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Koalitionen, Koalitionspolitik und Erschütterungen in der UDK

od Josef Gruber
Das große Schlagwort in Zusammenhang mit den in annähernd sechs Monaten bevorstehenden Parlamentswahlen lautet im Augenblick "Koalitionen". Alle Parteien spielen mögliche Varianten des Zusammengehens vor und/oder nach den Wahlen durch, von denen sie sich Vorteile erhoffen.

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Alle Umfragen deuten darauf hin, dass auch bei der Abstimmung 2001 Hauptrivalen zum einen die in den Vereinigten Demokratischen Kräften (VDK) um die Union Demokratischer Kräfte (UDK) als stärkste Partei einerseits und um die Bulgarische Sozialistische Partei (BSP) andererseits zusammengefassten Kräfte sein werden.

Das bulgarische Parteiensystem sticht in gewisser Weise wohltuend von dem anderer postkommunistischer Länder in Osteuropa ab. Es hat sich als erstaunlich stabil erwiesen und erinnert mit UDK-VDK, BSP und der kleinen türkischen Bewegung für Rechte und Freiheiten (BRF) zumindest äußerlich durchaus an westeuropäische Modelle. In vielen osteuropäischen Ländern lösten sich die ehemaligen antikommunistischen Sammelbewegungen zu einem relativ frühen Zeitpunkt auf, während die Nachfolger der kommunistischen Parteien sich fest im linken Teil des Spektrums etabliert haben.

Der bürgerliche Pol ist dort infolgedessen häufig fragmentiert und instabil, während in Bulgarien die Sammelbewegung UDK eine ziemlich erfolgreiche Transformation zu einer großen Volkspartei der Mitte durchlaufen hat und keine ernstzunehmenden Konkurrenten im Mitte-rechts-Spektrum besitzt.

Negativ zu Buche schlägt allerdings, dass die Nachfolgeorganisation der vormaligen Staatspartei BKP, die BSP, welche die dominierende Formation im linken Spektrum darstellt, seit 1989 einen Wandlungsprozess in weit geringeren Maße durchlaufen hat als die analogen Organisationen beispielsweise in Polen oder Ungarn. Es ist demzufolge auch nicht ganz verwunderlich, dass alle Fälle seit 1990, da die Sozialisten die Regierung stellten oder daran beteiligt waren, mehr oder weniger in einem Fiasko endeten.

Es hat seit 1990 in Bulgarien kaum einen Urnengang gegeben, bei dem nicht die z.T. exotischsten kleinen und großen Vorwahlkoalitionen geschmiedet wurden. Man muss dabei jedoch in Rechnung stellen, dass ein reales politisches Gewicht nur die UDK-VDK, die BSP, die BRF und bis zu einem gewissen Grade die Eurolinke und der Bulgarische Businessblock (BBB) besitzen.

So bildeten beispielsweise sowohl die UDK als auch die BSP bei den Wahlen 1994 auf den ersten Blick breiteste Koalitionen mit etlichen kleinen Parteien und Bewegungen, die Vielfalt und Macht suggerieren sollten, in Wirklichkeit aber praktisch Koalitionen "mit sich selbst" waren. Die UDK war übrigens, bevor sie sich ab 1996 zu einer Partei mauserte, selbst eine Vielparteienkoalition.

Die "Lagertheorie" des Wahlverhaltens

Was mögliche Koalitionen im allgemeinsten Fall betrifft, so mag vor allem auf die wichtigen Ergebnisse der politischen Analysen und Statistiken des Wahlverhaltens seit 1990, wie sie u.a. von der Partnerstiftung "Demokratie" durchgeführt wurden, verwiesen werden. Demnach hat bislang für Bulgarien eine Art "Lagertheorie" Gültigkeit gehabt, bei der sich grundsätzlich zwei große Wählerschaften gegenüberstehen, die sich entsprechend um die UDK und BSP gruppieren und zwischen denen keine nennenswerten Wählerwanderungen stattfinden. Das Abschneiden der Parteien bei den Wahlen ist demzufolge in erster Linie vom Grad der Mobilisierung der jeweiligen Wählerschaft abhängig.

Bei Koalitionserwägungen wird mithin die "Lagertheorie" relevant - mögliche Bündnispartner müssen demnach aus demselben Lager stammen, um für die Sympathisanten der anderen Partei akzeptabel zu sein. So würde von dieser Warte aus eine gemeinsame Liste beispielsweise der UDK und der Eurolinken unweigerlich Spannungen und Unverträglichkeiten provozieren, weil die Eurolinke als eine Abspaltung der BSP nicht mit der Wählerschaft der UDK vereinbar ist.

