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개별주제

Die EU-Länder Deutschland und Polen und ihr transatlantisches Verhältnis

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Einleitung - das Neue an der Geschichte der EU?

Sehr geehrte Damen und Herren,

Ich habe oft behauptet, daß man nicht über die Zukunft sprechen kann, ohne dabei die Vergangenheit vor Augen zu haben. Die neue Generation der europäischen Führer ist frei von der historischen Erfahrung eines Schuman oder eines Adenauer, die sich der Gefahren bewußt wahren, die ein Unterlassen von Integrationsprozessen in Europa mit sich bringen könnte. Die Worte Helmut Kohls paraphrasierend, könnte man dies als die „Gnade der späten Geburt” bezeichnen. In der Herausforderung der Osterweiterung sehe ich in diesem Zusammenhang einen neuen, durchaus positiven Stimulus - denn sie wird vielleicht zur Rückkehr zu Integrationsquellen bewegen, selbst wenn die Gefahren der Unterlassung dieses Prozesses (symbolisiert durch lokale Konflikte und „vergessene Kriege” sowie durch den ethnischen Grundsatz, der sich im politischen Leben immer deutlicher macht) heute völlig andere sind als jene in den fünfziger Jahren.

Die gegenwärtige EU-Erweiterung ist ein Unternehmen, das sich tatsächlich eher mit den Anfängen des europäischen Integrations-prozesses vergleichen läßt, der erst allmählich zur Herausbildung einer auf ein einheitliches institutionelles System gestützten Gemeinschaft geführt hat, als mit anderen Erweiterungswellen. Diese Erweiterung, die Fragen von ähnlicher Schwierigkeit aufwirft wie das ursprüngliche Gemeinschaftsprojekt, stellt an die Architekten der neuen Union gleichermaßen hohe Anforderungen. Und das ist gut so, weil auch die Gemeinschaft ein gewollt großes intellektuelles und moralisches Unterfangen war und bleibt.

Assoziierung der europäischen Nationalstaaten als neuartige politische Nation?

Zu diesen Herausforderungen gehört zunächst nicht mehr allein die erfolgreiche Durchführung der Osterweiterung – denn dieser Prozess ist schon längst in eigene Bahn geraten und scheint sich weitgehend automatisch abzuspielen. Europa wächst aus eigener Kraft zusammen – es stellt sich nun die viel aktuellere Frage nach ihrer künftigen Gestalt. Kurzum: wie wird dieses zusammengewachsene Europa aussehen? In der gegenwärtigen Auseinandersetzung um die Zukunft der Europäischen Union wird in erster Linie über Themen debattiert, die in den nächsten Jahren relevant sind. Dies ist die Zeitliche Perspektive, die momentan größtenteils von den unmittelbar bevorstehenden Projekten definiert wird. Dazu gehört der Beitritt der neuen Mitgliedsländer, die Schaffung einer funktionsfähigen Sicherheits- und Verteidigungspolitik, die Anbindung an den Prozeß der „Informations-revolution” und die Annahme der Herausforderungen im Zusammenhang mit dem weltweiten Wirtschaftswettbewerb unter Beibehaltung des europäischen sozialen und wirtschaftlichen Modells.

Viel schwieriger ist es aber, über eine weiter entfernte Zeitperspektive zu sprechen, die über das Jahr 2006 hinaus weist. Gegenwärtig wäre es reine Futurologie, diese so fernen EU-Aktivitäten in einem sich verändernden internationalen Umfeld voraussehen zu wollen. Unser Ziel sollte es jedoch sein, die künftige Union in die Lage zu versetzen, ihr internationales Umfeld zu gestalten und sie mit Mechanismen auszustatten, durch die sie den gebührenden Platz in den globalen Beziehungen einnehmen kann.

