Der große Unterschied zwischen Schrift und Auslegung
Die Tagung „Islam und Rechtsstaat" in der Akademie der Konrad-Adenauer-Stiftung
Verfassungen spielen in der Organisation der Gesellschaft erst seit relativ kurzer Zeit eine Rolle. Gerade mal 230 Jahre ist es her, dass in den USA die erste Verfassung verabschiedet wurde. Nach und nach übernahmen dann in fast allen Ländern Verfassungen die Aufgabe, die zuvor im Wesentlichen der Religion zugefallen war: Die Regulierung der gesellschaftlichen Normen. Während sich in Europa der Einfluss der Kirchen auf die Verfassung dabei immer mehr abschwächte, ergibt sich noch heute in den islamischen Staaten ein vollkommen anderes Bild: Dort gibt es oftmals ein großes Spannungsverhältnis zwischen dem religiösen Recht, der Scharia, und den ebenfalls in der Verfassung garantierten grundlegenden Menschenrechten. Im zweiten Teil der Tagung „Islam und Rechtsstaat – Zwischen Scharia und Säkularisierung“, die die Konrad-Adenauer-Stiftung in Kooperation mit dem Zentrum Moderner Orient ausrichtete, wurde daher die Frage nach der „Verfassungsgebung und Verfassungsgestaltung" im Islam gestellt. Zu diesem kontroversen Thema gab es auch im Auditorium einigen Gesprächsbedarf, so dass sich eine sehr lebendige Diskussionsrunde entwickelte. Den Kern der Thematik traf dabei Dr. Farish Noor vom Zentrum Moderner Orient mit der Feststellung: „Die Religion steht nicht zur Debatte, das Wurzel des Problems ist die Auslegung der Religion.“