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Wahlkampfzeiten in Südafrika

von Dr. Werner Böhler

Parteienwettbewerb in einem afrikanischen Land

Noch 442 Tage bis zur WM 2010. Dann steht das Land am KAP im Rampenlicht der Fußballwelt und der Medien. Weniger wahrgenommen wird auf internationaler Ebene ein anderes wichtiges Datum: Am 22. April 2009 wird in Südafrika gewählt. Die Wahl entscheidet über die künftige Zusammensetzung des Nationalen Parlaments und der Provinzparlamente. Aber auch über den nächsten Staatspräsidenten, der von den gewählten Abgeordneten bestimmt wird.

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Jacob Zuma gilt als Favorit. Der regierende African National Congress (ANC) will die Mehrheit, möglichst erneut die Verfassungsmehrheit, gewinnen. Fairer Wettbewerb um die Wählerstimmen ist dabei nachrangig.

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Dr. Rama Naidu, Leiter des Democracy Development Programme, begruesst die Teilnehmer des KwaZulu/Natal Democracy and Election Forum sowie die Vertreter der Politischen Parteien auf dem Podium.

Positive Signale

29 Tage vor der Wahl lud das KwaZulu/Natal Democracy and Election Forum (KZNDEF), ein Zusammenschluss von 15 CSOs aus allen Bezirken der Provinz, zu einer Multiparty Panel Debate in das Elangeni Hotel in Durban ein. Ziel der Veranstaltung war es, die Inhalte der Programme der wichtigsten Parteien zu diskutieren und deren Wahlversprechen auf den Prüfstand zu stellen. Zugesagt hatten ANC, African Christian Democratic Party (ACDP), Congress of the People (COPE), Democratic Alliance (DA), Inkatha Freedom Party (IFP), National Democratic Convention (NADECO) und das United Democratic Movement (UDM). In der Einladung waren einzelne Debattenpunkte genannt, die von Armutsbekämpfung, der Reform der Arbeitsgesetzgebung über die Bekämpfung von Kriminalität und Korruption, die Herausforderungen im Bildungssystem bis zur Frage der Qualität der Demokratie und der Zugänglichkeit der Verfassungsinstitutionen für die arme Bevölkerung reichten.

Der lebhaften Debatte gingen kurze Statements der jeweiligen Parteivertreter voraus. Sachlich wurden den knapp 200 Teilnehmern Argumente aus den Wahlprogrammen und Lösungsansätze aus Sicht der jeweiligen Partei vorgetragen. Der ANC-Vertreter verteidigte die Regierungspolitik und untermauerte seine Leistungsbilanz mit Statistiken, die einem Rednerdienst entnommen waren. Dass in den 15 Jahren ANC-Herrschaft nicht mehr erreicht wurde, führte er auf das historische Erbe aus der Apartheidzeit zurück. Die übrigen Parteien kritisierten mit unterschiedlicher Schwerpunktsetzung die Defizite der Regierung und stellten Konzepte für eine alternative Regierungspolitik vor. Ungeduld war nach drei Regierungsperioden erkennbar.

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Diese pluralistische Dialogveranstaltung zählte sicherlich zu den positiven Ereignissen des Wahlkampfes. Was aber im demokratischen Südafrika die Regel sein sollte, ist eher die Ausnahme. Die Parteien scheuen meist diese Art von Veranstaltungen und bevorzugen ihre eigenen „Rallys“ oder laden in Fußballstadien zu Kundgebungen ein. Dabei geht es dann weniger um die inhaltliche Auseinandersetzung und programmatische Aussagen, bei denen man sich von Mitbewerbern zu unterscheiden versucht, sondern eher um populistische Mobilisierung meist der eigenen Wählerklientel. Der ANC, dessen primäres Ziel es ist, die eigene “Big Church” zusammenzuhalten, tut sich dabei besonders hervor. Mit 70 Prozent Wählerbasis ist er dazu am ehesten in der Lage. Ziel ist es, diese Wählerstimmen erneut zu gewinnen. Die neugebildete Abspaltung COPE fordert den ANC gerade da besonders heraus.

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Positiv ist auch zu bewerten, dass es nach anfänglichen, teilweise konfliktiven Auseinandersetzungen zwischen einigen Parteien nun ein Fairnessabkommen mit der Independent Electoral Commission (IEC) gibt. Damit wird an vergleichbare Übereinkünfte bei den letzten Wahlen angeknüpft. Die Kandidaten der Parteien müssen sich schriftlich auf die Einhaltung des Code of Conduct verpflichten. Vor allem bei öffentlichen Rallys kam es zu Zusammenstößen, wenn zwei Parteien diese zeitgleich am gleichen Ort durchführten. COPE, UDM und IFP waren besonders betroffen, als der ANC Parallelveranstaltungen organisierte. Für die Provinz KwaZulu/Natal unterzeichneten IFP und ANC eine Vereinbarung, der ein Treffen der beiden Spitzenkandidaten, Jacob Zuma und Mangosuthu Buthelezi, vorausging.

