Länderberichte
Rumänien und die Republik Moldau wollen Grundlagenvertrag abschließen
Der rumänische Außenminister Petre Roman und sein moldauischer Amtskollege Nicolae Tabacaru unterzeichneten am 28. April in Chisinau nach acht Jahren schwieriger Verhandlungen einen "Grundlagenvertrag über privilegierte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Rumänien und der Republik Moldau".
Beide Minister erklärten, dass der Abschluss des Vertrags ein historischer Augenblick für beide Staaten und für Europa sei. Mit dem Vertrag beabsichtigen Rumänien und die Republik Moldau, "besondere Beziehungen" festzuschreiben. Beide Länder wollen Mitglied der Europäischen Union werden und als Bedingung für den Integrationsprozess ihre Beziehungen untereinander klären. Bodo Hombach, der Sonderkoordinator für den Stabilitätspakt für Südosteuropa, der bei der feierlichen Vertragsunterzeichnung anwesend war, erklärte in seiner Rede, er sei froh, in Brüssel "gute Nachrichten aus diesem Teil Europas" überbringen zu können.
Im Laufe der Zeit erschwerten mehrere Probleme die Erarbeitung des Vertrages. Das heikelste Thema war der Ribbentropp-Molotow-Pakt, der das Territorium der jetzigen Republik Moldau 1940 von Rumänien abtrennte und es der Sowjetunion anschloss. Im neuenAbkommen wurde dieser Pakt ignoriert. Im August 1991, als die Republik Moldau sich für unabhängig erklärte und von Rumänien schon am selben Tag anerkannt wurde, blieb die Frage der Wiedervereinigung offen. Mit der Ratifizierung des neuen Vertrags würden beide Staaten gegenseitig ihre Unabhängigkeit und ihre Souveränität anerkennen, was eine Wiedervereinigung der Schwesterrepubliken für lange Zeit unmöglich machen würde. Auch stießen die Bedingungen des Grenzübertritts (Ausweis, Reisepass oder Visum) und das Problem der doppelten Staatsbürgerschaft schon jetzt auf Widerstand. Durch den Vertrag werden alle diese Probleme nicht gelöst, sondern auf unbestimmte Zeit verschoben.
Obwohl Außenminister Roman in Chisinau betonte, dass sowohl Regierung als auch Oppositionsparteien in Bukarest sich für die schnellstmögliche Ratifizierung des Vertrages aussprechen, geben sich in Rumänien eigentlich nur sehr wenige damit zufrieden. Ireny Comaroschi, Pressesprecherin im rumänischen Außenministerium, bezeichnete den Grundlagenvertrag als größten Erfolg rumänischer Diplomatie. Richard Boucher, Pressesprecher des Staatsdepartments von den Vereinigten Staaten, erklärte auf einer Pressekonferenz, dass die amerikanische Administration die Unterzeichnung des "Grundlagenvertrags über privilegierte Partnerschaft und Zusammenarbeit zwischen Rumänien und der Republik Moldau" begrüßt. Dies sei ein positives Ereignis, ein wichtiger Beitrag für die Durchführung des Stabilitätspaktes in Südosteuropa.
Die Bürgerliche Allianz (Alianta Civica, AC) zeigte sich unzufrieden mit verschiedenen Doppeldeutigkeiten des Vertrages, dessen Bestimmungen "übereilt formuliert" worden wären. Die größten Mängeln des Vertrags lägen im Verzicvht auf die Verurteilung des Ribbentropp-Molotow-Paktes und darin, dass man Rumänisch nicht als offizielle Sprache in der Republik Moldau explizit erwähnt. Außerdem bleibt der Status der sogenannten "Moldauischen Republik Transnistrien" unklar, auf deren Gebiet sich die 14. Russische Armee aufhält. Die Alianta Civica verlangte eine öffentliche Debatte über diesen Vertrag.
Auch viele rumänische Parlamentarier sprechen sich gegen den Vertrag aus, darunter der PNTCD- Senator Ioan Moisin (Christlich-Demokratische Nationale Bauern-Partei), der an einem einzigen Tag 27 Unterschriften von Senatoren aller parlamentarischen Parteien sammelte. Sie wollen, dass der Vertrag "Basarabia als ein rumänisches Gebiet historischen Rechtes" anerkennt und dass er einen "provisorischen Charakter" hat, als "eine Etappe zur natürlichen und endgültigen Einigung mit dem Vaterland Rumänien".
Iurie Rosca, der Vorsitzende der Christlich-Demokratischen Volkspartei in der Republik Moldau (Partidul Popular Crestin Democrat din Republica Moldova, PPCD), die seit November 1999 auch Mitglied in der Christlich Demokratischen Internationale (CDI) ist, wandte sich in einem offenen Brief an den rumänischen Staatspräsidenten Emil Constantinescu mit der Bitte, dass er den Grundlagenvertrag nicht ratifiziert.