Die oft – u.a. von dem deutschen Außenminister – zur Sprache gebrachte Zukunftsvision läßt sich mit der eingefahrenen Terminologie, die bis dahin zur Schilderung der politischen Realität in Europa benutzt wurde, nicht beschreiben. Es kommt kein anderer Terminus als die europäische Föderation von Nationalstaaten in den Sinn. Der Föderationsbegriff wird allerdings in einzelnen europäischen Staaten mit ganz unterschiedlichen Assoziationen verbunden. Einige sehen darin die Gefahr der Bildung eines europäischen Superstaates, während andere diesen Begriff durch das Prisma ihrer eigenen negativen historischen Erfahrungen sehen.

Liegt somit die Schwierigkeit, die föderalistische Vision zu realisieren allein im linguistischen Bereich? Läßt sie sich ausschließlich durch einen Etikettenschwindel überwinden? Mit Sicherheit nicht. Notwendig wäre eine tiefeingreifende Umwertung der institutionellen Ordnung der Europäischen Union. Diese muß aber aus der tiefen Überzeugung von der Zweckmäßigkeit dieses Handelns resultieren. Eine Abkehr von der „Methode Monnet” bedeutete ja einen Wandel des bisherigen Konzepts der europäischen Integration.

Und dennoch: nil desperandum

Es geht doch nicht darum, diese Idee nur aus dem Grund in Frage zu stellen, weil ihre Umsetzung unseren bisherigen Erkenntnishorizont sprengt. Die Europäer müssen sich eine neue Integrationsmethode einfallen lassen – unter Beibehaltung der unveränderten vertraglichen Integrationsziele, d.h. unter Gewährleistung von Sicherheit, Wohlstand und Stabilität für die europäischen Völker. Die neue Integrationsmethode muß den neuen Zeiten und der neuen Union Rechnung tragen.

Der öfters geforderte Wandel in der europäischen Konstruktion muß sich evolutionär vollziehen. Übrigens: so haben sich die Gründerväter der Europäischen Gemeinschaften den Einigungsprozeß des Kontinents vorgestellt. Europa braucht eine „Refolution”, d.h. eine Revolution durch Reformen, wenn ich mich an dieser Stelle des von Timothy Garton Ash geprägten Begriffs für die Beschreibung des Wandels in Mittel- und Osteuropa bedienen darf.

Liest man heute die Erklärung von Robert Schuman, so beweist sie die Richtigkeit der Ansätze der Gründerväter des vereinigten Europas, die sich bei der Gründung der Gemeinschaften bemüht haben, ein Gleichgewicht zwischen den gemeinschaftlichen Institutionen und den Machtorganen der Nationalstaaten beizubehalten. Zu Beginn des neuen Jahrtausends ist der Nationalstaat in Europa nach wie vor ein dauerhaftes Element der politischen Realität - und dies trotz der zunehmenden Kraft solcher Phänomene, wie die Globalisierung, die die Autonomie des nationalstaatlichen Handelns erheblich einschränken.

Ist es somit möglich, diese Nationalstaaten zu einer echten europäischen Föderation zusammenzuschließen, wie es seinerzeit Joschka Fischer vorgeschlagen hat? Die Antwort lautet, meiner Meinung nach: Ja, sofern dies von den Europäern selbst gewünscht ist. Diese Feststellung kann man paradoxerweise mit dem Bezug auf die Entstehungsgeschichte eben... der Nationalstaaten auf unserem Kontinent versinnbildlichen! Die Entstehung der Nationalstaaten war keineswegs ein alleiniges Ergebnis des „Willens zur Macht” solcher Persönlichkeiten wie Bismarck oder Garibaldi sondern in erster Linie eine Widerspiegelung des Bewußtseins der Mitglieder europäischer Völker, ihres Zugehörigkeitsgefühls zu einer bestimmten Gemeinschaft. Wozu aber die Erhebung des Grundsatzes der nationalen Zugehörigkeit zum Rang des politischen Imperativs führen kann, wissen wir heute allzu gut und das wußten auch die Väter des vereinten Europas. Aus diesem Grunde, um ihr Werk zu vollenden, müssen wir nicht nur den europäischen Einigungsprozeß zu Ende führen, sondern auch die europäische Identität der Bürger festigen und ein neues Zugehörigkeitsgefühl entstehen lassen.

