michael Lingenthal
Denkweise und Aktion von Präsident Chávez sind durch zwei Elemente geprägt. Erstens durch sein militärisches Denken mit dem Niveau eines Bataillonkommandeurs und zweitens durch die „Bolivarianische Revolution“ selbst. Er scheint fast ausschließlich in Kategorien von „Befehl und Gehorsam“ zu denken und zu handeln. Seine Sprache ist und bleibt vulgär-martialisch. Er ist der Antityp eines modernen Regierungschefs. Der Regierungschef des 21. Jahrhunderts ist eher ein „Moderator“ komplexer Sachverhalte und politischer Beziehungen mit einem Verständnis für horizontale und vertikale Gewaltenteilung und Aufgabenerledigung, als ein „Führer“ (caudillo-), der durch direkte „Anweisungen“ bis auf die unterste Ebene „durchgreift“.

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Die „Bolivarianische Revolution“ von Präsident Chávez läßt sich durch ein Beziehungsdreieck bildlich beschreiben. Die drei Spitzen des Dreiecks sind Gott, Militär und Volk (pueblo) und der „populismo“.

Gott steht auf Seiten der Revolution. Die Revolution erfüllt direkt Gottes Gebote und besonders die Bergpredigt, weshalb Jesus auch der „1. Kommandant der Revolution“ ist.

Das Militär übernimmt die neue Rolle einer „Prätorianergarde“ und dient unmittelbar der Durchsetzung der Revolution. Das Volk trägt die Revolution, im Volk erfüllt sich die Revolution. Volk und Militär bilden eine Einheit unter dem gemeinsamen ideologischen und moralischen Dach der Revolution.

Allen drei Eckpunkten der Revolution ist eins gemeinsam: die direkte Beziehung des Führers der Revolution (Chávez) mit Gott, dem Militär und dem Volk unter Ausschaltung aller Zwischeninstanzen und –niveaus.

Die persönliche Inanspruchnahme von Gott und Jesus für die Revolution fehlt in keiner der zahlreichen landesweiten TV-Sendungen des Präsidenten. „Gott hat mich gerettet, als meine Ermordung beschlossene Sache war“ (laut Chávez am 11. April) zeigt das Verhältnis von Chávez zu Gott. „Jesus befiehlt, ich folge“ ist eine weitere sprachlicher Beleg dafür, dass Chávez selbst seine Beziehung zu Gott und Jesus mit militärischen Attributen beschreibt: „Jesus, mein Oberbefehlshaber“.

Die Umwandlung einer klassischen Armee in ein Instrument der Revolution wird augenblicklich über das neue Streitkräftegesetz realisiert. Neben einer weiteren Machtfülle für den Präsidenten, vor allem im Bereich der internen und externen Kontrolle, wo der Präsident Macht gewinnt und das Parlament Kontrollmöglichkeiten verliert, ist der qualitative Unterschied zur bisherigen Lage die Veränderung der Kommandostruktur. In den Streitkräften beginnt schon jetzt ein „vorelender Gehorsam“. Nichts verdeutlicht diesen Prozeß besser, als die öffentliche Erklärung des Befehlshabers der 3. Division und Kommandanten von Caracas, General Carneiro, zur Entscheidung des Obersten Gerichts in der Klage gegen die „gemischten Patrouillen“.

General Carneiro hatte am 13.11.02 unter Mißachtung der geltenden Rechtslage einseitig, ohne Veranlassung durch die gesetzlich zuständigen zivilen Behörden, diese Patrouillen verfügt. Vom Obersten Gericht „zurückgepfiffen“ erklärte General Carneiro, dass der Präsident in Caracas seinen Sitz hat und folglich für ihn die höchste zivile Instanz in Caracas darstellt. Der Präsident also nach dem Verfassungsverständnis der Chávez-Militärs über der gesetzlichen Gewaltenteilung zwischen Kommune, Bundesdistrikt (vergleichbar in Deutschland der Länderebene) und Zentralregierung. Ein Nachweis der Aufhebung der Gewaltenteilung „de facto“, wie er deutlicher kaum sein kann.