Hingegen wäre die BDSP, obwohl formal ebenfalls eine linke Kraft, mit der UDK durchaus kompatibel, weil sie ihre Ursprünge im antikommunistischen Lager hat. Im übrigen hat der Partner - die Demokratie-Stiftung - statistische Modelle der günstigsten Koalitionen im demokratischen Spektrum entworfen, aus denen hervorgeht, dass ein großer Block im Sinne der VDK nicht notwendigerweise die höchste Stimmenzahl auf sich vereinigt. Arithmetisch günstiger sind beispielsweise Konfigurationen mit zwei getrennten Wahlbündnissen, deren politische Zweckmäßigkeit oder Durchführbarkeit indessen zweifelhaft sind.

Allerdings wäre festzustellen, dass die bulgarischen Medien, sicher nicht ohne Zutun der Politiker, den Begriff der Koalition fast zu Sinnbild der politischen Weisheit oder zu etwas geradezu Wünschenswertem erhoben haben. Eine Partei, die im Vorfeld der Wahlen keine Koalitionspartner findet oder möglicherweise auch keine will oder braucht, gilt für sie geradezu als ausgestoßen.

Man kann und will offenbar nicht verstehen, dass alle Parteien letztlich antreten, um Wahlen zu gewinnen und das Koalitionen bisweilen sicher notwendige Kompromisse darstellen, natürlich vorrangig in den Fällen, wenn im Parlament keine klaren Mehrheitsverhältnisse herrschen oder aber großangelegte, radikale Reformen eine maximale Erweiterung der sozialen Basis erfordern, wie in Osteuropa zu Beginn der 90er Jahre. Sie bleiben nichtsdestoweniger Notlösungen. Es ist zudem auch nicht einzusehen, weshalb die Parteien in jedem Falle eindeutige Koalitionsaussagen bereits vor den Wahlen treffen sollten, liegt es doch auf der Hand, daß die künftige Kräfteverteilung im Parlament nicht im vorhinein gewusst werden kann.

Zankapfel BRF

Eine Sonderstellung nimmt im Schema der Lagertheorie die Bewegung für Rechte und Freiheiten (BRF) ein, die ziemlich geschlossen von der türkischen Minderheit bevorzugt wird. Ihr ethnischer Charakter macht ihre eindeutige Einordnung in das politische Koordinatensystem schwierig und würde den Gegenstand einer gesonderten Untersuchung bilden.

Als Reaktion auf die Repressalien des kommunistischen Regimes unter Todor Shivkov in den 80er Jahren gegen die türkische Bevölkerung entstanden, wäre ihre Zuordnung zum antikommunistischen Raum um die UDK bis zu einem gewissen Grade gerechtfertigt, doch das inkonsequente Verhalten der Parteiführung bis hin zur offenen Kollaboration mit der BSP 1992-94 in der Zeit der Berov-Regierung lässt eine derartige Einstufung problematisch erscheinen. Insofern sich überhaupt schlüssige Aussagen über das Verhalten der Partei oder besser - der Parteiführung - treffen lassen, beziehen sie sich darauf, dass sie kein verlässlicher Partner ist und in opportunistischer Weise z.T. zwielichtigen wirtschaftlichen und damit verflochtenen politischen Interessen dient. Die nachgewiesene Agententätigkeit ihrer gesamten Führungsriege für die ehemalige kommunistische Geheimpolizei DS rundet diese Einschätzung weiter ab.

Gerade die Rolle der BRF als eventuelles "Zünglein an der Waage" oder Mehrheitsbeschaffer im nächsten Parlament lässt sie für bestimmte Kreise in den beiden großen Parteien UDK und BSP attraktiv erscheinen, so dass an Umwerbungsversuchen kein Mangel ist. Das seinerseits reflektiert auf das Selbstbewusstsein der BRF-Führung und lässt ihr politisches Gewicht als weit größer erscheinen, als es die 4-5%, die sie traditionell bei Wahlen auf sich vereinigt, nahelegen würden. Die Beziehung zur BRF ist eine Hauptquelle von Kontroversen innerhalb der UDK, die in den dramatischen Ereignissen der vergangenen Tage einen vorläufigen Höhepunkt erreicht haben.

Koalitionsbemühungen im linken Spektrum

Den Bemühungen im linken Spektrum, wenn zu schon zu keiner Koalition, so doch zumindest zu einer Art Zusammenarbeit der linken Kräfte zu gelangen, ist bislang kein Erfolg beschieden gewesen. Die Gründe dafür sind vielfältig - Profilierungssucht der Parteien und ihrer Vorsitzenden, persönliche Rivalitäten, ideologische Differenzen u.a. So werfen die Eurolinke und ihr Vorsitzender, Alexander Tomov, der BSP vor, Versuche zur Spaltung der Eurolinken unternommen zu haben, um sie in die Bedeutungslosigkeit abzudrängen.

