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Methodeneinsatz - Geschichten und Märchen

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“Einige Menschen glauben, wir bestehen aus Fleisch, Blut und Knochen. Wissenschaftler sagen, wir bestehen aus Atomen. Aber ich glaube, wir bestehen aus Geschichten! Wenn wir sterben, ist es das, an was sich die Menschen erinnern, die Geschichten unseres Lebens und die Geschichten, die wier erzählt haben.” (Ruth Stotter)

Die Geschichte als Methode

Geschichten erzählen ist eine der ältesten Formen menschlicher Kommunikation. Wir lernen vor allem aus Erfahrungen. Geschichten sprechen unsere Emotionen an. Darum bleibt eine gute Geschichte im Gedächtnis und beeinflusst unser Handeln – vielleicht auch unser politisches Handeln.

Geschichten sind ein hochwirksames Mittel, das Tagungsleiter oder Dozent einsetzen können, insbesondere um einen Wandel oder die Diskussion über Emotionen, Visionen und Werte zu unterstützen. Denn indem sie Geschichten erzählen, helfen sie kulturelle Faktoren aufzuzeigen, Denk- oder Verhaltensmuster zu identifizieren und Wissen freizulegen. Auch in Unternehmen werden Sie daher zunehmend eingesetzt, um Mitarbeiter für eine neue Strategie zu gewinnen („Story-telling“).

Geschichten können:

  • Werte und Handlungsmuster bestätigen,
  • kreative Gedanken, Handlungen und Alternativen stimulieren,
  • eine Gruppe unterstützen, verstecktes Wissen zutage zu fördern und Erfahrungen und Fähigkeiten zu teilen,
  • eine neue Einstellung, Vision oder einen Blickpunkt erzeugen,
  • uns mit neuen Arbeitsweisen oder neuen Konzepten bekannt machen,
  • unsere eigenen Geschichten freisetzen und uns dabei helfen zu erkunden, was wir bereits wissen,
  • bestätigen, wie wir Dinge nicht tun sollten,
  • uns zeigen, wie andere Probleme gelöst haben,
  • uns helfen, Erfolge zu feiern.

Was macht eine gute Geschichte aus?

Eine gute Geschichte findet beim Zuhörer großen Anklang – sie “nimmt ihn gefangen” und beansprucht seine Aufmerksamkeit. Die wichtigsten Bestandteile einer Geschichte sind ein starker Anfang und ein starkes Ende. Sie muss einfach genug sein, damit der Zuhörer ihr leicht folgen kann, aber ausreichende Herausforderungen oder Veränderungen bieten, um sie interessant zu machen. Sie muss zur Situation und zum Publikum passen, aber vor allem muss sie zum Erzähler passen. Er sollte sie sehr gut kennen und schätzen.

Alle guten Geschichten scheinen dem selben Schema zu folgen, das der amerikanischen Mythenforscher Joseph Campbell die “Die Reise des Helden” nannte und welches sich in allen Mythen und Märchen wiederfindet:

  1. Jemand...(Person, Gruppe, Held)
  2. wollte.... (suchte, wünschte, hatte ein Ziel)
  3. aber... (Komplikation, Hindernis, Konflikt, Probe)
  4. daher... (Höhepunkt, Resultat, Lernerfahrung (“ich erkannte...”), Entscheidung “und beschloss...”)
  5. Ziel (Königreich, Prinzessin, Geschenk...)
(siehe ausführlich: Zyklus der Heldenreise).

Tipp: Der Hauptamtliche Mitarbeiter bzw. Tagungsleiter sollte für einen sicheren Raum sorgen. Denn Geschichten erzählen immer auch etwas über persönliche Blickpunkte, Werte, Ziele und Orientierung. Äußern Sie sich gegenüber den Teilnehmern klar darüber, was mit den Geschichten geschieht, nachdem sie erzählt wurden. Gerade im politischen Raum sollten die Teilnehmer sicher sein können, dass Ihre Gedanken und Erfahrungen vertraulich behandelt werden. Stellen Sie sicher, dass die Geschichten freiwillig erzählt werden.

Beispiele und Anregungen

Geschichten können in vielen unterschiedlichen Situationen eingesetzt werden, auch als Einstieg und Eisbrecher open space oder world café.

Besondere Möglichkeiten in der politischen Bildung bietet zudem der gezielte Einsatz von Zeitzeugen.

