Country reports
Innerhalb von nur dreizehn Jahren haben damit die eigenen Parteimitglieder nach Margaret Thatcher, John Major und William Hague ihren vierten Vorsitzenden aus dem Amt getrieben, diesmal erstmals durch eine förmliche Vertrauensabstimmung. Duncan Smith gehört zu den wenigen Vorsitzenden in der langen Geschichte der Tories, die niemals ihre Partei in eine Unterhauswahl geführt haben. Ihm wurde die Fähigkeit abgesprochen, die Tories strategisch, organisatorisch und intellektuell wirksam gegen eine angeschlagene Regierung Blair zu positionieren.
Noch in dieser Nacht versuchen maßgebliche Mitglieder und Abgeordnete die tiefen Risse in der Partei zu kitten und die Wunden zu heilen, die sie sich politisch wie menschlich in den zurückliegenden Wochen geschlagen haben. Ob dies rasch gelingt, muss bezweifelt werden.
Zur Schadensbegrenzung gehört der Versuch, einen weiteren Machtkampf und eine neuerliche Spaltung der Partei zu vermeiden, indem die Unterhausfraktion sich auf nur einen Kandidaten verständigt. Diese „Krönung“ würde einen parteiinternen Wahlkampf vermeiden helfen, wie er vor zwei Jahren zwischen Ken Clarke und Duncan Smith stattgefunden und der erstmals durchgeführten Urwahl des Vorsitzenden durch alle Mitglieder der Partei vorausgegangen war.
Dazu hat einer der einflussreichsten „Rechten“, David Davis, auf eine Kandidatur verzichtet und haben die Repräsentanten anderer Flügel der Tories, Oliver Letwin, Liam Fox und Stephen Dorell, in einer gemeinsamen Erklärung dazu aufgerufen, Michael Howard, den bisherigen Schattenschatzkanzler, geschlossen zu unterstützen.
Howard, einer der wenigen verbliebenen Spitzenleute mit Regierungserfahrung, genoss als Innenminister unter John Major wenig Popularität, wird aber wegen seiner Erfahrung und intellektuellen Brillanz, die er kennt und pflegt, weit über die Grenzen der eigenen Partei respektiert. Er hat in Debatten mit seinem Gegenspieler Gordon Brown häufig genug gepunktet, um als „Heavyweight“ ernst genommen zu werden. In den letzten Jahren hat er sich mit der von ihm gegründeten Organisation „Atlantic Partnership“ ein internationales Netzwerk von Kontakten aufgebaut, das ihm ebenfalls nützen dürfte und den Anschein von britischer Provinzialität abbauen hilft, der den Tories in der Zeit seit Verlust ihrer Regierungsmacht zugewachsen ist.
Howard ist ein moderater Euroskeptiker, dessen Argumentation eleganter ist, als die auch unter Mitgliedern des jetzigen Schattenkabinetts anzutreffende gelegentliche dumpfe Blindwütigkeit, mit der gegen alles vorgegangen wird, was aus Europa kommt.
Howard hat sich in den zurückliegenden Wochen ohne jegliche Nuancierung loyal gegenüber Duncan Smith gezeigt und könnte damit auch jene Mehrheit unter den Parteimitgliedern versöhnen, die sich jetzt durch die Abstimmung in der Fraktion um die Entscheidung von mehr als 150.000 Mitgliedern betrogen fühlen, die vor zwei Jahren Duncan Smith ihre Stimme gaben.
Ob bei nur einem Kandidaten die unter William Hague eingeführte Urwahl des „Leaders“ durchgeführt wird, ist offen.
Sollte Howard – auf welche Weise auch immer – letztlich gewählt werden, wird er sich um eine Führungsmannschaft und ein Schattenkabinett bemühen müssen, die die Partei zusammenführen, ihre unterschiedlichen Flügel persönlich und in Sachfragen versöhnen und Alternativen zu einer Regierung bieten, die weitgehend das Vertrauen der Wähler verloren hat. Dazu müssen die Tories ihre Attraktivität für neue Wählerschichten deutlich steigern. Sie müssen die Medien zurückgewinnen, die zum Schluss -bis hin zu zutiefst konservativen Zeitungen wie dem „Daily Telegraph“- Duncan Smith jegliche Unterstützung entzogen hatten.
Nicht zuletzt werden sie wichtige Sponsoren davon überzeugen müssen, dass es sich wieder lohnt, die Tories zu unterstützen. Sie hatten sich in den zurückliegenden Wochen in Scharen von der Partei abgewandt, darunter auch ein Mann wie Stuart Wheeler, der den Konservativen allein im letzten Jahr fünf Millionen Pfund gespendet hatte.
Howard wird überlegen müssen, ob er Partei und Öffentlichkeit zeitgemäßere Entscheidungsstrukturen anzubieten hat, als die bisherige Form des „top down“-Prozesses, nach dem der „Führer“ sein Schattenkabinett beruft und mit ihm zusammen die Politik der Partei bestimmt, ohne Beteiligung von Mitgliedern und Fraktion oder einem Diskurs mit Öffentlichkeit und wichtigen Gruppen der Gesellschaft. Bei diesem Verzicht auf Kommunikation und Partizipation kann es nicht verwundern, dass hervorragende Ansätze zur Neupositionierung der Tories, und durch sie in zentralen Bereichen der britischen Innenpolitik wie Schulen und Hochschulen, Gesundheitswesen und soziale Sicherungssysteme sowie innere Sicherheit und Steuern, weitgehend unbemerkt blieben.
Iain Duncan Smith hat sich durch die Art und Weise, wie er in den letzten Wochen um sein Amt und seine Ehre gekämpft hat, viel Respekt verschafft. Er wirkte dabei authentischer und eindrucksvoller, als jemals zuvor. Zurecht konnte er darüber Klage führen, dass die Angriffe und Intrigen gegen ihn aus der Partei weitgehend anonym und durch die Medien lanciert wurden. Anders, als bei Thatcher und Major, stand niemand auf und erklärte, dass und warum er für eine Veränderung an der Spitze eintritt.