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Country Reports

Nahost-Friedensgespräche: Pause oder Ende?

by Evelyn Gaiser, Stefanie Friese

Von der Sackgasse in die Krise

Die Friedensverhandlungen zwischen Israel und den Palästinensern befanden sich in den vergangenen Wochen in einer Sackgasse. Zwar wurden die israelisch-palästinensischen Treffen fortgeführt, doch die Sorgen, dass die Gespräche scheitern könnten, waren durchaus berechtigt. Sechs Tage vor Ablauf der Frist das vorläufige „Aus“, wenngleich aus unerwarteter Richtung: Fatah und Hamas unterzeichneten das Abkommen über eine Einheitsregierung – für die Regierung Netanjahu Grund genug, die Verhandlungen als (vorläufig) gescheitert zu betrachten.

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Für viele war absehbar, dass am 29. April noch kein Endstatusabkommen unterzeichnet werden könnte. Bereits im Februar stand fest, dass die von Kerry ursprünglich gesetzte Frist von neun Monaten nicht einzuhalten ist. Ein von den Amerikanern vorbereitetes, nicht öffentliches Rahmendokument, das die Prinzipien für weitere Verhandlungen darlegen sollte, fand weder auf palästinensischer noch auf israelischer Seite die nötige Zustimmung. Zuletzt drehten sich die amerikanischen Bemühungen lediglich um die Frage, wie eine Verlängerung der Verhandlungen erzielt werden könnte.

Initiierung der Verhandlungen

Schon über den Einstieg in die Gespräche wurde 2013 intensiv verhandelt. Die palästinensische Seite hatte die Aufnahme von Friedensgesprächen mit Israel an drei Vorbedingungen geknüpft:

  • Ein vollständiger Siedlungsstopp
  • Die Freilassung palästinensischer Gefangener, die noch vor den Oslo-Verträgen an Terroranschlägen gegen Israelis beteiligt waren
  • Anerkennung der Grenzen von 1967 als Grundlage von Gesprächen
Obwohl von israelischer Seite immer wieder betont wurde, dass Zugeständnisse Ergebnis von Verhandlungen sein müssten und nicht als zu Vorbedingungen erhoben werden dürften, verpflichtete sich die israelische Regierung, 104 palästinensische Gefangene in vier Schritten freizulassen. Unter den Häftlingen der letzten Gruppe sollten auch 14 israelische Araber sein. Im Gegenzug sagte Palästinenserpräsident Abbas zu, während der Verhandlungen keine unilateralen Initiativen für den Beitritt der Palästinenser zu verschiedenen UN-Organisationen und internationalen Konventionen voranzutreiben.

Viele Beobachter äußerten sich skeptisch darüber, inwiefern die israelische und die palästinensische Führung tatsächlich bereit seien, die für ein Abkommen notwendigen schwierigen Entscheidungen zu treffen. Wie nicht zuletzt der Mord am ehemaligen israelischen Ministerpräsidenten Jitzchak Rabin gezeigt hat, stellen Kompromisse zugunsten einer Friedenslösung ein hohes persönliches und politisches Risiko für die Vertreter beider Seiten dar. Zudem dominieren auf beiden Seiten innenpolitische Zwänge (z.B. Rivalitäten im eigenen Lager), die den Verhandlungsrahmen stark eingrenzten.

Verhandlungsverlauf und Konfliktpunkte

Positiv wurde in der israelischen Presse bewertet, dass in den ersten Verhandlungsmonaten auf beiden Seiten weitgehend Stillschweigen über Inhalt und Hergang der Verhandlungen gewahrt wurde. Bald traten jedoch die klaren Positionsunterschiede an die Oberfläche.

Siedlungen

Während in Beobachterkreisen in den Monaten unmittelbar vor Beginn der Verhandlun-gen von einem „stillen Rückgang der israelischen Siedlungsaktivitäten“ in den Palästinensischen Gebieten die Rede war, wurden mit der Freilassung der palästinensischen Gefangenen die Ausschreibungen neuer israelischer Wohneinheiten in den Palästinensischen Gebieten intensiviert. Dies stieß auf vehemente Kritik nicht nur bei palästinensischen Vertretern sondern auch bei der Obama-Administration und eigenen Koalitionspartnern von der liberalen Mitte. Der Druck wurde mitunter so stark, dass Ministerpräsident Netanjahu eine Ausschreibung bisher nicht bekannten Ausmaßes für 20.000 neue Siedlungseinheiten zurückrief. Kritisch wurde von mehreren Politikern die Rolle des Ministers für Bauwesen, Uri Ariel von der nationalreligiösen Siedlerpartei Bajit HaJehudi, kommentiert. Dieser terminierte neue Ausschreibungen mitunter so, dass sie die Friedensgespräche gezielt zu torpedieren schienen.