Zu Unrecht wird angenommen, daß die kandidierenden Länder – ich benutze diesen Begriff in vollem Bewusstsein, dass er in weniger als zwei Monaten ausgedient haben wird – dem Konzept einer engeren Zusammenarbeit generell skeptisch gegenüberstehen. Die Ursache für dieses Mißverständnis ist die Vermischung von zwei unterschiedlichen Diskursen, und zwar der aktuellen institutionellen Debatte und der Auseinandersetzung über die Zukunft Europas. Beide Diskurse unterscheiden sich durch ihren zeitlichen Rahmen und durch die Ziele, die sie verfolgen.

Die Zurückhaltung der kandidierenden Länder wird zum Teil historisch bedingt: zu den negativen Erfahrungen im Leben unter totalitären Regimen gehört doch die erzwungene Vereinheitlichung, die die Möglichkeit des individuellen Handelns hemmt. Es geht also darum, diese angesprochene negative Wahrnehmung zu vermeiden und der engeren Zusammenarbeit im europäischen Rahmen eine real greifbare Dimension zu verleihen.

Vom Standpunkt eines Beitrittslandes aus gesehen ist es äußerst wichtig, den offenen Charakter der engeren Zusammenarbeit beizubehalten. Die Gruppe der Länder, die die Avantgarde der Integration bilden will, muß ständig Bereitschaft zur Erweiterung um neue Mitglieder zeigen. Der Mechanismus der engeren Zusammenarbeit darf keinesfalls zum Ausschluß neuer Mitgliedsländer aus bestimmten Bereichen der Gemeinschaftspolitik dienen.

Anziehungskraft der europäischen Integration

Der europäische Raum ist ein Gebiet intensiver regionaler Integration. Die ökonomische Nähe Polens zum integrierten Raum der Europäischen Union und eine natürliche Hinbewegung der polnischen Wirtschaft zum großen wirtschaftlichen Organismus der Europäischen Union ist eine wesentliche Triebkraft unserer Bemühungen.

Die Mitgliedschaft Polens sowie anderer assoziierter Staaten Mitteleuropas in der Europäischen Union ist eine Transaktion und kein Gnadenakt. Sie wird nicht nur einer Seite Vorteile bringen. Wir sollten darin auch Vorteile für die Europäische Union und für ganz Europa erblicken. Die Stabilisierung der Transformationsprozesse und die Konsolidierung der Demokratie und der Marktwirtschaft in Mitteleuropa liegen nämlich nicht nur im Interesse der Länder in dieser Region, sondern genauso im Interesse der Europäischen Union und aller europäischen Staaten. Abgesehen von der schon erwähnten rein ökonomisch bedingten, „natürlichen” Anziehungskraft der europäischen Integration, sollte das Bewußtsein dieser Vorteile zum entscheidenden Impuls auf dem Weg zum vereinten Europa werden.

Obwohl die Anfänge der europäischen Institutionen vor allem einen ökonomischen Charakter hatten, hat der moralisch-politische Faktor - die Verteidigung der gemeinsamen Werte - immer seine Bedeutung gehabt. Wir alle gehören jenem Kulturkreis an, dessen ethische Begriffe im wesentlichen vom Christentum geprägt wurden. Wir beachten die Demokratie und die Menschenrechte. Häufig genug sind den Europäern Chauvinismus, nationaler Größenwahn, Xenophobie und nationaler Egoismus im Laufe der Geschichte begegnet. Die Europäische Union gewährt uns die Möglichkeit, nicht mehr in diese Versuchung zu geraten. Die Bewahrung der europäischen Werte ist die wichtigste Voraussetzung für die Friedensordnung auf dem Kontinent. Und kann es überhaupt eine überzeugendere Motivation für die Integrations-bestrebungen geben, als das Leben im Frieden?