Der Oberbefehlshaber zieht alle Entscheidungsstränge bis auf die taktisch-operative Ebene an sich. Präsident Chávez kann mit dem neuen Streitkräftegesetz auch „de jure“ („de facto“ geschieht es schon heute) bis auf die Ebene der Kampfeinheiten durchgreifen.

Die Beziehung „Präsident – Volk“ soll eine direkte sein. Schon jetzt hat Chávez diesen Zustand in seinem Revolutionsbündnis erreicht. Sinnbildlich sind seine sonntäglichen TV- und Radiosendungen „Aló Presidente“. Kabinett, Leitungen von Staatsfirmen, hohe Militärs sind stundenlang „live“ dabei, um zu hören, welche Entscheidungen der Präsident in der Sendung trifft, welche Botschaften er hat. Dies alles hat nichts mehr mit einem „Kabinettstil“ beim Regierungsmanagement zu tun. Ausgewählte Anrufe, „Volkes Stimme“ erreichen den Präsidenten. Per Telefon werden Kredite, Finanzierung von Operationen oder andere Zuwendungen zugesagt. Die Minister werden aufgefordert den Fall zu notieren und das Problem zu lösen. Zwischeninstanzen werden direkt unter das Mandat des Präsidenten gestellt.

Chávez mißtraut als Revolutionsführern aber dennoch Volk, Militär und Kirche. Auf allen drei Ebenen organisiert er eine „Parallelstruktur“, die direkt der Revolution, und damit ihm persönlich, zugeordnet wird und verpflichtet ist.

Immer wieder droht er mit dem Aufbau einer eigenen Kirchenorganisation und selbstgefällig nimmt er Segnungen der Revolution und seiner Person als Revolutionsführer von seiner Anhängerschaft unter den Priestern entgegen. Geradezu genüßlich zelebriert er diese Akte „live“ in seiner Sendung „Aló Presidente“ oder im staatlichen Fernsehen. Einen direkten Zugriff hat er als Oberbefehlshaber der Streitkräfte auf einen Teil der Militärseelsorge, weil die dort arbeitenden Priester ihm unterstellt sind.

Das Steuerungsinstrument für die politischen Parteien der Revolution, das „Comando táctico de la Revolución“, unter Führung von Altkommunist Guillermo Ponce, der bei fast keiner TV-Sendung fehlt, wird durch eine gesellschaftliche Koordinierung ergänzt. Die neugeschaffene „Coordinadora Patriótica Nacional“ soll alle gesellschaftlichen Organisationen der Revolution erreichen und im politischen Ziel vereinen. Dem entspricht eine Organisation der Revolution auf allen gesellschaftlichen Ebenen. Beginnend bei Schülern, über Studenten, den Agrarsektor, die Reservisten, das „bolivarianische Militär“ bis hin zur „Clase Media Positiva“ (der „gute Mittelstand“). Keine Gelegenheit wird von Chávez ausgelassen, um vorrangig in den Regionen und in der Hauptstadt an Versammlungen dieser Gruppen ( „frentes“ / Fronten ) teilzunehmen und sie auf die Revolution einzuschwören und „koste es unser Leben“.

Die „Circulos Bolivarianos“ sind zugleich soziale Komponenten der Revolution wie auch „Hüter der Revolution“. Organisiert direkt durch engste Vertraute des Präsidenten und ganz offensichtlich auch mit öffentlichen Mitteln, erfüllen die Circulos ihre Doppelfunktion mehr und mehr. Teile der Circulos verfügen über Waffen. Aber sicherlich ist es grundfalsch, alle Mitglieder der Circulos als zukünftige Guerilla und Freibeuter einzuschätzen. Die Mehrheit versteht sich als ernsthafte Multiplikatoren einer sozialen Aktion, die vor allem deshalb notwendig ist, weil die Parteien und gesellschaftlichen Gruppen vor 1998 (Wahl von Chávez zum Präsidenten) in der Armutsfrage und in der Dezimierung des Mittelstandes glatt versagt hatten. Dieses Versagen der alten Politik- und Gesellschaftsschichten, ist bis heute „Wasser auf die Mühlen“ von Chávez beim Aufbau revolutionärer und ihm verpflichteter Strukturen.

