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Zeitenwende? Zur sicherheitspolitischen Debatte

Unsere aktuelle Ausgabe widmet sich sicherheitspolitischen Umbrüchen, die durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine virulent geworden sind. Dabei geht es beispielsweise um die Stärkung der NATO – unter anderem mit Blick auf eine weitaus entschlossenere Haltung gegenüber Russland und eine glaubwürdigere Abschreckung an den NATO-Außengrenzen. Einzelaspekte beschäftigen sich mit der Neuaufstellung und Verstärkung der deutschen Bundeswehr und mit ihrer Rolle zur Verteidigung des Bündnisgebietes vor allem in den baltischen Ländern. Darüber hinaus werden die sicherheitspolitischen Veränderungen in verschiedenen Regionen beleuchtet (Nordeuropa: Ende der Neutralität Finnlands und Schwedens; Moldau: Bedrohung durch militärisches Vorgehen, aber auch durch politische Einflussnahme et cetera). Der russische Krieg gegen die Ukraine bildet den Hintergrund.

Preise - wenn es teuer wird

Noch im Herbst des vergangenen Jahres hielt das Gros der Experten den Anstieg der Verbraucherpreise für ein temporäres Problem. Inzwischen schlägt die Wahrnehmung um: Nicht nur in Deutschland, sondern auch weltweit drohen sich die Volkswirtschaften in einem Wald wildwüchsiger Krisen zu verlieren. Es fehlt an Orientierung, wie den explodierenden Energie- und Lebensmittelkosten, der Konjunkturschwäche, wachsenden sozialen Spannungen und fiskalischen Notwendigkeiten zu entrinnen ist. Manch Irrweg staatsdirigistischer Preiskontrolle und -verzerrung wird bereits beschritten. Die Nöte bei uns sind weit weniger existenziell, doch spitzt sich auch hier die soziale und wirtschaftliche Lage in kaum gekanntem Maße zu. Für viele Menschen geht es ans Eingemachte, wenn Essen, Wohnen und Heizen extrem viel teurer werden. Mittelfristig birgt die weitere Schädigung der Altersvorsorge gesellschaftliche Sprengkraft. Auch politisch, nicht zuletzt zur Abwehr Putins, ist das Scheusal Inflation eine Katastrophe. Nicht Zögerlichkeit, sondern Wachheit und Entschlossenheit sind gefragt, um es wieder loszuwerden.

Gemeinsam? Nachdenken über Allgemeinheit

Verfrüht ist der Jubel über die neu gefundene Einigkeit in und unter den westlichen Demokratien. Der Preis der Kriegsfolgen und Sanktionen – noch schlägt er nicht vollständig durch – bietet überreichlich brisantes Potenzial für Konflikte und Spaltung. Dass vor der Stichwahl in Frankreich Bundeskanzler Olaf Scholz sowie die sozialistischen Ministerpräsidenten von Spanien und Portugal in "Le Monde" implizit zur Wahl des Amtsinhabers aufriefen und die Franzosen ermunterten, ein Frankreich zu wählen, „das unsere gemeinsamen Werte verteidigt“, gehört zu den ungewöhnlichen Details eines Wahlkampfs, in dem nicht allein die Populisten polarisierten und die Wahl als Wahl ohne substanzielle Optionen erschien. Gestützt auf ihre überlegene Autorität, wirkten die auswärtigen Regierungschefs auf das Wahlverhalten der europäischen Nachbarn ein und setzten sich noch dazu dem altbekannten Vorwurf aus, dass die politische Mitte erneut nur mit Moralisierung auf den Populismus reagiere. Der unausgesprochene Wahlaufruf verdeutlicht, wie problematisch es ist, etwas Allgemeines wie „unsere gemeinsamen Werte“ für sich in Anspruch zu nehmen, vermittelt das doch den Anschein, dass die Angesprochenen vernünftigerweise gar nicht anderer Ansicht sein könnten. Hierin liegt ein entpolitisierendes Moment, auf Dauer sogar eine antipluralistische Gefährdung. Wer das Politische zurückdrängt, sollte sich über Distanz- und Frustrationsmehrheiten, die vorerst nur den Wahlen fernbleiben, nicht wundern. Der Verweis auf das Allgemeine vermag ein profiliertes politisches Programm nicht zu ersetzen. Mehr Gemeinsamkeit entsteht – so paradox es erscheint – auch im Streit und Widerstreit.