Mehr Transparenz als bisher gibt es bei der privaten Parteienfinanzierung. In Südafrika ist lediglich die öffentliche Parteienfinanzierung geregelt, die zu 90 Prozent proportional in Abhängigkeit von der Sitzverteilung im Nationalen Parlament und den Legislatures auf Provinzebene erfolgt. Die restlichen 10% werden zu gleichen Teilen unter den Parteien aufgeteilt. Das begünstigt aufgrund der bestehenden Mehrheitsverhältnisse den ANC, der auch in allen neun Provinzen z.T. über dominante Mehrheiten verfügt, nachhaltig. Einer Regelung der privaten und internationalen Parteienfinanzierung, insbesondere in Wahlkampfzeiten, hat sich der ANC bisher stets verschlossen. Aus Libyen und Äquatorialguinea hat der ANC nach eigenem Bekunden kürzlich Geld erhalten. Beide gelten als Despotenregime. Ebenso floss Geld aus Angola, Indien und China an die Partei. Eine Veröffentlichungspflicht besteht nicht.

Ungewohnt offen berichten große private Unternehmen über ihre Spenden an die Parteien. Zur Veröffentlichung sind auch hier beide Seiten nicht verpflichtet. Sechs von zehn an der Börse gelisteten Unternehmen bestätigen in einer Umfrage, im Wahlkampf Millionen-Rand-Beträge zu sponsern. Aber auch hier fließt der mit Abstand größte Anteil in die Wahlkampfkasse des ANC. Der Mobiltelefonbetreiber MTN wird 13 Millionen Rand nach dem Proportionalitätsprinzip verteilen. Anglogold Ashanti gibt 4 Millionen Rand, davon die Hälfte an ANC, 20 Prozent die DA, jeweils 12,5 Prozent an IFP und COPE und die restlichen fünf Prozent zu gleichen Teilen an UDM und die Independent Democrats (ID). SABMiller hingegen teilt 5 Millionen Rand unter den sechs größten Parteien des Landes auf. Davon an ANC und DA als Official Opposition die Hälfte und den Rest gesplittet an IFP, UDM, ID und COPE. Umstritten ist die Entscheidung der ABSA Bank, die ihre 2,5 Millionen Rand erst nach der Wahl den Parteien, die mehr als drei Sitze gewonnen haben, zukommen lassen will. Kleine Parteien sehen sich damit benachteiligt und ggf. ausgeschlossen. BHP Billiton, Sasol und FirstRand lehnen Parteispenden ab, während Standard Bank 1,8 Millionen Rand vor und weitere 3 Millionen Rand nach der Wahl verteilt. Anglo American hingegen gibt 2 Millionen Rand an die IEC. Judy February, die mit ihrem Parlamentary Information and Monitoring Service die Spendenmuster untersucht, ist trotz der Schieflage für die Zukunft optimistisch. Sie begrüßt diesen Ansatz zu mehr Transparenz und hofft, dass die Erkenntnis über die Notwendigkeit einer Mehrparteien Demokratie reift, da sich Südafrika sowohl wirtschaftlich als auch politisch verändert.

Problematisches Wahlsystem

Vor zwei Wochen veröffentlichte die Unabhängige Wahlkommission in der „Government Gazette“ und einer Zeitungsbeilage die vorläufigen Listen der Kandidaten für die Wahl auf nationaler und Provinzebene. Dazu ist die IEC gemäß Art. 73, Electoral Act verpflichtet. 40 Parteien beteiligen sich an der Wahl. Das rein proportionale Wahlsystem kennt keine Wahlkreise. Der Wähler kann nur die geschlossenen Listen wählen. Von den 400 Abgeordneten der National Assembly werden jeweils die Hälfte über eine nationale Liste sowie eine regionale Liste pro Provinz gewählt. Zusätzlich gibt es für jede Provinz eine sogenannte Provincial List, die über die Zusammensetzung der neun Provinzparlamente entscheidet. Jeder Wähler hat zwei Stimmen.

Das rein proportionale Wahlsystem mit geschlossenen Parteilisten schränkt die Wahlmöglichkeiten der Wähler ein. Es begünstigt überdies die Regierungspartei, vor allem in einem von nur einer Partei dominierten System. Aufgrund der ungleich verteilten Ressourcen kann die dominante Partei die großen Trends setzen. Da es eine direkte Auseinandersetzung, das Messen der Kandidaten untereinander auf der Grundlage von programmatischen Aussagen im Wahlkreis nicht gibt, sehen sich die kleineren Parteien im Nachteil. Auch die Erfüllung oder Nichteinhaltung von Wahlversprechen und Zusagen vor der Wahl kann einzelnen Bewerbern bei diesem Wahlsystem nicht zugerechnet werden und geht in der Parteianonymität unter. Die Position des einzelnen Abgeordneten gegenüber seiner Partei ist schwach, was schwache Parlamente zur Folge hat.

Die alleinige Verantwortung der Parteien für die Zusammenstellung der Listen führte auch zu Kuriositäten. Der ANC Abgeordnete Victor Denis Bloem erscheint sowohl auf der vorläufigen Liste des ANC als auch der von COPE. Bloem betonte immer wieder, er würde weiterhin dem ANC angehören. Zweifel bestanden aber, weil er enger Vertrauter des ehemaligen Verteidigungsministers Mosiuoa Lokota ist, einer der Gründer von COPE. Bloem hat sich inzwischen für COPE entschieden. Nach Aussage des IEC bleiben „Two Timers“ bis nach der Wahl auf beiden Listen. Die Sache kann als eine Wahlanekdote vergessen werden. Was bleibt ist die Frage nach innerparteilicher Demokratie bei Aufstellung der Parteilisten.

