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Länderberichte

Düstere Aussichten. Krieg gegen moslemische Rebellen und Geiseldrama bringen die Philippinen in arge Nöte

von Wolfgang Möllers
Zehn Wochen sind vergangen, und im Geiseldrama auf den südlichen Philippinen ist kein Ende in Sicht. Ostersonntag hatten moslemische Rebellen 21 Touristen und Hotelangestellte von der ostmalaysischen Taucherinsel Sipadan vor Sabah auf die philippinische Insel Jolo verschleppt, darunter drei Deutsche.

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Seitdem spielt sich im südostasiatischen Inselstaat ein absurdes Drama ab, in dem geldgierige Rebellen, zum Losschlagen bereite Militäreinheiten, von der Regierung beauftragte Vermittler, ausländische Emissäre und sensationshungrige Medien ein wahres Verwirrstück bieten. Eine Geisel malaysischer Staatsangehörigkeit haben die Entführer inzwischen frei gelassen – eine plötzliche Geste, die selbst den philippinischen Unterhändler Roberto Aventajado überraschte, der dann auch keinesfalls über ein baldiges Ende des Geiseldramas spekulieren wollte.

Internationale Schlagzeilen macht die Entführung zwar kaum noch, zu lange schon ziehen sich die zähen Bemühungen um die Freilassung der Geiseln hin. Die Folgen der Gewaltaktion und die militärische Auseinandersetzung mit den moslemischen Rebellen im Südwesten der philippinischen Insel Mindanao sind für die Regierung jedoch insgesamt verheerend. Der Feldzug gegen die um einen eigenen Staat kämpfenden moslemischen Rebellen hinterlässt in den überwiegend katholischen Philippinen tiefe Spuren.

Rote Zahlen im Haushalt

Das Haushaltsdefizit ist enorm angestiegen. Nur aktuelle Zusagen internationaler Geldgeber, weitere 2,6 Milliarden US-Dollar für Infrastruktur- und Entwicklungsprojekte in die Kassen Manilas fließen zu lassen, stimmen Finanzminister Jose Pardo einigermaßen optimistisch. Er glaubt, dass das Haushaltsdefizit für das gesamte Jahr in Höhe von 1,46 Milliarden Dollar nicht überschritten wird.

Berechtigter Anlass für Optimismus besteht nicht, Wirtschaftsexperten erwarten keinesfalls rosige Zeiten. Die Regierung, so heißt es in Finanzkreisen in der Hauptstadt, werde wie auch schon im vergangenen Jahr ihr Ziel erneut verfehlen. Hauptgrund: allein im Monat Mai dieses Jahres – Zeitpunkt der heftigsten Auseinandersetzungen zwischen dem Militär und den Rebellen – schoss das Defizit mit 20,8 Milliarden Pesos weit über das gesteckte Ziel von 11,2 Milliarden Pesos hinaus. Von der Regierung ist zu hören, dass Ausgaben für die Armee hauptverantwortlich für die schlechten Zahlen seien. Nach Schätzungen betragen die täglichen Aufwendungen für den Kampf des Militärs in Mindanao rund 500 000 Mark.

Um dies finanzieren zu können, hat die Regierung eine fünfprozentige Kürzung der Mittel quer durch alle Ministerien verfügt. So fehlen jetzt beispielsweise im Bildungsressort rund 112 Millionen Dollar, eigentlich eine dringend benötigte Summe, um einigermaßen mit den Erfordernissen im bevölkerungsreichen Inselstaat Schritt zu halten.

Schwache Währung und steigende Arbeitslosigkeit

Da sorgen sich nicht nur die Regierung, sondern auch internationale Kreditgeber um die wirtschaftliche Bilanz des Landes. Bei 10,3 Milliarden Dollar steht derzeitig die Summe, die der Währungsfonds, die Weltbank und kreditgebende Länder den Philippinen zur Verfügung gestellt haben. Anlass zu Sorge besteht in der Tat. Die philippinische Währung ist im Vergleich zum Dollar mit über 43 Pesos nahe an ihrem historischen Tiefpunkt. Eine schwache Währung treibt die Inflation in die Höhe. Steigende Arbeitslosigkeit, mit über 14 Prozent im vergangenen April so hoch wie noch nie in den vergangenen neun Jahren, sind weitere Anzeichen für die gesamtwirtschaftliche Abwärtsentwicklung.

Vier Prozent Wachstum – im Vergleich zu südostasiatischen Nachbarstaaten beileibe keine sonderlich stolze Zahl – will die Regierung Estrada am Ende des Jahres zu Buche stehen haben. Derzeitig sieht es allerdings nicht einmal danach aus. Wirtschaftstätigkeit und landwirtschaftliche Produktion vor allem in der eigentlichen Reis- und Kornkammer Mindanao sind deutlich zurückgegangen, Touristen bleiben aus, Hotels stehen leer.

Wegen der katastrophalen internationalen Schlagzeilen ist weitgehend auch die Hoffnung auf eine günstige Platzierung einer Anleihe von 700 Millionen Dollar dahin. In den ersten vier Monaten dieses Jahres haben angelegte Gelder in Höhe von 300 Millionen Dollar das Land verlassen. Entgangene Steuereinnahmen, ein schwacher Aktienmarkt, zerstörte Infrastruktur, einige Bombenanschläge selbst in der Hauptstadt Manila, rund 200 000 Menschen, die in Mindanao vor Krieg und Zerstörung auf der Flucht sind – alles Mosaiksteinchen, die ein ziemlich desolates Gesamtbild ergeben.

Schlechte Noten für wirtschaftliches Management

Düstere Aussichten: Einheimische und ausländische Investoren scheinen kein Vertrauen mehr in die Philippinen zu haben. Sie zweifeln zunehmend an der Leistungsfähigkeit der Regierung und stellen schlechte Noten für das wirtschaftliche Management aus. Zeichnet sich da wieder einmal der Abstieg des Landes zum wirtschaftlichen Schlusslicht in der Region ab? Es dürfte Präsident Estrada und seinen Wirtschaftsexperten einige Anstrengung kosten, die Talfahrt zu stoppen und wieder stabilen Boden unter die Füße zu bekommen.

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Stefan Samse

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Leiter des Rechtsstaatsprogramms Asien

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