Amtsinhaber Poroschenko mit starken Verlusten, aber in der Stichwahl gegen Newcomer Selenskyj
Viele Emotionen, kaum Inhalte – der Schauspieler und Präsidentendarsteller Selenskyj liegt weit vor Amtsinhaber Poroschenko im ersten Wahlgang der Präsidentschaftswahlen in der Ukraine
Dieser lange, sehr emotionale Wahlkampf hat vieles auf den Kopf gestellt, was sich in den letzten Jahren an politischer Kultur in der Ukraine etabliert hatte. Nach offiziellen Angaben der Wahlkampfstäbe wurden bereits in der ersten Runde 350 Millionen US$ ausgegeben, eine Rekordsumme. Zusammen mit unter der Hand gezahlten Zuwendungen dürfte der Gesamtbetrag noch weit höher ausfallen. Werbung in Form von unzähligen riesigen Plakaten in jeder Ortschaft der Ukraine sowie Endlosschleifen der Kandidaten in allen Medien schienen keine Grenzen gesetzt. Fernsehdebatten und inhaltliche Auseinandersetzungen zwischen den Kandidaten fanden dagegen nicht statt. Zuletzt kämpften 39 Kandidaten um den Einzug in die Stichwahl. Keiner von ihnen hatte die Aussicht auf eine absolute Mehrheit wie sie Petro Poroschenko im Mai 2014 erzielte. Das war kurz nach dem Ende der Maidan-Revolution, der Annexion der Krim durch Russland und dem Beginn der russischen Einmischung in der Ostukraine. Damals ging es im Wahlkampf um die Verteidigung des Landes, die Schaffung legitimer Institutionen nach einer Zeit von autoritärer Herrschaft und Machtvakuum sowie um das Einläuten eines neuen Zeitalters durchgreifender Reformen. Heute ist Enttäuschung an die Stelle der damaligen Aufbruchsstimmung getreten, die Menschen in der Ukraine hatten sich von der politischen Elite in den letzten fünf Jahren deutlich mehr erhofft. Ein Schauspieler und Präsidentendarsteller hat nach drei Staffeln seiner Serie, mithilfe einer sehr professionellen Kampagne in den sozialen Medien und ohne politische Partei im Rücken die Herzen vor allem der jungen Menschen im Sturm erobert. Das Interesse an der Wahl war im Vorfeld vielleicht gerade wegen seiner Kandidatur sehr groß, dementsprechend hoch fiel mit 63% Prozent auch die Wahlbeteiligung aus .