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Gerichtseintragung der Bewegung von König Simeon II verweigert
Mit einem Beschluss vom 23. April beschied das Gericht den Antrag der Nationalen Bewegung Simeon II vom 10. April 2001, in das Parteienregister eingetragen zu werden, abschlägig. Das Gericht hat in den Unterlagen der Bewegung neun gravierende Verstöße gegen das Gesetz über die politischen Parteien sowie gegen das Gesetz über die nichtkommerziellen juristischen Personen festgestellt. Die Urteilsbegründung ist 10 Seiten lang.
Simeon hatte in den vergangenen Tagen wiederholt betont, an den Parlamentswahlen am 17. Juni nur mit der Bewegung "Simeon II" und nicht mit einer Parteienkoalition oder mit der Registrierung einer bereits eingetragenen Partei, was auch möglich wäre, teilnehmen zu wollen.
Die eventuelle gerichtliche Eintragung der Bewegung wäre rechtlich vermutlich der letzte mögliche Termin für eine rechtzeitige Eintragung bei der Zentralen Wahlkommission, wofür die Frist am 2. Mai um 19.00 Uhr ausläuft, gewesen. Selbst das wäre allerdings lediglich unter der Voraussetzung denkbar gewesen, dass eine Sonderausgabe des Staatlichen Gesetzblattes eigens mit der Eintragung der Bewegung erschienen wäre.
Die Rechtsberater Simeons kündigten an, beim obersten Kassationsgericht in Revision gehen zu wollen.
Die Bewegung Simeon II wurde am 8. April dieses Jahres gegründet. Damals verabschiedete sie ihre Satzung an und wählte Simeon II zum Vorsitzenden.
Die Reaktionen der politischen Parteien
Ministerpräsident Iwan Kostov erklärte, dass Gerichtsbeschlüsse nicht kommentiert werden. Die Registrierung der UDK beispielsweise habe einige Monate in Anspruch genommen, ohne dass deswegen dem Gericht Vorhaltungen gemacht worden wären. In der gegenwärtigen Situation könnten seiner Meinung nach sowohl Simeon als auch von ihm ausgewählte Personen in die Listen der Vereinigten Demokratischen Kräfte (VDK) Eingang finden.
Obwohl das konkrete Programm der Bewegung Simeons nicht ganz klar sei, könne man doch von einer programmatischen Nähe zu den VDK sprechen. Um diese Absicht umzusetzen, müsste allerdings die Zustimmung der Koalitionspartner der UDK in den VDK eingeholt werden.
Georgi Boshinov von der BSP meinte, dass das Gericht triftige Gründe hatte, um die Eintragung zu verweigern. Es habe nach seinem Dafürhalten keinen politischen Druck auf das Gericht gegeben.
Emel Etem von der Bewegung für Rechte und Freiheiten (BRF) sieht im Gerichtsbeschluss einen "politischen Auftrag", um die Bewegung Simeons, die eine reale Alternative zu den Regierungsparteien darstellt, von den Wahlen fernzuhalten. Man sei jedoch der Ansicht, dass Simeon einen geeigneten Weg zur Teilnahme an den Wahlen finden werde.
Einschätzung
Die Weigerung des Gerichts, die Bewegung zu registrieren, war etwas überraschend, aber nicht ganz unerwartet. Noch bevor die Unterlagen eingereicht wurden, waren viele Juristen der Ansicht, dass das Verfahren in Anbetracht der Wahlen im Juni viel zu spät eingeleitet wird.
Die Registrierung einer Partei nimmt in Bulgarien erfahrungsgemäß mehrere Monate bis zu einem Jahr (!) in Anspruch. Insofern genoss die Bewegung Simeons zweifellos eine außerordentliche Vorzugsbehandlung, denn es ist noch nie über die Registrierung einer Partei in einem so kurzen Zeitraum befunden worden. Darüber hinaus wurden von Anfang an Bedenken gegen die Satzung der Partei von juristischem Standpunkt aus angemeldet.
Es ist, wie gesagt, eher unüblich, dass eine politische Partei "auf Anhieb" registriert wird. Die Mängel in den von der Bewegung Simeon eingereichten Dokumenten sind jedoch nach Ansicht von Juristen so offensichtlich, dass sich zwei Schlussfolgerungen aufdrängen: Entweder sind die Rechtsberater des Königs völlig inkompetent oder es hat jemand vorsätzlich derart drastische Mängel darin "eingebaut", dass eine Registrierung praktisch ausgeschlossen war.
Es kann überhaupt keine Rede davon sein, dass politische Kräfte, ganz gleich ob aus dem Regierungslager oder aus der Opposition, Einfluss auf den Gerichtsbeschluss gehabt haben. Die Regierungsparteien sind am allerwenigsten an einem Ausschluss Simeons von der Teilnahme an den Wahlen interessiert, da dies zu einer Destabilisierung der Situation im Vorfeld der Stimmabgabe bzw. zu Vorwürfen gerade gegen die VDK führen könnte. Premier Kostov hatte sogar die Hoffnung geäußert, die Bewegung möge registriert werden.
Wie wohlwollend man die Absichten Simeons auch interpretieren mag, es drängt sich der Eindruck auf, dass das gesamte Verhalten seiner Bewegung bisher geradezu auf die Herausforderung der für alle bulgarischen politischen Kräfte gültigen Regeln, Verfahren und Gesetze sowie auf die Erpressung der Institutionen angelegt ist.
Oder aber Simeon war von Anfang an nicht auf eine Beteiligung an den bevorstehenden Wahlen aus, sondern verfolgt andere Ziele, über die nur spekuliert werden kann. Es ist jedoch eine Tatsache, dass sehr viel um diese Bewegung in Dunkel gehüllt ist und sie in mancher Hinsicht fast konspirativ agiert. Insofern sind Prognosen über das weitere Vorgehen Simeons mit einem hohen Unsicherheitsfaktor behaftet.
Ministerpräsident Iwan Kostov in Washington
Der bulgarische Ministerpräsident Iwan Kostov hat als erster führender Politiker aus Osteuropa ein Treffen mit dem amerikanischen Präsidenten George W. Bush im Weißen Haus gehabt. Kostov hält sich zu einem mehrtägigen Arbeitsbesuch in den USA auf Einladung von Vizepräsident R. Cheney auf. Thema des Gespräches mit dem amerikanischen Präsidenten war die Situation auf dem Balkan, die Lage in Bulgarien selbst sowie Probleme der Erweiterung der EU und NATO.
George W. Bush hat insbesondere die stabilisierende Rolle Bulgariens auf der Halbinsel, den Beitrag der bulgarischen Regierung zur Lösung der Krise im Kosovo, für den Sturz des Regimes von Slobodan Milosevic und die bulgarische Unterstützung für Mazedonien hervorgehoben. Angesprochen wurde auch die Rolle Russlands auf der Balkanhalbinsel. Es wurde die Ansicht geäußert, dass die Einmischung fremder Geheimdienste sowie mafioser Strukturen zur Destabilisierung der Region und die Abbringung Bulgariens von seinem Weg in die EU und NATO nicht geduldet werden dürfe.
Sowohl Präsident Bush als auch Vizepräsident Cheney haben die bulgarischen Reformen gewürdigt und der Hoffnung Ausdruck gegeben, dass diese fortgesetzt würden. Präsident Bush wünschte dem bulgarischen Premier Erfolg bei den bevorstehenden Wahlen.