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Country Reports

Merkels Mission findet Beifall im Nahen und Mittleren Osten

Bestnoten – in Pflicht und Kür. Diese Bewertung kann eindeutig am Ende der Reise in den Nahen und Mittleren Osten von Bundeskanzlerin Angela Merkel vom 3. bis 6. Februar 2007 nach Ägypten und Saudi-Arabien, in die Vereinigten Arabischen Emirate (Abu Dhabi und Dubai) sowie nach Kuwait gemacht werden. Als deutsche Regierungschefin und als derzeitige Ratspräsidentin der EU setzte die Reise einen Meilenstein in den Beziehungen zwischen Deutschland, Europa und der Region, und dies zu einem Zeitpunkt, wo man sich der geschätzten Aufmerksamkeit sicher sein kann. Wer kommunikativ im politischen Nahost-Geflecht nicht nur überleben, sondern - mehr noch – überzeugen und Profil ablegen will, hat abzuwägen, zu welchem Zeitpunkt, an welchem Ort und zu welchem Thema er gehört und rezitiert werden will. Hier ist eine Punktlandung gelungen, für die Politik der Kanzlerin wie auch für die Schicksalsfragen der Region.

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Zunächst war der Zeitpunkt klug gewählt: Kurz vor den wichtigen Gesprächen der rivalisierenden palästinensischen Parteien in Mekka und nach Beratungen in Berlin mit dem israelischen Ministerpräsidenten Ehud Olmert im Dezember sowie weiteren Treffen Anfang des Jahres mit dem US-amerikanischen Präsidenten George Bush in Washington und dem jordanischen König Abdullah II. in der deutschen Hauptstadt. Zweitens traf die Bundeskanzlerin auf der Reise in Kairo und Riad mit strategischen Partnern im gemeinsamen Bemühen um die regionale Sicherheit und Stabilität zusammen. Der wachsenden wirtschaftlichen Verflechtung mit den Vereinigten Arabischen Emiraten und Kuwait geschuldet, war es ein wichtiges Signal, diese beiden Staaten zu besuchen. All dies verdeutlicht das wachsende deutsche Engagement in der Region. Wie bewerten, vor dem Hintergrund dieser positiven Entwicklung, regionale Stimmen die Reise der Bundeskanzlerin?

Nahost-Konflikt: Zwei-Staaten-Lösung und Einbindung der arabischen Kräfte

Alle Gesprächspartner haben die deutschen und europäischen Bemühungen zur Befriedung der inner-palästinensischen und palästinensisch-israelischen Beziehungen begrüßt. Mit dem Treffen des Nahost-Quartetts in Washington auf Ebene der Außenminister, einen Tag vor der Reise der Kanzlerin, konnte bereits ein Ziel der deutschen EU Ratspräsidentschaftsagenda in Nahost erreicht werden. Mit Blick auf die Forderung Amr Moussas, des Generalsekretärs der Arabischen Liga, der im Einklang mit anderen arabischen Stimmen nach einer stärkeren Rolle der EU im Konflikt rief, gelang es der Kanzlerin klar zu stellen, dass amerikanische und europäische Interessen im Konflikt zwei Seiten derselben Medaille sind. Dabei war sich die deutsche Regierungschefin des real vorhandenen schwierigen Spagats zwischen der offiziell amerikanischen und mehrheitlich europäischen Perspektive bewusst, anders ist die – in dieser Form- erstmals anerkennende Würdigung des 2002 in Beirut von der Arabischen Liga verabschiedeten Friedensplans, mit dem Angebot einer expliziten Anerkennung Israels, nicht zu verstehen. Das wurde in Abu Dhabi, wo die Kanzlerin vor dem renommierten Emirates Center for Strategic Studies eine politische Grundsatzrede hielt, mit entsprechender Genugtuung aufgenommen.

Atomare Bedrohung durch den Iran

Als weiteres überragendes sicherheitspolitisches Thema der Reise von Angela Merkel stand der Umgang mit dem iranischen Streben nach einem Nuklearprogramm auf der Agenda. Hier teilen Europäer wie die Mitglieder des Golf-Kooperationsrates das gleiche Anliegen: Eine atomares Bedrohungsszenario durch den Iran im Kein zu ersticken. Einigkeit herrschte darüber, im Rahmen diplomatischer Verhandlungen zu einer Einigung mit dem Iran zu kommen, um ein Wettrüsten mit Massenvernichtungswaffen in der Region zu verhindern. Dabei betonte der Premierminister Kuwaits, dass es wichtig sei, schnell ohne Vorbedingungen Verhandlungen aufzunehmen. Auch Syrien wurde von der Kanzlerin erneut aufgefordert, den Worten Taten folgen zu lassen und konstruktiv zum Friedensdialog – auch durch eine diplomatische Anerkennung des Libanon – beizutragen. Dass sich nur einen Tag nach der Reise der Kanzlerin eine größere syrische Delegation auf den Weg in Deutschlands Hauptstadt machte, kann nicht als Zufall angesehen werden, sondern sicherlich auch zu den nicht immer umgehend sichtbaren diplomatischen Bemühungen dieser Tage.

Eigenverantwortung stärken – regionale Lösungsansätze suchen

Aus Anlass der Reise der Kanzlerin und angesichts der regionalen Herausforderungen hob Dr. Sami auf der Website kuwaittimes.net die Notwendigkeit von regionalen Lösungsansätzen hervor: „We Arabs and Muslims have to blame ourselves for our misery and violence. The painful crises we are going through might have one effect on us. We will have to bleed until we realise that we cannot carry on like that.” Ein Kommentator aus Dubai hegte in der Khaleej Times vom 7. Februar 2007 die Hoffnung, dass Angela Merkel aufgrund ihrer ganzheitlichen Sicht auf die Probleme der Region, „could and should be the right sobering voice for the West“. Ferner helfe der Besuch der Kanzlerin nicht nur den politischen Graben mit dem Westen zu überwinden, sondern bringe er auch positive Zeichen für die Wirtschaft, so der Kommentator. Das selbstbewusste Auftreten der Kanzlerin hat somit auch zu einem innerarabischen Reflexionsprozess beigetragen; fast schon provozierend – und zwar im positiven Sinne- sprach sie von den Stärken und Schwächen der Europäischen Union, aber mit dem Erfolg, um so stärker die Eigenverantwortung der arabischen Staaten für eine Lösung der Konflikte zu mobilisieren.

EU-Golf-Freihandelszone

Im wirtschaftlichen Bereich wurde das Drängen von Angela Merkel willkommen geheißen, schnell zu einem Abschluss der Verhandlungen über ein Freihandelsabkommen zwischen der EU und dem Golfkooperationsrat zu gelangen. In diesem Zusammenhang begrüßten Stimmen aus den Vereinigten Arabischen Emiraten die formale Anerkennung der wichtigen Handelspartnerschaft mit dem finanzstarken Golfstaat. Seit nahezu 18 Jahren verhandelt die EU mit dem Golfkooperationsrat über ein Freihandelskommen, das seit Jahren der Unterzeichnung harrt. Wirtschaftlich ergäben sich dadurch für beide Seiten entscheidende Perspektiven, insbesondere seitdem innerhalb des GKR die Diskussion über eine Währungsunion der Golf-Staaten erneut entbrannt ist, und man seit geraumer Zeit eine feste Bindung dieser neuen Währung an den Euro ernsthaft bedenkt.

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