Der Ehrenvorsitzende der BSDP und "Patriarch der bulgarischen Sozialdemokratie", der 84-jährige Dr. Petar Dertliev, redete lange Zeit zugunsten einer Koalition aller linken Kräfte das Wort, spricht sich aber zuletzt für eine selbständige Teilnahme der BSDP an den Wahlen aus. Seines Erachtens gibt es zwar in der BSP durchaus Ansätze zu einer Bewegung in Richtung Sozialdemokratie hin, aber auch noch einen zu mächtigen, rückwärtsgewandten Flügel.

In der BSP selbst stehen die konservativen Strömungen, z.B. das Offene Forum des Krassimir Premjanov, dem auch Ex-Premier Jean Widenov nahesteht, einer Annäherung an die Eurolinke oder auch an die BRF, wie sie von der Parteiführung betrieben wird, ablehnend gegenüber. Dieses Knäuel widerstreitender Interessen und Ansichten dürfte nicht leicht zu entwirren sein.

Die Koalitionspolitik der UDK - zwei Ansichten, zwei Thesen

Die Vereinigten Demokratischen Kräfte (VDK) sind eine Koalition aus der UDK, einigen kleinen Parteien sowie der Volksunion (VU), die ihrerseits eine Koalition aus der Bauernpartei-Volksunion (BVBB-VU) sowie der Demokratischen Partei (DP) ist. Die Volksunion hat bekräftigt, die strategische Partnerschaft mit der UDK fortsetzen zu wollen.

Es trifft nun in der Tat zu, dass in der Parteiführung der UDK seit längerem zwei Ansichten über die siegreiche Strategie für die kommenden Wahlen bestehen. Es ist nämlich eine unverkennbare Tatsache, dass sich in Bulgarien seit einiger Zeit eine allgemeine Politikverdrossenheit beobachten lässt, d.h. es sind nicht nur die Regierungsparteien, sondern die gesamte politische Klasse im Ansehen der Wähler gesunken.

An dieser Stelle sei nur angemerkt, das mit gutem Grund auch weiterhin nicht mit einer Renaissance der linken Kräfte zu rechnen ist. Viele der Ursachen für den Vertrauensverlust in die Regierungsparteien andererseits sind eher manipulativer Natur, obgleich dafür auch objektive Faktoren verantwortlich zeichnen.

Die eine These geht nun davon aus, dass es Aufgabe der UDK ist, das verlorene Vertrauen der Wähler zurückzugewinnen. Die Union hatte in der VDK 1997 bekanntlich eine satte absolute Mehrheit geholt, so dass das erforderliche Potential zumindest theoretisch vorhanden ist.

Die andere These hingegen nimmt a priori an, dass die UDK nicht in der Lage sein wird, verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen (sich darum auch nicht zu bemühen braucht) und infolgedessen nach allen möglichen Koalitionspartnern Ausschau halten muss, um eine Mehrheit im Parlament zustande zubringen. Die Befürworter dieser Linie sehen letztlich in der BRF den einzig möglichen Koalitionspartner der UDK und plädieren für eine maximale Annäherung der beiden Parteien bereits im Vorfeld der Wahlen.

Das Treffen beim Präsidenten

Auf einem Treffen der UDK-Führung mit Staatspräsident Petar Stojanov am 23. Oktober wurden die bevorstehenden Parlamentswahlen und die Koalitionspolitik der UDK diskutiert. Danach gab der UDK-Vorsitzende und Premier Iwan Kostov bekannt, dass die UDK ihre Koalitionspolitik erweitern und ihre Aufmerksamkeit der BRF und der Eurolinken zuwenden werde, ohne jedoch konkretere Aussagen über eine eventuelle Zusammenarbeit zu machen. Das Kabinett und die Regierungsmehrheit haben in den vergangenen drei Jahren keine Fehler in ihrem strategischen Kurs begangen, meinte Stojanov. Er betonte, dass dies die erste Regierung nach 1989 ist, die ihre volle Amtszeit absolvieren werde. Es müsse für eine Kontinuität der Politik auch nach den Wahlen 2001 gesorgt werden. Kostov war der Ansicht, dass die Einheit zwischen den Institutionen der Hauptgrund für die erfolgreiche Regierung der UDK sei. Er unterstrich, dass Petar Stojanov ein Garant für diese Einheit ist.