Gefangene

Für den 29. März war die Freilassung des vierten Teils der palästinensischen Gefan-genen vorgesehen. Als sich im Vorfeld Berichte häuften, die Palästinenser würden sich aus den Verhandlungen zurückziehen, beschloss die israelische Regierung, die Ge-fangenen nicht wie vereinbart freizulassen, ohne von der palästinensischen Seite die Zusicherung zu erhalten, dass die Verhandlungen auch nach Ablauf der Frist am 29. April weiterlaufen. Die Freilassung palästinensischer Terroristen wird in Israel äußerst emotional diskutiert und ruft Widerstand in der eigenen Regierung sowie in breiten Bevölkerungskreisen hervor. Die israelische Verhandlungsführerin und Justizministerin Tzipi Livni erklärte in einem Fernsehinterview: “I need to honestly look into the victims families’ eyes and tell them – ‘yes, we’re making that decision for something real.’ And that’s why we wanted to created that something that was real that included the extension of peace talks. The Palestinians heard this from me”. Die Stimmung in Israel gegen die Freilassungen wurde nicht zuletzt dadurch befeuert, dass die freigelassenen Gefangenen bei ihrer Rückkehr in die Palästinensischen Gebiete oft wie Volkshelden aufgenommen werden. Amerikanische Vertreter machten deutlich, dass sie in der israelischen Weigerung, die Gefangenen freizulassen, eine Verletzung der Abmachungen zur Aufnahme der Friedensverhandlungen sähen.

Auch aus dem eigenen politischen Lager wurde Kritik an Israels Vorgehen laut. So sagte der ehemalige Minister und stellvertretende israelische Ministerpräsident, Dan Meridor, auf einer Konferenz der KAS Israel, die Regierung Netanjahu hätte sich nicht darauf einlassen dürfen, in den Deal auch arabische Israelis einzubeziehen; damit habe sie der palästinensischen Führung implizit zugestanden, dass diese auch die Interessen bestimmter israelischer Staatsbürger wahrnehme. Aber was man versprochen habe, müsse man halten. Israels stellvertretender Verteidigungsminister Danny Danon sowie der stellvertretende Außenminister Zeev Elkin, beide Mitglieder des Likuds, hatten ihren Rücktritt angekündigt, sollten auch die 14 arabischen Israelis freigelassen werden.

Auch Naftali Bennet, Wirtschaftsminister und Vorsitzender der nationalreligiösen Partei HaBaijit HaJehudi, hatte angedroht, die Koalition in diesem Fall zu verlassen. Die Entscheidung, die vierte Runde der Gefangenenfreilassung nicht durchzuführen, spiegelte also auch innenpolitische Spannungen und strategische Überlegungen wider, die für Netanjahus politisches Überleben wichtig waren.

Zwischenzeitlich berichteten die israelischen Medien von einem neuen Kompromissvorschlag, der die Verhandlungen aus der Sackgasse ziehen sollte. Demnach würde Israel zusätzlich zur vierten Gefangenengruppe 400 weitere palästinensische Gefangene freilassen und die Siedlungsaktivitäten im Westjordanland (nicht jedoch in Ost-Jerusalem) einfrieren. Im Gegenzug sollten sich die Palästinenser zu einer Fortsetzung der Verhandlungen verpflichten und die Amerikaner den israelischen Spion Jonathan Pollard freilassen, der in den USA in Haft sitzt.

Doch diese Überlegungen wurden sogleich hinfällig. Noch während der Verhandlungen über eine Fortführung der Gespräche unterzeichnete Palästinenserpräsident Abbas Beitrittsgesuche für insgesamt 15 internationale Verträge und VN-Konventionen. Ein Beitrittsgesuch zum Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag war jedoch nicht un-ter den Dokumenten. Als Nicht-Mitgliedsstaat bei den Vereinten Nationen können die Palästinenser insgesamt 63 Organisationen und Abkommen beitreten. Ferner hatte am gleichen Tag der israelische Minister für Bauwesen, Uri Ariel, eine früher schon einmal veröffentlichte Ausschreibung für 708 neue Wohneinheiten in Ostjerusalem publiziert.