Parteien und Bürger hatten die Möglichkeit, bis zum 18. März gegen einzelne Kandidaten auf den Wahllisten Widerspruch einzulegen, wenn nach deren Auffassung Gründe dafür, nach den Vorgaben der Verfassung oder des Wahlgesetzes, vorliegen. Diese hat die Wahlkommission zu prüfen und darüber zu entscheiden. Besonderes öffentliches Interesse hat der Einspruch gegen Winnie Madikizela-Mandela, der geschiedenen Frau von Nelson Mandela, hervorgerufen. Verkürzt ist eine Person nach Sektion 47 der Verfassung nicht für die Wahl zugelassen, die zu einer Strafe von mehr als zwölf Monaten Gefängnis verurteilt wurde und danach fünf Jahre nicht verstrichen sind. Im Mai 2003 wurde Winnie Madikizela-Mandela wegen Diebstahl und Betrug zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt. Diese Strafe wurde im Juli 2004 vom Appelationsrichter am Pretoria High Court bestätigt, die Verbüßung der Strafe im Gefängnis jedoch ausgesetzt. Als Begründung dafür führte der Richter ihre schwierige Rolle im Zeitablauf und ihre Verdienste gegenüber einer größeren Sache als „Mother of the Nation“ an. Bereits 1991 war sie wegen dem Tod eines 14-jährigen Jungen zu einer Gefängnisstrafe von sechs Jahren verurteilt worden Das Alibi, das damals zu ihrer Freilassung führte, stellte sich vor der Truth and Reconciliation Commission (TRC) als falsch heraus. Nach Auffassung der Opposition kann Winnie Madikizela-Mandela damit aufgrund der Verfassung nicht für das Parlament kandidieren. Erschwerend kommt hinzu, dass die fünfjährige Strafe bis einschließlich Juli 2009, also nach dem Wahltermin, gültig ist. Einige Oppositionsparteien machten eine formale Eingabe beim IEC.

Aus der Sicht des ANC ist die Kandidatur mit der Verfassung vereinbar, da Madikizela-Mandela nicht im Gefängnis war. Nach Aussage des Generalsekretärs der Partei, Gwede Mantashe, gibt es keine legale Handhabe gegen die Kandidatur von Madikizela-Mandela. Es stellt sich jedoch die Frage, ob ihre Kandidatur ethisch-moralisch vertretbar und das Bestehen auf der Kandidatur der 67-jährigen der Demokratie in Südafrika zuträglich ist. Die IEC hielt sich zunächst mit einer Stellungnahme zurück und wollte Rechtsauskunft einholen. Am 23. März entschied die IEC zugunsten von Winnie Madikizela-Mandela. Der Opposition bleibt nun noch die Klage vor dem Wahlgerichtshof. Die Freedom Front Plus hat bereits angekündigt, Klage einzureichen; eine Entscheidung des Wahlgerichtshofs muss bis zum 31. März vorliegen.

Umfragen geben keine Orientierung

Alle schimpfen auf den ANC. Diesen Eindruck gewinnt man derzeit an vielen Orten in Südafrika: dem Taxistand der Sammeltaxis, im Straßencafe oder im Supermarkt, im kleinen Laden an der Ecke, am Arbeitsplatz, in den urbanen Zentren, den armen wie den reichen Vororten, bei der Landbevölkerung. Es scheint eine weitreichende Unzufriedenheit verbreitet, die sich teilweise in Demonstrationen oder spontanen Kundgebungen auf der Straße wegen fehlender oder unzureichender Wasser- oder Stromversorgung, nicht eingelöster Versprechen von Häusern i.R. des Reconstruction and Development Programme (RDP), den Problemen im Bildungssektor oder der allgegenwärtigen Kriminalität entlädt. Korruption ist ein weiteres Schlagwort.

Alle? Sicherlich nicht. Viele, ja. Aber wie viele? Es wird viel diskutiert im Wahlkampf in Südafrika. Analysten melden sich täglich zu Wort und kommentieren die jüngsten politischen Ereignisse. Sie interpretieren das Geschehen im Wahlkampf und sind bemüht, Prognosen über den möglichen Wahlausgang, das Abschneiden der einzelnen Parteien abzugeben. Allen ist gemein, dass die Vorhersagen von großer Unsicherheit geprägt sind.

Einige neue Phänomene bei dieser Wahl und im Wahlkampf, sind in Prognosen schwer greifbar.

- Es gab Polokwane, den Parteitag des ANC im Dezember 2007, der das Ende der Ära von Thabo Mbeki einleitete und Jacob Zuma zum überragenden Sieger machte. Und mit ihm seine Unterstützer, die die Mbeki-Getreuen in den Führungsgremien der Partei ersetzten. Aber auch programmatisch fanden eingreifende Veränderung als Folge des Ideologieparteitages vom Juni 2007 und dem Wahlparteitag sechs Monate später statt.