Dies setzt natürlich die Festigung der Verteidigungsdimension der europäischen Integration voraus. An der EU haftet ja nach wie vor das Etikett vom Wirtschaftsriesen aber politischen Zwerg. Konflikte in den Ländern des ehemaligen Jugoslawien haben die Schwäche der Europäer in ihrem ganzen Umfang zutage gelegt. Die gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungs-politik, sollte einen gewissen Integrationsimpuls für die EU selbst liefern (wobei wir erneut bei der Frage nach Anziehungskräften der europäischen Integration angelangt sind). Das kann auch für die Innenpolitik von Bedeutung sein, denn dadurch wird die Europäische Union in den Augen ihrer eigenen Bürger glaubwürdiger gemacht.

Künftige Grenzen der Integration

Entscheidungen, die heute von der EU getroffen werden, dürfen ihr künftigen Potential nicht beeinträchtigen. Dieses Argument wird offensichtlich, wenn wir versuchen, die Frage nach den Grenzen Europas, d.h. nach der Zahl der Mitgliedsländer, zu beantworten. Unabhängig vom Tempo der Beitrittsverhandlungen sollte die Europäische Union realistischerweise über Strukturen nachdenken, die 30 Mitgliedsstaaten Rechnung tragen können. Dies knüpft unmittelbar an die Frage nach der Bedeutung der regionalen Zusammenarbeit.

Europäische Union und die Nachbarn

Polen als künftiges EU-Mitglied legt großen Wert auf die regionale Zusammenarbeit in Mitteleuropa. Heute schon können wir geregelte Beziehungen mit allen Nachbarn, Bereitschaft zur Zusammenarbeit auf allen Gebieten und mit allen Partnern im Rahmen der Union als auch außerhalb der Union in die EU mit einbringen. Unser Wille, Mitglied der Union zu werden, ist gegen niemanden gerichtet. Unser Ziel ist es, für Polen die besten Entwicklungsmöglichkeiten sicherzustellen und gleichzeitig die Entwicklungsmöglichkeiten unserer Nachbarn zu achten und mit ihnen gute und für beide seiten fruchtbare Beziehungen zu pflegen. So verstehen wir unseren Beitrag zur europäischen Friedensordnung.

Der Aufbau des europäischen Sicherheitsmodells kann nicht ohne Beteiligung der im Osten des Kontinents liegendes Staaten, insbesondere der wichtigsten von Ihnen - Rußland und der Ukraine - vorgenommen werden. Rußland darf kein Gefühl der Isolation und der Ausgrenzung von Europa haben. Polen ist auf jeden Fall daran interessiert, gute, partnerschaftliche Beziehungen mit dem großen Nachbarn im Osten zu pflegen.

Für besonders wichtig halten wir unsere Beziehungen mit der Ukraine. Die Festigung ihrer Staatlichkeit wird das Schlüsselelement der politischen Ordnung in der Region sein. Polen entwickelt mit der Ukraine sowohl politische als auch wirtschaftliche Kontakte. Sie müssen weiter ausgebaut werden. Sehr wichtig für die Zukunft dieses Staates wäre ein stärkeres wirtschaftliches Engagement der hochentwickelten Länder.

Europa kann zu dem schon erwähnten Stabilisierungsfaktor oder zu einem „Exporteur der Stabilität” werden, indem es das europäische Modell des demokratischen Rechtstaates, die Achtung von Grundrechten und Freiheiten sowie die Idee einer Marktwirtschaft, die sich auf Eigentum und Dialog zwischen Sozialpartnern stützt, fördert. Durch die Erweiterung der EU um mittel- und osteuropäische Länder, die bei der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen ihre volle Zustimmung zu diesem Wertsystem erklärt haben, wird es möglich werden, dieses Prinzip in den geographischen Grenzen des Kontinents umzusetzen.

Gibt es noch euroamerikanische transatlantische Zugehörigkeit?