Als Reaktion auf die unilaterale palästinensische Initiative kündigte Israel wirtschaftliche Sanktionen an, die Gespräche liefen jedoch weiter. Um einer Verlängerung der Verhandlungsfrist zuzustimmen, forderten die Palästinenser die vollständige Freilassung der vierten Gefangenengruppe ohne die von Israel vorgeschlagene Abschiebung in Drittländer der darunter befindlichen israelischen Araber, einen vollständigen Siedlungsstopp und eine Festlegung der Grenzen zwischen Israel und dem künftigen Palästinenserstaat innerhalb der ersten 3 Monate . Diplomatische Vertreter Israels lehnten diese Forderungen ab. Aus Israels Sicht könne die Frage der Grenzen nicht unabhängig von anderen offenen Fragen diskutiert werden (politischer Charakter des zukünftigen palästinensischen Staates, Anerkennung Israels als jüdischer Staat, Demilitarisierung und Flüchtlingsfrage) Zudem könne Abbas nicht fortwährend Forderungen stellen, ohne selbst Zugeständnisse zu machen. Man fordere von Israel, Mörder freizulassen, als Bedingung, Gespräche zu führen, beklagte der Likud-Abgeordnete und stellvertretende Minister in der Kanzlei des Ministerpräsidenten, Ofir Akunis.

Abbas drohte später damit, die Palästinensische Autonomiebehörde (PA) aufzulösen und Israel die alleinige Verantwortung für das Westjordanland zu überlassen („take back the keys“), sollte es keine Fortschritte geben und sich die Situation der Palästinenser nicht verbessern. Die PA sei weder politisch, noch wirtschaftlich unabhängig. Auch wenn dieses Szenario als relativ unwahrscheinlich gilt, könnte es doch enorme wirtschaftliche und sicherheitspolitische Kosten für Israel mit sich bringen. Israel selbst hätte besonders im Hinblick auf die mit der PA bestehende Sicherheitskooperation und -koordination (die PA ist für die Sicherheit in den A-Gebieten verantwortlich) kein Interesse an deren Auslösung.

Anerkennung Israels als jüdischer Staat

Neben diesen ungelösten Fragen stand die Forderung nach der expliziten Anerkennung Israels als jüdischer Staat im Raum. Abbas lehnte dies klar ab. Es sei nicht Aufgabe der Palästinenser, über den internen Charakter Israels zu bestimmen. Aus der palästinensischen Perspektive ist die Forderung auch deshalb problematisch, weil sie gewissermaßen die Übernahme des zionistischen Narrativs bedeuten würde, der mit der arabischen Geschichtsvorstellung unvereinbar ist. Aus israelischer Sicht würde eine solche Anerkennung zeigen, dass die Palästinenser die Existenz des jüdischen Staates akzeptieren und die Juden nicht, wie in der Vergangenheit oftmals von palästinensischen Hardlinern deklariert, „ins Meer treiben wollten“. Eine Mehrheit 77% der jüdischen Israelis befürwortet heute – laut einer Umfrage des Israel Democracy Institute – eine solche Anerkennung.

Das Abkommen zwischen Fatah und Hamas

Der eigentliche Auslöser für die Aufhebung der Friedensgespräche kam unerwartet: Am 23. April, nur sechs Tage vor Ablauf der ursprünglich gesetzten Frist für die Friedensgespräche, unterzeichneten die Fatah-Partei von Präsident Abbas und die radikalislamische Hamas ein Einheitsabkommen. Dieses besagt, dass innerhalb von fünf Wochen eine Interims-Einheitsregierung zwischen Fatah und Hamas unter Vorsitz von Abbas gebildet werden soll. Nach sechs Monaten sollen dann Parlaments- und Präsidentschaftswahlen stattfinden.

Ob das Abkommen tatsächlich umgesetzt wird, bleibt abzuwarten. Abkommen über eine Einheitsregierung, die beide Parteien in den letzten Jahren geschlossen hatten, wurden letztendlich nicht implementiert. Trotzdem bedeutete dieser Schritt aus israelischer Sicht eine Zäsur, die die Aussichten für die Weiterführung der Friedensgespräche erheblich mindert.