- Thabo Mbeki wurde im September 2008 als amtierender Präsident von der Partei zum Rücktritt gezwungen. Der ANC ernennt und feuert seine Funktionäre in öffentlichen Ämtern, erklärte damals ANC-Generalsekretär Gwede Mantashe. Thabo Mbeki folgte der Aufforderung der Partei. Er trat zurück, obwohl vom Parlament gewählt. Eine Abstimmung im Parlament verlangte er nicht.

- Als Übergangspräsident wurde Kgalema Motlanthe eingesetzt. Bei seiner Rede zur Parlamentseröffnung saß der „eigentliche Präsident“ auf der Zuschauertribüne: Jacob Zuma. Motlanthe machte in seiner Rede klar, dass sein Mandat bis zu den Wahlen befristet ist. Ansonsten verlas er eine Leistungsbilanz des ANC.

- Mit COPE entstand eine neue Partei. Führende Mitglieder des ANC waren aus der Partei ausgetreten und luden zur November-Convention nach Sandton, einem Stadtteil im Norden von Johannesburg, ein. Es herrschte Aufbruchstimmung und Zuversicht. Die Parteigründung folgte im Dezember 2008. Eine Partei entstand, die dem ANC das Erbe des Freiheitskampfes und die Friedenscharta nicht mehr alleine überlassen wollte.

- Tony Leon, der langjährige Vorsitzende der Offiziellen Oppositionspartei DA, trat im Mai 2007 überraschend zurück. Ihm folgte mit Helen Zille eine engagierte Apartheidgegnerin, die spielend vom Englischen oder Afrikaans in die iXhosa-Sprache wechselt. Als Bürgermeisterin von Kapstadt steht sie einer Koalition aus sieben Parteien vor, die erfolgreich arbeitet. Aber viele ihrer führenden Mitglieder haben Botschafterposten akzeptiert (Sa ndra Botha, Sheila Camerer), dozieren an Universitäten im Ausland (Tony Leon) oder ziehen sich nach der Wahl ins Privatleben zurück (Joe Seremane).

- Die IFP tritt erneut mit Mangosuthu Buthelezi an. Aber die Partei hat einen neuen Ansatz. Der Abwärtstrend der letzten Wahlen soll gestoppt werden. IFP findet zurück zu ihrem ursprünglichen Anspruch, eine wählbare Alternative für alle Südafrikaner unabhängig von Hautfarbe, Geschlecht oder ethnischer Zugehörigkeit zu sein. Programmatisch gab sich die Partei ein neues Profil.

Die vorliegenden Umfragen über die Wählergunst sind wenig hilfreich. Viele liegen zu lange zurück, um weiterhin relevant zu sein. Andere weisen große Abweichungen auf. Prognosen differieren kräftig. Gemein scheinen jedoch einige grundlegende Trends.

Demnach ist Jacob Zuma wohl der populärste Politiker des Landes. Und, er ist beliebt. Trotz oder vielleicht gerade wegen seiner gerichtlichen Anklagen, den zweifelhaften Aussagen zu HIV/Aids, seinen vier Frauen und schillernden Beratern, mit denen er sich umgibt. Seine Popularität hat nach einer TNS Research Umfrage vom Februar 2009 zugenommen und ist weiter steigend. Vor allem die Zustimmung in der schwarzen Bevölkerung stieg auf 58 Prozent von zuvor 51 Prozent. Nur vier von zehn Befragten glauben, Zuma wäre kein guter Präsident. Eine Umfrage des Human Science Research Council (HSRC) vom Dezember 2008 ermittelte für den ANC 47%, DA 7%, COPE 3%, IFP 2%, ID 1%. Die Ergebnisse gleichen einer Anfang März 2009 veröffentlichten Umfrage von Afrobarometer weitgehend. Die Werte sind allesamt niedrig, geschuldet der hohen Zahl an unentschlossenen Wählern (13 Prozent) und 12 Prozent, die keine Angabe machen wollten. Hinzu kommen 12 Prozent, die derzeit beabsichtigen, nicht zur Wahl zu gehen.

Einige weitergehende Trendaussagen können etwa vier Wochen vor dem Wahltermin – mit entsprechender Vorsicht – abgeleitet werden: Die absolute Mehrheit des ANC ist nicht gefährdet. Es ist eher davon auszugehen, dass der ANC 60%+ erreichen wird.

- Mit entscheidend für das Abschneiden des ANC ist das Ergebnis von COPE. Erste euphorische Kalkulationen, den ANC auf nationaler Ebene mit Hilfe einer COPE geführten Koalitionsregierung auf die Oppositionsbänke zu bringen, sind unrealistisch. COPE hat sich bei der Entscheidung über die Spitzenkandidatur einen unnötigen Führungsstreit geleistet und damit etwas die eigene Dynamik beschädigt. Die programmatischen Aussagen blieben hinter den Erwartungen zurück. Lange Zeit wurde COPE bei etwa 12 bis 15 Prozent gesehen. Derzeit scheinen acht Prozent realistisch, zwölf Prozent eher optimistisch.

- DA dürfte erneut stärkste Oppositionspartei werden und könnte über die 12,5 Prozent hinausgehend etwas zulegen. Das Konzept der Open Opportunity Society dürfte jedoch nur für ein bestimmtes Wählersegment interessant sein. DA zielt damit wohl auf die wachsende schwarze Mittelklasse ab. Die bemüht sich aber auch COPE anzusprechen.