Ungeachtet der neuerlichen Spannungen in ihrem gegenseitigen Verhältnis, sind Europa und Amerika zwei Seiten der selben Medaille. Gemeinsam dienen sie als treibende Kraft der Weltökonomie und Zentrum des intellektuellen Potentials - bemerkte seinerzeit Zbigniew Brzezinski, bekannter amerikanischer Politologe polnischer Abstammung und ehemaliger Berater von Präsident Carter - Sie bilden auch, was gen auso wichtig ist, das Haus der Demokratie und der Menschenrechte.

Es handelt sich zwar zugegebenermaßen um eine höchst ungleiche Allianz. Die beiden Kontinente trennt eine ökonomische, technologische und rein militärische Kluft. Schon deswegen ist aber die Stärkung der transatlantischen Bindungen notwendig. Europa war bereits während des Zweiten Weltkrieges und danach auf amerikanische Hilfeleistung angewiesen. Der Konflikt in Jugoslawien hat deutlich gezeigt, daß wir Amerika als Garant der Sicherheit weiterhin brauchen und in absehbarer Zukunft brauchen werden. Auch die Vereinigten Staaten benötigen ihrerseits dringend unsere Unterstützung (weniger militärischer als eher moralischer Art), denn gute Relation mit Europa legitimiert ihre Rolle in der Welt, sie erzeugt eine Gemeinschaft demokratischer Völker, die - wie es im Washingtoner Vertrag festgehalten wurde - zusammen entschlossen sind das gemeinsame Erbe zu verteidigen.

Noch lange vor den Spannungen im Zusammenhang mit dem US-Militäraufmarsch im Nahen Osten versuchte die polnische Tageszeitung „Rzeczpospolita” die Ursachen der Demonstrationen, wie jene in der deutschen Hauptstadt, zu analysieren. Vielartig wie die Vorwände sein mögen, scheinen die Proteste tatsächlich einer gemeinsamen Quelle zu entspringen: sie bilden in erster Linie den Ausdruck europäischer Komplexe und die frustrierte Antwort auf den politischen, ökonomischen und nicht zuletzt auch wissenschaftlichen Rückstand in der Rivalisierung mit den USA. Die Absurdität der antiamerikanischen Ausschreitungen offenbart sich im vollen Umfang erst dann, wenn man bedenkt, daß sie gleichzeitig von Klagen auf die eigene, europäische Bürokratie, Beschäftigungspolitik, Zentralisierung, Entmündigung des Individuums und den ungünstigen wirtschaftlichen Entwicklungsrahmen begleitet werden. Zuweilen irritiert auch der berühmte amerikanische Patriotismus. Vielleicht fehlt aber gerade den Bürgern der Europäischen Union die ideologische Leidenschaft, die so kennzeichnend war für die Gründerväter der Vereinigten Staaten. Weder heute, noch in der voraussichtbaren Zukunft wäre ein Europäer dazu bereit, für Europa zu sterben, wie der schon erwähnte Zbigniew Brzezinski seinerzeit schrieb.

In der Situation, wo sich der westliche Teil des Abendlandes von Amerika spürbar distanziert, ist es nicht weiter verwunderlich, daß seitens Washingtons ein immer größerer Wert auf den Dialog mit Mittel- und Osteuropa gelegt wird. Und gerade hier hat Polen die Ambition, zum wichtigsten Ansprechpartner zu werden. Die polnisch - amerikanische Kooperation beruht auf dem Fundament der gemeinsamen Vorstellung in bezug auf die wichtigsten Fragen der Weltpolitik. Polen - als künftiges EU-Mitglied und zugleich glaubwürdiger Partner innerhalb der NATO - will und kann eine Vermittlerrolle im Dialog zwischen Europa und Amerika spielen. Und wenn diese Funktion gelegentlich in den USA erwähnt wird, so geschieht es nicht nur wegen unserer proamerikanischen Neigung, sondern in erster Linie weil wir ein europäisches Land sind. Die Frage, ob Polen zum Bau einer transatlantischen Brücke der Verständigung beitragen könnte - nicht als „Trojanisches Pferd” Amerikas auf europäischem Boden, sondern aus schlichter Überzeugung, daß dies im Interesse unserer gemeinsamen Sicherheit liegt - betrachte ich deshalb als durchaus begründet und es bleibt zu hoffen, daß auch Europa diese Chance zu schätzen weiß (ungeachtet der Äußerungen des französischen Präsidenten, der die Unterstützung der mitteleuropäischen Länder für Amerikas Haltung gegenüber dem Irak als „kindisch und unverantwortlich“ bezeichnete).

