Ich heiße mit Vornamen Maximilian, habe eine weiße Hautfarbe und eine europäische Gesichtsform. Rassismus habe ich noch nie so wirklich erlebt – höchstens hat sich mal jemand über meinen oberschlesischen Nachnamen lustig gemacht, weil er irgendwie anders klingt.
Aber wie geht es Menschen, die ständig wegen ihres Aussehens oder ihrer Herkunft diskriminiert werden? Und was können wir alle gegen Rassismus tun? Darüber sprachen wir in Folge 12 von #KASkonkret mit Frank Joung. Er ist Journalist und hat vor vier Jahren den Podcast „Halbe Katoffl“ gestartet, um eine neue Perspektive auf Deutsche mit ausländischen Wurzeln zu bieten.
„Ich fand spannend zu schauen, was uns alle verbindet und wie viel Diversität es innerhalb der Gruppe von ,Menschen mit Migrationshintergrund‘ gibt“, erzählte der 44-Jährige über die Idee hinter dem Format. „Weil das wird immer in einen Topf geworfen: Ach das sind die, die anders sind.“ Dabei gebe es viele Unterschiede – aber auch Gemeinsamkeiten: „Dieses sich irgendwie nicht so richtig heimisch fühlen, nicht angenommen werden: Nicht so richtig da, nicht so richtig da.“
„Ich habe schon als Kind gedacht: Die Weißen haben’s immer leicht“
55 Folgen hat Frank schon gesendet – und für jeden Gesprächspartner sei die Identität zwischen zwei Welten ein prägendes Thema, erzählte der Wahlberliner. Seine Eltern stammen aus Korea, er ist in Hannover geboren. Im Livestream erinnerte er sich, wie er schon als Kind unbewusst die verschiedenen Hierarchien in der Gesellschaft reflektierte:
„Ich weiß noch, dass ich als junges Kind einen Boxkampf im Fersehen gesehen habe. Da ist mir aufgefallen, dass ich immer für die Schwarzen bin, wenn Schwarz gegen Weiß gekämpft hat.“ Er habe sich selbst gewundert, warum das so ist. „Aber irgendwie habe ich gedacht: Die Weißen haben’s immer leicht.“
Mittlerweile ist Frank Joung selbst Familienvater und hat zwei Kinder. Seine älteste Tochter ist elf Jahre alt und an ihr merkt er, dass sich ein paar Dinge im Vergleich zu seiner Jugend verändert haben. Sie habe auch schon erlebt, dass Leute zu ihr „Chinese“ sagen oder ihre Augen „komisch“ finden. „Aber sie kann da erstaunlich souverän mit umgehen“, erzählte der studierte Sportwissenschaftler. „Auch weil wir sie natürlich drauf vorbereitet haben und weil wir mit ihr darüber reden.“ Außerdem sehe sie in ihrer Wohngegend Prenzlauer Berg und in der Schule „ständig Leute, die so sind und so aussehen wie sie“.
Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd gab es in Deutschland viele öffentliche Debatten darüber, ob es auch bei uns ein großes Problem mit Rassismus gibt. Frank Joung hat dazu eine klare Botschaft: „Viele halbe Katoffln nervt, dass wir das immer noch in Frage stellen. Müssen wir in der Diskussion da unten noch mal anfangen? Glaubt wirklich jemand, dass es keinen Rassismus gegeben hat in den vergangenen Wochen? Natürlich gibt es Rassismus! An jeder Ecke, sowohl persönlich als auch strukturell.“
Gibt es auch Vorteile für Menschen mit Migrationshintergrund?
Damit meint er sowohl blöde Sprüche oder Beleidigungen als auch Nachteile bei der Wohnungssuche oder unnötige Polizeikontrollen – alles Dinge, die er selbst erlebt hat. An einen Vorteil aufgrund seiner Wurzeln erinnert er sich allerdings auch: Als er sich nach dem Studium bei der „Braunschweiger Zeitung“ für ein Volontariat bewarb, sei der zuständige Redakteur die 140 Bewerbungsmappen durchgegangen und habe dann bei ihm gedacht: „Aha interessant, das ist ja ein Asiate.“ Das erfuhr der junge Journalist, nachdem er zum Bewerbungsgespräch eingeladen wurde und den Job bekommen hatte.
Wie immer wurde das Gespräch live auf der Facebookseite der Konrad-Adenauer-Stiftung übertragen. Aus dem digitalen Publikum kam die Frage, was eine politische Stiftung gegen Rassismus tun kann. Frank Joung ist neben seiner Arbeit als freier Journalist auch Medientrainer bei der KAS und geht regelmäßig an Schulen, um Jugendlichen das Podcasten beizubringen. Diese außergewöhnlichen Unterrichtsstunden haben auch noch einen anderen Zweck, berichtete Chantal Grede:
„In dem Projekt DigitalAkademie, für das ich gemeinsam mit meinem Kollegen Frank Windeck als Referentin der KAS zuständig bin, geht es darum, sich für rassistische Inhalte im Netz zu sensibilisieren, sich mit Extremismus im Netz auseinander zu setzen und dabei gleichzeitig Medienkompetenz zu stärken.“
„Empathie ist wichtig – und dass man zusammen drüber spricht“
Mittlerweile gibt es in Deutschland immer mehr Menschen wie Frank Joung, die aufgrund ihrer Vita ein Vorbild für Kinder mit Migrationshintergrund sind und ihnen zeigen: Schau mal, was du alles schaffen kannst. Das ist ein wichtiger Schritt in Richtung Gleichberechtigung.
Ein anderer ist, dass weiße Menschen wie ich Rassismus nicht zum Tabu-, sondern zum Gesprächsthema machen. Wie das geht? „Empathie ist wichtig und dass man auch zusammen drüber spricht“, sagte Frank Joung. Man solle ruhig eingestehen, dass man gerne mehr darüber lernen möchte und sich „blöd vorkommt, dass ich das alles nicht weiß. Und dass du es erleben musst und ich nicht.“ Wer dann aber ehrlich zuhöre, könne auch anderen davon erzählen und damit einen Beitrag gegen Rassismus leisten.
Vielen Dank an Frank für dieses Gespräch mit ehrlichen Einblicken und Aussagen, die zum Nachdenken anregen. Wir sehen uns bei #KASkonkret am Dienstag wieder, dann sprechen wir mit einem Schulleiter über den Schub für digitale Bildung wegen Corona. Bis dann!
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