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Sein Bestseller gilt als wichtige Aufarbeitung der DDR: Uwe Tellkamp liest aus „Der Turm“

Auf die Vitalität kommt es an. Sowohl Prof. Dr. Jürgen Fohrmann als auch Prof. Dr. Günther Rüther sprechen in ihren Grußworten von lebendiger Figurenzeichnung und lebensechten Charakteren im Bestseller „Der Turm“, aus dem Uwe Tellkamp an diesem Abend lesen wird. Im vergangenen Jahr war die Lesungsreihe durch Thomas Hürlimann eröffnet worden – eine erfolgreiche Zusammenarbeit zwischen der Bonner Universität und der Konrad-Adenauer-Stiftung.

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Jürgen Fohrmann, Germanistik-Professor und Universitätsrektor, nennt den „Turm“, für den Tellkamp im vergangenen Jahr mit dem Literaturpreis der KAS ausgezeichnet wurde, einen topographischen Text: „Der Raum als Faszinosum spielt ja bereits im Titel eine Rolle.“

In einem Raum findet auch die Autorenlesung statt: im Hörsaal I, einem der größten Räume des Uni-Hauptgebäudes. Günther Rüther, Hauptabteilungsleiter der Begabtenförderung und Kultur der Konrad-Adenauer-Stiftung, nennt Uwe Tellkamps literarische Kunst der Verwandlung meisterhaft. Den „Turm“ bezeichnet er als Tellkamps größtes Werk, „und das nicht nur wegen des Umfangs, sondern vor allem, weil der Leser in die Innenwelten der DDR eintauchen kann.“ Ob Arbeitsleben, NVA oder die trostlose Jugend: „Das haben uns die Geschichtsbücher bisher nicht so beigebracht“, sagt Rüther, „aber dieses literarische Bekenntnis zur Freiheit vermittelt uns bleibende Eindrücke.“

Solche Eindrücke können sich nun auch die Zuhörer im vollbesetzten Saal verschaffen. In Tellkamps vielfach ausgezeichnetem Roman geht es um die Lebensbedingungen in den letzten Jahren des sowjetischen Satellitenstaates: Die jugendliche Hauptfigur begeht eine „Dummheit“, nun bangt die ganze Familie um seinen Studienplatz, seine Karriere, seine Zukunft. Der Gerechtigkeit soll schließlich durch einen Münzwurf genüge getan werden, denn der Verteidiger kann aus Zeitgründen nicht jedem aus der Patsche helfen. Die Szene grenzt an eine Farce, die jedoch das Lachen gefrieren lässt.

Auch Uwe Tellkamp schmunzelt nur zweimal kurz, ab und zu wirft er auch einen Blick in die Menge – nicht beifallheischend, vielmehr wie jemand, der rasch auf die Uhr schaut oder sich vergewissern will, dass noch alle da sind. Er trägt eine leuchtend orangefarbene Krawatte, sonst wirkt er ruhig, bescheiden, beinahe unauffällig. Den sächsischen Einschlag des gebürtigen Dresdners hört man nur bei wenigen Worten. Nach einer halben Stunde trinkt er einen Schluck und greift das Grußwort auf, in dem Günther Rüther beliebte Themen des Autors vorgestellt hatte: „Soviel zum Wassermotiv.“ Nun lacht er ins Publikum, die Zuhörer lachen ebenfalls. Es folgt eine bisher nicht veröffentlichte Erzählung, eine Kindheitserinnerung. Auch auf den „Turm“ soll übrigens eine Fortsetzung mit dem Titel „Lava“ folgen.

Während der anschließenden Fragerunde, moderiert von Prof. Dr. Michael Braun (Leiter Referat Literatur der Konrad-Adenauer-Stiftung), scheint ein anderer Uwe Tellkamp auf der holzvertäfelten Empore zu sitzen, nun lacht er häufig und antwortet ausführlich. „Aus dem Stegreif geistreich sein, ich versuch’s mal“, kündigt er zu Beginn augenzwinkernd an. Er stellt sich den Fragen über seine Person, seinen Roman, dessen Paratexte und dessen Erfolg. Immer wieder betont der 41-Jährige die unabdingbare Multiperspektive: „Auch in der DDR konnte man eine schöne Kindheit haben. Es gab gute und schlechte Seiten, und man muss beide Extreme sehen.“

Als eigene durchaus positive Eindrücke aus dem „versunkenen Land“, wie er die DDR nennt, nennt er die langsamere Zeit: „Das wenige, was es beispielsweise an Kultur gab, wurde intensiver erlebt und geschätzt.“ Doch ebenso räumt Tellkamp ein, dass es sich um seine subjektiven Eindrücke und Erinnerungen handelt. Die DDR sei ein merkwürdiges Gebilde gewesen. „Ich finde sie auch im Nachhinein anziehend, doch wer sich näher mit ihr befasst, der erkennt ihre Kleingeistigkeit.“ Die Ostalgie der vergangenen Jahre betrachtet Tellkamp als „geschönte Variante“, höchstens eine Facette der zahllosen Blicke und Perspektiven auf die deutsch-deutsche Vergangenheit.

Eben diese unterschiedlichen und doch ganz individuellen Blicke, aus deren Vielfalt sich eine kaleidoskopartige Gesamtschau ergeben kann, interessieren den Romancier. Ob es seine Romanfiguren wirklich gegeben hat, was am „Turm“ autobiografisch ist und was nicht, findet er unerheblich. „Natürlich habe ich nicht jede Szene selbst erlebt“, verrät er, „aber viele Situationen haben sich so oder so ähnlich abgespielt, und auch das Erfundene ist kein überflüssiges Beiwerk.“ Zudem betont Tellkamp, sein Roman bilde nicht die ganze Bandbreite der Lebenswirklichkeiten ab: „Es ist nicht der Wenderoman.“ Als entscheidende literarische Aufarbeitung der DDR wird sein fast tausend Seiten starkes Werk von der Kritik dennoch betrachtet. Uwe Tellkamp zuckt mit den Schultern: „Ich möchte gegen das Versinken anschreiben. Was versinkt, wird vergessen, und wenn’s vergessen wird, kommt’s wieder.“

Paula Konersmann: Stipendiatin der Journalistischen Nachwuchsförderung der Konrad-Adenauer-Stiftung, studiert Sprach- und Kulturwissenschaften an der Universität Bonn

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