Die Vereinigten Staaten sind uns, den Europäern, in zahlreichen Disziplinen um Lichtjahre voraus. Eines dieser Gebiete, auf dem wir noch viel aufzuholen haben ist die Bewältigung der Geschichte - ein nicht zuletzt in Polen konflikthaftes Thema und aktueller Stein des Anstoßes. Aufgrund dieser seltenen Fähigkeit wird heute die moralische Größe Amerikas geschätzt. Auch bei dem Bau unseres eigenen europäischen Hauses sollten wir zur amerikanischen Erfahrung greifen, anstatt eigene Komplexe auf den Straßen zum Ausdruck zu bringen. Die Initiative zur Kooperation muß aber von Europa ausgehen - wie es bereits 1947 der Staatssekretär George Marshall in seiner bekannten Rede vor der Harvard-Universität festgestellt hat. Zu den wichtigsten Zielen der Politik der Vereinigten Staaten gehörte damals die Wiederkehr normaler, gesunder wirtschaftlicher Verhältnisse, ohne welche eine politische Stabilität und gesicherter Friede auf Dauer nicht bestehen können. Es wäre jedoch weder passend noch wirksam - fügte Marschall hinzu - ein solches Aufbauprogramm einseitig zu entwerfen. Das war - und ist immer noch - die Aufgabe der Europäer selbst.

Europa und Amerika könnten zur Achse globaler Stabilisierung und zum Zentrum des ökonomischen sowie intellektuellen Potentials werden. Die Verwirklichung dieser Möglichkeit hängt im wesentlichen von der Stärke transatlantischer Beziehungen ab. Die konsequente Realisierung der gemeinsamen Werte bringt wiederum eine Hoffnung auf das Leben in einer besseren und sicheren Welt. Eine solche Welt hatte seinerzeit Robert Schuman im Sinne, als er an seinem Integrationsplan für das alte Kontinent arbeitete. Ich bin davon zutiefst überzeugt, daß diese Chance dies- und jenseits des Ozeans wahrgenommen wird - und zwar ungeachtet der neuerlichen Differenzen in Bezug auf den Irak.

Gibt es eine kulturelle Integration Europas?

Nun möchte ich aber zu den inneren europäischen Angelegenheiten zurückkehren. Von der ökonomischen Integration habe ich bereits gesprochen – für die Förderung des europäischen Identitätsgefühls ist aber die kulturelle Integration nicht weniger bedeutend. Letztendlich sind es vor allem die gemeinsamen Werte die an der Zweckmäßigkeit der Osterweiterung keine Zweifeln zulassen. Somit stellt die kulturelle Integration Europas eigentlich gar keine Frage dar und wer sie dennoch mit einem Fragezeichen versieht, kann dies nur provokativ als Anlaß zur Diskussion gemeint haben. Ich möchte an dieser Stelle die Worte von Papst Johannes Paul II. zitieren, der vor Jahren im historisch bedeutenden Santiago de Compostella sagte: „Die Seele Europas bleibt heute noch vereint, weil Europa, außer daß es gemeinsame Anfänge hat, auch gemeinsame christliche und menschliche Werte pflegt, die es auszeichnen, wie die Würde des Menschen, Gerechtigkeit und Freiheit, Arbeitsamkeit, Unternehmungs-geist, Familienliebe, Achtung für das Leben, Toleranz, Streben nach Zusammenarbeit und Frieden”.