- Schwierig sind Prognosen zur IFP. Richard Calland vom Institute for Democracy South Africa (IDASA) taxiert die Partei bei etwa acht Prozent. Sollte das eintreffen, wäre das Hauptziel, den Abwärtstrend der früheren Wahlen zu stoppen, erreicht. Im günstigen Fall könnte IFP stärkste schwarz dominierte Partei vor COPE bleiben. Das wäre eine gute Ausgangsbasis für die weitere programmatische Profilierung und personelle Erneuerung der Partei. Allerdings gibt es auch negative Szenarien für das IFP-Wahlergebnis. Insbesondere der „Zuma-Faktor“, d.h. seine Popularität als Zulu in der Provinz KwaZulu/Natal, ist schwer einzuschätzen. Dort hat IFP ihre wichtigste Wählerbasis. Zuma ist besonders beliebt bei Frauen mittleren Alters und älteren Frauen in den ländlichen Regionen Zululands. Das war bisher aber auch eine wichtige Wählergruppe der IFP. An Wahlversammlungen von IFP nehmen überraschend viele junge Frauen teil. Welche Balance hier am Wahltag entsteht, ist schwierig einzuschätzen.

- UDM und ID ist gemein, dass sie völlig auf ihre Führungsperson, Bantu Holomisa bzw. Patricia de Lille, fixiert sind. Beide Parteien können im kleinen Prozentbereich etwas zulegen. Ausschlaggebend für die Wahl ist das nicht.

Zählt man nun die Stärke der Oppositionsparteien zusammen, könnten diese gemeinsam etwa 35 bis 40 Prozent der Stimmen erreichen. Damit wäre das Hauptziel, den regierenden ANC unter die 2/3-Mehrheit zu bringen, erreicht. Aber auch der kontinuierliche Abwärtstrend der Opposition der zurückliegenden Wahlen wäre korrigiert. Im günstigen Fall könnte ANC um 60 Prozent liegen. Bei diesem Szenario dürften die Oppositionsparteien mit Western Cape auch eine Provinz übernehmen. Vorausgesetzt, es wird nicht zu überraschenden Koalitionskonstellationen kommen, was bei COPE und ID nicht zwingend auszuschließen ist. Für den Gewinn von ein oder zwei weiteren Provinzen müssten die Wählerverschiebungen tiefer gehend sein. Die Wahrscheinlichkeit dafür ist gering.

Wahlkampf in Südafrika

Der Wahlkampf befindet sich in der Vorstufe zur heißen Phase. Über Wochen dominierten Plakate von ANC und DA die Lichtmasten in den Straßen. Jacob Zuma blickte von unzähligen Postern und großflächigen Werbeflächen. Seit dem vergangenen Wochenende sind flächendeckend auch Plakate der kleineren Parteien vorhanden. Der Unterschied bleibt dennoch sichtbar. Dafür ist das verfügbare Wahlkampfbudget mit entscheidend. Schätzungen gehen davon aus, dass der ANC etwa 150 Millionen Rand, DA 60 Millionen Rand und COPE nach eigenen Aussagen 70-100 Millionen Rand (was übertrieben scheint) verausgaben werden. Das Budget der übrigen Parteien ist dagegen gering.

Das wichtigste Medium ist in Südafrika das Radio. Insbesondere in den ländlichen Regionen mit armer Bevölkerung sind Fernsehen und die Printmedien wenig vertreten. Über ein Radio hingegen verfügt praktisch jeder Haushalt. Radio können auch diejenigen hören, die nicht oder nur eingeschränkt lesen können und für die ein Fernseher unerschwinglich ist bzw. der erforderliche Stromanschluss fehlt. Radiowerbung ist jedoch teuer. IFP bspw. wird ihre Werbesendungen im Radio auf die letzten zwei Wochen konzentrieren, dann aber massiv einsetzen.

Parteistrategen gehen davon aus, dass die eigene Wählerbasis sehr volatil ist. Deshalb die Konzentration auf die letzten Tage vor der Wahl. ANC und DA werden aber auch hier dominant sein. Hinzu kommt COPE. Bei ANC ist zusätzlich zu bedenken, dass viel Sympathiewerbung über öffentliche Etats läuft, wie zum Beispiel das Werben für sauberes Wasser für ländliche Regionen oder die Bedeutung von beruflichen Fähigkeiten für den Arbeitsplatz. Ganzseitige Anzeigen und Zeitungsbeilagen belegen das.

