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Gegen das schnöde Vergessen

kohta Laura Koppenhöfer

Der diesjährige Literaturpreisträger Wulf Kirsten kämpft mit seinen Gedichten gegen den kollektiven Gedächtnisverlust

Wulf Kirsten und seine Texte sind nicht so leicht zu packen. Sein Werk sperrt sich hartnäckig dagegen, sich einem expliziten Genre zuordnen zu lassen. Drehen sich doch viele seiner Gedichte um die Natur, insbesondere um die heimatlich-vertraute Landschaft zwischen Meißen und Dresden, wäre es falsch, sie als "Umweltlyrik" zu begreifen. Die Botschaft geht tiefer. Naturliebe und Heimatverbundenheit spielen zwar durchaus ihre Rolle, doch steckt in vielen Gedichten der Aufruf, nein, die Forderung, unser Geschichtsbewusstsein zu stärken und unserer "Erinnerungspflicht" nachzukommen.

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Doch "vordergründig tritt die politische Dimension selten hervor," sagte Prof. Dr. Bernhard Vogel, Ministerpräsident a.D. und Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung, in seinem Grußwort. Vogel eröffnete die Feierstunde im Weimarer Musikgymnasium Schloss Belvedere, wo seit 1998 traditionsgemäß der Literaturpreis der Konrad-Adenauer-Stiftung verliehen wird.

"Wulf Kirsten geht Spuren nach, macht sie sichtbar und prüft sie kritisch. Spuren, die nicht verblassen dürfen, weil sie die notwendige Erinnerung wach halten.“ Er bewundere, dass der ostdeutsche Künstler, der nahe Meißen geboren und aufgewachsen ist, als Autor konsequent gegen die Kunstdoktrin der DDR resistent geblieben sei: „Kein Lobgesang auf die Partei, keine Verheißungen einer strahlenden, sozialistischen Zukunft.“ Diese Standhaftigkeit beeindrucke besonders mit Hinblick auf die „operative Kontrolle“ der Stasi, unter der Kirsten über Jahre hinweg gestanden hatte.

Aber Kirstens politisches Engagement geht weit über die Grenzen seiner Dichtkunst hinaus. Vogel nannte Kirstens Brief von 1979 an Hermann Kant, den Präsidenten des DDR-Schriftstellerverbands, in dem Kirsten gegen den Ausschluss von neun Berliner Kollegen protestierte, als Beispiel „seiner Integrität und seines persönliches Mutes“. Dr. Manfred Osten, ehemaliger Generalsekretär der Alexander von Humboldt-Stiftung, unterstrich dagegen die kritische Auseinandersetzung Kirstens mit der NS-Diktatur. Mit Hinblick auf diese extrem schwierige Thematik sagte er voller Dank, Kirsten habe die Geschichte für uns fortgeschrieben.

Trotzdem hat der Preisträger keinerlei Ambitionen, als politischer Dichter zu gelten. Was ihn selbstverständlich nicht davon abhält, Besorgnis erregende Entwicklungen der Gesellschaft mit Vehemenz zu verurteilen. "Die deutsche Überheblichkeit und ihr penetranter Superlativismus hängen mir zum Hals raus," sagte er in seiner Dankesrede. "Man muss nicht ständig auf irgendetwas stolz sein." Ebenso missfällt ihm der in seinen Augen zunehmende Verfall der deutschen Sprache. Es sei "erschreckend", was man sich da so in Radio und Fernsehen anhören müsse. Für Kirsten, dessen Gedichte besonders durch den offenbar unerschöpflichen Wortschatz ihres Erschaffers lebendig werden, hat Sprache einen unschätzbaren Wert. "Außer meiner Sprache besitze ich nichts.“

Prof. Dr. Gerhard Lauer von der Universität Göttingen zeigte sich als Mitglied der Jury in der vorangestellten Pressekonferenz beeindruckt vom schier unerschöpflichen Wortschatz des Dichters: „Es gibt kein Wort, das Sie nicht hätte interessieren können.“

Dementsprechend begründet die Jury die Preisverleihung an Kirsten unter anderem mit dessen „Bemühen um die deutsche Sprachkultur.“

Sein Sprachgefühl bewies Kirsten auch in seiner Dankesrede, die vom Publikum an mehreren Stellen mit Zwischenapplaus gewürdigt wurde. Besonders ergreifend schilderte er seine Erleichterung über das Kriegsende vor 60 Jahren, ihn habe der Krieg damals aus der Kindheit „heraus katapultiert“. Sich seiner historischen Vergangenheit nicht bewusst zu sein, das ist, was Kirsten als das "schnöde Vergessen" bezeichnet. Osten griff in seiner Laudatio Kirstens Worte auf und sprach in diesem Kontext vom „Quellgrund der Lüge“. Kirsten habe früh erkannt: „Wo das Gedächtnis schwindet, beginnt die Barbarei.“ Er gab Kirstens Auffassung wieder, eine menschenwürdige Zukunft sei nicht möglich ohne Herkunft, ohne erinnerte Gegenwart.

So elementar das geistige Festhalten der historischen Vergangenheit ist, widmet sich Kirsten auch intensiv seinen persönlichen Erinnerungen an Kindheit und Jugend - die dank seiner Gedichte unvergänglich geworden sind. Im Kontext seiner damaligen Erlebnisse beschreibt er die Wirkung, welche die heimatliche Landschaft stets auf ihn hatte und noch hat. In seiner Rede beschrieb er „Landschaft“ als einen „überschaubaren Lebensraum, eine zusätzliche Schutzhaut.“ Mittlerweile sei Kirsten jedoch "völlig urbanisiert". Kam er zu Beginn seines Studiums in Leipzig noch mit rustikalen Knickerbockern zur Universität - woraufhin er von seinen Kommilitonen zu ausgedehnten Einkaufstouren genötigt wurde - ist seit Jahrzehnten die Stadt Weimar sein Zuhause. Vogel freute sich darum besonders über das "Heimspiel in doppelter Hinsicht" der diesjährigen Preisverleihung. Unter den bisherigen zwölf Preisträgern habe es noch keinen Autor gegeben, "der - wie Schiller - von sich sagen kann, in Weimar ist er 'im eigentlichen Sinn zu Hause'."

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Prof. Dr. Michael Braun

Prof. Dr

Referent Literatur

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