Rosca räumte ein, dass der Beitritt Rumäniens zur Europäischen Union und seine Eingliederung in die euroatlantischen Strukturen (NATO) wichtig seien, noch wichtiger wäre aber, dass man den Ribbentropp-Molotow-Pakt nicht weiter akzeptiert. Er sprach sich gleichzeitig gegen die im Vertrag benutzte Formulierung "zwei Staaten" aus (anstelle von "zwei rumänischen Staaten"). Der Vorsitzende der moldauischen Christlich-Demokratischen Volkspartei betonte demgegenüber, daß das Bewußtsein seiner Mitbürger stark sowjetisiert und somit ein Dialog über dieses Thema unmöglich sei. Zu bemerken ist, dass die moldauische Regierung, die Kommunisten und die Mitte-Rechtskräfte sich für den Grundlagenvertrag aussprechen, während die sogenannten "patriotischen Kräften" ihn stark kritisieren.
Finanzaffäre mit politischem Hintergrund
Seit einigen Wochen macht eine Finanzaffäre Schlagzeilen in Rumänien. Aufmerksam wurden die hiesigen Medien Anfang Mai, als französische Untersuchungsrichter in Bukarest auftauchten und ehemalige Regierungspolitiker verhörten. Die Beamten fahnden nach dem Verbleib von mutmaßlich mehr als 100 Millionen Dollar, die von Konten der bankrott gegangenen rumänischen Außenhandelsbank BANCOREX nach Frankreich und in die Schweiz geflossen sein sollen. Überwiesen wurden die Gelder an Firmen, die dem in Frankreich lebenden rumänisch-israelischen Geschäftsmann Adrian Costea gehören. Costea wickelte im Auftrag hochrangiger rumänischen Politiker jahrelang dubiose Geschäfte ab. Ihm wurde sogar einen Diplomatenpass vom Außenministerium ausgestellt. Von den Präsidenten Ion Iliescu und Emil Constantinescu erhielt er Schreiben, die ihn zum Sonderbeauftragten zur Vertretung der rumänischen wirtschaftlichen Interessen im Ausland erklärten.
Über Costeas Firmen importierten die Regierung zur Zeit der Präsidentschaft Iliescus und mehrere Staatsunternehmen seit 1992 Treibstoff für etwa 36 Millionen US-Dollar. In einer Talkshow des privaten Fernsehsenders PRO TV enthüllte Costea, dass er während der Wahlkampagne 1996 mehr als 100 Tonnen (zehn Großlaster) Wahlkampfmaterial aus Frankreich nach Rumänien lieferte, darunter 3,3 Millionen Poster von Ion Iliescu. Die Lieferungen wurden am Zoll vorbeigeschleust. Eine staatsanwaltliche Untersuchung ergab, dass die Transportpapiere aus dem Archiv der Zollbehörde entwendet wurden.
Im Auftrag der Vacaroiu-Regierung ließ Costea 1995 einen Bildband "Das ewige und faszinierende Rumänien" auflegen. Für diesen Zweck bekam er fast 6 Millionen US-Dollar nach Frankreich überwiesen. Wahrscheinlich als freundschaftliche Antwort auf die Großzügigkeit der Partei der Sozialen Demokratie in Rumänien (PDSR), die die Regierung führte, bezahlte er mehrer Aufenthalte hochrangiger Politiker in Frankreich, darunter auch des Ersten Vizepräsidenten der PDSR, Adrian Nastase.
Iliescu selbst weist die Vorwürfe der Veruntreuung von Staatsgeldern zurück und bestreitet, in die Affäre verwickelt zu sein. Er meinte, die jetzige Regierung greife zu negativen Taktiken, um seine Wahl zum Staatspräsidenten im Herbst zu verhindern. Er gab zu, Costea persönlich gekannt zu haben, aber Costea selber hätte ihm Unterstützung angeboten, die er gutgläubig akzeptiert hätte.
Unter den Zeugen, die von der rumänisch-französischen Untersuchungskommission in Bukarest verhört wurden, ist auch Teodor Melescanu, Vorsitzender der Allianz für Rumänien (ApR), der im Herbst 2000 auch für das Präsidentenamt kandidieren will. In einem Interview erklärte Costea, dass die Gründung der ApR (eine Abspaltung von der PDSR) am Strand von Deauville (Frankreich) von dem Trio Costea - Boda (stellvertretender Vorsitzender der ApR, ehemaliger Botschafter in der Schweiz und 1996 Leiter der Wahlkampagne von Iliescu) - Melescanu vorbereitet worden sei. Diese Aussagen beschreitet Melescanu heftig. Er hätte keine andere Unterstützung von Costea erhalten als Büromaterial in der Anfangszeit der Parteigründung. Sämtliche Geräte seien zurückgegeben worden. Als Außenminister habe er 1993 die Ernennung von Adrian Costea zum Sonderbotschafter auf ausdrücklichen Wunsch von Ion Iliescu unterschrieben.