Insgesamt scheint es, dass der ANC seine potentiellen Wähler geclustert hat. Die Wahlregie ordnet den einzelnen Wählergruppen bestimmte Personen zu, die diese ansprechen sollen. So wird m. E. erklärbar, dass der Vorsitzende der ANC Youth League die Rolle des Enfant Terrible übernommen hat und für das „Grobe“ zuständig ist. Er ruft zum Töten für Zuma auf, verlangt die 23 Millionen Wahlberechtigten über Zumas Schuld oder Unschuld, an Stelle der Gerichte, entscheiden zu lassen. Er beleidigt Feind und Freund wie Helen Zille, Mangosuthu Buthelezi oder die Bildungsministerin Naledi Pandor gleichermaßen, um hinterher Buthelezi seiner Wertschätzung zu versichern oder Pandor als „Mutter der Youth League“ zu bezeichnen, von deren Erfahrung man lernen wolle. Linke Politik wird von Generalsekretär Gwede Mantashe oder COSATU-Führer Zwelinzima Vavi vertreten, während Winnie Madikizela-Mandela, Vizepräsidentin Baleka Mbete oder die Speaker im Parlament, Gwen Mahlangu-Nkabinde, die in der Verfassung verankerte Gleichberechtigung der Frauen propagieren. Winnie, wie sie dort genannt wird, ist zusätzlich für Bewohner ehemaliger Townships attraktiv. Deshalb war sie auch bei der Umwidmung des ehemaligen Wohnhauses in Soweto anwesend, das sie mit Nelson Mandela teilte. Es ist nun Nationales Kulturerbe. Für solides Regierungshandeln wiederum ist Kgalema Motlanthe zuständig und der Wirtschafts- und Finanzwelt stehen Finanzminister Trevor Manuel und der Gouverneur der Zentralbank, Tito Mbowiny, zur Verfügung. Selbst der über 90-jährige Nelson Mandela, inzwischen physisch gebrechlich, wurde in einem gesponserten Privatjet ins Eastern Cape geflogen, um dort neben Zuma im Stadion während einer Rally zu posieren, was die Opposition und die Medien als schändlich kommentierten. Darüber erhebt sich unangefochten der Spitzenkandidat, Jacob Zuma, der sich in der Menge badet, geduldig traditionellen Führern zuhört oder auf Wirtschaftsforen Kontinuität verspricht. Und seine positiven Sympathiewerte steigert. Das Konzept scheint aufzugehen.

Allerdings wird die Grenze der Fairness und Political Correctness auch häufig überschritten. Vor etwa 3 Wochen besuchte Julius Malema in Soweto eine Grundschule. Während der Schulzeit posierte er mit einem Schulkind auf dem Arm für die Presse und belehrte die Schüler bei den Eltern für den ANC zu werben, solange sie selbst noch nicht wahlberechtigt seien. Lehrer bleiben in großer Zahl dem Unterricht mit der Begründung fern, sie würden an einer Wahlveranstaltung des ANC teilnehmen oder lassen sich für Wahlkampfzwecke beurlauben. Vorbildfunktion übernahm diesbezüglich wohl die MEC of Education der Provinz Gauteng, die ihre Abwesenheit bei einem Treffen der Bildungsminister der Provinzen und der nationalen Bildungsministerin damit begründete, dass sie im Gericht in Pietermaritzburg sein musste, um dem Prozess von Jacob Zuma beizuwohnen. Angie Motshekga begründete diese Entscheidung gegenüber der Presse wie folgt: ”I am not employed by the Gauteng Education Department. I am employed by the ANC and when the ANC deploys me I will go”.

In der Provinz Free State verlangte die National Education Health and Allied Workers Union (Nehawu), Mitglied im Gewerkschaftsdachverband COSATU, die Freistellung von 160 Mitarbeitern im Gesundheitssektor, damit diese Wahlkampf für den ANC machen können. Trotz der krisenhaften Situation im Gesundheitssektor der Provinz gestattete Gesundheitsminister, Pax Ramela, die Freistellung befristet auf sechs Monate. Wahltermin ist der 22. April 2009.

Die Kirchen zählen in Südafrika zu den Institutionen, die das höchste Vertrauen in der Bevölkerung genießen. Das belegen die Ergebnisse des Reconciliation Barometer des Institute for Justice and Reconcialition (IJR) ebenso wie diejenigen des World Value Survey. In den vergangenen drei Jahren erreichten die Kirchen regelmäßig die höchsten Werte als vertrauenswürdige Institutionen, vor den Gerichten und dem Parlament. Deshalb zählen die Kirchen, in Südafrika vor allem die christlichen Kirchen, zu wichtigen Institutionen im Wahlkampf, weil man über diese die Masse der Gläubigen erreichen kann. Neben der dominanten anglikanischen Kirche kommt dabei den stark wachsenden evangelikalen Kirchen eine große Bedeutung zu. Bereits vor einigen Wochen sprach Jacob Zuma in einer Kirche in der Ortschaft Ntuzuma in KwaZulu/Natal im Rahmen eines Gottesdienstes. Zuma, der in einem Anzug mit einem Hemdkragen auftrat, die sonst von Priestern aus der katholischen Kirche bekannt sind, wurde bei dieser Gelegenheit zum „Honorary Pastor“ ernannt. Damals wurde diesem Ereignis wenig Bedeutung beigemessen. Der Auftritt von Jacob Zuma bei der Rhema Congregation im Sonntagsgottesdienst am 15. März löste nun jedoch eine heftige Debatte aus. Pastor Ray McCauley räumte Jacob Zuma Redezeit anstelle der Predigt ein. Etwa 60 Kirchgänger verließen die mit 6000 bis 7000 Gläubigen besetzte Kirche. Dies führte zu heftigen Protesten bei den Oppositionsparteien und kontroversen Stellungnahmen über die Instrumentalisierung der Kirchen in Rundfunksendungen und Leserbriefspalten. Pastor McCauley, ein enger Vertrauter von Zuma, rechtfertigte die Einladung Zumas in einem Kommentar im „Star“ vom 18. März damit, dass Christsein und Politik nicht länger nebeneinander existieren dürften und Christen sich für Politik interessieren müssten. Während andere Oppositionsparteien den Respekt vor der kirchlichen Unabhängigkeit und Achtung des Glaubens als persönliche Entscheidung jedes Einzelnen verlangten, forderte der Vorsitzende der UDM, Bantu Holomisa, die Rhema-Kirche auf, ihm ebenfalls die Möglichkeit zu einer Ansprache einzuräumen. Nur wenn andere Parteivertreter und Kandidaten das gleiche Recht wie Jacob Zuma erhielten, sei politischer Pluralismus und die Nichteinmischung der Kirche(n) gewahrt, so Holomisa im „Business Day“ vom 18. März. Die Eingabe blieb bislang ohne Antwort. Inzwischen wurden Zahlen über das Vermögen der Rhema Congregation bekannt. Offensichtlich sind Kirchengründungen und das Spiel mit dem Glauben der Menschen ein einträgliches Geschäft.

