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Veranstaltungsberichte

2. Seminar der Reihe "Wirtschaft und Politik"

Vier Wirtschaftsexperten Argentiniens trafen sich am 28. August in der Universidad Católica Argentina, um die aktuelle Wirtschaftslage des Landes zu diskutieren. Die Veranstaltung ist Teil der Reihe "Wirtschaft und Politik"

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„Wie kann man Konjunktur charakterisieren?“ Mit dieser Eingangsfrage eröffnete der Moderator Dr. Marcelo Resico das zweite Seminar der Reihe „Wirtschaft und Politik 2013“ an der Universidad Católica Argentina (UCA). An diesem Tag kamen vier Wirtschaftsexperten Argentiniens zusammen, um den Stand der Wirtschaft zu dikskutieren. Vor einem großen studentischen Publikum wurden Themen der aktuellen Wirtschaftslage erörtert. Der Schwerpunkt verlagerte sich immer wieder auf eine effizientere Sozialpolitik. Die Bekämpfung der Armut war ein zentrales Thema.

Als ehemaliger Wirtschafts-Student der UCA ergriff Alfonso Prat-Gay, ehemals Präsident der argentinischen Zentralbank (2002,2004) und Mitbegründer von Juntos UNEN, als erster das Wort. Er beschrieb Konjunktur als „Stop-and-Go-Zyklus“. Gründe für dieses Stocken seien oftmals kultureller, politischer und ökonomischer Natur, die aus sozialen Krisen hervorgehen. Dabei ginge es meist um zwei Arten struktureller Veränderung, die diesen Verlauf beeinflussen würden: interne und externe. Diese stehen oft in starkem Austausch zueinander.

An die Gründe für das Stop-Go-Phänomen knüpfte Martín Lagos, studierte Ökonom der UCA, an. Der machte vor allem interne Probleme des Landes verantwortlich. Es seien politische Fehler; insbesondere in der Steuerpolitik, die die Wirtschaft seit den 70er Jahren bestimme. Für Lagos fingen die Problem unter dem argentinischen Ex-Präsident Raúl Alfonsín an. Insbesondere die Abschottung gegenüber einem Markt außerhalb der argentinischen Grenzen seien ein Problem.

Javier Fraga, ebenfalls Absolvent der UCA und ehemaliger Präsident der argentinischen Zentralbank (1989-1991), führte die Diskussion weiter. Die Wirtschaft bemesse sich am Bruttoinlandsprodukt. Hier sei zu erkennen, dass Argentien am schnellsten aus der Krise der 80er Jahren herausgekommen sei. Defraga sieht keinen Grund darin, die Schuld einer bestimmten Partei zuzuordnen.Die Zeit der großen Krisen sei vorbei. Für ihn steht die aktuelle Politik vor den selben Herausforderungen, denen sie bereits in vergangenen Wirtschaftskrisen stand. Wenn man sich mit grundlegenden Fragen der Wirtschaftspolitik befasse, dürfe man niemals die Kultur vernachlässigen. Die Gesellschaft müsse die Mechanismen verstehen, aus denen wirtschaftliche Prozesse und Probleme hervorgehen: sie gingen nämlich aus der Gesellschaft selbst hervor.

An dieses Wort schloss der vierte Redner des Morgens an. Der graduierte Wirtschaftsexperte Orlando Ferreres zieht Parallelen zwischen dem argentinischen und ehemalig sowjetischen Wirtschaftssystem. Er stützt seine Thesen auf die Theorien des russischen Wirtschaftswissenschaftlers Nikolai Kondratjew (1892-1938), der Konjunktion als eine wellenartige Auf- und Abbewegung in einem 50 Jahre Zyklus sieht. Demzufolge befand sich Argentinien 2002 in einer Hyperrezession; ein Abschwung von über 50 Prozent des Bruttoinlandprodukts.

In der zweiten Runde der Diskussion forderte Dr. Marcelo Resico die Experten zu einem Dialog über den aktuellen Stand der argentinischen Wirtschaft auf. Besonders der Umstand, dass jede neue Regierung begonnene Maßnahmen nicht zu Ende führe sei Anlass einen Dialog darüber entstehen zu lassen.

Für Javier Fraga steht die Steuerpolitik an zentraler Stelle, die unmittelbar mit der Armut in Zusammenhang steht. 20 Prozent der Menschen sei „arm“; ein Misserfolg des Landes. „Armut ist der Weg zu populistischer Polititk.“ Mit Populisten sei keine soziale Steuerpoltitik durchführbar.

Alfonso Prat-Gay zog einen Vergleich zu Chile. Argentinien habe keine unabhängigen Witschaftsexperten. In Chile und in Deutschland (der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung), gäbe es die sogenannten fünf Wirtschaftsweisen; unabhängige Experten, die sich wissenschaftlich mit der wirtschaftlichen Situation eines Landes auseinandersetzen und eine Beratungsfunktion einnehmen. Staatliche Institutionen und unabhängige Gremien dieser Art sollten einen Weg finden zusammen zu arbeiten. „Wirtschaftspolitiker müssen zusammengebracht werden.“, so Prat-Gay. Das Schwierigste daran sei die Unglaubwürdigkeit der Politik in Argentinien zu überwinden.

Martín Lagos legte seinen Argumentationsschwerpunkt auf die Bildung der zukünftigen Politiker des Landes. „Die Bildungspoltitk in Argentinien ist nicht ausreichend.“ Argentinien sei kein gebildetes Land mehr.

Orlando Ferreres, Gründer der Wirtschaftsberatungsfirma Orlando J Ferreres & Asociados S.A., bemängelte das Fehlen von privaten Unternehmen. „Mit mehr privaten Unternehmern, kann auch die Mittelschicht erstarken, so wie es in Brasilien passiert“, sagt der Wirtschaftsexperte. Daran anknüpfend muss der Sozialplan an das Wirtschaftswachstum angepasst werden und mehr in die Bildung investiert werden.

Martín Lagos bestätigt: „Das Land steht vor einer großen Herausforderung; es braucht ein Wunder, um der nächsten großen Krise auszuweichen“ Und eine nachhaltige Sozialpolitik.

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