Der UDK-Vorsitzende gab bekannt, dass die UDK Petar Stojanov für eine weitere Amtszeit unterstützen werde, auch wenn er als unabhängiger Kandidat antreten sollte. Stojanov, ein Exponent der UDK, hatte kürzlich nicht ausgeschlossen, dass er im Falle einer erneuten Kandidatur u.U. als unabhängiger, überparteilicher Bewerber antreten würde. Er hatte diese Aussage in Zusammenhang mit mehrfach öffentlich erhobenen Vorwürfen durch den betagten ehemaligen Justizminister Swetoslav Lutschnikov (79) gemacht, der ihn für sein Verhalten als "Übervater" der Nation, der seine eigene politische Kraft – die UDK – zu sehr vernachlässige, kritisiert hatte. Dieses Treffen gab den Medien sehr viel Nahrung für Spekulationen und Kommentare.

Das Interview von Hristo Bisserov

Am 26. Oktober platzte die Nachricht vom Interview des Generalsekretärs der UDK für die auflagenstarke Tageszeitung TRUD. Es ist "In ihrer Koalitionspolitik hat die UDK Fehler gemacht" überschrieben und soll wegen seiner Relevanz in einer ganz leicht gekürzten Fassung angeführt werden:

Vorspann: Am Montag riefen der Präsident Petar Stojanov und Mitglieder des Nationalen Exekutivrates der UDK die blaue Partei auf, sich für eine breite Vorwahlkoalition zu öffnen. Der Premier Kostov schloss sich ihnen, wenn auch nicht sonderlich bereitwillig, an. Die Reformer in der UDK aber erwarten konkrete Schritte zu einer neuen Koalitionspolitik hin. "Wir wollen, dass Petar Stojanov die führende Gestalt der neuen Vision von der Macht wird, eine Brücke zu einer breiten Mitte-rechts-Vereinigung", sagte Bisserov damals.

Herr Bisserov, Sie sind der erste Politiker in der UDK, der sagte, dass das Streben der BSP zur Macht unterbunden werden muss. Bisher war die Einstellung Ihrer Partei dieser Frage gegenüber ziemlich abweisend. Was ist geschehen, dass Sie endlich doch die Existenz einer Opposition in diesem Land anerkennen?

Als erstes, es gibt bereits klare Aspirationen der BSP zur Macht. Zweitens gibt es eine für uns beunruhigende Tatsache - aus den Meinungsumfragen geht hervor, dass ein erheblicher Teil der Gesellschaft mit einem solchen Ergebnis rechnet. Eine solche Tendenz gab es auch 1994, ich bin sicher, dass die BSP kein auch nur annähernd vergleichbares Ergebnis zu 1994 erzielen kann, sie ist aber in der Lage, eine Formel zu finden, um an die Macht zu gelangen. Die Beziehungen zwischen der BSP und der DPS sind ein Mechanismus, der ein solches Ergebnis zur Folge haben könnte.

Es gibt etwas sehr Wichtiges in diesen Beziehungen – die Tatsache, dass die DPS die BSP irgendwie als europäische Partei in Bulgarien legitimiert. Im Grunde ist das der starke Schachzug von Dogan. Das ist es, was er der BSP verschafft, und nicht einfach Stimmen, Abgeordnetenmandate...

Zugleich denke ich, dass die BSP noch nicht das Recht einer solchen Legitimierung verdient hat...

Die BSP aber legt im Augenblick eine sehr hohe Koalitionskultur an den Tag. Können Sie mit demselben aufwarten?

Das, was die BSP macht, ist, dass sie sie an den Tag legt. Sie ist noch nicht so weit, sie umzusetzen.

Inwieweit wurde die Koalitionskultur von der UDK umgesetzt? Oder einfacher - warum ist der BRF-Vorsitzende Dogan bei der BSP?

Dogan ist noch nicht bei der BSP. Was die Koalitionspolitik der UDK anbelangt, müssen wir einige sehr positive Dinge in Rechnung stellen, die sich zum ersten Mal in den vergangenen Jahren in der bulgarischen Geschichte ergeben haben - dass die Parlamentsmehrheit über die volle Legislaturperiode gehalten hat...es gibt aber ein "aber". Es ist an der Zeit zu sagen, dass es in der Koalitionspolitik der UDK seit der Nationalkonferenz bis heute viele Schwächen gibt...

Es ist erst einen Tag her, dass Kostov diese Koalitionspolitik hoch einschätzte.

Das Verhalten unserer Koalitionspartner in den letzten Monaten zeigt, wer recht hat. Der Umstand, dass die Gruppe der Bauernpartei mit Vorsitzendem Pintschev dieses Kabinett nicht unterstützte, dass die WMRO aus der Fraktion ausscheidet. Dass die BSDS und die NDPS (Sozialdemokraten von Nichrisov, Partner der UDK + Neue DPS von Dogan-Gegner Güner Tahir) eine neue Koalition vorbereiten, die Tatsache, dass wir von der Volksunion Signale bekommen, dass sie einen Teil der Beziehungen neu bewertet, muss uns beunruhigen...