Chávez ist der Hauptfeind von Chávez“ ist eine gängige Meinung und viele der Mittel- und Oberschicht verachten ihn bis heute wegen seiner martialischen Sprache, wegen seiner revolutionär-wirren Gedanken, wegen seiner Nähe zu Fidél Castro und seiner Bewunderung des „kubanischen Modells“ („Kuba, Meer der Glückseeligkeit“) und wohl auch, weil es einfach nicht sein darf, dass ein unfähiger und gescheiterter Putschist seiner Qualifikation trotzdem ins Präsidentenamt gelangt.

Dabei wird nur allzu leicht übersehen, dass Chávez sehr wohl die Themen aufgenommen hat, die in Lateinamerika ungelöst sind und teilweise Ausmaße eines „öffentlichen Skandals“ haben. Dabei geht es nicht um die Frage, ob Chávez ernsthaft willens und in der Lage ist, eines der Probleme zu lösen. Wichtig ist vielmehr, dass er Themen Stimme gibt, ohne deren Bewältigung Lateinamerika und Venezuela keine Zukunft haben.

Es sind die ungelösten Probleme der Armut, der sozialen Ungerechtigkeit, der unausgewogenen Landverteilung. Es ist die kulturelle Eigenständigkeit Lateinamerikas mit seinen eigenen, idegenen Wurzeln, seinen Hochkulturen vor der Eroberung durch Europa. Es ist der „de facto“ Ausschluss der indigenen Bevölkerung von Bildung und Aufstiegschancen. Es ist die Abstinenz von Rechtsstaat und sozialer Gerechtigkeit und Ausgewogenheit. Es ist die Frage der Völker in der Schuldenfalle, wobei Chávez geflissentlich die Bedeutung der nationalen Verschuldung „übersieht“ und sich nur auf die Auslandsverschuldung beschränkt, es ist die Frage der Globalisierungsverlierer.

Seinem Verständnis entspricht, dass für alle diese Mißstände andere verantwortlich sind. Das Ausland, die internationalen Banken und Finanzierungsinstrumente, die Oligarchie, die Altparteien – kurz alle, außer ihm selbst tragen Verantwortung.

Diese Grundhaltung trifft sich in „idealer Weise“ mit der Schwierigkeit breiter Kreise in allen Schichten Venezuelas, die eigenen Fehler und Verantwortlichkeiten wirklich anzuerkennen und darauf aufbauend Lösungsvorschläge für die hausgemachten Probleme zu entwerfen und vor allem zu realisieren. Chávez bietet seiner Klientel eine ideale Perspektive, alle Schuld für die venezolanische Misere und die tiefe Staatskrise auf andere abwälzen zu können.

Neben seiner kommunikativen Fähigkeit, und seine Sendungen „Aló Presidente“ sollen ja nicht seine Gegner erreichen sondern sind vielmehr ausschließlich zur Bestärkung seiner Klientel gedacht, sind es vor allem die Themen, die tatsächlich auf der Tagesordnung der Politik stehen, die ihm den Zugang zu seinen Massen erleichtern. Und trotz aller Verluste an Ansehen und internationaler Unterstützung, bis heute verfügt Chávez für sein Projekt immer noch über die relative Mehrheit in den Umfragen und über die Mehrheit im Parlament .

Gott, Militär und Volk stellen also in der „Bolivarianischen Revolution“ von Präsident Chávez eine Einheit dar. Er selbst verfügt über die direkte Beziehung zu allen drei Revolutionskomponenten. Nur über ihn, erfüllt sich die Bolivarianische Revolution, auch wenn er natürlich ab und an anmerkt, dass Personen nicht wichtig für die Revolution sind, sondern ersetzt werden können.

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