Auf israelischer Seite stärkt das Abkommen die Stimmen, die schon länger der Ansicht sind, Abbas sei „kein Partner für Frieden“. Die Hamas erkennt Israels Existenzrecht nicht an und befürwortet den bewaffneten Kampf gegen Israel. Ministerpräsident Netanjahu sagte dazu: “Hamas has fired more than 10,000 missiles and rockets at Israeli territory and has not halted terrorist actions against Israel even for a minute. The agreement between Abu Mazen (gemeint ist Abbas) and Hamas was signed even as Israel is making efforts to advance the negotiations with the Palestinians.”

Als Antwort auf das Abkommen hat Israel die Verhandlungen zunächst auf unbestimmte Zeit ausgesetzt. Der von HaBait HaJehudi geforderte komplette Abbruch weiterer Gespräche wurde nicht beschlossen.

Für die Palästinenser hat die Unterzeichnung dieses Abkommens symbolische und strategische Bedeutung. Zum einen könnte damit die seit sieben Jahren bestehende innerpalästinensische Spaltung beigelegt werden; Gaza und das Westjordanland könnten nicht länger als voneinander getrennte Entitäten betrachtet werden. Eine mögliche Auflösung der PA stände somit außer Frage. Ferner würde das von der israelischen Seite oft vorgebrachte Argument, Abbas könne aufgrund der innerpalästinensischen Teilung nicht für das ganze Volk verhandeln, hinfällig.

Das Ende der Verhandlungen

Auch wenn die offizielle Frist der Friedensgespräche am 29. April verstrichen ist, hat sich derzeit keine der beiden Seiten vollständig aus den Gesprächen zurückgezogen. Die Israelis „suspendierten“ die Gespräche; die Palästinenser gaben an, sie würden ihre Anstrengungen vor internationalen Organisationen verstärken, ließen aber eine Tür für Gespräche offen; und die Amerikaner erklärten, die Verhandlungen benötigten vielleicht eine Pause.

Die Verantwortung für das Scheitern der Verhandlungen wird von israelischen Kommentatoren bei beiden Seiten gesehen. Während die Regierung Netanjahu Siedlungen vorantrieb und mit der Forderung der Anerkennung Israels als jüdischer Staat eine weitere Hürde aufgebaut habe, liege ein großer Teil der Verantwortung auch bei den Palästinensern. Mit der Aufstellung immer neuer Forderungen für die Fortführung der Gespräche, dem Unterzeichnen der Beitrittsgesuche für internationale Konventionen, das den Pollard-Deal verhinderte, und schließlich dem Einheitsabkommen zwischen Fatah und Hamas hätten die Palästinenser wichtigen Anteil am Scheitern der Gespräche.

Innerhalb der Knesset scheint es derzeit kaum Veränderungen zu geben. Auch wenn die Parteien Jesch Atid und HaTnuah angekündigt hatten, bei einem Scheitern der Verhandlungen die Regierung zu verlassen, scheint das Einheitsabkommen zwischen Fatah und Hamas beiden Parteien die Rechtfertigung zu bieten, weiterhin in der Koalition zu bleiben. Auch die Drohung von Wirtschaftsminister Naftali Bennet (HaBait HaJehudi, „Das jüdische Zuhause“), seinerseits aus der Koalition auszutreten, sollten im Rahmen der vierten Runde der Gefangenenfreilassung auch die 14 arabischen Israelis freigelassen werden, scheint durch die Aussetzung der Verhandlungen vorerst irrelevant zu sein. Nichtsdestoweniger gibt es Stimmen, die sich für Neuwahlen aussprechen.

Ausblick:

Für die Zukunft bieten sich einige Szenarien an, von denen manche mehr, manche weniger realistisch erscheinen.

Szenario 1:

Es besteht die Möglichkeit, dass das Einheitsabkommen wie schon in der Vergangenheit scheitert und Israel und die dann allein von der Fatah dominierte PLO wieder zu Verhandlungen zurückkehren. Eine Einigung zwischen beiden Seiten in Form einer Zwei-Staaten-Lösung liegt vorerst jedoch in weiter Ferne. Der Druck aus den eigenen Reihen auf Netanjahu und Abbas ist so hoch, dass keiner zu diesem Zeitpunkt einen gr oßen Spielraum für substanzielle Konzessionen hat.