Das schien die stabilste Verbindung, ihre einzige Stütze.

Ja, die Koalition UDK-VU wird sehr stabil bleiben. Und es gibt eine sehr einfache Erklärung – von allen Koalitionspartnern wurde einzig die VU der Regierung teilhaftig. Und zwar direkt...

Glauben Sie in diesem Falle, dass eine Regierung, an der auch ihre anderen Partner beteiligt sind, Signalwirkung für eine neue Politik hätte?

Ja, ein Kabinett auf breiter Grundlage würde ein größeres Ansehen genießen... Svetlana Djankova (seit der letzten Nationalkonferenz Mitglied des Nationalen Exekutivrates) formulierte die Garantien für eine neue Koalitionspolitik auf dem Treffen mit dem Präsidenten...

Schließt das die Entscheidungsfindung durch einzelne Personen aus?

Es schließt das Treffen von Entscheidungen durch eine einzelne Partei aus. Sie müssen gleichberechtigt zwischen den Partnern und mit Kompromissbereitschaft getroffen werden. Es folgen die Regierungsgarantien. Das bedeutet die Heranziehung von politischen und nichtpolitischen Kräften bei der Entscheidungsfindung. Der andere Ausdruck ist eine gemeinsame Beteiligung an der Exekutive. Auf allen Ebenen, einschließlich am Kabinett...

Verstehe ich Sie richtig, dass Sie von der Gegenwart sprechen? D.h. ein neues Kabinett vor den Wahlen?

Ich denke, dass das der richtige Weg ist.

Kehren wir zu den Garantien zurück. Der dritte Weg sind die institutionellen Garantien. Ich meine den Präsidenten, der der große Garant dieses Prozesses ist...Wissen Sie, es ist seltsam, dass die BRF das Kabinett der VDK zweimal unterstützte, die Bauernpartei (von Pintschev) das aber nicht macht...Dieser ganze Kreis von politischen Kräften, die das hohe Rating von Präsident Stojanov aufrechterhalten, muss genutzt werden...

Das widerspricht der letzten Bedingung, die Dogan in seinem Interview in der TRUD stellt - ein NEIN der Festlegung der künftigen Struktur des politischen Raumes im vorhinein.

Die These, dass die Politik wohlmeinender werden muss, ist zutreffend. Wir befinden uns in einer neuen Phase... Dennoch glaube ich, dass es eine der Aufgaben der UDK ist, auf den politischen Raum einzuwirken...

Das bisher Gesagte ist Wunschdenken, Herr Bisserov. Wird Iwan Kostov all das, was Sie sagen, unterstützen?

Herr Kostov hat eine Position auf dem Treffen bekundet. Er ist Vorsitzender der UDK. Den stärksten Beweis für die neue Koalitionspolitik der UDK könnte der Vorsitzende selbst geben.

Wie?

ANTWORT: INDEM ER DIE EXEKUTIVE VERLÄSST. Hervorhebung des Autors

Dieser Position schloss sich auch ein anderes Mitglied des Nationalen Exekutivrates, Jordan Zonev, an.

Auf einer eilends zusammengerufenen Fraktionssitzung fand jedoch die Haltung von Bisserov und Zonev keine Unterstützung und beide erklärten ihren Rücktritt von allen Parteiämtern und ihren Funktionen als Vorsitzende zweier parlamentarischer Ausschüsse. Die Regionalstrukturen der UDK stellten sich praktisch ausnahmslos demonstrativ hinter Iwan Kostov.

Die ersten Reaktionen

der Politiker:

Staatspräsident Petar Stojanov: "Im Interview von Herrn Bisserov gibt es auch wahre Feststellungen ... die UDK ist eine europäische Partei und es gibt keine Fragen, die nicht kommentiert werden können ... Aber eine solche Debatte muss in der Führung und den Strukturen der UDK beginnen, nicht in den Medien ... "