Netzkultur - Leben in der digitalisierten Gesellschaft

Vorwärts in die Vergangenheit? Mit dem Überfall von Putins Armeen auf die Ukraine ist die alte Schimäre vom Ende der Geschichte unwiderruflich dahingegangen. Und es wächst die Befürchtung, dass der unvorstellbare Gewaltakt gegen ein Vierzig-Millionen-Volk das Ende der Zukunft einläuten könnte, wie wir sie uns ausgemalt hatten. Statt schmiegsamer Visionen von Netzwelten, die sich nebulös in Clouds verflüchtigen, stehen Panzer und Kanonen im Mittelpunkt unserer Wahrnehmung. Die bunte Tech-Party ist gecrasht, und das Schwelgen in technokratischer Selbstevidenz hat sich entlarvt. Nach dem „Realitätsschock“ (Friedrich Merz) geht es darum, wieder Zugriff auf eine Welt zu bekommen, die chaotisch und bedrohlich ist und sich eben nicht allein durch durchtoolisierte Prozesse ordnen lässt. Eine technokratische Sicht ist selten darauf gerichtet, dass Menschen etwas Besonderes sind. Doch genau daraus speist sich christlich-demokratisches Denken. Es muss darum ringen, Nähe zum Alltag zu gewinnen – mit seinen Erfahrungen und Nöten. Wenn unsere aktuelle Ausgabe, die vor dem Kriegsausbruch konzipiert worden ist, sich dem Thema Netzkultur widmet, dann geht es ihr weniger um technische Fragen oder die kommunikativen Defizite von Politik-Accounts, sondern vielmehr um ein vertieftes Verständnis der sich verändernden Lebenswelt. Die Vitalität der Netzkultur besitzt in ihrer Faszination wie in ihren Gefährdungen enorme Energien. Sie kann durchaus zu gemeinsamen Wegen nach vorn mobilisieren. Trotz Putin darf diese Zukunft nicht zu Ende sein.

Staat - Ideen zu seiner Modernisierung

Bei aller berechtigten Kritik: Deutschland ist ein leistungsfähiger Staat. Doch zu einem wahrheitsgetreuen Befund gehört ebenso die weniger schmeichelhafte Tatsache, dass nicht erst die Krisen der jüngsten Vergangenheit wie der Umgang mit der Corona-Pandemie oder der Flutkatastrophe in Rheinland-Pfalz und Nordrhein-Westfalen gezeigt haben, welche gravierenden Schwachstellen staatliche Strukturen aufweisen, die die Handlungsfähigkeit des Staates beeinträchtigen. Deshalb hat die Konrad-Adenauer-Stiftung Experten aus Politik, Verwaltung, Wirtschaft und Wissenschaft unter der Leitung von Thomas de Maizière gebeten, konkrete, umsetzbare und finanzierbare Vorschläge für die Modernisierung des deutschen Staates zu erarbeiten. Die Ergebnisse wurden in dem Thesenpapier "Für einen handlungsfähigen deutschen Staat im Oktober 2021 der Öffentlichkeit" präsentiert. Unsere Zeitschrift greift diese Ergebnisse auf und spinnt den Faden weiter – durch Beiträge einiger Mitglieder der Expertenkommission und erweitert durch zusätzliche Perspektiven auf den Modernisierungsbedarf des deutschen Staates.

Anthropos - neue Bilder vom Menschen?

Im Monat Dezember, wenn Christen die Menschwerdung Gottes feiern, fragen wir, inwieweit der biblische Blick auf den Menschen heute Orientierung für ethische Entwicklungen sein kann, wenn sich das Verhältnis von Mensch, Natur und Technik fundamental verändert. Denn vieles spricht dafür, dass der Mensch gerade neu erfunden wird. Seine Alleinstellung wankt, wenn Computer Kreativität und Phantasie beherrschen und sogar zu träumen lernen. Trennendes, das vormals das Menschenbild konturierte, hebt sich auf. Lohnt es sich überhaupt noch, für den Menschen zu streiten, der für sich selbst und die gesamte Schöpfung zum Problem geworden ist? Mit den Menschen-Bildern stehen und fallen auch die Menschen-Rechte. Unvorstellbar wären die Folgen, wenn der Mensch in fluider werdenden Vorstellungswelten zu etwas Verhandelbarem würde.

Deutschland - wie geht es weiter?

Die Zitrus-Gespräche der Spitzenvertreter von Grünen und FDP nach der Bundestagswahl 2021 haben Neuverortungen vor Augen geführt. Das einträchtige Ensemble vormaliger Kontrahenten kehrt bekannte Machtarithmetik um. Drei-Parteien-Konstellationen hat es, weiland unter Konrad Adenauer, bereits gegeben, aber noch nie verfügten die kleineren Parteien gemeinsam über mehr Stimmenanteile als der größte potenzielle Partner. Stets stand sein Kanzlerkandidat an der Pole-Position zu einer neuen Regierung. Damit ist es vorläufig vorbei. Für die Union führt nichts mehr an der fundamentalen Frage vorbei: Schlägt den Volksparteien nun die „Stunde Null“, wie sie Politikbeobachter seit Jahren für unabwendbar halten? Fraglos ist das Wahlergebnis nicht allein Folge eines historisch-sozialen Prozesses. So schlimm hätte es nicht kommen müssen. Unübersehbar gab es Schnitzer, inhaltliche Schwächen und interne Scharmützel. Gleichzeitig griffe die Fehleranalyse zu kurz, würde sie sich auf diese Aspekte beschränken. Es wird nun darum gehen, wieder möglichst viele Menschen, Kräfte, Traditionen und Tendenzen zusammenzuführen und – prinzipienorientiert – aus diesen Debatten Ziele abzuleiten.

