Country reports
Spannender Wahlkampf bei der Republikanischen Partei
Bei den Republikanern ist der Wettstreit zwischen dem vor kurzem noch so klaren Favoriten, dem texanischen Gouverneur George W. Bush und dem Außenseiter Senator John McCain entbrannt. Der überraschend klare Sieg McCains in New Hampshire mit 19 Punkten Vorsprung kratzt an dem Unberührbarkeits-Image Bushs, der inoffiziell von dem Establishment der Republikanischen Partei doch schon längst zum Herausforderer des amtierenden Vizepräsidenten und demokratischen Präsidentschaftskandidaten Al Gore im November gekürt worden ist.
Die Mehrheit der republikanischen Gouverneure unterstützt ihn, und Bush verfügt über enorme finanzielle und organisatorische Ressourcen: Ganze $69 Millionen hat sein Wahlkampfteam gesammelt (im Vergleich zu den $14 Millionen McCains), und rund 180 hauptamtliche Helfer (McCain hat nur 65 Mitarbeiter) arbeiten an seiner Kampagne. Lange Zeit galt es als unbestritten, dass der Sohn des ehemaligen Präsidenten der Sieger bei der republikanischen Nominierung auf dem Wahlparteitag vom 29. Juli bis 4. August in Philadelphia sein wird und auch der Kandidat mit den besten Siegeschancen für November ist.
An dieser Wahrheit zweifeln nun nicht mehr nur die Unterstützer seines Rivalen McCains, sondern auch unabhängige Beobachter fragen sich, ob das Ergebnis der New Hampshire-Wahl wirklich nur ein kleiner Stolperstein für Bush ist, oder ob es nicht der Beginn einer völlig neuen Entwicklung ist.
Schon vor New Hampshire hat McCain die Strategie, in seinem Wahlkampfbus ständig die Presse um sich zu haben, viel Öffentlichkeit eingebracht. Aber spätestens seit dieser Wahl ist der Kriegsheld McCain bei den Medien der Mann des Tages. Die Amerikaner lieben den Mythos des Außenseiters, der scheinbar aus dem Nichts plötzlich auftaucht und siegt. McCains Kampagne wird zur Zeit von einer Welle der Euphorie getragen, die sich auch in den neusten Umfragen widerspiegelt:
Der nächste wichtige Stimmungstest sind die Wahlen am 19. Februar in South Carolina. Hier führte Bush in den Umfragen Ende letzten Jahres mit über 40% vor McCain, im Januar betrug sein Vorsprung immerhin noch deutliche 20%.
Das hat sich seit New Hampshire geändert: In einigen Umfragen hat ihn McCain schon überholt, und ansonsten sind sie beide ungefähr gleichauf. In Kalifornien, wo am 7. März über 15% der Delegiertenstimmen für den Wahlparteitag im Sommer entschieden wird, ist der Vorsprung Bushs um die Hälfte geschmolzen, von 40 auf 19 Punkte. Und auch in einer nationalen Umfrage können sich inzwischen schon 26% der republikanischen Wähler einen Präsidentschaftskandidaten McCain vorstellen, zu noch 13% Anfang Januar. Zwar muss sich Bush hier bei seiner Zustimmungsrate mit 57% noch keine zu großen Sorgen machen, aber die Anzeichen für einen harten Entscheidungskampf häufen sich doch.
Wahrscheinlich ist aber, dass Bushs massive Überlegenheit bei den finanziellen und organisatorischen Ressourcen langfristig von Vorteil sein und auch den Ausschlag geben wird, da der Wahlkampf gerade in den wichtigen großen Staaten ungeheuer aufwendig und teuer ist. McCain hat zwar seit seinem letzten Erfolg schon über $1,8 Millionen an Zuwendungen über seine Homepage eingenommen, aber da er ob seiner staatlichen Wahlkampfunterstützung im Gegensatz zu Bush an eine Ausgabenbegrenzung gebunden ist, wird er mit der Kampagne Bushs auf diesem Feld nicht konkurrieren können. Er kann nur hoffen, dass die Euphorie und das enorme Medieninteresse weiterhin anhält, und sein Image als Außenseiter und einsamer Kritiker der angeblichen Korruption in der Regierung attraktiver als die eher konservative, auf Steuersenkungen orientierte Botschaft Bushs erscheint. Angesichts der überragenden finanziellen Möglichkeiten und der breiten Unterstützung Bushs aber und dessen viel stärkerer Präsenz in gerade den großen und wichtigen Staaten, die ja auch die meisten Delegiertenstimmen für die Nominierung einbringen, wird es für McCain sehr schwer, seinen Erfolg von New Hampshire noch mehrmals zu wiederholen. Einen einzelnen Staat durch einen massiven Wahlkampf zu gewinnen ist wesentlich einfacher als eine erfolgreiche nationale Kampagne zu führen.
