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2000-2005: Neubeginn - Angela Merkel

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Das Führungsvakuum wurde rasch geschlossen, bezeichnenderweise nicht mit Personal aus der erprobten Führungsgarde im Bundestag oder in den Ländern. Ende Februar wählte die CDU/CSU-Bundestagsfraktion Friedrich Merz, seit 1994 im Bundestag und seit 1998 im Fraktionsvorstand, zu ihrem neuen Vorsitzenden.

Angela Merkel, der während des Spendenskandals als Vorreiterin der Kritik an Kohl die Rolle der Meinungsführerin in der Union zugewachsen war, wurde, von einer Serie von Regionalkonferenzen mit der quasi-plebiszitären Weihe einer neuen Hoffnungsträgerin der Partei ausgestattet, vom Essener Parteitag am 10. April 2000 mit 897 von 935 gültigen Stimmen zur siebten Bundesvorsitzenden gewählt – die erste Frau an der Spitze einer Volkspartei in der Bundesrepublik Deutschland. Eine Wahl zu einer Zeit, in der die CDU vor einer Phase der Neuorientierung stand. Nach der verlorenen Bundestagswahl 1998, dem Rücktritt des Parteivorsitzenden Helmut Kohl und der die Schlagzeilen beherrschenden Spendenaffäre sehnte sich die Basis nach einer Persönlichkeit, die die Volkspartei CDU neu ordnen und auf den politischen Erfolgspfad zurückführen konnte. Zum neuen Generalsekretär wurde auf Merkels Vorschlag der Bundestagsabgeordnete Ruprecht Polenz bestellt. Auch der Vorstand hat sich deutlich verjüngt. Der Wille zur Parteireform schlug sich in zwei Beschlüssen des Parteitages nieder. Der erste betraf eine grundlegende Reform der Finanzverfassung, die sicherstellen sollte, dass die Vorschriften des Parteiengesetzes strikt eingehalten werden. Auf der Grundlage der Ergebnisse einer vom ehemaligen Bundespräsidenten Roman Herzog geleiteten Kommission wurden durch Statutenänderung wirksame Kontrollinstitutionen und -mechanismen eingeführt. Zum zweiten wurde eine Kommission „Reform der Parteiarbeit“ berufen, die nach den Leitlinien des Parteitags Vorschläge für eine generelle Ausweitung der direkten Mitgliederbeteiligung unter Einschränkung des Delegiertenprinzips (Urwahlen in Personalfragen, Sachentscheide), für eine Beteiligung von Nichtmitgliedern und für ein effizienteres Parteimanagement erarbeiten sollte.

Die Ausgangslage, von der aus sich die CDU mit dem Essener Parteitag unter dem Motto „Zur Sache“ nach Monaten der Lähmung wieder in die politische Auseinandersetzung einschaltete, zeigte den Einschnitt, den der Spendenskandal für die Entwicklung der Partei bedeutete. Dieser Skandal hatte dem durch Schäuble personifizierten Versuch eines behutsamen, gleitenden Übergangs in die Nach-Kohl-Ära abrupt ein Ende bereitet. Erst er hatte die Partei dazu gezwungen, sich mit den Folgen des „Systems Kohl“, das sich in der Bundestagswahl 1998 „gegen seinen Urheber gekehrt“ hatte (K.-R. Korte), offen auseinanderzusetzen. Erst der Skandal hatte den Weg für eine grundlegende personelle, programmatische und organisatorische Erneuerung freigemacht. Die damit eröffneten Chancen eines Neuanfangs hatten jedoch einen hohen Preis. Durch den Verstoß gegen das Parteiengesetz war der Anspruch der Union nachhaltig beschädigt, dem Recht und der Moral verpflichtet zu sein. Bis in die Reihen ihrer Kernanhängerschaft hinein war das Ansehen der Partei angeschlagen. Vom November 1999, als die Union in der Wahlabsicht mit mehr als 15% vor der SPD führte, bis Februar 2000 haben sich die Relationen der Wählerpräferenzen fast exakt umgekehrt.

Als Vorsitzende einer Oppositionspartei war es Angela Merkels Ziel, das rot-grüne Kabinett unter Bundeskanzler Gerhard Schröder abzulösen und wieder Regierungsverantwortung zu übernehmen. Der erste Versuch mit dem Spitzenkandidaten Edmund Stoiber (CSU) 2002 schlug noch fehl.

Karl Schmitt

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Zeitgeschichte AKTUELL
picture alliance/Ulrich Baumgarten/Ulrich Baumgarten
27. April 2022
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