Hier nur einige Beispiele und Anregungen:

  • Die Schule des Lebens: Erzählt wird, was Sie das Leben gelehrt hat, ob positiv oder negativ, und was Sie daraus gemacht haben.
  • Wie ich gerne leben will: Erzählen Sie etwas, das zeigt, wie Sie gerne leben wollen, welche Werte und Ziele Ihnen wichtig sind.
  • Es war das erste Mal: Erzählen Sie, wie Sie etwas zum ersten Mal gemacht haben und ob Sie erfolgreich waren oder nicht. Was haben Sie gelernt?
  • Ich konnte es nicht glauben als: Erzählen Sie über etwas Überraschendes, das Ihnen widerfahren ist.
  • Familienbaum: Erzählen Sie etwas darüber, wie das Aufwachsen in Ihrer Familie Sie zu dem gemacht hat, was Sie heute sind.
  • Ups! Erzählen Sie etwas darüber, was in Ihrem Leben schief gegangen ist und was sie daraus gelernt haben.
  • Was Sie über mich wissen müssen: Erzählen Sie eine Geschichte, die anderen hilft, Sie besser zu verstehen.
  • Meine/Unsere Werte: Berichten Sie über eine Person/Sache, die Sie bewundern und wie Sie davon beeinflusst wurden, oder erzählen sie etwas über Ihre Erfahrungen mit den Besonderheiten und Stärken Ihrer Organisation.
  • Traumreise: Erzählen Sie von Ihrer Vision eines besseren (gerechteren, u.s.w..) Lebens für sich oder Ihre Kinder.

Teilnehmern helfen, ihre Geschichte zu finden

Es kann sinnvoll sein, die Geschichten der Tagungsteilnehmer herauszufinden, um unterschiedliche Meinungen herauszuarbeiten. Sie können beispielsweise

  • Ihre eigene Geschichte erzählen: Ihre Erfahrung wird die Erinnerung der anderen Teilnehmer anregen.
  • eine Frage stellen: Starke Fragen helfen bei der Entwicklung von Geschichten.
  • einige Objekte herauslegen: Wählen Sie ein Thema und laden Sie die Beteiligten ein, sich ein Objekt herauszusuchen (z.B. Wählen Sie ein Objekt, das die Stärken unserer Gesellschaft repräsentiert”). Es ist viel einfacher eine Geschichte zu erzählen, wenn man einen Bezugsgegenstand hat. Dies kann ein sehr hilfreiches Instrument in der Eröffnungsrunde sein (vgl. Auch Methodik und Didaktik, Tipp02 Einstiege).
  • bestehende Konzepte, Werte und Kulturen prüfen: Legen Sie eine Liste aktueller Werte oder politischer Ziele aus und bitten Sie um Geschichten und Erfahrungen dieser Werte.
Tipp: Tagungen bzw. Seminare lassen sich nicht nur durch Geschichten bereichern, sondern insgesamt als Geschichte gestalten:

  • Die Dekoration der Räume, die Wahl der Location, das Essen, die Musik all das könnte die Geschichte unterstützen, indem sie auch durch andere Sinneskanäle erzählt wird (z.B. gestaltete die AXA Colonia drei große Bilder “Früher”, “Aufbruch”, “Vision”, welche die Mitarbeiter später als Plakate für Ihre Büros mitnehmen konnten. In einer Konferenz bei der Telekom wurden die Tische mit Bergseilen verbunden, um den Marsch über den Berg noch anschaulicher zu machen. Und die Deutsche Ärzteversicherung gestaltete in einer Außendienstkonferenz, die neue Aufbruchstimmung schaffen sollte, das ganze Programm um das Thema ihres Märchens, in dem es um Fischer in einem Meer ging: Schon die Einladung nahm Bezug auf die Geschichte. Jeder Programmpunkt war in den Begriffen des Märchens abgefasst. Bilder von der Hafenstadt, von Fischern und Booten wurden aus mehreren Projektoren an die Wand „gebeamt“ und rahmten andere Präsentationen ein. Der Open Space-Teil dieser Konferenz wurde als "Versammlung der Fischer im Hafen" beschrieben...).
  • Die inspirierendsten Mythen der Konrad-Adenauer-Stiftung, Europäischen Union u.ä. könnten in die Geschichte eingebaut werden.
  • Die Geschichte kann auch ein offenenes Ende haben und von den Teilnehmern zu Ende erzählt werden.
Haben Sie eine gute Idee oder Geschichte? Erzählen Sie sie uns!

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Kontakt

Annette Wilbert

Annette Wilbert bild

Referentin Methodik und Didaktik, Bildungsmanagement

Annette.Wilbert@kas.de
Didaktik und Methodik KAS

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