Szenario 2:

Sollte tatsächlich eine palästinensische Einheitsregierung zustande kommen, steht Israel vor verschiedenen Alternativen.

  • Beibehaltung des Status Quo
Israel verhängt wirtschaftliche Sanktionen gegen die PA und hält andere Staaten dazu an, (diplomatische) Beziehungen mit der PA herunterzufahren mit dem Ziel, die Einheitsregierung mit der radikalislamischen Hamas zu verhindern. Im Alltag versucht man, den Konflikt zu managen. Positive Signale der Palästinenserführung belohnt man durch die Lockerung von Sanktionen und durch wirtschaftliche Anreizen. Die Palästinenser bemühen sich um internationale Anerkennung ihrer Einheitsregierung. Dieses Szenario birgt das nicht unerhebliche Risiko, dass es in den Palästinensischen Gebieten zu einem erneuten Gewaltausbruch kommt. So warnte jüngst eine Reihe ehemaliger israelischer Sicherheitsbeamter, dass ein Scheitern der Verhandlungen neue Gewalt entfachen könnte.

  • Fortsetzung der Verhandlungen
Die neue palästinensische Regierung akzeptiert die Voraussetzungen des Nahostquartetts und rückt grundsätzlich von ihrem politischen Standpunkt ab, indem sie – d.h. indem auch die Hamas – Israels Existenzrecht anerkennt, der Gewalt abschwört und in der Vergangenheit geschlossene Verträge zwischen Israel und der PLO respektiert. Unter amerikanischer Vermittlung wird ein Wiedereinstieg in die Verhandlungen erzielt. Dieses Szenario ist aber aus verschiedenen Gründen eher unrealistisch. Zum einen scheinen die Amerikaner nach dem Misserfolg ihrer Initiative eher einen Rückzug aus der Nahost-Arena anzustreben. Zum anderen ist die Wahrscheinlichkeit, dass eine palästinensische Einheitsregierung unter Mitwirkung der Hamas ihre Bedingungen für den Wiedereinstieg in Verhandlungen abschwächt, recht gering. Ferner vertreten selbst israelische Beobachter, die auf der linken Seite des politischen Spektrums stehen, die Auffassung, dass die Hamas kein Partner für Gespräche sein kann. Obwohl Präsident Abbas versicherte, dass eine Einheitsregierung der Gewalt abschwören und Israel anerkennen werde, hatte ein Hamas-Vertreter erklärt, ein Beschluss bezüglich der Weiterführung des bewaffneten Kampfes müsse erst noch getroffen werden.

Entscheidend für das weitere Vorgehen Israels werden nicht die palästinensischen Erklärungen sein, sondern Taten. Sollte die Hamas weiterhin Raketenangriffe auf Israel aus dem Gazastreifen zulassen und an Terroranschlägen gegen israelische Bürger beteiligt sein, wird Israel dies nicht tolerieren. Die israelische Regierung wird, wenn Hamas Teil einer Einheitsregierung ist, die gesamte palästinensische Führung in der Verantwortung sehen.

  • Ergreifung unilateraler Schritte
Nach dem vorläufigen Scheitern der Friedensgespräche wird in Israel auf beiden Seiten des politischen Spektrums der Ruf nach unilateralen Schritten laut. Nationalreligiöse Politiker, allen voran, Naftali Bennett, rufen dazu auf, die C-Zone (das entspricht rund 60% des Westjordanlandes) zu annektieren. Es ist jedoch damit zu rechnen, dass Ministerpräseident Netanjahu sich der potentiellen katastrophalen sicherheitspolitischen und diplomatischen Folgen eines solchen Schritts bewusst ist und daher dieser Forderung nicht nachgeben wird.

Vertreter der linken Seite des politischen Spektrums riefen Netanjahu dazu auf, sich, solange es keinen Verhandlungspartner gibt, unilateral aus den Palästinensischen Gebieten zurückzuziehen und das Erstarken der palästinensischen Wirtschaft zu unterstützen. Aufgrund der Erfahrungen mit dem Gaza-Abzug 2005, der Israels Sicherheit nicht – wie erwartet – vergrößerte, sondern verringerte, scheint auch dieser Vorschlag nicht sehr realistisch.

Den gesamten Länderbericht inklusive Fußnoten können Sie im obigen pdf-Dokument nachlesen.

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