Länderberichte
Kampala, die Haupstadt Ugandas, hat seit dem Papstbesuch im Jahre 1993 eine solche Begeisterung nicht mehr erlebt; Zeitzeugen meinen gar, seit der Unabhängigkeit im Jahre 1962. Schier grenzenlos scheint die Begeisterung für diesen Mann, der die Massen in seinen Bann zieht. Ein Phänomen, das von politischen Kommentatoren bereits als "Sebaggalaism" bezeichnet wird, und sowohl der Regierung als auch der Opposition im Lande sprichwörtlich das Blut in den Adern gefrieren läßt.
Al-Hajji Nasser Sebaggala will im Jahre 2001 Präsident der Republik Uganda werden; so ließ er es bei seiner Ankunft verlauten. Fünfzehn Monate hat er in amerikanischen Gefängnissen abgesessen - des Scheckbetrugs verurteilt - da sei diese Idee in ihm gereift. Ein Präsident der Straße wolle er werden, den einfachen Leuten zurück geben, was die Regierung mit Unterstützung des Westen ihnen vorenthalte. Robin Hood oder Rattenfänger?
Al-Hajji Nasser Sebaggalas politische Karriere ist erst sehr kurz. Als erfolgreicher Geschäftsmann tritt er im Jahre 1998 für die Wahl zum Bürgermeister der Haupstadt Kampala an. Zunächst verläuft der Wahlkampf als Kandidat der Democratic Party (DP) schleppend. Die Mitstreiter aus dem Lager der Regierungspartei Movement scheinen die Oberhand zu behalten. Auf einer Wahlkampfveranstaltung am Stadtrand von Kampala im März 1998 wird er schließlich von seinen Kontrahenten ausgelacht, gedemütigt und ausgepfiffen, da er nur gebrochen Englisch spricht und seine Reden in der lokalen Sprache Luganda hält.
Als die Regierungszeitung "The New Vision" im Anschluß auch noch seine Zeugnisse, die ihn für das Amt des Bürgermeister befähigen sollen, auf ihre Echtheit hin anzweifelt, wendet sich das Blatt zu seinen Gunsten. Über Nacht wird er zur Integrationsfigur der "Young, Urban, Unemployed", jener Schicht der Haupstadtbevölkerung, die unter schwierigsten Bedingungen ihr Leben fristet, mit nur wenig Aussicht auf eine bessere Zukunft, und, wie ihr Symbol Sebagalla, nur rudimentäre Kenntnisse des Englischen hat - das verbindet!
Er gewinnt die Wahlen im April 1998 mit klarer Mehrheit der Stimmen und wird Bürgermeister. Kaum zwei Monate im Amt wird er am 13. Juni 1998 in New York verhaftet. Ein Schicksalsschlag für ihn und seine Anhänger - oder doch nicht? Schon werden erste Gerüchte laut, die Regierung habe ihm eine Falle zusammen mit den Amerikanern gestellt, um sich seiner zu entledigen. Die Verurteilung Sebaggalas also eine Verschwörung? Die Gerüchte werden in den Folgemonaten weiter geschürt und verdichten sich zur Meinung. Nicht ohne Erfolg, wie seine triumphale Rückkehr nach Uganda zeigt. Erstmals verspüren Weiße in Uganda, die im Konvoi vom Flughafen in die Hauptstadt stecken, anti-westliche Stimmung: Spiegel werden abgebrochen, Scheiben eingeschlagen, etc.
Den als "Sebaggalaism" in der ugandischen Öffentlichkeit bezeichneten Zuspruch Al-Hajji Nasser Sebaggalas dennoch alleine auf das Charisma und die Popularität eines einzelnen Individuums sowie geschürter anti-westlicher Ressentiments zu reduzieren, ist kurzsichtig. Es zeichnet sich vielmehr ab, dass eine große Gruppe in der ugandischen Gesellschaft, die "Young, Urban, Unemployed", einen Kandidaten unterstützt, der ihre Probleme anspricht, die offensichtlich bislang ungehört blieben: Arbeitslosigkeit, Armut, Bildung, Mißwirtschaft der Regierung, um nur einige zu nennen. Noch fügen sich Sebaggalas Ideen zu keinem Ganzen; ein Programm fehlt. Er scheint dennoch ein Vakuum im politischen Raum zu füllen, das bislang weder von der Regierung noch der Opposition ausgefüllt werden kann.
Die nächsten Monate werde zeigen, ob und wie Al-Hajji Nasser Sebaggala seinen politischen Ambitionen nachkommen kann. Die Democratic Party (DP) hat sich von ihm mittlerweile distanziert, da ihre Führer sicherlich die Konkurrenz in den eigenen Rängen fürchten. Sie dürften aber auch gut beraten sein, ihren ehemaligen Zögling nach dessen Taten und Worten auf Distanz zu halten. Und solange er keine klaren programmatischen Aussagen macht, wie er den Problemen der Bevölkerung politisch begegnen will und sich auf reine Versprechen beschränkt, dürfte er sich kaum als Kandidat der Democratic Party (DP) für die Präsidentschaftswahlen im Jahre 2001 empfehlen. Die Regierung verhält sich abwartend. Einerseits dürfte ihr gefallen, wie der Populist Sebaggala das Lager der etablierten Oppositionsparteien aus der Ruhe bringt, andererseits dürfte er mit seiner Kritik an vierzehn Jahren Movement-Regierung nicht gerade den anhaltenden Popularitätsverlust Präsident Musevenis und seiner Mannschaft auffangen.
Ein erster Lackmustest für die landesweite Unterstützung Sebaggalas wird das Referendum über das künftige politische System Ugandas (Juni/Juli 2000) sein, zu dessen aktivem Boykott er aufruft. Aber erst im Februar/März 2001 zu den nächsten Präsidentschafts- und Parlamentswahlen wird sich letztlich zeigen, ob er nach den Sternen, dem Präsidentenamt, greifen kann, und sich neben dem Movement und den traditionellen Oppositionsparteien eine dritte politische Kraft in Uganda etablieren wird.