Mittelmeer -
Mehr als Konflikte

Der Mythos Mittelmeer ist in den letzten Jahren merklich geschrumpft. Unter „mediterran“ versteht man vor allem eine gesunde Art der Speisenzubereitung. Geblieben ist die touristische Fixierung auf blaue Buchten, Olivenhaine und antike Kultur. Doch muss sie vieles ausblenden, was die Urlaubslaune trübt. Mehr und mehr bestimmen Krisen die Wahrnehmung: die Flüchtlings- und Migrationsbewegungen gen Europa, der Gaskonflikt zwischen Griechenland und der Türkei, der wachsende Einfluss auswärtiger Mächte wie Russland und China. Anrainerstaaten, etwa Syrien, Libyen und der Libanon, sind seit Jahren Kriegs- oder Krisengebiete, Ägypten gilt manchen als „Pulverfass“. Die gewaltigen Spannungen in der Region übertragen sich auf die Europäische Union. Den wenigsten leuchtet bisher ein, dass auch Deutschland insofern ein mediterranes Land darstellt. Immerhin starten die Europäische Union und ihre Mitgliedstaaten Initiativen, um einen „roten Faden“ für eine Politik im Mittelmeerraum zu entwerfen. Dass diese auf Partnerschaft setzen müssen, ist allein vor dem Hintergrund der europäischen Kolonialgeschichte selbstverständlich, nur fehlt es hier wie dort an Zutrauen. Zu oft hat der Westen in der Vergangenheit mit Despoten paktiert. Weiterhin wird die Demokratiefähigkeit der Völker des Nahen Ostens und Nahen Südens grundsätzlich infrage gestellt. Die Traumata nach dem Aufbruch des „Arabischen Frühlings“ lassen Mittelmeerträumereien nicht zu. Doch in einer teils bedrückenden Wirklichkeit geht es erst recht darum, nicht allein die zerstörerischen Kräfte wahrzunehmen. Eine unverstellte Sicht aufs Mittelmeer muss mehr einfangen als Konflikte. Wo Perspektivlosigkeit droht, braucht es befreiende Ausblicke und neue Annäherungen.

Nachhaltig - Jenseits von Verboten

Nimmt die Menschheit ihre erdgeschichtliche Verantwortung ausreichend wahr? Derart umfassend verändern Menschen den Planeten, dass Wissenschaftler vorschlagen, ein geologisches Zeitalter nach ihr zu benennen: das Anthropozän. Der Begriff verweist selbstredend auf die destruktiven Folgen menschlichen Handelns für die irdische Natur. Zu Recht atmet die Welt auf, seit die USA zu den Pariser Klimaschutzzielen zurückgekehrt sind. Doch so wichtig die Neuformierung internationaler Zusammenarbeit in Nachhaltigkeitsfragen ist: Ihre Konzepte bleiben abstrakt, sollten sie nur „top-down“ verhandelt werden. Schon heute stapeln sich die Klima-, Umwelt- und Naturschutzverordnungen in den Amtsstuben, Planungsbüros und Betrieben vor Ort. Ver- und Gebote mit engmaschigen Kontrollen allein fördern jedoch die Attraktivität des Nachhaltigkeitsgedankens in der Breite nicht. Vielmehr sind Ideen gefragt, die sich in der gelebten Praxis bewähren oder, noch besser, aus ihr erwachsen. Es geht darum, in einer teils ideologisch zugespitzten Debatte Impulse für einen breiten Dialog und Einbindung zu geben.

Corona chronisch? Ein Jahr Pandemie

Geht es irgendwann vorüber? Nach einem Jahr Pandemie strapaziert diese Frage selbst die Robusten und Geduldigen. Der Lockdown im Frühjahr 2020 war ein schockartiges Ereignis, von dem zunächst viele annahmen, es mit Balkon-Ovationen überbrücken zu können. Längst klatscht niemand mehr, eigentlich will keiner mehr von Corona hören oder lesen. Doch die „Naturkatastrophe in Zeitlupe“ (Christian Drosten) hält Deutschland mit auf- und abflauenden Stressmomenten in ihrem Bann. Die Zukunft bleibt ungewiss, besonders unter Pandemiebedingungen. Daran ändert auch eine noch so verständliche, allgemeine Erschöpfung nichts. Das politische Ringen um die nächsten vertretbaren Schritte darf uns nicht erspart bleiben. Doch geht es in dieser prekären Phase auch um die Wahrung der Offenheit, die es einer Gesellschaft ermöglicht, solche starken Spannungen weiter auszuhalten.