Parlamentspräsident Jordan Sokolov: "Die These von Herrn Bisserov ist m. E. unbegründet, insbesondere wenn sie als Forderung irgendwelcher Reformer im Nationalen Exekutivrat (NIS der SDS) erhoben wird ... Manche Leute vergessen, dass im Moment die VDK regieren und niemand beschließen kann, eine neue Koalitionspolitik gegenüber politischen Kräften zu führen, die bisher nicht unsere Koalitionspartner gewesen sind, wobei wir unseren Koalitionspartnern den Rücken kehren. Wir müssen ihnen gegenüber eine ... Politik ausarbeiten ... das war der Standpunkt des NIS der SDS, wie auch beim Treffen mit dem Präsidenten. Wir sehen eine Öffnung der UDK vor allem nach den Wahlen, sind aber auch nicht dagegen, bereits jetzt Absprachen, ja sogar eine Vereinbarung mit unseren Koalitionspartnern zu erreichen ... Derartige Forderungen - dass der Vorsitzende der Partei nicht Premier sein sollte, können und dürfen keine Unterstützung finden ... das findet auch keine Unterstützung in den letzten Umfragen, die darauf hindeuten, dass ... die UDK bereits mit 8 Prozentpunkten vor der BSP führt. Mir scheint, dass hier bestimmte ökonomische Interessen ins Spiel kommen und ich weiß nicht, ob das nicht eine Reaktion gerade auf die Absicht der Regierung ist, das Privatisierungsgesetz zu novellieren ... "

Die Fraktionsvorsitzende der UDK, Ekaterina Michajlova: "Bisserov hat 3 Jahre lang geschwiegen und jetzt beschlossen zu reden, und zwar direkt zu den Medien." Das ist ihres Erachtens eine Frage, die nicht selbstherrlich, sondern im Nationalen Exekutivrat und erforderlichenfalls auf einer Konferenz behandelt werden muss. Sie glaubt ebenfalls, dass dieser Zug von Zonev und Bisserov mit Privatisierungsinteressen zusammenhängt.

Der Sofioter Oberbürgermeister Stefan Sofianski: "Jetzt dürfen keine Veränderungen im Kabinett vorgenommen werden, weil das sehr starke Spannungen und eine allgemeine Schwäche der UDK zur Folge hätte, wovon wir alle verlieren würden."

Ex-Premier Philip Dimitrov: "Ich denke, dass der Rücktritt von Bisserov und Zonev in hohem Maße beizeiten erfolgt ist. Die UDK litt in letzter Zeit daran, dass ... einige Leute mit schlechtem Ansehen ihren Schatten auf die Partei warfen. Herr Bisserov und Herr Zonev nehmen den ersten Platz in dieser Riege ein ... "

und der Politologen:

Iwan Krastev: "Für mich ist dieser ganze Prozess gesund - sowohl für die Gesellschaft als auch für die UDK ... Mit seiner Attacke gegen Kostov brachte Bisserov den verborgenen Konflikt ans Tageslicht ... die gute Nachricht ist, dass der Skandal jetzt und nicht im März 2001 ausbrach ... Bisserovs Gruppe hat nicht das Potential, die UDK zu zerschlagen ... Bisserov hat einen politischen Fehler gemacht ... "

Ognjan Mintschev: "Es liegt eine absolute Analogie zu 1992 vor, als ... derselbe Versuch zum Sturz des damaligen Premiers Philip Dimitrov (UDK) unternommen wurde ... Meine Prognose ist, dass es keine Wiederholung von 1992 geben wird und ... dass man Bisserov und seinen Kreis aus ihren Positionen in der UDK drängen wird, ohne dass dies die Parlamentsmehrheit oder die Politik der UDK in Frage stellen wird ... "

Ewgenij Dajnov: "Das Ziel der Gruppe der Leute um Bisserov ist klar – es sind die Leute, die kein öffentliches Vertrauen genießen und sich daher an eine andere Wählerschaft hängen wollen, im vorliegenden Falle an die BRF. Ihre Handlungen waren unvorbereitet und überstürzt."

Dejan Kjuranov: "Wir haben es mit einem erneuten Versuch für einen Umsturz in der UDK zu tun. Einen solchen Versuch gab es auch im Sommer mit Ex-Innenminister Bogomil Bonev, hinter ihm standen wahrscheinlich Leute wie Bisserov, Bakardshiev (Chef der UDK-Sofia) und Jordan Zonev ... Es gibt keine objektiven Gründe für einen Abgang Kostovs durch einen parteiinternen Umsturz, und er wird vermutlich misslingen ... "

Interessant, wenn auch in manchen Punkten spekulativ, sind einige Äußerungen des für seine radikalen Ansichten bekannten UDK-Politikers Edwin Sugarev in einem Interview für die Tageszeitung TRUD vom 28.10.:

Herr Sugarev, sie nannten Bisserov und Zonev einst "Keile". Wie würden sie ihren jetzigen Schritt kommentieren?

Ich habe sie nicht Keile genannt, sondern diebische Jungs, und jetzt haben sie ihr wahres Gesicht gezeigt. Der einzige Fehler von Iwan Kostov war es, dass er ihrer nicht beizeiten Herr geworden ist.