Indessen setzt Jacob Zuma seine Kampagne unter Zuhilfenahme der Kirche und religiösem Monopolsanspruch für den ANC fort. Der Sowetan veröffentlichte am 19. März eine Erklärung von Bischof Daniel Matebesi von den South African Ministers Fraternity, der sagte, dass die Kirchenführer der North West Provinz dafür Sorge tragen würden, dem ANC zu einem 98-prozentigen Wahlsieg zu verhelfen. Bei den South African Ministers of Fraternity handelt es sich um eine Dachorganisation unabhängiger Kirchen in dieser Provinz. Zuma versprach darauf hin, die Wahlparty des ANC in die North West Provinz zu verlegen.

Vor einer Woche erklärte nun Jacob Zuma in Mafikeng bei einer Wahlkundgebung: “God is on the ANCs side. Who on earth can be against us if god is on our side? “In Mpumalanga forderte er Kirchenführer dazu auf, ihren Gläubigen nahezulegen, ihre Stimme für den ANC abzugeben. Er wiederholte eine Aussage, die er schon nach Polokwane verbreitete: “We believers know that Jesus will come back, we say the ANC will rule until he comes back.“

Es ist sicherlich richtig, dass auch andere Parteien das ethisch religiöse Element im Wahlkampf als relevant ansehen. COPE nominierte Rev. Mvume Dandala, Bischof der Methodist Church, zu seinem Spitzenkandidaten. COPE beabsichtigt damit, sich selbst als neue, unbelastete Kraft zu präsentieren, die sich von dem ANC-Protagonismus unterscheidet. Gleichzeitig zielt diese Strategie auf die zunehmende Zahl von ANC Politikern ab, die in Korruption verwickelt sind. Im Western Cape kandidiert mit Allan Busak ebenfalls ein Kirchenmann für COPE. ACDP ist eine religiös ausgerichtete Partei. Ihr Spitzenkandidat, Meshoe Kenneth Raselabe, ist ebenso Pastor einer Kirche wie Musa Zondi, Generalsekretär von IFP. Keine Partei geht jedoch so weit wie der ANC, der seine Wahlpropaganda direkt in die Kirchen hineinträgt.

Während einer Wahlkundgebung vor zwei Wochen verteilte ANC-Präsident Jacob Zuma in der Provinz Mpumalanga, die zu den ärmsten in Südafrika zählt, Pakete für den täglichen Bedarf. Die Hilfsorganisation „Gift of the Givers“ hatte den ANC eingeladen, die Schenkung im Wert von einer Millionen Rand oder ca. 100.000 US-Dollar an die bedürfti ge Bevölkerung zu verteilen. Sowohl Jacob Zuma als auch der Vorsitzende von „Gift of the Givers“, Imtiaz Sooliman, erkannten darin keine unrechtmäßige, einseitige Einflussnahme im Wahlkampf. Vielmehr erklärte Zuma, dass er solche Aktionen wiederholen wolle. Der Non-Profit Organisation Act sagt zu der Zusammenarbeit mit politischen Parteien nichts aus. Fraglich ist jedoch, ob dies mit dem von den Parteien unterzeichneten Code of Conduct vereinbar ist. Andere Parteien wurden in die Verteilungsaktion nicht einbezogen.

Mehr Pluralismus – Checks and Balance

Die Vorsitzende der DA, Helen Zille, spricht in ihren Wahlkampfauftritten immer wieder vom „ANC-Crony System“ und stellt diesem das „Open Opportunity Society“ Konzept entgegen. Sicherlich zwei völlig verschiedene Gesellschaftsmodelle. Extreme eben. Vielleicht wäre für Südafrika eher ein (südafrikanisches) Konzept einer Sozialen Marktwirtschaft angemessen.