Doch das Europa der Gemeinsamkeiten ist - wie wir alle wissen - zugleich ein Europa der Vielfalt, was der österreichische Präsident Thomas Klestil (nicht ohne Grung zitiere ich seine Worte, denn Österreich war in der Geschichte bekanntlich ein Mustermodell des funktionierenden multiethnischen Staates – gewissermaßen ein Vorgeschmack auf das vereinte Europa von heute) aus Anlaß der vom Institut für den Donauraum und Mitteleuropa veranstalteten Jahrestagung „Der Reichtum des neuen Europas” im November 2001 deutlich genug betonte, indem er Europa als ein historisch gesehen komplexes und vielschichtiges Gebilde bezeichnete, wobei aber in Philosophie und Religion, in Kunst, Kultur und Wissenschaft, in Wirtschaft und Politik immer ein reger Austausch herrschte: „Es geht vor allem darum, daß sich die Europäer wieder ihrer gemeinsamen geistig-kulturellen Wurzeln bewußt werden und die Vielfalt ihrer Kulturen, Sprachen, Traditionen und Religionen wahren und pflegen. Sie machen den Reichtum unseres Kontinents aus. Nur die Besinnung auf die Werte, die europäische Philosophie, Ethik und Kultur hervorgebracht haben, kann Europa die Kraft geben, die es zur Gestaltung seiner Zukunft braucht”.

Beides - die Gemeinschaft und der Reichtum der Vielfalt der Völker Europas - muß gleichermaßen gefördert werden. Es gilt inzwischen als eine Binsenwahrheit: Gleichschaltung und Einebnen der verschiedenen Identitäten bedeutet Verarmung Europas. Dennoch lohnt es sich, diesen Grundsatz ständig vor Augen zu behalten. Erst dann bekommt die kulturelle oder geistige Integration ihren wahren Sinn.

Sprachliche Vielfalt und Verständigung

Die sprachliche Vielfalt bildet ein greifbares Beispiel der europäischen kulturellen Diversität. Zugleich aber stellt sie in meinen Augen kein Hindernis für das gegenseitige Verständnis - denn die wahre Verständigung erfolgt in erster Linie auf der geistigen und nicht rein sprachlichen Ebene. Man kann viele verschiedene Ausdrücke benutzen, um die selbe allgemeingültige Idee zu beschreiben, genausogut wie es auch möglich ist trotz einer und derselben Sprache keinen gemeinsamen Weg zu finden. Verständigung und Verständnis setzen zunächst eine geistige Bereitschaft voraus.

Schlußwort - Vision und Realität

Die bevorstehenden Aufgaben sind ein Anlaß, Änderungen einzuführen, um eine Europäische Union nach Maß des neuen Jahrtausends aufzubauen, die auch die Unterstützung von seiten ihrer eigenen Bürger genießt. Greifen wir bei diesem Werk auf die Worte des berühmten französischen Schriftstellers Albert Camus zurück, der sagte: „Europa lebt durch seine Gegensätze, es blüht durch seine Unterschiede.” Daher glaube er nicht an ein Europa, das eins wäre unter einer Ideologie oder einer Technokratie, die diesen Unterschieden keine Rechnung tragen würden. Etwas Technokratie schadet aber doch nicht; Max Weber hat bereits nachgewiesen, daß die Bürokratie für die Existenz von Staaten notwendig ist. Das gleiche gilt auch für die Europäische Union. Das grundlegende Problem ist dabei mehr die Frage nach der Strategie und weniger die nach den Mitteln.

Vision, damit sie nicht zu einer Utopie wird, muß die Möglichkeit der Verwirklichung ihrer Ansätze einplanen. Es gibt keine vollkommene Methode; sehr wohl wissen das die heutigen europäischen Politiker als Vertreter der Generation der 68er, aufgewachsen in der Zeit der „Kritik der Aufklärung”, die von solchen Denkern wie Theodor Adorno und Max Horkheimer geübt wurde. Aber die Unvollkommenheit - eigentlich die „Unvollständigkeit” - des europäischen Projektes ist die Quelle für die Dynamik europäischer Einigungsprozesse, die auch nach 50 Jahren noch mit Zuversicht in die Zukunft blicken lassen.

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2004년 4월 7일
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