Vorentscheidung bei den Demokraten?
Bei der demokratischen Partei führte wochenlang der Exsenator Bill Bradley in den Umfragen vor einem oft hölzern wirkenden Vizepräsidenten Al Gore. Aber das Blatt hat sich zugunsten Gores gewendet, der sich als Kämpfer erwiesen hat, und spätestens seit den Vorwahlen in New Hampshire ist er der klare Favorit der Demokraten. Für Bradley war dies die zweite innerparteiliche Niederlage nach seinem schlechten Abschneiden in Iowa. Offensichtlich hat er es nicht geschafft, die entscheidenden Stammwähler - Arbeiter mit weniger als $50.000 Einkommen im Jahr, Paare mit Kindern, Gewerkschaftsmitglieder und eingeschriebene Demokraten - von sich und seinen Politikvorstellungen zu überzeugen. Diese Stammwähler sind letztendlich ausschlaggebend für die Nominierung. Dazu kommt noch die Mehrheit der demokratischen Wähler, die mit der Amtszeit der Clinton-Administration zufrieden sind und schon deshalb den Vizepräsidenten Gore favorisieren.
Der "Super-Dienstag" am 14. März, der die Vorwahlen in den wichtigen früh wählenden Südstaaten bringt, ist seit den achtziger Jahren ein Schlüsseltag auf dem Weg zur Präsidentschaft.
Aber im diesjährigen Nominierungsprozess kann es schon eine Woche früher, nämlich am 7. März, zur Entscheidung kommen. Elf Vorwahlen und vier Parteiversammlungen, dazu der Beginn der Vorwahlen im Kongresswahlkampf und darüber hinaus Senats- und Repräsentantenhauswahlen in Kalifornien, Ohio und Maryland - damit wird dem darauf folgenden Dienstag der Rang als spannendster Wahltag in diesem Frühjahr abgelaufen.
Unter anderem wird im bevölkerungsreichsten Bundesstaat Kalifornien, der auch die meisten Sitze im Repräsentantenhaus besitzt, in New York und in Ohio gewählt, was einen enormen Einfluss auf den weiteren Wahlkampfverlauf haben wird.
Von diesen Wahlen wird wohl eher Al Gore profitieren, da sowohl in Kalifornien als auch in New York "closed primaries", also Vorwahlen, bei denen nur eingetragene Parteimitglieder teilnehmen können, abgehalten werden bei den Stammwählern besser ankommt als sein Konkurrent Bill Bradley. Auch bei den sogenannten "Superdelegierten", in Ämter Gewählte und andere Parteifunktionäre, ist Gore weitaus beliebter. Bradley erhält hauptsächlich die Stimmen von weißen männlichen Akademikern, was sich voraussichtlich als zu wenig Rückhalt erweist, um die demokratische Nominierung zu erreichen. Auch diejenigen Demokraten, die von der Amtszeit Clintons enttäuscht sind, stellen nur noch einen kleinen Teil der gesamten demokratischen Wählerschaft dar.
Seit der Republikaner McCain so einen Aufschwung nach seinem Sieg in New Hampshire erfahren hat, ist die Lage für Bradley noch schwieriger geworden. Da sein Kontrahent Gore den Großteil der demokratischen Stammwähler an sich zieht, baut Bradley seine Strategie vor allem auf die unabhängigen Wählern auf. Die aber tendieren nun viel stärker zu dem republikanischen Shooting-Star McCain, sogar jene, die ansonsten demokratisch gewählt hätten. Auch das Medieninteresse fokussiert sich auf McCain, und die Zeit, da Bradley noch die Titelseiten der wichtigen Magazine zierte, ist wohl vorerst vorbei. Seine Unterstützer fürchten, der Zeitpunkt war dafür einfach zu früh. Bradleys wichtigstes Argument, er und nicht Gore habe im November die besseren Siegeschancen, überzeugt nicht mehr: Die Meinungsumfragen zeigen, daß Gore mindestens ebenso gute Chancen eingeräumt werden.
In den jüngsten Umfragen in Kalifornien erhält Gore doppelt so viele Stimmen wie Bradley, und falls Bradley aus den Wahlen am 7. März als der klare Verlierer hervorgeht, wird er wohl nicht mehr allzu lange im Rennen um die demokratische Nominierung verbleiben - trotz seiner finanziellen Möglichkeiten, die ihm erlauben würden, noch länger durchzuhalten.