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"Kleiner Parteitag" der Christlich Demokratischen Nationalen Bauern-Partei (PNTCD)
Im Rahmen einer Zusammenkunft der "Ständigen Delegation" der Christlich Demokratischen Nationalen Bauern-Partei (PNTCD) wurde die gesamte Führung der Partei neu gewählt. Lediglich die Wahl eines neuen Parteivorsitzenden stand nicht zur Diskussion, da dies erst nach den allgemeinen Wahlen Ende 2000 auf dem Parteitag im Dezember vorgesehen ist. Viele sehen im derzeitigen Vorsitzenden Ion Diaconescu die Autorität, die die Partei vor den Parlamentswahlen zusammenhalten kann.
Für die 20 Führungspositionen hatten 60 Mitglieder ihre Kandidatur angesagt. Ioan Muresan (Landwirtschaftsminister) wurde mit 198 Stimmen zum neuen Ersten stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Sein Gegenkandidat, der Vorsitzende des Fonds für die Privatisierung des Staatseigentums (FPS), Radu Sârbu, erzielte nur 84 Stimmen. Zum neuen Generalsekretär wurde Remus Opris, der Vertrauensmann Ion Diaconescus gewählt.
Das neue Nationale Leitungsbüro der Christlich Demokratischen Nationalen Bauern-Partei hat folgende Zusammensetzung:
- Vorsitzender: Ion Diaconescu
- Erster stellvertretender Vorsitzender: Ioan Muresan
- Generalsekretär: Remus Opris
- Stellvertretende Vorsitzende: Constantin Dudu Ionescu , Vasile Lupu, Gheorghe Ciuhandru, Radu Sârbu, Nicolae Ionescu Galbeni, Mircea Ciumara, Vlad Rosca, Tanase Barde.
Zum Schluss des Parteitags wurde auch eine Resolution verabschiedet. Darin erklärt die PNTCD ihre Entschlossenheit die Wiederwahl von Staatspräsident Emil Constantinescu zu untrstutzen, und ihren Wunsch, unter dem Banner der "Demokratischen Konvention" mit der National Liberalen Partei (PNL) auf gemeinsamen Listen sowohl in den Lokalwahlen im Juni als auch in den Parlamentswahlen im November anzutreten.
Ex-PM Radu Vasile gründete eine "Volkspartei"
Während des "Kleinen Parteitags" der Christlich Demokratischen Nationalen Bauern-Partei (PNTCD) sind zehn Parlamentarier aus der Partei ausgetreten. Ihnen folgten kurz danach außer einige weitere Abgeordneten, Senatoren und Mitglieder mehrerer Kreisverbände, überwiegend aus dem Raum Brasov (Kronstadt).
Es waren Mitglieder der sogenannten Kronstädter Gruppe, die nach dem Parteiausschluss ihres Mentors, des ehemaligen Premierministers Radu Vasile, mit Sanktionen rechneten und keine Hoffnungen mehr auf Leitungsposten und Funktionen hatten. Schon am Beginn des "kleinen Parteitages" fühlten sie sich von der Mahnung des Parteivorsitzenden Ion Diaconescu angesprochen: "Wer weggehen will, soll gehen". Diese Mahnung war eine Reaktion auf die in der Presse schon längst öffentlich angekündigten Parteiaustritte, die die ganze Geschichte zu einer medienwirksamen Show zugunsten der Kronstädter Gruppe machen sollten.
Der Beginn der neuen Sitzungsperiode des rumänischen Parlaments wurde im Abgeordnetenhaus von den 10 ausgetretenen Abgeordneten genutzt, um die Gründe ihres Rücktritts noch einmal zu erläutern. Paul Alecu - von seinen Kollegen auch "der Bulldozer" genannt - versuchte zu beweisen, dass die Christlich Demokratische Nationale Bauern-Partei zu einer "Nationalen Akademie der Korruption" geworden sei. in der sowohl Stimmen als auch Gewissen gekauft und verkauft würden. Remus Opris und Nicolae Ionescu Galbeni seien "politische Geldwucherer unter der Obhut eines harmlosen Großvaters, der nichts mehr sieht, nichts mehr hört". Die PNTCD sei als Partei verurteilt, "schamhaft in die Geschichte zurückzugehen".
PNTCD-Generalsekretär Remus Opris erklärte auf einer Pressekonferenz in Brasov (Kronstadt), der Absprung der Abgeordneten, Senatoren und anderen Parteimitglieder, die Radu Vasile in die neue "Volkspartei" folgten, bedeute für die PNTCD keinen Verlust. Er warnte davor, dass die Abtrünnigen keine Mittel scheuen werden, weitere Spaltungen zu fördern.
In einem Interview erklärte Opris, die "Volkspartei" hätte nur die Chance, zu einem guten literarischen Zirkel zu werden, denn ihrem Chef fehlees an Durchsetzungswillen, eine Anspielung auf die poetischen Neigungen des ehemaligen Premierministers. Es ist allgemein bekannt, dass Radu Vasile unter dem Pseudonym "Mischiu" Gedichte schreibt. Er sei eine Figur, die eher einen Platz auf den zahlreichen Terrassen des Cismigiu-Parkes in Bukarest finde, als in der Führung irgendeiner Partei. Wegen seiner notorischen Bequemlichkeit, so Opris, werde "Mischiu" nicht imstande sein, eine Partei zu führen.
Nur kurze Zeit nach dem Parteiaustritt erfolgte die Gründung der "Volkspartei aus Rumänien" (Partidul Popular din România - PPR). Sie fand in Kronstadt (Brasov ) statt. Den Rahmen bildete eine außerordentliche Landeskonferenz der Partei der Rumänischen Rechte (Partidul Dreapta Româneasca - PDR) angekündigt. Konkret nahm diese bisher völlig unbekannte Partei den früheren Premierminister und seine "Kronstädter Gruppe" auf, änderte ihren Parteinamen und wählte Vasile zum Vorsitzenden.
Sein "Leutnant", der Abgeordnete Sorin Lepsa, wurde Exekutivvorsitzender und Cornel Brahas, der ehemalige Vorsitzende der "Mutterpartei", bekam den Posten des stellvertretenden Vorsitzenden. Bis zum ersten Kongress der neu getauften PPR, der Mitte März stattfinden soll, wird die Partei von einem 17-köpfigen Provisorischen Exekutivkomitee geleitet. In dem Manifest der PPR heißt es, dass man sich auf die "Werte der Familie" rückbesinnen will, "Libertinage, Gewalt und Pornografie" sollen bekämpft werden.
Für die neue Partei rechnet sich Radu Vasile große Chancen aus. Sie werde bei den bevorstehenden Parlamentswahlen die 5-Prozent-Schwelle mit größter Sicherheit überschreiten, und nicht nur ins Parlament, sondern auch in die Regierung kommen. "Die PNTCD stellt von unserem Standpunkt aus die Vergangenheit dar", betonte Vasile in einem Interview in der Tageszeitung "Ziua".
Radu Vasile ging diesen Umweg, um die Erfahrungen von Victor Ciorbea mit der Registrierung seiner Christlich Demokratischen Nationalen Allianz (ANCD) nicht zu wiederholen, zumal Gründung und Bestätigung einer Partei in Rumänien ein überaus langwieriger, komplizierter, energie- und zeitaufwendiger Vorgang ist.