In jedem Fall ist erkennbar, dass die Ein-Parteien-Dominanz nach 15 Jahren zu einem Problem für Südafrika geworden ist. Die Aneinanderreihung von Korruptionsfällen bei den Parastatels wie SABC, SAA, Transnet, Spoornet oder Escom, die Verstrickung von politischen Verantwortungsträgern in Korruption und Skandale wie Charles Niehaus, persönlicher Sprecher von Jacob Zuma, Tony Yengeni, ehemaliger Chief Whip des ANC oder Mnyamezeli Booi, amtierender Chief Whip, Jackie Selebi, abgesetzter Polizeichef, das steuerfinanzierte Travelgate, in dem dutzende von Abgeordneten und die amtierende Vizepräsidentin und damalige Speaker des Parlaments verwickelt sind, die pauschale Diffamierung des politischen Gegners und der Justiz als Konterrevolutionär, sind untrüglicher Ausdruck davon. Die Liste ließe sich fortsetzen. Die Entlassung des in den Arms Deal verstrickten ehemaligen Finanzberaters von Jacob Zuma, Schabir Shaik, aus dem Gefängnis kommt hinzu. Im Endstadium erkrankt, so die Diagnose, der der behandelnde Arzt aber öffentlich widersprach. Sein Bruder wiederum, Mo Shaik, streute bei einer Wahlkundgebung des ANC die Information, dass die National Prosecuting Authority (NPA), die Anklageerhebung gegen Jacob Zuma nicht weiter verfolgen würde. Die Folgen für den Rechtsstaat in Südafrika sind absehbar.

Schockierend sind die Meldungen dieser Tage, dass Staatspräsident Kgalema Motlanthe das Oberhaupt der tibetanischen Kirche, den Dalai Lama, in Südafrika für nicht erwünscht hält und die Ablehnung der Einreise in das Land rechtfertigt. Südafrika hat mit Bischof Desmond Tutu, Nelson Mandela und FW de Klerk –historisch kommt Walter Sisulu hinzu - drei lebende Träger des Friedensnobelpreises, die im letzten November den Dalai Lama, neben anderen Friedensnobelpreisträgern, zu einer Friedenskonferenz nach Johannesburg eingeladen haben. Die Konferenz soll am 27. März auf dem historisch bedeutsamen Constitution Hill stattfinden, wo sich im ehemaligen und berüchtigten Apartheidgefängnis das Verfassungsgericht des Landes befindet. Die Friedenskonferenz steht im Zusammenhang mit der Fußball-WM 2010 und beabsichtigt, der Welt Südafrika als ein demokratisches Land und Verteidiger der Menschenrechte zu präsentieren. Schlimm sind nun die Berichte darüber, dass die chinesische Botschaft in Pretoria interveniert und massiv Druck auf die südafrikanische Regierung ausgeübt habe. Schlimmer noch, dass diese Entscheidung nur wenige Tage nach der Unterzeichnung des China Development Fund von fünf Millionen US-Dollar erfolgte, bei dessen offiziellem „Launch“ neben dem Botschafter Chinas, Zhong Jianhua und der Stellvertretenden Ministerin für Handel und Industrie Elisabeth Thabethe, auch der Finanzchef des ANC, Mathew Phosa, mit offiziellem Status anwesend war, was Anlass zu Spekulationen gibt. Die Regierung weist jede Einflussnahme von Seiten Chinas zurück. Die Botschaft Chinas in Pretoria bestätigt jedoch, die südafrikanische Regierung aufgefordert zu haben, den Dalai Lama zum jetzigen Zeitpunkt nicht einreisen zu lassen.

Nelson Mandela hatte seine Teilnahme von Beginn an nicht zugesagt. Desmond Tutu und FW de Klerk haben angekündigt, aus Protest an der Friedenskonferenz nicht teilzunehmen. Bischof Tutu hat von einer Auslandsreise einen Brief an Präsident Motlanthe geschrieben. Das Präsidialamt begründet die Verweigerung des Visums damit, die Anwesenheit des Dalai Lama sei den Interessen Südafrikas abträglich und würde die Aufmerksamkeit von dem eigentlichen Ereignis, dem Weltcup ablenken. Der Dalai Lama solle seinen Besuch verschieben.

Zielsetzung der Konferenz ist es, zentrale Menschenrechtsfragen im Vorfeld der Fußball-WM zu behandeln. Dazu zählt Rassismus und Ausländerfeindlichkeit. Aber, was wird, wenn die Friedensnobelpreisträger, die einluden, der Konferenz einfach fern bleiben? Wie präsentiert sich Südafrika dann der Welt?

Die Friedenskonferenz ist nun abgesagt, Südafrikas internationale Reputation als freiheitliches Land ist angekratz. Der Image-Schaden ist beträchtlich.

Die Welt wird nicht erst 2010 auf Südafrika schauen. Zu Recht wird die Leistung des weitgehend friedlichen Übergangs von einem schrecklichen Regime zu demokratischen Verhältnissen und der Garantie der Menschenrechte anerkannt. Die Verfassung, eine der liberalsten der Welt, war und ist ein großer Wurf.

Es werden jedoch Kratzer sichtbar, die diesen Erfolg beschädigen. Südafrika befindet sich an einer Wegscheide. Die Regierungspartei ANC auch! Das ist neben dem Ziel, mehr Pluralismus in Südafrika zu wagen und herzustellen, die eigentliche Herausforderung dieser Wahl! 23,1 Millionen Südafrikaner entscheiden darüber. Am 22. April 2009.

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31. März 2009
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