Was würden Sie diesen beiden Jungs empfehlen?

Ihren Hut zu nehmen und aus der UDK zu verschwinden ...

Man behauptet, dass sich die Schlacht in der Schlussphase befindet. Wer wird Ihres Erachtens über wen siegen?

Die Situation erinnert schrecklich an die "blauen Ameisen"(von 1992) ... ich kann keine genaue Antwort geben, weil es in dieser Geschichte unklare Momente gibt.

Muss man sie Ihrer Meinung nach aus der UDK ausschließen?

Das ist inzwischen unerlässlich.

Sie kennen Hristo Bisserov, er macht keine leeren Züge. Was mag ihn zu diesem Schritt bewogen haben?

Es sind seine Wirtschaftsinteressen in der Privatisierungsagentur und solche, die mit einigen der des Landes verwiesenen Russen zusammenhängen, betroffen.

Das ist aber ein sehr riskanter Zug für ihn.

Es scheint, dass Bisserov sich seine Rechnung gemacht hat. Wenn jetzt ein Chaos in der SDS entstünde, auch wenn man ihn aus seinen Positionen weist, würde dieses Chaos später der Grund für eine Wahlniederlage der SDS und er könnte auf einem weißen Pferd zurückkehren, die Schuld an allem Iwan Kostov zuschiebend.

Bakardshiev hat ebenfalls einige Züge unternommen.

Alle drei – Bisserov, Zonev und Bakardshiev – stecken unter einer Decke.

Wo ist aber in diesem Schema Ex-Innenminister Bogomil Bonev?

Bogomil Bonev war das Werkzeug, dessen sich alle bedient haben. Er hat einfach überstürzt gehandelt und verloren, er ist weg vom Fenster der Politik. Meiner Meinung nach beinhaltete das gemeinsam von ihnen erdachte Szenario eine allmähliche Entwicklung dieser Dinge.

Wie wird sich dieser Skandal auf die SDS sechs Monate vor den Wahlen auswirken?

Antwort: Ziemlich negativ auf die Chancen der SDS. Das genau ist das Ziel der fraglichen Herrschaften. So abgedroschen das auch klingen mag, ich zweifle nicht, dass das ein Szenario ist, dass nicht nur an die Interessen von Leuten in der SDS rührt.

Was meinen Sie?

Vor allem geopolitische Interessen. Wenn Sie sich die geopolitische Karte des Balkans im Moment anschauen, werden Sie sehen, dass Rußland dort fast keine Stützpunkte mehr hat ... Erinnern Sie sich, wessen Interessen Hristo Bisserov bei Geschäften wie das mit der Firma Petrol verteidigte?

Wessen?

(Des ausgewiesenen russischen Geschäftsmannes) Denis Erschov.

Bisserov und Erschov?

Ja, er spielte gegen LUKoil, aber für eine andere Gruppierung.

Fazit

Beim gegenwärtigen Stand der Dinge müssen viele Hintergründe dieser letzten Ereignisse unbekannt und spekulativ bleiben, so dass vorerst nur allgemeine Aussagen gemacht und Hypothesen darüber angestellt werden können.

Es ist eine Tatsache, dass bestimmte Führungspersönlichkeiten selbst in den höchsten Etagen der UDK seit geraumer Zeit im Ruf stehen, nicht immer ganz lautere Interessen vor allem wirtschaftlicher Natur zu vertreten. Dazu gehören (leider) auch der bisherige Generalsekretär Hristo Bisserov und Jordan Zonev.

Nun ist es keineswegs verwerflich, dass Politiker Kontakte zu Wirtschaftskreisen pflegen, auch ein gewisses Maß Lobbyismus, selbst für russische Firmen, ist - soweit er sich im Rahmen im Rahmen des Gesetzes bewegt - durchaus statthaft. Bedenklicher wird es jedoch, wenn sich der Lobbyismus in Klientelwirtschaft verwandelt und noch fragwürdiger, wenn man glaubt, private Interessen durch eine Attacke auf die eigene Regierung vertreten zu müssen. Natürlich lassen sich für die Behauptung, es handle sich hierbei um den Versuch zur Destabilisierung des Kabinetts wegen dubioser vor allem wirtschaftlicher oder gar geostrategischer Interessenlagen, keine strengen Belege anführen, die juristische Beweiskraft hätten.

Gleichwohl existieren eine Reihe mittelbarer Hinweise, die eine solche Annahme nicht gänzlich unplausibel erscheinen lassen. Parallelen zu 1992, als die erste Regierung der UDK nach weniger als einem Jahr Amtszeit gestürzt wurde, sind ebenfalls nicht von der Hand zu weisen. Einiges an der Diagnose von Bisserov, wie sie in seinem Interview zum Ausdruck kommt, mag zutreffend sein.

