Unabhängig von einem Leben im Dorf oder in der Großstadt sollen die Menschen in Deutschland trotz aller bereichernden Vielfältigkeit über gleichwertige Lebensverhältnisse verfügen. Diese sind wesentlich für eine gerechte Teilhabe an der Gesellschaft und den gesamtgesellschaftlichen Zusammenhalt. Doch die Realität ist von Unterschieden geprägt: Nicht nur bei der Grundversorgung, Infrastruktur, Beschäftigung und Partizipation zeichnen sich Gegensätze ab, die es aufzuheben gilt.
Doch in welchen Bereichen müssen wir uns gesondert verbessern? Welche Innovationen stärken den ländlichen Raum? Und wie können resiliente Regionen entstehen? Alles Fragen und Themen, die im mehrtägigen Seminar „Stadt? Land? Ost? West? Wie wir die Weichen für gleichwertige Lebensverhältnisse in unserem Land stellen können.“ in der Villa La Collina, Konrad Adenauers ehemaliger Ferienresidenz, behandelt wurden.
Claudia Buhl, stv. Leiterin des Bereiches „Demografie, Cluster und Zukunftsforschung“ bei VDI/VDE Innovation + Technik GmbH in Berlin, bediente sich einführend verschiedener Kennzahlen, mit denen sie den ostdeutschen Landkreis Prignitz mit der Region Stuttgart verglich. Faktenbasiert wurde so dargestellt, dass die Lebensverhältnisse mit Blick u.a. auf Mobilität, medizinischer Versorgung oder auch Breitbandausbau unterschiedlich seien und gleichzeitig aufgezeigt, in welchen Bereichen verstärkt Weichen gestellt werden müssten. Gleichfalls wurde sich dem Koalitionsvertrag der letzten Wahlperiode gewidmet, der die Einrichtung einer Kommission für gleichwertige Lebensverhältnisse vorsah. Entstanden ist der sog. „Unser Plan für Deutschland“, der Handlungsempfehlungen mit 12 prioritären Maßnahmen festschreibt. Wichtiger Teil des Maßnahmenpaketes sei ein gesamtdeutsches Fördersystem für strukturschwache Regionen, auch mit Blick auf dörfliche Gemeinschaften und die landwirtschaftliche Entwicklung. Mit Blick auf den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Land sei es wichtig, keine Regionen aufzugeben und extremistischen Parteien keine Grundlage zu bieten, so die Referentin weiter.
Ein weiterer Schwerpunkt der Vorträge von Claudia Buhl lag auf der Schaffung und Entwicklung resilienter Regionen. Grafisch wurde das Herausforderungsspektrum von Regionen dargestellt - globale Megatrends (u.a. Globalisierung und Sicherheit), allgemeine (regionsspezifische) Herausforderungen (u.a. Digitalisierung und Daseinsvorsorge) sowie Krisenphänomene und Schocks (u.a. Flüchtlingswelle und Corona-Pandemie). Weiterhin besitze der Begriff regionale Resilienz fünf unterschiedliche Komponenten, nämlich die sozio-demografische, soziale, ökologische, technische und ökonomische Resilienz. Gleichzeitig wurde herausgearbeitet, dass Resilienz ein stetiger Wandlungs- und Anpassungsprozess sei und nicht an einem Punkt ende, was an der Resilienzstrategie der Bundesregierung verdeutlicht wurde.
Dem Thema „Mittelstand und Innovationen“, insbesondere mit Blick auf ländliche Räume, widmete sich Dr. Christoph Sprich, Politischer Referent für Wirtschaft und Steuern bei der Mittelstands- und Wirtschaftsunion (MIT), in seinem ersten Vortrag. Herausgestellt wurde, dass mehr als 99 % der deutschen Unternehmen Mittelständler und gut 60 % aller Beschäftigten bei solchen Unternehmen beschäftigt seien. Mittels verschiedener Grafiken arbeitete Dr. Sprich u.a. heraus, dass der Mittelstand wesentlicher Erfolgsfaktor für Regionen sei: Arbeitsplätze, Wissen, Gewerbesteuern und Integration waren nur einige der Punkte, die genannt wurden. Deutlich wurde, dass der Mittelstand einen wesentlichen Beitrag zu gleichwertigen Lebensverhältnissen leisten würde, allerdings auch vor Herausforderungen stehe. Infrastruktur, ob Verkehr oder Digital, oder auch vorhandene Fachkräfte seien notwendig, damit mittelständische Unternehmen vor Ort erfolgreich sein könnten. Insbesondere der Abbau von Regulierungen und die Entlastung der Arbeitnehmer sollten als Bedürfnisse wahrgenommen und schlussendlich auch umgesetzt werden, um den Mittelstand zu stärken. Begleitet wurde dieser thematische Schwerpunkt abermals von einer regen Diskussion mit den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, in welche viele unterschiedliche Perspektiven einflossen.
Gleichfalls rückte die weltweite Wettbewerbsfähigkeit deutscher mittelständischer Unternehmen in den Fokus. Hierbei ging Dr. Sprich auf die enorme Bedeutung der Außenwirtschaft für Deutschland ein, da jeder vierte Arbeitsplatz in der Bundesrepublik von Industrieexporten abhänge. Nachdenklich stimmte ein Blick in die Zukunft der Globalisierung, da ca. 90 % des Wachstums der Weltwirtschaft in den nächsten 10-15 Jahren außerhalb von Europa erwirtschaftet werden würde. Deutschland sei allerdings gut aufgestellt, so der Referent, da das Land aufgrund seiner u.a. Vertrauenswürdigkeit und Verlässlichkeit sowie weiterer Faktoren, wie der gut ausgebauten Infrastruktur, weiterhin eine große Attraktivität und Anziehungskraft für Investoren besitze und so wirtschaftlich wachsen könne.
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