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Veranstaltungsberichte

Runder Tisch über die “Weder…noch“

Über die, die weder arbeiten noch lernen bzw. studieren, sprachen Forscher, Professoren, Politiker und Vertreter von Nichtregierungsorganisationen beim runden Tisch, die die Konrad Adenauer-Stiftung gemeinsam mit der Katholischen Argentinischen Universität (UCA) organisiert hatte. Die Veranstaltung fand am 17. Oktober 2015 in Buenos Aires statt.

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María Lourdes Puente, Direktorin des Lehrstuhls für Politik und Regierungsführung der UCA, eröffnete den runden Tisch mit einigen einleitenden Worten. Dabei hob sie hervor, dass das Ziel der Zusammenkunft sei, Brücken zwischen der Forschung und der Politik zu schlagen, um die Gesellschaft mit Hilfe von Wissen zu verändern. Später übergab sie das Wort an Dr. Augustín Salvia, Direktor des sozialen Forschungsinstituts der UCA, der eine Studie über die aktuelle Lage der argentinischen Haushalte vorstellte.

Studie über die aktuelle Lage der argentinischen Haushalte im Jahr 2015

Das Befragen 5.700 argentinischer, städtischer Haushalte im ergab, dass derzeit 13 Prozent derselben unter Hunger litten, 15 Prozent keinen Zugang zu Trinkwasser hätten oder in überfüllten Unterkünften lebten. 17 Prozent lebten unter prekären Bedingungen, 21 Prozent der Kinder über fünf Jahre besuchten keine Schule, hätten die weiterführende Schule nicht abgeschlossen oder seien Kinder von Eltern ohne Grundschulabschluss. Zudem sei etwa ein Viertel der Befragten arbeitslos oder informell beschäftigt. Auf etwa die Hälfte aller Befragten träfe eines der beschriebenen Szenarien zu, wovon 60 Prozent in Vorstädten lebten. Knapp ein Fünftel der Haushalte leide unter mindestens drei der Szenarien. Des Weiteren sei etwa die Hälfte der Befragten von der Einkommensarmut basierend auf dem Warenkorb von 2014 betroffen. 16 Prozent der Betroffenen lebe in Groß Buenos Aires. Diese Personen seien sehr verwundbar und litten unter nichtbefriedigten Grundbedürfnissen wie zum Beispiel dem Ausschluss von der sozialen und öffentlichen Infrastruktur.

Dr. Salvia unterschied zwischen zwei Typen von Armut: Erstens, die Einkommensarmut und die prekären Unterkünfte, die Armut regenerierten. Zweitens, die formelle Unterbeschäftigung (spanisch: subempleo), die den Zugang zu Krediten erschwert und somit das Bauen von würdigen Unterkünften aufgrund der niedrigen Ersparnisse behindere.

Anschließend stellte er die drei generellen Tendenzen der vergangenen fünfzehn Jahre vor: Zwischen 2000 und 2007 habe der Staat durch entsprechende sozialpolitische aktive Eingriffe die Arbeitslosigkeit reduziert und das Bildungsniveau angehoben. Aufgrund unzureichender Investitionen, habe die steigende Kaufkraft zwischen 2007 und 2011 allerdings den Lebensstandard nicht verbessert. Seit 2011 sei die Arbeitslosenquote konstant und der Zugang zu den sozialen Grundrechten beschränkt, auch wenn die Rentner nun bessere Überlebenschancen hätten.

Das Hauptproblem sei aber, dass die Weltgesellschaft fragmentiert ist, das Wirtschaftswachstum von multinationalen Unternehmen abhänge und die argentinische Wirtschaftspolitik nicht an die Weltwirtschaftspolitik angepasst sei, was dazu führe, das kleine, mittelständische und Mikrounternehmen verarmten. Dieses Ungleichgewicht fördere außerdem die Existenz einer Parallelwirtschaft. Folglich sei die große Herausforderung der zukünftigen Regierung die regionalen Wirtschaften zu stärken und Mikrofirmen zu unterstützen, bis sie überlebensfähig seien.

Hinsichtlich der zunehmenden kulturellen und sozialen Ungleichheit unterstrich Dr: Salvia, dass vor allem Inklusion notwendig sei, intersektoriale Zusammenarbeit im ganzen Land sowie die soziale Mobilität zu vereinfachen. Abschließend forderte er, dass man Arbeitsplätze schüfe und gegen die strukturbedingten ungleichen Lebensbedingungen vorgehe.

Abschlussdiskussion

Im Anschluss an den Bericht merkten die Vertreter der verschiedenen Institutionen an, dass die Fragmentierung der Gesellschaft das Fortschreiten der Drogenbanden in Argentinien fördere. Mit Hinblick auf die Unterkünfte, stach die Überfüllung derselben hervor. Hinsichtlich der sozialpolitischen Maßnahmen, forderten sie spezifischere Maßnahmen für Arbeitslose und Personen, deren Zugang zum Arbeitsmarkt aufgrund mangelnder Bildung oder gesundheitlicher Probleme erschwert sei. Daher benötige man langfristige Pläne, die vor allem die Lebensbedingungen in den ersten Kindheitsjahren verbesserten und die Ungleichheit ganzheitlich bekämpften. Ein Teilnehmer schlug vor, ähnliche Maßnahmen wie in Peru zu treffen, wo der Staat den Übergang von informeller Mikrofirmen hin zur offiziellen Registrierung begleite ohne dabei die Eigentümer in den Ruin zu treiben. Außerdem kritisierten ein Experte die fehlende Koordination, Kontrolle und Evaluation aktueller Sozialpläne. Des Weiteren sprachen die Anwesenden darüber, dass nachhaltige Investitionen und das Schaffen von Plattformen notwendig sei, wo auch Nichtregierungsorganisationen und Betroffene zu Wort kämen. Abschließend forderte eine Forscherin, die gegebene Sozialpolitik auszuweiten, weniger zu stereotypisieren und gleicher, föderaler und qualitativ hochwertiger zu gestalten. Zu guter Letzt verabschiedete Lourdes Puente die Teilnehmer des runden Tisches und merkte an, dass die Universitäten unter anderem dazu da seien, um zu diskutieren und die Forschung voranzutreiben.

Carmen Leimann

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