So wird niemand bestreiten, dass es einen Rückgang in der Wählergunst für die UDK gibt. Die von Bisserov nahegelegte Therapie ist aber ist denkbar ungeeignet. Verwiesen sei lediglich auf folgende bezeichnende Ungereimtheit in seiner Argumentationslinie: Er ist der Ansicht, dass die Regierung von Ministerpräsident Iwan Kostov eine gute Note verdient, nichtsdestoweniger fordert er den Rücktritt von Iwan Kostov als Premier, wo er erfolgreich ist, plä diert jedoch für sein Verbleiben an der Spitze der Partei, obwohl angeblich gerade in diesem Amt seine Schwächen liegen.

Spekulativ müssen auch die Hintergründe des Zeitpunktes für den Angriff auf das Kabinett und Iwan Kostov bleiben. Es ist allerdings eine Tatsache, dass gerade in den letzten Tagen auf Betreiben des Premiers Novellen im Privatisierungsgesetz verabschiedet wurden, die auf eine verbesserte Kontrolle, Offenheit und Transparenz dieses Prozesses sowie auf Veränderungen in der Privatisierungsagentur abzielen. Insofern es sich aber tatsächlich um eine "konzertierte Aktion" von Regierungsgegnern, gleich aus welchen Motiven und Erwägungen heraus bei jedem einzelnen Teilnehmer handelt, war sie schlecht vorbereitet, überstürzt und anscheinend eher ein Misserfolg.

Ausblick

Interessanterweise hatte sich die unabhängige Presse am Tag nach dem Rücktritt von Bisserov und Zonev mehrheitlich auf ihre Seite und gegen Iwan Kostov geschlagen, obgleich die Journalisten in der Vergangenheit Bisserov und Zonev keineswegs gewogen waren, kaum ein gutes Haar an ihnen ließen und maßgeblich zu ihrem schlechten Image beigetragen haben1. Prognosen über die künftige Entwicklung sind nicht einfach.

Offenbar sind die Prozesse in der UDK an eine Art "Gabelpunkt" angelangt, wo sie die eine oder andere günstige oder weniger günstige Richtung einschlagen können. Hristo Bisserov ist natürlich kein gewöhnliches Parteimitglied, sondern der Generalsekretär, dessen Einfluss auf die Strukturen und den Apparat nicht unterschätzt werden sollte. Man kann trotz aller Fortschritte in der innerparteilichen Demokratie der UDK noch immer nicht strengste westliche Maßstäbe anlegen. Somit können auch nach seinem Rückzug weitere Versuche zur Diskreditierung und Destabilisierung der Parteiführung um Iwan Kostov nicht ausgeschlossen werden.

Auf der anderen Seite bezeichnet der Rücktritt der beiden Funktionäre das Ende einer lang andauernden Patt-Situation im Parteipräsidium, wo sich die Kräfteverhältnisse nunmehr eindeutig zugunsten des Kostov-Lagers verschoben haben.

Darüber hinaus sind zwei sprichwörtliche Figuren, deren schlechtes persönliches Image sehr negativ auf das Ansehen und damit letztlich auf die Wahlchancen der Union als Ganzes reflektierte, aus der aktiven Politik verschwunden, ihr come back praktisch ausgeschlossen. Es ist zwar bedauerlich, dass es 10 Jahre nach der Wende noch immer Leute in den höchsten Gremien der UDK gibt, die ihre privaten Interessen über denen der Partei und Bulgariens stellen. Andererseits kann man nicht umhin, auch eine gewisse positive Tendenz in der UDK festzustellen. Während zu Beginn der 90er Jahre derartige Machtkämpfe noch in chaotische Zustände, unendliche gegenseitige Schuldzuweisungen, Wirren und Spaltungen in der Fraktion ausarteten und letztlich einen Sturz des Kabinetts der UDK zur Folge hatten, haben Fraktionszwang und Parteidisziplin mittlerweile ein solches Niveau erreicht und die UDK ist so weit konsolidiert, dass sie einen demokratischen Ausweg aus der Situation gefunden hat, der anscheinend weder die Einheit der Partei noch die Stabilität des amtierenden Kabinetts in Frage stellt.

1 Man ging sogar so weit, sie mit verschiedenen, nicht sonderlich schmeichelhaften Beinamen zu bedenken. Wegen seiner verschlossenen Art eines Strippenziehers im Hintergrund wurde Bisserov z.B. gern als "Kardinal", "Graue Eminenz", "Schweiger", "Imperator" usw. bezeichnet.

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Thorsten Geißler

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