Indonesiens BRICS-Beitritt – eine außenpolitische Kehrtwende
Der neue indonesische Präsident Prabowo Subianto wird Indonesien erstmals als neues Mitglied beim kommenden BRICS-Gipfel am 6. und 7. Juli in Rio de Janeiro vertreten. Indonesien ist Anfang des Jahres überraschend der Staatengemeinschaft um Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika beigetreten. Prabowos Vorgänger Joko „Jokowi“ Widodo hatte noch im vergangenen Jahr einen Beitritt abgelehnt aus Sorge, Indonesiens außenpolitische Tradition des Non-Alignment1 zu gefährden. Mit seinem Beitritt folgt Indonesien Ländern wie Ägypten, Äthiopien, Iran und den Vereinigten Arabischen Emiraten (VAE), die bereits 2024 in einer ersten Erweiterungsrunde beigetreten waren.
Im Gegensatz zu diesen Ländern stellt Indonesiens Beitritt allerdings eine substanzielle Erweiterung der BRICS dar, die das Potenzial hat, die Balance innerhalb des Formats nachhaltig zu beeinflussen. Indonesien ist als drittgrößte Demokratie der Welt, viertbevölkerungsreichstes Land und G20-Mitglied schon fast eine „natürliche“ Ergänzung der BRICS – tatsächlich war Indonesien wohl hauptsächlich aufgrund der verheerenden Auswirkungen der Asienkrise 1998 nicht Teil des ursprünglich von Goldman Sachs entwickelten BRICs-Konzept im Jahr 2001. Der „Overlooked Giant“ Indonesien 2 ist nach seinem Beitritt das drittgrößte Mitglied der BRICS und wird die weitere Entwicklung der Staatengemeinschaft entscheidend mitprägen.
Keine Hinwendung zu China, sondern kluger Balance-Akt
Indonesiens Beitritt hat bei westlichen, wie auch indonesischen Beobachtern die Sorge hervorgerufen, Indonesien könnte seine traditionelle außenpolitische Position des Non-Alignment aufgeben und enger in Richtung China und Russland rücken. Diese Befürchtungen wurden durch die hochrangigen diplomatischen Austausche mit China (Besuch Prabowos bei Xi Jinping in Peking, Gegenbesuch des chinesischen Ministerpräsidenten Li Qiang in Jakarta anlässlich 75. Jubiläum bilateraler Beziehungen) sowie das jüngste Ausschlagen der (kurzfristigen) kanadischen Einladung zum G7-Gipfel zu Gunsten eines (lange geplanten) Besuchs Prabowos beim St. Petersburger Wirtschaftsforums inkl. Treffen mit dem russischen Präsidenten Vladimir Putin.
Doch der außenpolitisch (anders als sein Vorgänger) äußerst aktive Prabowo zeigt in seiner diplomatischen Besuchspolitik bei genauerem Hinsehen vor allem ein starkes Committment hinsichtlich des indonesischen außenpolitischen Ansatzes „bebas dan aktif“ (unabhängig und aktiv). Nach seiner Wahl reiste er u.a. zum Antrittsbesuch nach Washington zum damaligen Noch-Präsidenten Joe Biden. Er war zum Staatsbesuch in Indien bei Premierminister Modi und pflegt rege diplomatische und persönliche Beziehungen zu den Golfstaaten (Stichwort Balance innerhalb der BRICS). Zuhause in Jakarta hat er bereits den japanischen Premierminister Ishiba und zuletzt unter enormer medialer Aufmerksamkeit den französischen Präsidenten Macron empfangen. Im Anschluss an den BRICS-Gipfel in Brasilien reist Prabowo denn auch direkt zum Gegenbesuch anlässlich des französischen Nationalfeiertags am 14. Juli nach Paris und verbindet dies mit einem Antrittsbesuch bei der EU in Brüssel. Auch ein baldiger Besuch bei Bundeskanzler Merz in Berlin ist nach übereinstimmenden Informationen aus Auswärtigem Amt und indonesischem Außenministerium konkret in Planung.
Auch wenn Indonesiens weiterhin gute Beziehung zu Russland und die enge Zusammenarbeit mit China den westlichen Partnern des Landes nicht gefallen können, sind sie Ausdruck von Indonesiens selbstbewusstem Festhalten an seiner traditionellen außenpolitischen Linie. Schließlich gilt dies aber auch in die andere Richtung. Die indonesische Regierung verfolgt mit Nachdruck den Beitritt des Landes zur OECD und hofft mit der EU nach Jahren zäher Verhandlungen in diesem Jahr endlich ein umfangreiches Handelsabkommen abschließen zu können. Indonesiens europäische Partner sollten bei beiden Vorhaben die indonesischen Bemühungen unterstützen, um so Indonesiens außenpolitische Strategie des Balancierens zu stärken und eine Hinwendung des Landes in Richtung Chinas entgegenzuwirken.
Denn klar ist: Für Indonesiens zentrale wirtschaftliche Ambitionen (bis 2045 soll das Land zum „High Income Country“ werden) bietet die Partnerschaft mit China als inzwischen größtem Wirtschaftspartner enormes Potenzial. Die Abkehr der USA unter Präsident Trump von der internationalen Handelsordnung und die gegenüber Indonesien angedrohten US-Zölle von 32% bergen hingegen die Gefahr, das Land noch stärker in Richtung China zu treiben.
Die indonesische Regierung ist sich dieser Gefahr einer zu großen wirtschaftlichen Abhängigkeit von China bewusst und versucht daher seine wirtschaftlichen Beziehungen weltweit zu diversifizieren. Der anvisierte OECD-Beitritt und die Handelsverhandlungen mit der EU sind dafür eindeutige Belege. Aber auch der BRICS-Beitritt selbst muss in diesem Zusammenhang gesehen werden. Während Indonesien mit China bereits enge bilaterale Beziehungen pflegt (siehe Besuchsdiplomatie oben), erhofft sich die Regierung vom BRICS-Beitritt neben Zugang zu Investitionen der BRICS-eigenen New Development Bank vor allem auch eine Intensivierung der Beziehungen zu anderen BRICS-Mitgliedern wie Indien, Brasilien oder den VAE – letztere werden zunehmend zu einem wichtigen Investor im Land.
Vor diesem Hintergrund sind die niedrigen internationalen Erwartungen an den bevorstehenden Gipfel (u.a. Abwesenheit von Xi und Putin; Scheitern einer gemeinsamen Erklärung beim Außenministertreffen im April aufgrund von Differenzen hinsichtlich Reform des UN-Sicherheitsrats) für Indonesien weniger relevant. Zentral sind die hochrangigen Gespräche Prabowos mit den Staats- und Regierungschefs der für Indonesien wirtschaftlich wichtigen BRICS-Mitgliedern. Zudem hat Indonesien nach seinem Beitritt endlich einen Platz am Tisch dieses zunehmend wichtigen multilateralen Formats und kann dieses im Geiste seines außenpolitischen Ansatzes des Non-Alignment in Zukunft mitgestalten. Für Europa und den Westen eigentlich eine begrüßenswerte Aussicht.
1Indonesien ist einer der Gründungsstaaten der Bewegung der Blockfreien Staaten und verfolgt seit seiner Gründung eine Politik des Non-Alignment. Außenpolitisches Credo Indonesien ist “bebas dan aktif”, das eine selbstbewusste, unabhängige und aktive eigene Außenpolitik beschreibt.
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